2018 ging er mit der deutschen Meisterschaft. In diesem Sommer verabschiedet sich Jacob Heinl zum zweiten Mal aus dem Kader seines Herzensklubs.
Er ist ein Urgestein, trug bereits in der Jugend das Trikot der SG Flensburg-Handewitt. Allein für die Profis stand er in 13 Jahren 420 Mal auf dem Spielfeld, was ihn zur Vereinslegende macht. Seine Karriere im Zeitraffer:

Kleines Talent

Jacob Heinl durchlief eine Flensburger Bilderbuch-Karriere, die keine Vereinswechsel kannte, sondern nur Sprünge von einer Altersklasse zur nächsten. Am Kreis stand er von Anfang an. Da hatte ihn Volker Masuhr, der Trainer in den Mini-Buben, platziert. Erstaunlich: Es reichte in der Jugend nie für eine Auswahl. Aber die Lust war geweckt. Jacob Heinl: „Mich faszinierte von Anfang an der direkte Kampf mit dem Gegenspieler.“

Übergang

Wenn er selbst nicht spielen musste, tingelte er in die „Hölle Nord“. Seine Lieblingsspieler waren zu jener Zeit Johnny Jensen und Michael Knudsen, die Kreisläufer. Und als er etwas jünger war, schwärmte er für Matthias Hahn. Der sollte eine ganz wichtige Rolle in seiner Entwicklung einnehmen. 2005, als der Übergang von der A-Jugend in den Männerbereich anstand, war Jacob Heinl noch immer eine „Bohnenstange“. Er drohte, in der Bezirksliga zu versauern. „Der ist doch gut in der Abwehr“, erkannte Matthias Hahn, damals Trainer der Regionalliga-Truppe. Der Jungspund schaffte den Sprung in die Drittklassigkeit und verbesserte sich auch im Angriff.

Erster Profi-Kontakt

Im Juni 2007 fragte Bundesliga-Coach Kent-Harry Andersson bei Matthias Hahn an, ob er ihm einen abwehrstarken Spieler zur Verfügung stellen könne. Die Wahl fiel auf Jacob Heinl. Er reiste mit nach Großwallstadt. Danach fragte Kent-Harry Andersson: „Möchtest du bei unserer nächsten Saison-Vorbereitung mitmachen?“ Die Pläne für eine ausgiebige Australien-Tour warf Jacob Heinl über Bord.

Die Feuertaufe

82 Spiele absolvierte er für das Junior-Team in der Regionalliga und erzielte dabei 253 Tore. Bei der „Ersten“ musste er sich gedulden – bis zum 6. Februar 2008, als der damals 21-Jährige in Balingen seine ersten Bundesliga-Minuten erlebte. Nur wenige Tage später stand er bereits auf dem Parkett der Champions League. Die beiden Kreisläufer Johnny Jensen und Michael Knudsen fielen verletzungsbedingt aus. Jacob Heinl sprang in die Bresche – und erntete Lobeshymnen. Die Feuertaufe war bestanden.

Stamm- und Nationalspieler

Der abwehrstarke Kreisläufer mauserte sich zum Stammspieler. Und wer sich bei einem Top-Klub durchsetzte, empfahl sich sogleich für die deutsche Nationalmannschaft. Bereits am 2. Dezember 2009 feierte Jacob Heinl gegen Weißrussland sein Länderspiel-Debüt. Im Januar 2011 reiste er mit der DHB-Auswahl das erste und einzige Mal zu einer Weltmeisterschaft. Insgesamt trug er 28 Mal den DHB-Dress.

Titel

Jacob Heinl gewann 2012 den Europacup der Pokalsieger, 2013 den Super Cup – und 2014 die Champions League. „Es war schon bemerkenswert, wie wir das Halbfinale gegen Barcelona drehten“, schwärmt er noch immer. „Dann schlugen wir auch noch den THW Kiel, gegen den wir zuvor ein paar Mal im Finale des DHB-Pokals verloren hatten. Ich war mir dennoch immer sicher, dass wir gewinnen. Ich hatte einfach das Gefühl, dass es unser Tag war.”

Lange Pause

Ende 2014 rutschte der Kreisläufer in eine dunkle Phase. Gerade als es so aussah, dass er aufgrund guter und konstanter Leistungen zum zweiten Mal zu einer Weltmeisterschaft fahren könnte, setzte ihn eine chronische Entzündung am Rücken außer Gefecht. „Es war eine schwere Zeit“, erzählt Jacob Heinl heute. „Manchmal fragte ich mich, nicht wann ich wieder spielen kann, sondern ob überhaupt.“ Nach mehr als einem Jahr kehrte er zurück. Es folgten aber immer wieder Verletzungen.

Das (vorerst) letzte Spiel

Im Frühjahr 2018 reifte der Gedanke, die Karriere in einem neuen Umfeld mit geringerer Belastung fortzusetzen. Ganz unverhofft erwuchs der 3. Juni 2018 zum krönenden, vorläufigen Abschluss. „Ich habe mich so sehr über die Meisterschaft gefreut, nach der die gesamte Region gelechzt hatte, dass ich gar nicht richtig realisierte, gerade mein letztes Spiel bestritten zu haben”, verrät Jacob Heinl im Rückblick.

Dänemark

Ab der Saison 2018/2019 war er Abwehrchef beim dänischen Erstligisten Ribe-Esbjerg. Der Flensburger zog nicht um, sondern pendelte die 150 Kilometer an die Westküste Dänemarks. „Schnell machte mir das gar nichts mehr aus, der Mensch ist ja ein Gewohnheitstier“, schmunzelt Jacob Heinl.

Comeback

Es war Spätherbst 2019, als die SG eine schwere Blessur von Simon Hald zu beklagen hatte. Jacob Heinl hatte davon gehört, wunderte sich dennoch, warum plötzlich der Name von SG-Coach Maik Machulla auf dem Display seines Handys auftauchte. „Was willst du denn?“ Wenige Tage später, nach etlichen Gesprächen und Mails zwischen Klubs und Verbänden, spielte der verlorene Sohn wieder für seinen Herzensverein.

Die aktuelle Situation

Bei einer Operation im Januar wurden Meniskus- und Knorpelschäden behoben – das Ende der Spielzeit. Bis in den April hinein konnte Jacob Heinl nur den Oberkörper trainieren und musste Krücken verwenden. „Ich werde alles dafür tun, dass das Knie wieder für den Leistungssport tauglich ist“, erklärt er. „Die Motivation habe ich, und ich kann mir gut vorstellen, weiterhin zu spielen.“ Bei der SG läuft der Vertrag aus. Im Sommer scheidet Jacob Heinl aus dem Kader aus – diesmal wohl endgültig.

Text und Fotos: Jan Kirschner

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