Eine umfangreiche Leistungsdiagnostik in der Marineschule Mürwik, ein stundenlanges Foto-Shooting in der Flens-Arena und ein achttägiges Trainingslager prägten bei der SG Flensburg-Handewitt den Auftakt der Vorbereitung. Waren es die ersten Stationen auf dem Weg zur Titelverteidigung? Beim deutschen Meister äußert man sich eher defensiv und demütig. „Meine Mannschaft und ich haben gewiss ambitionierte Ziele“, erklärt SG-Trainer Maik Machulla. „Aber andere Mannschaften sind eingespielter.“
An der Flensburger Förde fielen zuletzt häufiger Schlagwörter wie „Herausforderung“ und Umbruch. Denn nicht weniger als sechs Akteure, darunter Vereinslegenden wie Thomas Mogensen und Jacob Heinl oder Torwart-Ikone Mattias Andersson, haben sich verabschiedet. Dagegen stehen vier der sechs Neuzugänge vor ihrer ersten Bundesliga-Saison. Lediglich Benjamin Buric (Wetzlar), der mit Torbjörn Bergerud ein völlig neues Torhüter-Gespann bildet, und der erst 20-jährige Kreisläufer Johannes Golla (Melsungen) bringen Bundesliga-Erfahrung mit. Torbjörn Bergerud, der norwegische Linksaußen Magnus Jöndal, der dänische Kreisläufer Simon Hald und auch der norwegische Spielmacher Göran Johannessen betreten Neuland.
Zu allem Überfluss muss sich Letzterer noch einige Wochen gedulden. Der 24-Jährige hatte schon länger mit Beschwerden am linken Sprunggelenk gehadert, eine Computer-Tomografie brachte nun Gewissheit: Eine Fraktur des Überbeins. Göran Johannessen musste unters Messer. „Das ist ein sehr ungünstiger Zeitpunkt, meine Saison-Planung werde ich nun entsprechend anpassen müssen“, kommentierte Maik Machulla den ersten Rückschlag. „Dieses Problem müssen wir als Team gemeinsam lösen.“ Die Hauptlast in der Rückraum-Schaltzentrale werden Jim Gottfridsson und Rasmus Lauge tragen müssen. Zusätzlich rückte der erst 20-jährige Dani Baijens, der bislang in der Drittliga-Reserve zu überzeugen wusste, in den Erstliga-Kader auf. Der Niederländer hatte in der Sommerpause nur eine Woche frei, war viel mit der A-Nationalmannschaft und der U20-Auswahl der Niederlande unterwegs und entschied sich, die Herausforderung im hohen Norden anzunehmen, nachdem Angebote aus Hüttenberg, Coburg, Polen oder Norwegen verpufften.
Was den aktuellen Umbruch sicherlich nicht beschleunigen wird, sind die Sprachkenntnisse der Neuzugänge, die mit Ausnahme von Johannes Golla einen Deutschkurs absolvieren werden. Auch wenn alle mit Vertragsunterschrift für einen Online-Kurs freigeschaltet wurden, sind die ersten Ergebnisse noch überschaubar. Kein Wunder, meint Torbjörn Bergerud. „In den letzten Monaten musste ich meinen Fokus auf meinen alten Verein legen und konnte mich kaum mit der Zukunft in Flensburg beschäftigen.“ Maik Machulla macht sich um die Handball-Termini keine Sorgen. „Die neuen Spieler müssen aber auch die komplette Kommunikation mitkriegen und verstehen.“ Tobias Karlsson ergänzt: „Uns erwartet viel Arbeit, zumal einige der neuen Mitspieler möglichst schnell Schlüsselrollen übernehmen sollen.“ Der Kapitän steht vor seiner zehnten und womöglich letzten Saison bei der SG. „Meine Pläne laufen bislang darauf hinaus, dass dann Schluss ist“, erklärt der 37-jährige Schwede.
Fast komplett neu aufgebaut werden muss die Defensive. Mit dem agilen Anders Zachariassen und dem Abwehrchef Tobias Karlsson ist nur ein eingespielter Mittelblock der 6:0-Formation verblieben. Die beiden neuen großgewachsenen Kreisläufer Simon Hald und Johannes Golla sind naturgemäß die ersten Kandidaten für eine Aufgabe im Deckungszentrum. Dazu gesellt sich die Abstimmung mit den beiden neuen Schlussleuten. „Ich erwarte, dass Tobias Karlsson auf die beiden Torhüter zugeht, um sich auszutauschen und zu erfahren, was für beide Seiten wichtig ist“, sagt Maik Machulla. „So eine Achse wie sie Tobias Karlsson und Mattias Andersson in den letzten Jahren gebildet haben, kann man allerdings nicht in fünf Wochen schaffen.“
Die SG wird sich am Freitag, 3. August, erstmals mit ihren Neuzugängen in der Flens-Arena präsentieren. Beim Jacob Cement Cup geht es um 19 Uhr gegen Aalborg Handbold, dem Ex-Klub von Simon Hald. Die Truppe von Maik Machulla bleibt danach auf der Kimbrischen Halbinsel. Zunächst geht es nach Norden zu Auftritten bei GOG Gudme (4. August, 16 Uhr) und Team Tvis Holstebro (7. August, 19 Uhr). Am 9. August um 19 Uhr dürfen sich alle schleswig-holsteinischen Handball-Fans auf einen Leckerbissen in der Holstenhalle Neumünster freuen: Die SG trifft auf den THW Kiel. Der letzte Test wurde für den 14. August um 18 Uhr beim Zweitligisten VfL Lübeck-Schwartau terminiert. Das Vierer-Turnier zum Auftakt des DHB-Pokals findet am 18. August im westfälischen Halver statt. Die SG trifft auf den Ex-Bundesligisten HSG Nordhorn-Lingen, dem einstigen Wirkungsfeld von Holger Glandorf, Maik Machulla, Mark Bult und Tobias Karlsson. Nach dem Super Cup in Düsseldorf gegen die Rhein-Neckar Löwen geht es für die SG zum Bundesliga-Auftakt nach Minden (25. August) und gegen Göppingen (30. August).
Text und Fotos: Jan Kirschner

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