Die besonderen familiären Umstände haben es in Axels Fall mit sich gebracht, dass er sein ganzes bisheriges Leben stets in Tarup zu Hause war und immer noch ist. Dabei ist er im Grunde gar nicht der Typ Mensch, der sich nicht aus den eigenen vier Wänden raustraut – eher das Gegenteil ist der Fall. Doch fangen wir so an zu erzählen, wie es in den meisten Geschichten üblich ist: von vorne.

Eine unbeschwerte Kindheit

Geboren ist Axel so, wie es seinerzeit noch üblich war. Er kam am 25. August 1957 zur Welt, im Hause seiner Eltern Hans und Erna, im ländlichen Tarup im Bäckerweg 13. Somit war die junge und kleine Familie Dietrich komplett, sein älterer Bruder Klaus war schon seit 2 Jahren da. Axel erinnert sich an eine sehr unbeschwerte Kindheit. Er und sein Bruder hatten ein wahres Kinder-Paradies vor der eigenen Haustür vorgefunden, denn noch in seinem Geburtsjahr bezog die junge Familie gegenüber des Hauses der Großeltern das Grundstück mit der Hausnummer 30, ein ebenso riesiges Anwesen – etwa 1.400 qm – mit reichlich Fläche, eine sogenannte Nebenerwerbssiedlung war das damals im Bäckerweg. Für die Kinder gab es auf dem Hof vielfältige Spielmöglichkeiten, und bei den Dietrichs war das Kinderspielen im Gegensatz zu vielen Nachbarshäusern stets erlaubt. Was haben die Kinder damals gespielt? Meistens gab es für die Jungs nur eines: Fußball, Fußball, Fußball …
„Wir waren wohl das, was man heute Straßenfußballer nennt“, ist sich Axel sicher. „Der Ball war unser ständiger Begleiter, entweder spielte ich 1 gegen 1 gegen meinen Bruder Klaus, oder viele Freunde aus der Nachbarschaft bolzten mit uns zusammen und gegeneinander in unterschiedlichen Mannschaftsgrößen.“
„Überhaupt haben wir eigentlich immer nur draußen gespielt“, ergänzt Axel. „Rein durften wir nur, wenn es draußen Bindfäden regnete, oder auch mal an eisigen Wintertagen.“ So ergab es sich fast zwangsläufig, dass Axel sich zu einem richtig guten Kicker entwickelte, dem der Spaß und die Lust am Bolzen nie vergingen. Längst hatte er bereits in jungen Jahren für sich beschlossen: „In den Kindergarten und zur Schule gehe ich nicht; ich übernehme ja sowieso später einmal das Fuhrgeschäft von meinem Vater!“

Die Schule des Lebens

Man ahnt es schon: Um die Schule kam er nicht herum. Allerdings stellte er seinen Eltern eine besondere Bedingung, unter der er vielleicht doch bereit wäre, zur Schule zu gehen: Er wollte am Einschulungstag unbedingt die geliebte Trainingshose anziehen! „Ich habe mich damals letztlich durchgesetzt“, schmunzelt Axel über sein Verhandlungsgeschick. Dennoch war die Schulzeit nicht so seine Sache. „In der Schulzeit waren die Pausen das Schönste; dann konnten wir endlich wieder auf dem Schulhof Fußball spielen.“ Dabei kam es nicht selten vor, dass das Klingeln zur nächsten Stunde von den jungen Bolzern nicht wahrgenommen wurde – Fußball war nun mal die eine große Leidenschaft für Axel und seine Mitstreiter.
„Folgerichtig hielten sich meine schulischen Leistungen in Grenzen, doch hatte ich das große Glück, eine in jeder Hinsicht nachsichtige und tolerante Mutter zu haben. Nicht selten schleppte ich Klassenarbeiten nach Hause, die mit meiner Lieblingszahl „5“ vom Lehrer unterschrieben waren – sie hat dennoch fast nie mit mir geschimpft“, weiß er noch heute die Großzügigkeit zu Hause zu schätzen.
Vater Hans Dietrich betrieb vom eigenen Hofe aus ein gut florierendes Fuhrgeschäft, war in der Woche beruflich stark eingespannt, so dass die Aufsicht über die Söhne und die Erziehung an der Mutter hängenblieb – wie es damals üblich war.
Axel besuchte insgesamt für 9 Jahre die Schule in Adelby, machte dort auch seinen Hauptschulabschluss. Am meisten schätzte er aber am Schulgelände den Bolzplatz, der für die Jungen der Gegend der Hauptanlaufpunkt wurde, zwei Bäume dienten als das eine Fußballtor, für das andere mussten Klamotten oder Schulranzen herhalten. Gerne hätte er schon im Verein gespielt, doch das ging seinerzeit erst im Alter von zehn Jahren, dass man als Junge in die Altersklasse „Knaben“ aufgenommen wurde. So startete Axel im Alter von 10 seine Fußballkarriere im Trikot des SV Adelby. Sein Vater hatte als Selbständiger praktisch nur am Sonnabendnachmittag sowie am Sonntag Zeit für die Familie, und gern nutzte er diese freie Zeit, um die beiden Söhne zu ihren Fußballspielen in Flensburg und Umgebung als Fahrdienst zu begleiten. So ergab sich irgendwann 1968 auch folgende Situation: Die Fußballmannschaft der Jungs sollte zu einem Auswärtsspiel zum Scheersberg reisen; Hans Diet-rich war der einzige anwesende Vater: Folglich fuhr er kurzerhand die gesamte Mannschaft (alle 11 Spieler!) in seinem privaten Borgwardt zum Sportplatz auf dem Scheersberg, und nach erfolgtem Spiel umgehend wieder zurück. Das war damals noch möglich und auch so üblich – es gab noch keine Anschnallpflicht, und schon gar nicht Kindersitze für die Kleinen.

Die beruflichen und fußballerischen Lehrjahre

Nach der Hauptschulzeit besuchte Axel erfolgreich die zweijährige Handelsschule. Aufgrund dieses Schulabschlusses brauchte Axel anschließend nur zwei anstatt der sonst üblichen drei Jahre Lehrzeit zu absolvieren. Axel erlernte den Beruf des Groß- und Außenhandelskaufmanns bei der hiesigen Firma Otto Jürgensen & Sohn, die damals noch ihren Firmensitz in der Straße Niedermai hatte. Auch in der Lehre war der Fußball natürlich ein Dauerthema in den Pausengesprächen, spielte doch einer seiner Arbeitskollegen beim Lokalrivalen Flensburg 08, das war der Kollege Dietmar Pfeiffer.
Schon als Jugendspieler erkannte man recht schnell Axels besonderes Talent, die Adelbyer Jugendmannschaften waren damals sehr erfolgreich, schlugen bei diversen Turniereinladungen selbst renommierte Mannschaften aus Hamburg wie den FC St. Pauli oder Concordia. Axel wurde sogar durch den damaligen Landestrainer und Verbandssportlehrer Hans Merkle in die Landesauswahl berufen und spielte in dieser in Duisburg mit beim jährlichen Sichtungsturnier der nationalen Landesverbände für Schleswig-Holstein. „Wir waren eine starke Truppe damals, schlugen in einem Testspiel sogar die favorisierte Hamburger Auswahl, doch in Duisburg schieden wir leider schon früh aus“, hat Axel noch gute bis zwiespältige Erinnerungen an jene Zeit. Axel war mittlerweile als Spieler in der Altersklasse „Jungmannen“ (heute A-Jugend bzw. U19) angelangt, hatte zuvor bereits mehrere Angebote von höherklassig spielenden Flensburger Vereinen wie Polizei SV und FTB (heute TSB) erhalten. Er wechselte jedoch zu DGF Flensborg, die ein besonders lukratives Angebot für ihn parat hatten: Die Männermannschaft des DGF spielte damals in der Verbandsliga, und Axel wurde extra freigeholt für die Senioren, durfte als Jungmannen-Spieler sofort in der 1. Männermannschaft mitspielen. „Ein „Highlight“ war das Lokalderby gegen Nord Harrislee, ein ganz besonderes Erlebnis: Wir spielten vor rund 500 Zuschauern, die dicht gedrängt am Spielfeldrand standen und die Mannschaften anfeuerten. Ich schoss beide Tore zum 2:2. Insgesamt waren es für mich bei DGF zwei schöne Jahre in einer sehr kameradschaftlichen Truppe“, schwärmt Axel heute noch von jener Zeit.

Die Bundeswehr ruft

„Vater Staat“ hatte schon bei Axel angeklopft wegen des bevorstehenden Wehrdienstes. Er war nicht sehr begeistert von der Aussicht, die nächsten 15 Monate „in Oliv“ zu verbringen. „Wenn schon Wehrdienst, dann aber bitte in Flensburg“, lautete seine Wunschvorstellung.
„Dann solltest Du zu Flensburg 08 wechseln, die sorgen schon dafür, dass Du in Flensburg unterkommst“, erfuhr Axel von Freunden aus der Fußballszene. Gesagt, getan … kaum war er zu 08 gewechselt, schickten ihn die dortigen Verantwortlichen zum Vorsprechen in die hiesige Standortverwaltung in die untere Harrisleer Straße. Dort saßen an der richtigen Stelle Leute mit Beziehungen, die dafür sorgten, dass Axel – wie von ihm gewünscht – zum Wehrdienst in die Flensburger Grenzland-Kaserne eingezogen wurde. Seinen Wehrdienst trat er am 1. Oktober 1977 an, absolvierte dort auch die übliche dreimonatige Grundausbildung. „Wenn schon zur Bundeswehr, dann will ich dort wenigstens den Führerschein Klasse 2 machen – um später gleich im väterlichen Betrieb als Kraftfahrer anfangen zu können. Man versprach mir, wenn ich mich zum „Hilfsausbilder“ ausbilden lassen würde, käme ich in die entsprechende Kompanie, würde in jener Einheit auch den „Lappen“ für die Klasse 2 erwerben können.“ So geschah es letztlich auch, Axel ging diesen beschriebenen Weg. Daneben hatte er einen fußballverrückten Hauptmann als Kompaniechef, der ihn unbedingt in seinen Reihen behalten wollte – um die Bundeswehr-internen Fußballmeisterschaften gewinnen zu können. Axel führte nun in der Kaserne als sogenannter „Heimschläfer“ ein recht angenehmes Dasein, musste auch nicht am donnerstäglichen „Revierreinigen“ nach Feierabend teilnehmen, sondern durfte direkt zum Fußballtraining abhauen. „Alle waren zufrieden: Der Hauptmann, dass wir Erster im Fußball wurden, meine Kameraden, weil ich ab und zu doch beim Revierreinigen mitmachte, und ich natürlich auch, weil ich den ersehnten Führerschein wie erhofft in meiner Dienstzeit erwerben konnte“, denkt Axel dennoch positiv an die eigentlich ungeliebte Zeit beim „Bund“ zurück.

Privatleben und Einstieg in die elterliche Firma

Neben dem Fußball und den anderen genannten Aktivitäten gab es aber auch noch einige andere Dinge im Leben, die ihn mit zunehmendem Lebensalter interessierten. So lernte er in der Pubertät seine erste und einzige Freundin Kirsten kennen, die auch in Tarup geboren und aufgewachsen ist. Sie war im Taerbekweg zu Hause, die damals 16jährigen jungen Leute trafen sich mit ihrer Clique meistens irgendwo im Ort, knatterten mit ihren KKRs – Kleinkrafträder – durch die Nachbarschaft. Die erste gemeinsame KKR-Tour sollte sie nach Kopenhagen führen, letztlich fuhren dann Axel und ein weiterer Freund allein in die dänische Hauptstadt. Die Freundschaft mit seiner Kirsten hielt an, die beiden zogen für zwei Jahre in die erste gemeinsame Wohnung nach Adelbylund.
Anfang 1979 – inzwischen frisch beim Bund entlassen – fing Axel bei seinem Vater in der Firma an. „Das LKW-Fahren war mir anscheinend in die Wiege gelegt worden, bereitete mir überhaupt keine Probleme. Dazu kam, dass Anfang der 80er Jahre der Straßenverkehr noch recht übersichtlich war, die Straßen längst nicht so überfüllt waren wie heute. Staus erlebte ich – wenn überhaupt mal – nur zu Stoßzeiten in und um Hamburg herum. Eine meiner Lieblingstouren fuhr ich für Coca-Cola Flensburg: Über Dänemark mit der Fähre nach Sylt, und zurück. Daneben fuhren wir regelmäßig für Andresen-Rum, H.G. Dethleffsen, Jacob Cement, und viele weitere hiesige Firmen. Die Touren führten mich bis in den Hamburger und Bremer Raum, auch oft nach Skandinavien“, erzählt Axel aus seiner ersten Fahrenszeit für die väterliche Firma.

Fußball und Beruf – nicht leicht in Einklang zu bringen

Bei Flensburg 08 blieb Axel Dietrich nur für eine einzige Spielzeit. „Eigentlich schade“, weiß Axel heute. „Doch seinerzeit verließen zahlreiche Spieler den Verein, und wie so viele von denen wechselte auch ich zum aufstrebenden Rivalen TSV Nord Harrislee. Gleich das erste Pflichtspiel für TSV Nord war ein echter Höhepunkt: Wir spielten im DFB-Pokal gegen den damaligen Zweitligisten Borussia Neunkirchen. Das Pokal-Match wurde im Flensburger Stadion ausgetragen, vor immerhin 1.582 zahlenden Zuschauern. Das Spiel ging leider 0:6 verloren, den Unterschied zwischen Profis und Amateuren konnte man deutlich erkennen – dennoch für uns ein überragendes Erlebnis. In Harrislee hatten wir in jenen Jahren eine spielstarke Mannschaft, wir waren eigentlich immer im oberen Tabellenabschnitt wiederzufinden. Unser Trainer war Jürgen Lück: Das hieß im Klartext, dass wir konditionell topfit waren!“ Axel ergänzt: „Ich war jetzt 21 Jahre alt, beruflich ständig als Kraftfahrer auf Achse, den ganzen Tag über unterwegs, und es kam sogar gelegentlich vor, dass ich direkt mit dem LKW abends zum Training fuhr – die Sportklamotten hatte ich in weiser Voraussicht immer dabei.“ Aus jenen Harrisleer Jahren hat Axel noch bis heute zahlreiche Kontakte zu einstigen Weggefährten. „Spontan fallen mir Mitspieler wie Hanni Schlott, Volker Herre, Peter Thies, Walter Markmann, „Max“ Jacobsen sowie natürlich mein Bruder Klaus ein. Leider musste ich nach vier Jahren beim TSV Nord aus gesundheitlichen Gründen erst einmal mit dem Leistungsfußball aufhören.“

Axel baut ein eigenes Haus und gründet eine Familie

„Im Jahr 1980 fingen wir an, unser Eigenheim zu bauen“, erzählt Axel aus einer anderen Phase seines Lebens. Wo genau? Natürlich wieder in Tarup, genau gesagt in der Taruper Hauptstraße 8A, in unmittelbarer Nähe des neuen Firmenzentrums, das sich direkt hinter dem Neubaugrundstück befand. „Den Keller haben wir, mein Vater, mein angehender Schwiegervater, Kirsten, und meine Wenigkeit mit der Unterstützung von einigen Freunden sowie meinem Onkel in Eigenleistung erstellt.“
Längst waren Kirsten und Axel ein Paar, hatten außerdem bereits beschlossen, den künftigen Lebensweg gemeinsam zu gehen. „Am 25. März 1981 haben wir im Tastrup-Krog unseren Polterabend gefeiert. Es wurde ein rauschendes Fest. Im Vorfeld hatte die Wirtin wissen wollen, mit wie vielen Gästen wir denn rechneten. Ich ging von etwa 100 bis 120 Personen aus – es kamen jedoch tatsächlich mehr als 180 Gäste, die zwei Bedienungen samt der Wirtin waren heillos überfordert, und sprachen kein Wort an jenem Abend mehr mit mir. Zwangsläufig ging kurz vorm Zapfenstreich (damals um Mitternacht) das Bier aus. Mit dem Ergebnis: „Wir ham die Kneipe leergesoffen“, wie ein sichtlich angeheiterter Gast feststellte. Kirstens damalige Arbeitskollegen von der Kreis-Sparkasse ignorierten einfach das Ende der Feier, begleiteten uns nach Hause, wo die lange Nacht irgendwann gegen 5 Uhr morgens mit Spiegelei und Korn besiegelt wurde.“
Am Freitag, den 27. März, fand vormittags die standesamtliche Trauung statt. „Es war ein bisschen wie Auto ummelden“, so hat Axel die offizielle Zeremonie im Gedächtnis behalten. Nachmittags war die kirchliche Trauung mit anschließender Feier in der Gaststätte Neukrug in Maasbüll, die mit 75 geladenen Gästen einen tollen und würdigen Höhepunkt der Hochzeitsfeierlichkeiten darstellte.
„Doch wir hatten noch nicht genug vom Feiern“, legt Axel nach. „Kaum hatten wir uns von den Hochzeitsfeierlichkeiten erholt, stand am 10. April 1981 das Richtfest für unser Eigenheim auf dem Plan. Auch diese gern besuchte Veranstaltung lockte wieder zahlreiche Gäste an, die sich allesamt nicht schonten: Nach nur einer Stunde waren insgesamt 3 Kartons mit Apfelkorn „verdunstet“ – wir waren aber diesmal darauf vorbereitet und hatten vorgesorgt. Auch dieses ausgelassen gefeierte Fest endete erneut mit dem gleichen „harten Kern“ – mit dem Personal der hiesigen Kreis-Sparkasse und dem obligatorischen Spiegelei in früher Morgenstunde! Im weiteren Verlauf des Jahres 1981 erstellte die Baufirma meines Onkels komplett den fertigen Rohbau, unter tatkräftiger Mithilfe vieler Freunde und Bekannten in sogenannter Eigenleistung. Im September 1981 konnten wir als junges Ehepaar Dietrich endlich in die eigenen vier Wände einziehen.“

Familienleben

Es dauerte nicht sehr lange, da erblickte das erste Kind der beiden Jungverheirateten das Licht der Welt, am 25. März 1982 begann für die kleine Levke das Dasein auf diesem schönen Planeten. „Als wir nur zu zweit waren, reichte uns noch der kleine Renault 5 für unsere Urlaubstouren und sonstigen Fahrten. Jetzt musste etwas Größeres her, ein alter umgebauter „Hanomag“ wurde einem Sportfreund abgekauft und zu unserem ersten kleinen Wohnmobil. Mit dem Gefährt haben wir Skandinavien unsicher gemacht, selbst bis nach Stockholm hat uns der gute alte „Hanomag“ sicher gebracht. Doch wir entschieden uns im Jahre 1987 für ein größeres und komfortableres Wohnmobil, wir bekamen eines mit sechs Schlafplätzen. Die waren auch bald vonnöten, sollte unsere erst noch kleine Familie doch recht bald spürbar größer werden: Am 2. Juni 1988 wurde unser Brian geboren, und am 29. Mai 1990 unser Nesthäkchen Nele – jetzt war unsere Familie endgültig komplett!“, weiht uns Axel in seine damaligen Familienplanungen ein.

Die mittleren Jahre

Axel beließ es nicht dabei, „nur“ als Kraftfahrer zu arbeiten. Im Jahr 1985 legte er mit Erfolg die „Sachkundeprüfung zur Führung von Güterkraftverkehrsunternehmen“ ab, und wirkte ab 1988 im väterlichen Betrieb hauptsächlich als Disponent – eine Aufgabe, die den ganzen Mann forderte, sehr anstrengend war und ihn beinahe rund um die Uhr auf Trab hielt. 1992 erhielt er schließlich Prokura, und im Februar 1995 übernahm er offiziell als Geschäftsinhaber die Firma „Hans Dietrich Güternah- und Fernverkehr“. Sein Vater Hans ging nun offiziell in den Ruhestand, war aber dennoch täglich im Betrieb anzutreffen, zog sich erst ganz allmählich aus dem Tagesgeschäft zurück. Nachdem Axel seine gesundheitlichen Probleme überwunden hatte, begann er wieder mit dem Fußballspielen, diesmal in seinem alten Stammverein SV Adelby. „Da ich im Betrieb schon sehr eingespannt war, konnte ich nur am Wochenende in der Zweiten mitspielen, oder mal bei Bedarf in der Ersten aushelfen. Als es altersmäßig möglich war, wechselte ich mit etwa 33 Jahren in die Altliga. In jener Mannschaft habe ich viele Spiele und Turniere bestritten, sowohl auf dem Feld als auch in der Halle. Wir waren recht erfolgreich, haben den einen oder anderen Pokal gewonnen. Mit 57 Jahren habe ich dann die Fußballschuhe an den berühmten „Nagel“ gehängt. Um fit zu bleiben, laufen Kirsten und ich gerne Strecken zwischen 5 und 10 Kilometern Länge. Wir haben eine Zeitlang regelmäßig an so manch einer Laufveranstaltung in der Region teilgenommen“, rundet Axel seine sportlichen Ambitionen und Aktivitäten ab.

Der späte Berufswechsel

Manchmal kommt es im Leben anders als man denkt. Das sollte sich in Axels Leben auf den ausgeübten Beruf auswirken: Die in Flensburg ansässigen Firmen wurden immer weniger, manch ein langjähriger Auftraggeber fiel im Laufe der Jahre ersatzlos weg. Wegen guter Kontakte nach Padborg und Kolding waren die LKWs der Firma dennoch erst noch weiterhin gut ausgelastet. Doch es wurde nicht einfacher, im Gegenteil: Die Maut für LKW wurde eingeführt, der Dieselkraftstoff wurde spürbar teurer, staatliche Unterstützung fand praktisch nicht statt. Nach der Wende drängten in den 90er Jahren zudem immer mehr deutsche Transportunternehmen auf den Markt, die Frachtpreise fielen, die Dietrichs mussten schließlich auf ihre finanziellen Reserven zurückgreifen. Der eigene Berufsverband gab seinen Mitgliedern zwar noch vermeintlich gute Ratschläge, es waren aber eigentlich nur Durchhalteparolen. „Wir betrieben über viele Jahre hinweg einen Fuhrpark mit sechs LKWs und der entsprechenden und benötigten Anzahl von Fahrern. Als sich keinerlei Besserungen in den Rahmenbedingungen abzeichneten, entschloss ich mich schweren Herzens, die Firma abzuwickeln und aufzulösen. Ich begann, Zug um Zug die Fahrzeuge zu verkaufen und die Fahrer bei bekannten und gut etablierten Fuhrunternehmen in der Region unterzubringen. Dass mir das so gut gelang, half mir dabei, den Verlust über die Verkleinerung und folgende Auflösung der familieneigenen Firma einigermaßen zu verschmerzen.“
Schließlich verblieb ein einziger LKW im Betrieb, diesen fuhr Axel selbst und höchst persönlich. Doch allein konnte er nicht erfolgreich gegen die übermächtige Konkurrenz aus Osteuropa ankämpfen, er löste die Firma im Jahre 2006 auf. Beim einstigen Auftraggeber Jacob Cement hätte er sofort als Disponent anfangen können – den stressigen Job wollte Axel jedoch nicht mehr ausüben. So arbeitete er noch für ein weiteres Jahr als angestellter Kraftfahrer für Jacob Cement.

Eine Absage, die positive Folgen mit sich brachte

Axel erfuhr eines Tages, dass die Stadt Flensburg eine Stelle in der stadteigenen Poststelle und Druckerei ausgeschrieben hatte. Er bewarb sich, führte ein aus seiner Sicht sehr angenehmes und positives Einstellungsgespräch, doch die Stelle bekam ein anderer Bewerber.
Nach Axels Anfrage, wer die vakante Stelle erhalten hat, wurde ihm mitgeteilt: „Die Stelle hat der bisherige Fahrer der städtischen Fahrbücherei erhalten!“ Axel daraufhin: „Und wer fährt künftig den Bücherbus?“ Jene Stelle war noch nicht nachbesetzt und sollte neu ausgeschrieben werden. Axel bat darum, seine Bewerbungsunterlagen entsprechend weiterzuleiten. So geschah es, erneut erhielt er eine Einladung zum Vorstellen, und tatsächlich wurde ihm die Stelle als Fahrer der Fahrbücherei angetragen. Natürlich nahm Axel das Angebot an und fuhr somit ab Oktober 2007 den Flensburger Bücherbus!

Ein Traumberuf

„Das war genau der Job, der perfekt zu mir passte. Ich war als Fahrer unterwegs, kam mit zahlreichen netten Menschen in Kontakt. Zudem war es mein Ziel, nach der jahrelangen Selbständigkeit mit ständig wechselnden Arbeitszeiten und langen Arbeitstagen einen Beruf zu finden, der in der Hinsicht berechenbarer und planbarer war, mit einer erträglichen und familienfreundlichen Arbeitszeit. All das bot mir diese neue Tätigkeit“, weiß Axel den Wechsel aus der Selbstständigkeit in ein geordnetes Arbeitsleben sehr zu schätzen. „Anfangs schwärmte ich den neuen Kollegen vor, dass der Job ja fast wie Urlaub sei“, schmunzelt Axel, um ernsthaft zu ergänzen: „Ich habe dennoch immer gern viel gearbeitet, bis auf die letzten zwei Jahre, als ich immer mehr merkte, dass der eigene Betrieb auf Dauer nicht zu halten sein würde.“
Auch für sein Familienleben brachte die Regelmäßigkeit im neuen Job viele Vorteile mit sich. „Morgens die KiTas und Schulen mit dem Bücherbus anzufahren, die unzähligen Kontakte zu den jüngeren und jüngsten Lesern zu halten, hat mir sehr viel Freude gemacht, und dann die Nachmittagsstunden, in denen wir die einzelnen Stadtteile und Wohngebiete anfuhren, wir auf sehr viele Stammkunden trafen, immer wieder den einen oder anderen Schnack mit den Lesern und Leserinnen hielten – das war schon eine richtig tolle Zeit“, kommt Axel aus dem Schwärmen gar nicht mehr so richtig heraus.

Der Bücherbus – mehr als nur ein Arbeitsplatz

„Die absoluten Höhepunkte als Teil des Bücherbus-Teams waren für mich die Bücherbus-Treffen. Besonders die Events im benachbarten Dänemark und die Touren rauf nach Finnland sind mir im Gedächtnis geblieben. Neben den üblichen Events wie „Open-Bus“-Vorträgen haben die Nordländer immer eine große Feier mit allem Drum und Dran, leckerem Essen und manchmal sogar Tanz, veranstaltet. Das am weitesten entfernte Treffen fand für uns in Turku/Finnland statt. Schon die Anreise war ein Erlebnis: Zwei Stunden Fahrt von Flensburg nach Travemünde, dann die Einschiffung an Bord der Fähre, mit rund 30 Stunden Seefahrt nach Helsinki, schließlich noch 2 bis 3 Stunden Weiterreise nach Turku. Auf allen Auslandsreisen habe ich unvergessliche Eindrücke gewonnen, daneben sehr viele nette und herzliche Menschen getroffen.“
Im Jahr 2013 erhielt die Firma Kiitokori in Kausala/Finnland den Auftrag für den Bau eines neuen Bücherbusses für die Stadt Flensburg. „Mit einem Fachmann von Aktiv-Bus sowie der damaligen Leiterin der Fahrbücherei Flensburg flog ich zur Baubesprechung nach Finnland. Hier ging es im Wesentlichen um die Inneneinrichtung des künftigen Busses – von außen sahen die Busse ja praktisch alle gleich aus. Ich war gut vorbereitet, hatte im Vorwege eine Zeichnung erstellt, wie ich mir die optimale Innenausstattung des Gefährts vorstellen könnte. Wir saßen mit den Firmentechnikern an einem Tisch, dabei wurde lange und intensiv verhandelt, manch ein „Geht nicht“ überwunden, letztlich fast alle meine Ideen und Vorschläge in die Tat umgesetzt. Die besondere Ausstattung des heutigen Busses ist ein absolutes Unikum. Im April 2014 konnten wir den neuen Bus aus Finnland abholen und nach Flensburg überführen“, ist Axel zurecht stolz auf das neue Gefährt und die Umsetzung seiner Vorschläge und Ideen bezüglich der Ausstattung des Bücherbusses.

Der Ruhestand

Axel durfte noch etwa sieben Jahre den Bücherbus durch Flensburg als Fahrer und Teammitglied kutschieren und begleiten, einschließlich der Zeit der Corona-Pandemie, die auch für die Fahrbücherei eine schwere Zeit darstellte, mit ihren Einschränkungen, sich ständig ändernden Ausleihbedingungen und so weiter. Im Sommer 2021 war es dann soweit: Axel trat am 30. Juni in den Ruhestand, seine zahlreichen Kollegen und Wegbegleiter aus der Stadtbücherei sowie vom Bücherbus bereiteten ihm einen vorzüglichen und herzlichen Abschied aus dem Berufsleben.
Und was nun? Das fragte Axel sich schon manchmal in der ersten Zeit ohne Bus und Arbeit. Doch fanden er und seine Ehefrau Kirsten schnell passende Antworten: „Anfangs habe ich mir jedoch zu viel vorgenommen, ich wollte Haus und Garten auf Vordermann bringen und alles Mögliche, so schnell es nur geht, erledigen und umsetzen. Doch mit der Zeit wurde ich ruhiger und gelassener, habe mittlerweile längst meinen bzw. unseren Lebensrhythmus gefunden. Das Rentnerdasein erleichtert zudem die Urlaubsplanung und -durchführung“, kann Axel dem Hier und Heute mehrere gute Seiten abgewinnen. „Unsere Art Urlaub zu machen ist längst festgelegt: Wir fahren mit dem eigenen Wohnmobil zu vorher ausgeguckten Reisezielen. Doch gibt es auch Ausnahmen: Angeregt durch die Winterolympiade 1994 in Norwegen, haben wir dort oben für 10 Tage eine Hütte gebucht – für uns eine unvergessliche und ausgesprochen schöne Zeit. Seitdem fahren wir einmal jährlich dorthin zum Skiurlaub, meistens in den Osterferien. Wenn möglich, gern mit der Familie. Seit die Kinder jedoch eigene Familien haben, sind wir meist allein unterwegs, mit unserem mittlerweile vierten eigenen Wohnmobil. So geht es im Herbst seit Jahren regelmäßig nach Südtirol auf einen Campingplatz in der Nähe von Bozen. Dort treffen wir uns gern mit Freunden zum gemeinsamen Wandern, meist stößt ein guter Freund noch dazu, der in der Nähe von München wohnt.“

Ausblick

„Vor einigen Wochen, genau gesagt zu meinem 65. Geburtstag im August, haben wir eine große Familienfeier der Dietrichs hier in Flensburg feiern können, von unseren Kindern toll organisiert. Mittlerweile bin ich Opa und habe drei Enkelkinder, die wir – weil sie in der Nähe leben – oft, etwa zwei- bis dreimal pro Woche, sehen können. Auf die Ankunft unseres 4. Enkelkindes im Dezember freuen wir uns sehr! Ich kann schon sagen, mir geht es heute wirklich gut, von den üblichen kleinen Zipperlein mal abgesehen. Im nächsten Jahr wird meine Frau auch in den Ruhestand gehen: Wir sind gespannt, was uns die nächsten Jahre noch so bringen. Wir schauen jedenfalls gut gelaunt und mit Vorfreude in die Zukunft!“
Das freut natürlich den Schreiber dieser Zeilen sehr! Das Flensburg Journal bedankt sich für ein ausgesprochen interessantes Gespräch, wünscht den Dietrichs für die kommenden Jahre, für die Zukunft, alles erdenklich Gute!

Text: Peter Feuerschütz
Fotos: Benjamin Nolte, privat

- WERBUNG -