Sollten Sie nach einem ausgiebigen Spaziergang durch den Volkspark noch Zeit übrig haben, setzen Sie sich doch einfach mal für einige Minuten auf die im Winter meistens verwaiste Tribüne des Flensburger Stadions, und genießen Sie die dort vorherrschende unglaubliche Stille. Schließen Sie mal für diese kleine Auszeit die Augen, und wenn Sie ein eingefleischter Anhänger des Flensburger Fußballs sein sollten, könnten Sie nach geraumer Zeit noch leise im Hintergrund die Anfeuerungsrufe der goldenen 70er Jahre des Flensburger Fußballs vernehmen … als die „Hanni, Hanni!“-Rufe durch das hiesige Rund klangen und die „08er“ zu ihren großen Erfolgen trieben.
Diese glorreichen Zeiten der „08er“ sind leider längst vergangen, bald 50 Jahre ist es mittlerweile her, dass die Kicker um Didi Dolle, Teddy Hopp, Volker Herre und den Namensgeber der Anfeuerungen der Zuschauer, Hanni Schlott, die Flensburger Fußballgemeinde zur Verzückung brachten und ein erfolgreiches Jahrzehnt für die Liga von Flensburg 08 einläuteten. Inzwischen haben der Traditionsverein aus Flensburgs Osten und die weiter südlich gelegenen „Eisenbahner“ vom ETSV Weiche sich zusammengetan und fusioniert, bilden seit dem Jahr 2017 gemeinsam den neuen und auch sehr erfolgreichen Verein SC Weiche Flensburg 08.
Einer der beliebtesten und wohl auch einer der besten Fußballspieler der 60er und 70er Jahre in Flensburg, und nach beendeter Spielerkarriere als Trainer und Funktionär, war eben jener Hanni Schlott, der jedoch streng genommen gar nicht aus Flensburg stammte …

Ein Glücksburger Kind

Geboren ist Hanni als Johannes Schlott am 13. Oktober 1946 in Wanderup, rund 12 Kilometer vor den Toren Flensburgs gelegen. Doch als Hanni ein einjähriger Bub war, seine ältere Schwester war vier Jahre alt, zog die vierköpfige Familie Schlott in ein anderes Umfeld um: Es ging von Wanderup nach Glücksburg in die dortige Waldstraße, ins Haus Nr. 7. Hintergrund war der berufliche Wechsel seines gleichnamigen Vaters Johannes von Wanderup in die Glücksburger Meierei. Dort stieg der Vater zum Betriebsleiter auf, die Familie Schlott bezog folgerichtig eine Dienstwohnung im Wohnhaus der Meierei. Von jeher fühlt Hanni sich in Glücksburg zu Hause. „Die Waldstraße und der Hindenburgplatz waren schon immer mein Revier, hier haben wir zahlreichen Kinder fast ganzjährig draußen gespielt, mal am Schlossteich, mal Verstecken oder Cowboy im nahegelegenen Wald, aber wir Jungs haben eigentlich immer nur eines im Sinn gehabt: Fußball!“ Dafür musste der benachbarte Hindenburgplatz herhalten, in jener Zeit noch nicht geteert und versiegelt. „Doch den großen Baum in der Mitte gab es schon damals – und das ohne Umzäunung. Unsere Fußballtore wurden durch Steine oder Blechbüchsen markiert, und die Spielzeit dauerte eigentlich immer gefühlte 2 x 2 Stunden – wir wurden einfach nicht müde!“, schmunzelt Hanni beim Rückblick auf seine fußballerischen Anfänge als „Dreikäsehoch“.
Mit sechs Jahren begann der kleine Straßenfußballer dann – endlich – seine Karriere in einem richtigen Verein: Als Glücksburger Junge natürlich im örtlichen TSV Glücksburg 09, und er unternahm seine ersten sportlichen Schritte in der „Knaben“ – so hieß die damals jüngste Altersklasse, die heute entweder als D-Jugend oder U12/U13 bezeichnet wird. Sein erster Trainer Uwe Axen brachte ihm die Grundbegriffe des erfolgreichen Mannschaftssports bei, gut Fußball spielen konnte Hanni ja bereits von klein auf an. Der Ball war schon für den kleinen Hanni ein guter Freund, der beinahe alles machte, was der junge Kicker wollte: Dribblings fielen ihm leicht, das Leder klebte förmlich an seinem Fuß, er war schon bald ein begehrter Mitspieler. Zeitgleich begann für ihn der Ernst des Lebens; er wurde in die Volksschule Glücksburg eingeschult. Die Grundschuljahre durchlief er ganz geschmeidig, wechselte ab Klassenstufe 5 nach Flensburg vorerst kurzzeitig auf die Goethe-Schule. Seinen Schulabschluss „baute“ Hanni jedoch ab 1957 auf der Käte-Lassen-Schule in Jürgensby, die Realschule schloss er erfolgreich mit der Mittleren Reife ab.
Einen konkreten Berufswunsch hatte der heranwachsende Junge allerdings noch nicht entwickelt; er wusste nur eines: Den Beruf seines Vaters würde er nicht ergreifen wollen – dieser musste nämlich Zeit seines Berufslebens morgens um 4 Uhr in der Früh aufstehen. Dank Mutters Ratschlag begann Hanni eine Banklehre bei der örtlichen Sparkasse, der Spar- & Darlehenskasse Glücksburg. Die Lehre verlief erfolgreich, die Tätigkeit sagte ihm zu, und so wurde er erfolgreich zum Bankkaufmann ausgebildet.

Die Liebe zum Fußball war in der Familie Schlott bereits verwurzelt. Um die Ligamannschaft der 08er anzufeuern, nahm die Familie manchmal sogar Fahrten zu Auswärtsspielen auf sich. Der junge Hanni durfte sie sehr oft dabei begleiten – und träumte wohl schon zu jener Zeit davon, einmal selbst für die 08er im Stadion auf dem Platz stehen zu dürfen.
Er durchlief als junger Kicker beim TSV Glücksburg 09 alle Altersklassen, bis er schließlich auf dem Sprung aus der Jungmannen-Mannschaft (heute A-Jugend) in den Männerbereich war. Inzwischen hatten schon mehrere Vereine ihr Interesse an Hanni kundgetan, doch für ihn kam nur ein einziger Wechsel in Frage.

Hanni wagt den Schritt nach Flensburg

Der Sprung aus dem Jugend- in den Herrenbereich ist für viele Fußballer ein gewaltiger Schritt, müssen sie sich doch ab jetzt nicht mehr nur mit Gleichaltrigen messen, sondern oftmals mit gestandenen Männern, die bereits mitten im Leben stehen und somit eine ganz andere Ausstrahlung und Erfahrung haben. Bei Hanni kam noch erschwerend dazu, dass er aus dem beschaulichen Glücksburger Vereinsumfeld in eine Leistungsmannschaft wechselte, und dort erst einmal den Nachweis seines Könnens erbringen musste. Er wagte trotzdem den Schritt und wechselte 1964 zu seinem Traumverein Flensburg 08. „Das erste Jahr bei den Senioren war für mich eine harte Zeit, ich musste mich erst an das neue Umfeld gewöhnen, das völlig andere Training und die Gangart auf dem Feld bei den Erwachsenen. Dennoch wurde ich gut aufgenommen, doch hatte ich anfangs keine echte Chance, mich schon in die erste Mannschaft zu spielen. Erschwerend kam hinzu, dass es seinerzeit überhaupt noch keine Auswechselspieler gab, es fuhr deshalb immer nur die erste Elf mit Fußball-Klamotten zu den jeweiligen Spielen.“
Hanni kann sich noch sehr gut an diese für ihn recht schwere Zeit erinnern, er trainierte aber unverdrossen weiter und arbeitete an seinem erklärten Ziel, es in die Ligamannschaft zu schaffen. In der nächsten Saison 1965/1966 war er dann soweit, dass er den Stammspielern immer mehr Konkurrenz machte, und eines Abends bei der Mannschaftsbesprechung hieß es plötzlich: „Und im Sturm spielt am Wochenende Hanni Schlott!“ Große Vorfreude bei ihm, den Spieltag konnte er kaum erwarten, doch was passierte?
Da Hanni noch in Glücksburg bei den Eltern wohnte, fuhr er meistens per Anhalter zum Training und zum Spiel, so auch an jenem großen Tag! „Ausgerechnet an dem Tag klappte es überhaupt nicht mit dem Trampen, und ich kam fast eine halbe Stunde zu spät! Für mich eine kleine Katastrophe, und mein Trainer ließ mich folgerichtig auch in der Luft hängen!“
Die kleine Episode hat Hanni jedoch nicht geschadet, und sein damaliger Trainer Jürgen Küchenmeister blieb nach wie vor sein großes Vorbild: „Jürgen war gerade heraus, es gab immer klare Ansprachen; er war für mich genau der richtige Trainer damals!“ Spätestens nach Ablauf der genannten Spielzeit war Hanni Schlott aber dann für lange Jahre – fast ein ganzes Jahrzehnt – Stammspieler der Ligamannschaft von Flensburg 08, bei allen Gegnern ein gefürchteter Dribbler und nimmermüder Stürmer, der kämpfte, rackerte, egal bei welchem Spielstand auch immer. Sein unbedingter Einsatzwille und sein gesamtes bescheidenes Auftreten machten ihn schnell zu einem geachteten Mannschaftskameraden, und für die Zuschauer und Anhänger des Vereins entwickelte er sich ebenso fix zum Aushängeschild des Teams – was die eingangs erwähnten „Hanni, Hanni!“-Rufe von Spiel zu Spiel belegten.
„Die ersten Jahre waren im Nachhin-
ein die schönsten Jahre für mich, fußballerisch und kameradschaftlich waren wir eine eingeschworene Mannschaft! Was waren das für Spiele damals, sowohl im heimischen Stadion vor vielen hundert Zuschauern, aber auch auswärts wie in Lägerdorf, Heide, Lübeck und Kiel“, gerät Hanni noch heute ins Schwärmen.
„In der glorreichen Spielzeit 1972/1973 gelang es den 08-ern mit einem satten 4:0 gegen den VfR Neumünster am letzten Spieltag, den Landesmeistertitel in trockene Tücher zu bringen. Ein Name stand damals für den Erfolg der gesamten Mannschaft: Hanni Schlott!“, wusste die heimische Presse euphorisch zu berichten. Unter dem damaligen Trainer Horst Zimmermann konnte die Mannschaft in der Folgesaison 1973/1974 das Kunststück „Meisterschaft“ nochmals wiederholen, und stieg danach in die damalige Oberliga auf. Leider ging es im Jahr drauf wieder runter auf die Landesebene, und von 1979 bis Ende der 80er Jahre spielte 08 sogar unterklassig.

Umzug nach Harrislee

Den damaligen sportlichen Leiter und Trainer des TSV Nord Harrislee, Jürgen Lück, kannte Hanni bereits seit Jahren. Und Jürgen Lück schaffte es schließlich, Hanni für das ambitionierte Projekt beim TSV Nord zu gewinnen, und so wechselte Hanni bereits in der Saison 1975/1976 vom Flensburger Ostufer gewissermaßen auf die andere Seite der Flensburger Förde, nach Harrislee. Sportlich kam es Hanni sehr gelegen, dass sich im Harrisleer Sportverein TSV Nord – nahe seinem künftigen neuen Zuhause – in der Fußballsparte Aufbruchsstimmung breitmachte, man Ambitionen und Pläne entwickelte, die eigene Fußballmannschaft in höheren Spielklassen zu etablieren.
„Die rund drei Jahre beim TSV Nord habe ich sehr genossen. Wir waren mega-erfolgreich, stiegen gleich zweimal hintereinander auf!“, fasst Hanni seine Erfolge dort zusammen. „Doch habe ich in meiner aktiven Zeit als Spieler nie so hart trainiert wie unter Jürgen Lück“, beschreibt Hanni seinen Fußball-Chef beim TSV Nord. „Andererseits war ich aber auch nie so fit wie kurz vorm Ende meiner aktiven Laufbahn“, weiß Hanni den Lohn harter Trainingsarbeit durchaus zu schätzen.
Beruflich hatte Hanni mittlerweile auch die Sparte gewechselt: Er arbeitete jetzt als Speditionskaufmann nahe der dänischen Grenze. Dieser berufliche Wechsel kam unter anderem auch durch die mittlerweile unzähligen Kontakte zustande, die Hanni im Laufe der Jahre bei Flensburg 08 und auch beim TSV Nord zu vielen fußball- und sportbegeisterten Menschen in der Region geknüpft hatte. Sein Arbeitsplatz in unmittelbarer Grenznähe war dann mit einer der Gründe dafür, dass er und seine Lebensgefährtin sich nach einer nahegelegenen Bleibe umsahen. So kam es schließlich dazu, dass Hanni und seine Margit in Harrislee ein Haus bauten und ihr neues Eigenheim 1977 bezogen. Im gleichen Jahr 1977 heirateten die beiden.
Sein allerletztes Spiel als aktiver Kicker bestritt Hanni mit knapp 33 Jahren als Spieler des TSV Nord am 26.08.1979 gegen seinen „alten“ Verein Flensburg 08. Die zahlreichen Zuschauer verabschiedeten ihren geliebten Stürmer – wie nicht anders zu erwarten – mit lautstarken und unzähligen „Hanni, Hanni!“-Rufen!

Die „zweite“ Fußball-Karriere

Mit mittlerweile 34 Jahren startete Hanni seine nächste Karriere im Sport, er begann als Fußballtrainer zu arbeiten. Seine erste Station als „Chef an der Seitenlinie“ übte er im gleichen Verein aus; er trainierte die II. Mannschaft des TSV Nord, die damals in der Kreisliga kickte. Die für den Job nötige Qualifikation hatte Hanni inzwischen beim damaligen Landestrainer des SHFV Klaus-Peter Kirchrath in Malente erworben, er bestand den Lehrgang zum Fußballtrainer unter Trainer Kirchrath und dem Ausbildungsleiter Klaus Jespersen im ostholsteinischen Kur- und Erholungsort, damals kein leichtes Unterfangen.
Hanni war auch als Trainer schnell erfolgreich, kein Wunder bei seinen Erfahrungen im Fußballgeschäft, hatte er doch unter vielen höchst unterschiedlichen Charakteren als Aktiver den „Fußball gelernt“. Und es war ja in hiesigen Fußballkreisen kein Geheimnis, dass Hanni einerseits ein sehr umgänglicher Mensch, aber auch ein ausgewiesener Fachmann rund ums Leder war. So bemühten sich bald auch andere Vereine darum ihn als Trainer zu gewinnen und zu verpflichten. Hanni wählte aus den vielen Angeboten letztlich den TSB Flensburg aus, der damals in Flensburg führend in der fußballerischen Jugendarbeit war, er übernahm in der Saison 1985/1986 die A-Jugend-Mannschaft des TSB. Gemeinsam mit seinem „Vize“ Ronald Börner, leider schon vor Jahresfrist verstorben, führte Hanni das Team gleich zur Landesmeisterschaft in Schleswig-Holstein.
Auf dem – möglichen – Weg zur deutschen A-Jugend-Meisterschaft duellierte sich der TSB im Frühsommer 1986 mit der A-Jugend von Fortuna Düsseldorf, einer Mannschaft, die mehrere große Talente in ihren Reihen hatte, wie den späteren Manager von Hertha BSC, Michael Peetz. Doch auch bei Hanni kickten talentierte Jungs, unter anderem Bodo Schmidt, der als Spieler später jahrelang Bundesligaluft schnupperte. Insgesamt 2 Jahre blieb Hanni der A-Jugend des TSB treu. Seine Erfolge insbesondere mit jungen und talentierten Spielern blieben nicht unbemerkt, und bald bemühte sich sein „Herzensverein“ Flensburg 08 um ihn, wollte ihn unbedingt als künftigen Trainer für die Ligamannschaft gewinnen. Hanni traute sich den Schritt durchaus zu, und im April 1987 wurde der Vertrag geschlossen; ab der Spielzeit 1987/1988 führte Hanni die Liga der 08er in die Punktserie. Die Anhänger und Spieler waren begeistert, einige Talente vom TSB schlossen sich ihm spontan an, um weiter unter Hanni erfolgreich zu kicken. 1988 stellte sich prompt der gewünschte Erfolg ein: Die Mannschaft stieg nach einem 2:0 gegen Satrup vor über 500 Zuschauern im eigenen Stadion wieder in die Verbandsliga auf, die höchste Klasse Schleswig-Holsteins. Der Meistertrainer Hanni wurde gebührend gefeiert!

Die berufliche Selbstständigkeit

Anfang der 90er Jahre entschied Hanni sich dafür, beruflich nun den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Er erfüllte sich schließlich diesen Traum, und eröffnete im Jahr 1992 am Nettelbeckplatz in Fruerlund ein eigenes Sportgeschäft, in kurzer Entfernung zur Stätte seiner sportlichen Erfolge, dem Flensburger Stadion. Seine Hauptzielgruppe waren Sportvereine, die ihre gesamte Sport-ausstattung bei ihm beziehen konnten. Dieses Prinzip kannte er aus dem nahen Dänemark, wo es den erfolgreichen Team-Sport-Ausrüster längst gab. Dank seiner guten Kontakte in die Flensburger Sportszene lief das Geschäft für Hanni durchaus zufriedenstellend – die Arbeit war jedoch mehr als ein Full-Time-Job, er und seine Frau mussten sich nicht nur um das Geschäft im Ladenlokal kümmern, sondern auch der gesamte „Papierkrieg“ blieb an ihnen hängen. Doch trotz aller Umstände gefiel den Schlotts die Selbstständigkeit, und sie wechselten sogar für ihr Geschäft den Standort, zogen im Millenniumsjahr 2000 um an den neuen Standort am unteren Ende der Straße Am Lautrupsbach, bei den Einheimischen auch als Tomatenberg bekannt.

Schicksalsschläge

Nach erfolgreichem Umzug wurde das neue Geschäft im Jahr 2002 eingeweiht. Doch im August 2002, relativ kurz nach der Geschäftseröffnung, traf die Schlotts ein harter Schicksalsschlag: Das Geschäft samt Lager fiel einem Großfeuer zum Opfer, brannte komplett ab. War das schon schlimm genug, kam noch erschwerend hinzu, dass sich zu dem Zeitpunkt besonders viel Ware auf Lager befand, die zum Beginn der nächsten Sportsaison leider noch nicht an die Abnehmer ausgeliefert war. Der entstandene Schaden war immens, und die Schadensregulierung mit der Versicherung gestaltete sich extrem schwierig. Durch den gewaltigen Stress ausgelöst, erlitt Hanni mit inzwischen 56 Jahren einen Schlaganfall, zwei Jahre später noch einen weiteren. Doch Hanni war zeit seines Lebens ein Kämpfer, ließ sich durch diese Schicksalsschläge nicht unterkriegen, und „berappelte“ sich allmählich gesundheitlich wieder. Inzwischen waren die Schlotts von Harrislee nach Wees umgezogen. Nach erfolgreicher „Reha“ verkaufte Hanni alles, was von seinem Geschäft übriggeblieben war, an die Familie Schumacher, die schon damals das Sportgeschäft „Na Logo“ betrieb und heute noch im Heideland in Handewitt aktiv ist. Bei „Na Logo“ hat Hanni noch drei Jahre lang als Angestellter mitgearbeitet, um seine vollen Rentenansprüche mit 60 Jahren zu erwerben. Als er schließlich die „6“ vorne im Lebensalter erreichte, schied Hanni aus dem Berufsleben aus.

Der „Un“-Ruhestand

Mittlerweile in Wees zu Hause, klopften öfters mal die Nachbarvereine bei Hanni an und fragten, ob er sich vorstellen könnte, vor Ort eine Fußballmannschaft zu trainieren. Mit Hajo Thadewaldt, dem damaligen Vorsitzenden des TSV Munkbrarup, wurde er sich schließlich einig; so trainierte er plötzlich eine Jugendmannschaft des in seiner Nachbarschaft gelegenen örtlichen TSV. Doch auch Flensburg 08 baggerte regelmäßig Hanni an, blieb hartnäckig und wollte ihn unbedingt als Trainer, Mentor und Betreuer für die erfolgreiche Jugendabteilung gewinnen. Hanni erhörte schließlich die Wünsche der 08er, zumal sein langjähriger und guter Freund Uwe Wittenbecher seinerzeit die B-Jugend übernahm. Gemeinsam trainierten die beiden das B-Jugend-Team im Jubiläumsjahr von Flensburg 08, im Jahre 2008. Der Fußball sollte auch in anderer Hinsicht für Hanni eine weitere Rolle in seinem Leben spielen:
Angeregt durch die gemeinsame Freundin Angela Rauhut, machten die Schlotts im Jahre 2008 im „Holländerhof“ ein Waffel-Café auf, haben fortan regelmäßig jede Woche ehrenamtlich vor Ort Waffeln gebacken. Schnell fühlten sich die beiden pudelwohl im Kreise der dortigen Bewohner und derer Angehörigen.
Die Arbeit am Holländerhof wurde für Hanni und Margit zur Passion. Sport wurde im Holländerhof stets groß geschrieben. So diente ein abgetrennter Speisesaal als Stätte der sportlichen Betätigung, es gab eine Boule-Bahn, einen Sportplatz mit Fußball-Toren, Basketball-Korb und Kugelstoßring kamen später hinzu. „Sport war ein begleitendes Programm“, erklärte Angelika Carstesen jene Aktivitäten. Sie war seinerzeit die erste Sportlehrerin in einer solchen Einrichtung in ganz Schleswig-Holstein. Carstesens Partner und Mitstreiter im „Holli“ Klaus Petersen wusste natürlich von Hannis Vergangenheit als ausgewiesenem Fußballexperten. So kam er eines Tages mit einem Vorschlag um die Ecke: „Hanni ist doch Fußballer, der könnte doch mit den fußballbegeisterten Bewohnern kicken!“

Die „Kicker“ Flensburg

Der Vorschlag von Klaus Petersen fiel schließlich auf fruchtbaren Boden – wenngleich es doch noch eine gewisse Zeit dauerte, bis die „Kicker“ Flensburg ins Leben gerufen wurden.
Hanni ließ sich natürlich dazu überreden, mit einigen Bewohnern Fußball zu spielen, und er fand nach anfänglicher Skepsis schnell Gefallen an der Aufgabe. Er lernte schnell, dass sowohl beim Holländerhof als auch bei den Mürwiker Werkstätten schon immer gerne „gebolzt“ wurde. Zu jener Zeit im Jahre 2009 hatten die Mürwiker zahlreiche Fußballer, aber keinen Trainer, auf dem „Holli“ gab es dagegen nur relativ wenige Aktive – aber einen Fußballfachmann namens Hanni Schlott. Im Frühjahr 2010 taten sich beide Einrichtungen zusammen, und gründeten die „Kicker Flensburg“, eine Spielgemeinschaft für und mit Menschen, die in beiden Einrichtungen lebten und dort beschäftigt waren. Auch Angelika Carstesen war an der Gründung der „Kicker Flensburg“ beteiligt, einem Gemeinschaftsprojekt von Hannis Verein Flensburg 08, dem Polizei SV, dem Angelika angehörte, sowie den „Mürwikern“ und dem „Holländerhof“.
Seit jener Gründung sind die „Kicker“ im Flensburger Stadion aktiv und trainieren jeden Montagnachmittag unter der Anleitung von Hanni Schlott. „Anfangs gab es durchaus Skepsis und einige Vorbehalte gegenüber dem Projekt“, erinnert sich Hanni an die erste Zeit. Doch dank seiner Beharrlichkeit und seines Talents, Menschen mitzunehmen und zu begeistern, hat Hanni in Flensburg das Thema Inklusion – Behinderung und Sport – stetig vorangebracht, ehrenamtlich versteht sich.
Ein Highlight für alle Beteiligten war 2013 ein Trainingslager im Uwe Seeler Fußball Park in Malente. „Wir waren die erste Gruppe mit Spielern mit Handicap in der Sportschule des SHFV, die Spieler standen ehrfürchtig auf jenem Platz, auf dem einst die deutsche Fußball-Nationalmannschaft trainiert hat“, kann Hanni sich noch bestens an den Aufenthalt dort erinnern. In Malente waren die „Kicker“ noch einige Male mehr, stets mit großer Vorfreude und Begeisterung!
Hannis stetiges Bestreben war und ist es, diese Menschen in den Sportverein zu integrieren, sie am Vereinsleben teilhaben zu lassen. Das gelang ihm nach einigen Anlaufschwierigkeiten schließlich bei Flensburg 08, und als 08 und ETSV Weiche in 2017 fusionierten, wurden die „Kicker“ mit großer Unterstützung seitens des neuen Vereins in dessen Reihen aufgenommen, und erfahren jede Unterstützung von dort. Mit großem Stolz tragen die „Kicker“ seitdem das vereinseigene Trikot des SC Weiche Flensburg 08!

Zurück zu den Wurzeln

Als sich den Schlotts die Gelegenheit bot, in Glücksburg – am Hindenburgplatz – eine Wohnung zu beziehen, griffen sie sofort zu. „Das war 2011, und seit 2012 wohnen wir wieder an alter Wirkungsstätte meiner Kindheit und Jugendzeit, ein toller Wohnsitz für uns im Alter und eine Rückkehr in mein geliebtes Glücksburg!“, ist Hanni ganz begeistert von seinem jetzigen Zuhause. „Die Wohnung ist ein Traum, groß und geräumig, direkt am Schlosssee gelegen. Auch unsere Tochter mit Mann und den drei Enkelkindern kommt gern zu Besuch, und natürlich auch regelmäßig Freunde aus alten Fußballzeiten, und einige sehr liebenswerte Menschen, die uns schon über viele Jahre als Spieler der „Kicker“ begleitet haben. Diese Menschen bereichern unser Leben ungemein; sie sind nicht immer leicht zu führen, aber ihre Herzlichkeit und Wärme ist einfach umwerfend, unbeschreiblich!“ Man hört: Die Schlotts sind begeistert, und haben noch nicht einen Tag der Zusammenarbeit mit den „Mürwikern“ und den „Hollis“ bereut.
Beim größten sportlichen Ereignis in Glücksburg, dem „Ostseeman“ am ersten August-Wochenende eines Jahres, sind die Schlotts seit Jahren regelmäßig dabei. Hanni und Margit betreuen eine Verpflegungsstation am „Försterpunkt“, jeder Aktive kommt hier mehrfach vorbei, hält auch mal einen kleinen Schnack. Die Schlotts leiten den Treff, unter großem Einsatz und aktiver Mithilfe der Mürwiker Werkstätten und des Holländerhofs. „Das klappt immer hervorragend“, ist Hanni voll des Lobes über seine Mitstreiter. Leider musste dieses Mega-Event Corona-bedingt in den beiden letzten Jahren ausfallen. „Wir hoffen jedoch, dass wir in 2022 wieder beim Ostseeman aktiv sein dürfen“, wünschen sich Hanni und Margit.
Das Flensburg Journal bedankt sich bei Hanni Schlott und seiner Frau Margit für ein sehr informatives und interessantes Gespräch. Wir wünschen ihm noch viele schöne sportliche Stunden im Flensburger Stadion mit seinen „Kickern“ Flensburg. Mögen ihm und seinen Spielern – vielleicht ja im kommenden Sommer, nochmal die „Hanni, Hanni!“-Rufe an die schönste Nebensache der Welt, den gemeinsam erlebten Sport, erinnern. Für die Zukunft alles Gute, lieber Hanni!!

Text: Peter Feuerschütz
Fotos: Benjamin Nolte, privat

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