Nachhaltigere Baumaterialien wie Holz, Lehm, Stroh oder Recyclinggips liegen im Trend. Sie sind nicht nur wiederverwendbar, sondern steigern auch die Energie- und Ressourceneffizienz, reduzieren Emissionen und schonen die Umwelt. Wir geben einen Überblick zu den Herausforderungen, Vorteilen und Trends in Sachen nachhaltige Baustoffe.
Die deutsche Bauindustrie im Wandel
Es gibt zwei Trends, die deutsche Bauunternehmen besonders beschäftigen: der Baustoff-, Personal- und Ressourcenmangel sowie der Bedarf an neuen und nachhaltigeren Baulösungen. Das Spannungsverhältnis zwischen Mangel und Bedarf sorgt dafür, dass nachhaltigeres Bauen und energetische Sanierung immer gefragter werden.
Um zu verstehen, warum das so ist, hilft ein wenig Kontext:
- Gebäude allein verursachen etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland. Das gibt das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen bekannt.
- Der Ressourcenverbrauch der Bauindustrie ist nach Umweltbundesamt enorm: Etwa 600 Millionen Tonnen an Rohstoffen wie Kalk, Kies, Sand oder Bimsstein werden pro Jahr verbaut.
- Jährlich werden über 200 Millionen Tonnen oft nicht recyclefähiger Bauabfälle verursacht. Gleichzeitig halbierte sich die Zahl der Deponien in den letzten 20 Jahren, weshalb die Baubranche vor einem Entsorgungsnotstand warnt.
- Die Zahl neuer Baugenehmigungen ist zwischen 2022 und 2024 um 43 Prozent gesunken, Lieferengpässe und Auftragsmangel belasten Bauunternehmen und allein 2024 wurden rund 10.000 Baujobs gestrichen
Trotz dieser schwierigen Lage geht es laut PWC-Umfrage von 2024 hinsichtlich Nachhaltigkeit in der Bauindustrie trotzdem voran: Rund 70 Prozent der Bauunternehmen setzen bereits Nachhaltigkeitsstandards um – vor allem, um strengere gesetzliche Anforderungen sowie die Nachfrage von Auftraggebern und Kunden nach nachhaltigeren Baulösungen zu erfüllen.
Was sind nachhaltige Baustoffe der Zukunft?
Bauunternehmen legen den Fokus zunehmend auf den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden. Herzstück sind hierbei nachhaltigere Baumaterialien, die von der Herstellung und Beschaffung bis hin zum Bau und Abbau weniger CO2-Emissionen sowie bessere Umweltverträglichkeit und Recycelbarkeit ermöglichen.
Die wichtigsten Eigenschaften, die Baustoffe der Zukunft bieten sollten, sind:
- Nachwachsend und recycelbar
- Energieeffizient in der Weiterverarbeitung
- Regional verfügbar (kurze Transportwege)
- Langlebig, umweltverträglich und gesundheitsfreundlich
- Kostengünstig und leistungsfähig
Die wichtigsten Grundsäulen für nachhaltiges Bauen und dazu passenden Baustoffe sind demnach Effizienz, Umweltverträglichkeit, Recycelbarkeit und Wirtschaftlichkeit.
Welche Baustoffe der Zukunft liegen derzeit im Trend?
Alternative Baustoffe umfassen ökologische Baumaterialien, die im Gegensatz zu nicht erneuerbaren Baustoffen wie Zement, Beton, Aluminium, Stahl und Kunststoffen eine bessere Umweltbilanz fördern. Dazu zählen:
- Holz: Als Baumaterial zeichnet sich Holz dadurch aus, dass es im Grunde überall verfügbar ist sowie flexibel recycelt und verwendet werden kann. Besonders vorteilhaft sind Eigenschaften wie das Speichern von Kohlendioxid, ein verbessertes Raumklima und effiziente Wärmeaufnahme. Wichtig ist, dass die Beschaffung aus nachhaltiger Forstwirtschaft und über kurze Transport erfolgt.
- Lehm: Genau wie Holz bietet Lehm den Vorteil, dass Lehmbaustoffe deutschlandweit verfügbar sind und im Vergleich zu Zement oder Kalk weniger CO2 erzeugen. Lehm bietet ebenfalls eine gute Wärmespeicherung sowie eine effiziente Aufnahme und Abgabe von Feuchtigkeit in der Luft. Vor allem angesichts steigender Temperaturen kann Lehm als natürliche Klimaanlage fungieren. Anwendungsmöglichkeiten reichen von Lehmputz über Lehmplatten bis hin zu Lehmstein und -farben.
- Stroh, Schilf und Hanf: Dämmung spielt eine besonders wichtige Rolle für effizientes Bauen und energetische Modernisierung. Um Ressourcen, Umwelt und Gesundheit zu schonen, werden daher alternative Dämmstoffe wie Stroh, Schilf oder Hanf immer beliebter. Sie kommen deutschlandweit vor, binden CO2, dämmen effizient und zählen zu den nachwachsenden Baumaterialien.
- Gipskarton: Gipskarton gehört im Trockenbau nicht nur zum Standard, sondern auch zu den gefragtesten Baumaterialien. So liegt die Wachstumsrate für Rigipsplatten laut den Marktforschern von Mordor Intelligence bis 2028 bei fünf Prozent pro Jahr. Allein in Deutschland wird die Hälfte des Gips-Bedarfs durch REA-Gips gedeckt. Spätestens ab 2038 steht REA-Gips jedoch durch den Kohleausstieg nicht mehr zur Verfügung. Umweltverbände fordern daher schon jetzt mehr Gipsrecycling. Aus diesem Grund entscheiden sich immer mehr Auftraggeber und Bauherren für das Anbringen von recyclingfähigen Rigipsplatten im Trockenbau.
- Zement und Beton: Beton und Zement zählen zu den wichtigsten Baustoffen, gelten jedoch nicht gerade als klimafreundliches Baumaterial. Ganze acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen allein auf die Zementindustrie zurück. Abhilfe sollen klimaneutrale Zementwerke schaffen, die CO2 abpumpen, verflüssigen und abtransportieren. Noch effizienter soll die Wiederverwertung von Altzement und das Re- und Upcycling von Beton sein. Eine neue Form des Beton-Recyclings aus Japan soll sogar dazu führen, dass recycelte Betonsteine durch natürliche Alterung CO2 aus der Luft aufnehmen und binden und somit für mehr CO2-Reduzierung sorgen.
Weitere Trends, die parallel zu nachhaltigeren Baustoffen in der deutschen Bauindustrie immer mehr an Bedeutung gewinnen, umfassen Smart-Lösungen, die durch intelligente Heiz- und Fenstersysteme Energieeffizienz steigern. Auch modulares Bauen, die energetische Gebäudesanierung sowie Bauprojekte als Komplettlösungen werden immer gefragter.
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