„Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“
Dieser Satz in Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes eröffnet uns allen eine Vielzahl rechtlicher Möglichkeiten, mit denen wir uns gegen staatliches Handeln zur Wehr setzen können.
Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Rechtsweggarantie ist es beispielsweise möglich, die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts durch Erhebung von Widerspruch und Anfechtungsklage von den zuständigen Behörden und Verwaltungsgerichten überprüfen zu lassen, oder aber auch Satzungen und Rechtsverordnungen von den Oberverwaltungsgerichten im Rahmen eines sogenannten Normenkontrollverfahrens einer Gültigkeitskontrolle zu unterziehen.
Ein aktuell prominentes Beispiel ist die Überprüfung der Landesverordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie durch Oberverwaltungsgerichte der jeweiligen Bundesländer. Aber auch die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung von Bebauungsplänen im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens dürfte dem einen oder anderen Leser nicht ganz unbekannt sein. Hält das mit der Normenkontrolle beauftragte Oberverwaltungsgericht die zu überprüfende Rechtsverordnung oder Satzung für ungültig, so erklärt es sie für unwirksam.
Da oftmals lange Zeit vergeht, bevor eine Behörde über einen erhobenen Widerspruch und ein Gericht über eine erhobene Klage entschieden hat, besteht in dringenden Fällen die Möglichkeit, einstweiligen, d.h. vorläufigen Rechtsschutz zu erhalten, um dem betroffenen Bürger effektiven Rechtsschutz gewähren zu können.
Besteht das Rechtsschutzziel beispielsweise in einer kurzfristigen Außervollzugsetzung einer Landesverordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, weil etwa die damit verbundenen Einschränkungen existenzgefährdend sind, so kann nach § 47 Abs. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) das Oberverwaltungsgericht auf Antrag eine entsprechende einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Eine vorläufige Außervollzugsetzung kann das Oberverwaltungsgericht allerdings nur dann anordnen, wenn die zur Überprüfung gestellte Norm aus seiner Sicht aller Wahrscheinlichkeit nach ungültig ist und ohne die vorläufige Außervollzugsetzung irreparable Schäden drohen. Besteht das Rechtsschutzziel etwa darin, zu verhindern, dass auf einem Nachbargrundstück gebaut wird, so kann der betroffene rechtschutzsuchende Nachbar zunächst gegen die seinem Nachbarn erteilte Baugenehmigung Widerspruch erheben.
Wichtig für die Erhebung des Widerspruchs ist, dass dieser form- und fristgerecht erhoben wird. Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat, beginnend mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Ist – um bei dem Beispiel der Baugenehmigung des Nachbarn zu bleiben – die Baugenehmigung dem rechtschutzsuchenden Nachbarn nicht bekanntgegeben worden, so muss er den Widerspruch spätestens innerhalb eines Jahres erhoben haben, nachdem er Kenntnis von der Baugenehmigung erlangt hat. Um den Widerspruch formgerecht zu erheben, genügt es, ein mit Namensunterschrift versehenes Widerspruchsschreiben bei der Behörde einzureichen. Daneben eröffnet § 70 VwGO noch die Möglichkeiten, den Widerspruch in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (gemeint ist ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist) oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Auf keinen Fall ausreichend ist es hingegen, den Widerspruch nur per E-Mail zu erheben, da eine E-Mail den Formanforderungen des § 70 VwGO nicht genügt.
Ist der Widerspruch erhoben, ist das Rechtsschutzziel aber noch längst nicht erreicht. Denn der gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung erhobene Widerspruch hat gemäß § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) „keine aufschiebende Wirkung“. D.h. der Bauherr ist trotz des erhobenen Widerspruchs nicht gehindert, von seiner Baugenehmigung Gebrauch zu machen und die Bauarbeiten fortzusetzen, solange die Baugenehmigung nicht wieder aufgehoben wurde. Um den Beginn oder die Fortsetzung bereits begonnener Bauarbeiten zu verhindern, muss der rechtschutzsuchende Nachbar also versuchen, auf andere Weise einen kurzfristigen Baustopp zu erwirken. Hierzu kann ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehbarkeit der Baugenehmigung bei der zuständigen Behörde oder direkt beim Verwaltungsgericht auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt werden.
Freilich gibt es neben den vorgenannten Beispielen noch eine ganze Reihe weiterer Rechtschutzmöglichkeiten. Die Wahl des richtigen Mittels hängt dabei stets von dem jeweiligen Rechtschutzbegehren ab. Eine anwaltliche Beratung kann Ihnen dabei helfen, das richtige Mittel zu wählen, damit effektiver Rechtschutz gewährleistet ist.

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