Es gibt genug zu tun in der Hauptstraße 9, dem Sitz der Gemeindeverwaltung. Handewitt ist nicht nur ein stark wachsendes und sich veränderndes Dorf, sondern auch eine Kommune mit acht Ortsteilen, die sich von Timmersiek bis Jarplund auf 78 Quadratkilometern erstrecken und zusammen rund 11.500 Einwohner zählen. „Allein ein Kranz von etwa 25 Hektar im nördlichen Bereich von Handewitt-City beschäftigt uns aufgrund von Abstimmungen und Planungen täglich“, verrät Bürgermeister Thomas Rasmussen. „Wir haben die einmalige Chance, ein neues Ortszentrum zu gestalten, das wirklich schön wird und keinen Gewerbegebiet-Charme besitzt.“
Ein Marathon-Bauleitverfahren lief bereits, als der 55-jährige Diplom-Verwaltungswirt 2014 von der Stadt Flensburg auf den Stuhl des Bürgermeisters wechselte. Das seit 1998 florierende Einkaufszentrum „Wiesharder Markt“ soll auf der anderen Seite der Raiffeisenstraße ein beschauliches Gegenstück erhalten. Nach 14 Jahren Planungen geht es nun in die Umsetzung. Im Januar wurde das letzte Altgebäude abgerissen: ein Getreidesilo.

Demnächst möchte die Raiffeisenbank Handewitt mit ihrem ersten von drei Bauabschnitten starten. Wohnungen und Dienstleistungen stehen auf der Agenda. Auf dem südlichen Teil der Gesamtfläche regiert die Gemeinde. Ein Ärzte-Team hat bereits ein Grundstück gekauft. Ein Architekten-Wettbewerb für Marktplatz und weitere Freiflächen ist abgeschlossen. Ein Raumprogramm für ein Bürgerhaus wird gerade aufgestellt. „Es wird ein offenes Haus“, verspricht Thomas Rasmussen. „Nicht nur die Gemeindeverwaltung wird umziehen, auch Vereine und das Familienzentrum werden berücksichtigt.“ Die Landesstraße 96 soll zwischen Kreisel und Bahnschiene verziert, verkehrsberuhigt und mit Verkehrsinseln durchsetzt werden, um die Anbindung zum „Wiesharder Markt“ zu betonen.
Auch sonst ist im Zentrum Handewitts viel in Bewegung. Zwei Discounter, „Aldi“ und „Lidl“, wollen nur 15 Jahre alte Gebäude abreißen und moderne Supermärkte errichten. Weitere Wohngebiete vergrößern die Kundschaft. Das größte entsteht nordwestlich vom „Wiesharder Markt“. Im Sommer dürfte die Erschließung soweit fortgeschritten sein, dass die Häuslebauer zum Zuge kommen können. Thomas Rasmussen spricht von einem bunten Mix: „Es sind Einfamilienhäuser, Reihenhäuser und Wohnhöfe vorgesehen, es gibt Angebote für Senioren, Singles und Familiengründer – und das als Eigentum oder zur Miete.“
Mittendrin wird ein neuer ADS-Kindergarten errichtet. Er soll auch als Treffpunkt für das Wohnquartier dienen. Der Anschluss ans lokale Fernwärme-Netz und Ladesäulen für E-Autos gehören zum Konzept. „Wir berücksichtigen nicht nur viele Lebensformen, sondern treten auch für eine nachhaltige Energieversorgung ein“, betont der Bürgermeister. In diesem Zusammenhang zählt er auf: die frühzeitige Ansiedlung einer Wasserstoff-Tankstelle, etliche Windeignungsflächen und zuletzt mehrere Bauleitverfahren, die auf insgesamt 230 Hektar Photovoltaik-Anlagen zulassen werden.
Östlich des Norderkamps soll in Kooperation mit Flensburg ein weiteres kleines Wohngebiet realisiert werden. Im Gespräch ist man auch für ein Projekt in Weding, im Dunstkreis der Friedenskirche in Flensburg-Weiche. „Wenn die Ortsschilder nicht wären, würde man gar nicht merken, ob man sich gerade in der Stadt oder im Umland befindet“, erklärt Thomas Rasmussen.
Zwischen Weding und Jarplund liegt das „Heideland“, ein großes Gewerbegebiet, in dem das Logistik-Zentrum des Pharmazie-Unternehmens „Queisser-Pharma“ thront. Dieses Areal setzte die Gemeinde Handewitt ohne das Oberzentrum Flensburg um. Anders die Lage an der Autobahn mit dem „Scandinavian Park“, für die vor fast 30 Jahren die „Wirtschaftsentwicklungsgemeinschaft Flensburg-Handewitt“ (WEG) gegründet wurde. Am Alten Kirchenweg in Handewitt gibt es noch eine erschlossene Reserve für Gewerbeansiedlungen. Im Kreuzungsbereich der Ellunder Straße mit der B199 wird gerade die letzte Lücke geschlossen. „Küche aktuell“, ein Familienunternehmen aus Braunschweig, hat das Grundstück gekauft. Eine Änderung des B-Plans ist noch nötig, ehe das Geschäft mit Showroom errichtet werden kann.

Das gesamte Gemeindegebiet berührt der Breitband-Ausbau. Die Kommune selbst lässt für 9,5 Millionen Euro – die Hälfte davon fördert ein Bundesprogramm – rund 1000 Haushalte, zumeist in der Peripherie, mit schnellerem Internet versorgen. Auf 360 Kilometern ist der Tiefbau weitgehend abgeschlossen. Die Glasfaserkabel werden nun in die Leerrohre eingezogen. Die Firma „Net Services“ zieht nach und schließt auf privatwirtschaftlicher Basis weitere 1500 Haushalte an das Breitband-Netz an.
Digitalisierung ist natürlich auch ein „Zauberwort“ für die Siegfried-Lenz-Schule. Insgesamt 1200 Schüler besuchen die Grundschulen an den drei Standorten in Jarplund, Weding und Handewitt sowie die Gemeinschaftsschule in Handewitt mit gymnasialer Oberstufe und Förderzentrum. 2026 kommt der Rechtsanspruch auf eine Ganztags-Betreuung. Bis dahin gilt es, vorhandene Angebote der Betreuten Grundschule und der Offenen Ganztagsschule zu erweitern, was mehr Personal und mehr Platz erfordern wird. Wo sich Laufbahn und Fußballfeld ausdehnen, ist ein neues Gebäude angedacht. „Der Trend geht weg von der Flurschule mit Klassenzimmern links und rechts, stattdessen brauchen wir multifunktionale Räume“, erklärt Bürgermeister Thomas Rasmussen. „Das alles wird aber nur möglich sein, wenn Fördermittel fließen.“ Kurzum: Ruhig wird es für Kommunalpolitik und Gemeindeverwaltung in den nächsten Jahren nicht.

Handewitt: Sehenswürdigkeiten und Erholungstipps

Die Handewitter Kirche, das Wahrzeichen der Gemeinde, ist von weitem zu sehen und bildete im Mittelalter das Zentrum der Region. Der Standort ist mindestens seit 1240, wahrscheinlich sogar seit dem 12. Jahrhundert, mit einem kirchlichen Bauwerk versehen. Das Einzugsgebiet des Kirchspiels reichte einst bis Flensburg-Duburg, Harrislee und Fröslee. Am 12. Juni 1882 schlug ein Blitz ein. Das Gottes-haus brannte bis auf das Mauerwerk des Turmes und einen angrenzenden Teil des Schiffes komplett ab. Es begann ein Wiederaufbau, der am 14. Mai 1884 in die Einweihung des neuen Kirchengebäudes mündete.
Ein Besuch der Kirche lohnt sich – vielleicht in Verbindung mit dem Handewitter Staatsforst. Weit und breit ist kein größeres Waldgebiet zu entdecken. Fast sechs Quadratkilometer misst es. Viele Spaziergänger und Radfahrer genießen vornehmlich am Wochenende die gute Luft und die beschauliche Atmosphäre des Gehölzes. Der berühmteste Baum war die „Großmutter“, die einen Stammumfang von 3,84 Meter hatte. Unter dieser Eiche soll König Friedrich VI. (1808-39) eine Frühstückspause während einer Jagd eingelegt haben. Die „Großmutter“ wurde Ende der 50er Jahre wegen Altersschwäche gefällt. Heute durchbricht nur der Wirtschaftsverkehr bisweilen die Stille der Natur. Öffentliche Straßen gibt es nicht. Das war allerdings nicht immer so: Einst führten wichtige Verbindungen zwischen Handewitt, Weding und Hüllerup durch den Wald.

Am Südrand des Waldes entlang führt der „Eichhörnchenweg“. Die neun Kilometer lange Route ist ein Teil des Kiesnachnutzungskonzeptes der Kommunen Wanderup und Handewitt. Das Projekt firmiert als „Seenland um Flensburg“. Schon zur Jahrtausendwende keimte auf der Geest der Wunsch auf, dem Kiesabbau einen positiven Nutzen entgegenzusetzen. Naherholung, Tourismus und Naturpädagogik rückten in den Vordergrund für ein Gebiet, das stolze 250 Hektar und neun Seen umfasst. Bislang entstanden eine Badestelle in Wanderup, eine Swingolf-Anlage in Hüllerup und ein Wegesystem.
Zwei weitere Erholungstipps: Zwischen Harrislee, Flensburg-Weiche und Gottrupel verwandelte sich zur Jahrtausendwende ein Truppenübungsplatz in das „Stiftungsland Schäferhaus“. Auf rund 300 Hektar weiden Galloway-Rinder und Konik-Pferde. Wanderwege führen um und durch das Naturschutzgebiet. Ein Naturerlebnispfad mit Waldelefanten und geologischen Steintischen entführt die Besucher in eine ferne Zeit. Und die Ortslage Handewitt lässt sich auf einem Rundweg, der auch von Spaziergängern genutzt werden darf, umrunden. Die Länge: 8,5 Kilometer.

Text und Fotos: Jan Kirschner

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