Es gibt sie tatsächlich noch – wenn auch nicht mehr in so großer Zahl wie noch vor ein bis zwei Generationen: Geschäfte und Unternehmen in Familienhand. Auch unser Stadtzentrum Flensburg ist heute noch Heimstatt eines solchen Familienunternehmens, und wird es wohl auch noch eine lange Zeit bleiben: Das Einrichtungshaus Reimann, in unmittelbarer Hafennähe am Westufer gelegen.

Wie es begann

Fritz Reimann und seine Ehefrau Johanna hatten in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkriegs ihre ursprüngliche Heimat in den ehemaligen deutschen Ostgebieten aufgeben müssen, sind mit der Flüchtlingswelle in die westlichen und nördlichen Landesteile Deutschlands verschlagen worden. Letztlich haben die Reimanns in Flensburg eine neue Heimat gefunden. Sie bezogen schließlich in der nördlichsten Stadt Deutschlands ihr neues Zuhause in der Südstadt, lebten in den Nachkriegsjahren mit ihren drei Söhnen auf der Rude. Fritz Reimann war in Flensburg im kaufmännischen Bereich tätig. 1965 sollte für ihn und seine Familie ein ganz besonderes Jahr werden: Er mietete in der Norderstraße, im Haus mit der Nr. 124, ein Ladenlokal an. „Am 1. Januar 1965 startete der Betrieb, unsere Eltern übernahmen das bereits vorhandene Geschäft „Polsterecke“, legten in den dortigen Räumlichkeiten den Grundstock für das spätere Einrichtungshaus Reimann“, weiß der älteste Reimann-Sohn Manfred zu erzählen. „Ein gutes Dreivierteljahr später war es dann ein wirkliches Familienunternehmen. Neben Vater und Mutter begann ich am 1. Oktober 1965 im elterlichen Betrieb meine Berufslaufbahn. Immerhin 50 Jahre lang blieb ich dem Unternehmen treu – bis zu meinem Ausscheiden mit 70 Lebensjahren im Jahre 2015“, blickt er stolz auf ein langes und erfolgreiches sowie abwechslungsreiches Berufsleben zurück.

Der Familienbetrieb wächst

Der Anfang war gemacht, doch hätte Fritz Reimann gern expandiert. Die Gelegenheit bot sich bald. Ab 1. Mai 1970 konnten die Reimanns auf die Geschäftsräume der Nachbarhäuser Norderstraße Nr. 120 und Nr. 122 zurückgreifen: Die Nr. 120 wurde anfangs angemietet, später gekauft, im Jahre 1975 schließlich die Nr. 122 aus einer Zwangsversteigerung erworben. In der Nr. 120 – einst ein Blumenladen – wurde bereits 1970 das erste „Küchenstudio“ eingerichtet. Kunden und Verkäufer mussten damals stets den Weg über die Norderstraße wählen, wenn sie aus dem einen Haus in das andere gelangen wollten – sehr umständlich und bei schlechtem Wetter nervig. Das mittlere Gebäude Nr. 122 war marode, wurde komplett abgerissen und ein Jahr später wieder aufgebaut. Der Neuaufbau entwickelte sich zu einer komplizierten Angelegenheit: Der Untergrund in unmittelbarer Hafennähe war weich und moorig, das Fundament musste mit sehr viel Zement ausgegossen werden, teils bis zu 14 Meter tief wurden Stützpfeiler in den Untergrund gerammt. Insgesamt war das eine beschwerliche Phase für die Familie Reimann. Doch als alles endlich im wahrsten Sinne des Wortes „unter Dach und Fach“ und fertig war, eine durchgängige Verbindung innerhalb der drei benachbarten Häuser existierte, hatte man endlich eine genügend große Grundfläche für ein so sehr gewünschtes „Küchenstudio“ und die entsprechend geräumige Ausstellungs- und Verkaufsfläche für ein Möbel- und Küchengeschäft als sogenannter „Vollsortimenter“. 1977 erwarben die Reimanns auch das erste Grundstück Nr. 124 – nun gehörte ihnen die Dreierreihe 120-122-124. Zwei Jahre später, in 1979, erwarb die Familie zusätzlich den hinter Nr. 120 gelegenen schönen, alten Kaufmannshof. Dieser wurde später überdacht und ist längst Teil der heutigen Ausstellungs- und Verkaufsfläche.

Die Norderstraße einst und jetzt

In den 60er Jahren zeigte sich die Norderstraße als ein typisches Wohnviertel einer alten norddeutschen Hafenstadt: Kopfsteinpflaster, Straßenbahn, Autoverkehr, viele Wohnhäuser alter Bauart und unzählige kleine Einzelhandelsgeschäfte prägten das Straßenbild. Jedes Gewerk war dort vertreten, die Einheimischen und Anwohner der Straße konnten alles Nötige für den Alltag fußläufig „um die Ecke oder nebenan“ beim Bäcker, Schlachter, Gemüsehändler, Blumenladen, Friseur, Möbelhändler und so weiter kaufen und erledigen. „Manchmal kamen die Hausfrauen in Schürze ins Möbelgeschäft und zahlten bar eine fällige Rate für ein erworbenes Möbelstück“, kann sich Manfred noch gut an jene Zeit erinnern. Dieses Bild hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten doch stark gewandelt. „Wir sind hier in der Norderstraße heute gewissermaßen „die letzten Mohikaner“, weiß Bernt Reimann zu erzählen. „Wir sind mit Abstand die am längsten hier in dieser historisch gewachsenen Straße beheimateten Geschäftsleute.“

Die zweite Generation

Der jüngere Reimann-Sohn Bernt, wie sein Bruder Manfred ebenfalls ein ausgebildeter Möbelkaufmann, ist seit 1974 im elterlichen Betrieb tätig. Von den bald 50 Berufsjahren ist er seit über 35 Jahren im Einrichtungshaus Reimann als Geschäftsführer aktiv, wurde jahrzehntelang tatkräftig vom Bruder Manfred unterstützt. Der ältere Bruder guckt auch heute noch regelmäßig im Hause „nach dem Rechten“ – kein Wunder nach so vielen Jahren im Möbelgeschäft. Nachdem die 70er Jahre geprägt waren durch Erwerb und Umbau der Grundlagen eines Möbelhauses, die Geschäfts- und Ausstellungsräumlichkeiten, waren die 80er Jahre eher eine Phase, in der sich das Unternehmen etablierte in seinem Umfeld, in der Stadt Flensburg. Im Jahr 1988 zog sich der Vater Fritz Reimann offiziell aus dem Geschäft zurück. Nun hatte also die zweite Generation „das Sagen“ – der Senior ließ es sich aber nicht nehmen, regelmäßig in der Norderstraße vorbeizugucken, stand dabei allen Beschäftigten stets gern mit Rat und Tat bei Bedarf zur Seite.
Die 90er Jahre standen sinnbildlich für Veränderung, Deutschland war wiedervereint, das Einrichtungshaus Reimann in jüngere Hände übergeben. So standen für die jetzt Verantwortlichen grundsätzliche Überlegungen an: Die Wahl des künftigen Standortes für das Unternehmen war dabei der herausragende Aspekt. Sollte man das Geschäft am jetzigen Standort belassen? Sollte man einen Umzug in das Stadtrandgebiet vorbereiten? Anfragen wurden gestellt, etwa für ein passendes Areal im Neubaubereich der Husumer Straße und in den angrenzenden Gewerbegebieten der Randgemeinden. Es war komplizierter als gedacht, eine passende Lösung durch einen Standortwechsel bot sich im Grunde nicht für die Reimanns an. Wir wissen heute: Sie sind am Standort geblieben.

Die Expansion

Noch in der Phase des Nachdenkens über die künftige Standortwahl für das Einrichtungshaus Reimann fiel eine richtungsweisende Entscheidung für den Verbleib in der Nordstadt am bereits bekannten Standort. Die Familie konnte das Grundstück Schiffbrücke 62 erwerben, unmittelbar an der Straße Schiffbrücke gelegen, sowie direkt angrenzend an die schon vorhandenen Reimann-Grundstücksflächen. „Bei der Abwicklung des Ankaufs sowie bei den späteren Baumaßnahmen auf eben diesem Grundstück waren die zuständigen Stellen der Stadt Flensburg sehr kooperativ“, erinnert Bernt Reimann sich noch an das recht unkomplizierte Miteinander mit den damaligen Verantwortlichen in der Stadtverwaltung.
Es wurde dann das heute noch markante Gebäude an der Schiffbrücke 62 hochgezogen, mit gelbem Stein und dem roten Firmen-Logo eine bekannte Größe für alle regelmäßigen Nutzer der viel befahrenen Einfallstraße aus dem Westen und Norden ins Zentrum der Stadt Flensburg. 1996 war der neue Bauabschnitt fertiggestellt. Der Neubau, so war ja auch der Plan der Reimanns, fügte sich nahtlos und ideal an das schon vorhandene Möbelhaus an und schloss die Verbindung von der Norderstraße zum Straßenzug „Schiffbrücke“. „Wir konnten so auf einen Schlag die Verkaufsfläche verdoppeln“, weiß Bernt Reimann. „Ein weiterer ganz entscheidender Aspekt für uns sowie unsere Kundschaft: Wir haben seit der Erweiterung einen eigenen und gut erreichbaren Kundenparkplatz direkt am Eingang zum Haus Schiffbrücke 62 anlegen lassen. Unsere Kunden können jetzt endlich mit ihrem privaten PKW bequem von der Schiffbrücke aus zu unserem Einrichtungshaus gelangen!“

Die Angebotspalette

Das „Küchenstudio“ – eigentlich auf mehrere Räume verteilt – war und ist schon immer ein ganz wichtiges Standbein für das Unternehmen gewesen. „Wir haben eigentlich die ganzen Jahre über immer kontinuierlich den Küchenbereich vergrößert, verschönert, stets auf den aktuellen Stand des Küchenwesens gebracht“, beschreibt Bernt Reimann einen ganz wichtigen Bereich innerhalb des Unternehmens. Besagter Bernt Reimann nimmt den Schreiber dieser Zeilen mit auf einen Rundgang durch das gesamte Haus: Schnell erkennt man dabei, dass das Einrichtungshaus Reimann ein sogenannter „Vollsortimenter“ ist, von den bereits erwähnten Küchen über die Badgestaltung und den Schlafbereich bis hin zu den Wohnzimmer- und Ess-
zimmermöbeln, unzähligen Sofas, Sitzgarnituren und Tischen reicht das Auge des Betrachters. Damit nicht genug: Die Räumlichkeiten bieten zudem viele Blickfänge. So faszinieren die unterschiedlichen Ebenen, die baulichen Eigenarten der Häuser, teils erkennbare alte Bausubstanz, daneben der gelungene Neubau zur Wasserseite hin. Als absolutes I-Tüpfelchen für das Auge des Betrachters schließlich die Ausblicke durch „Bull­eyes“ und moderne Fenster auf den sehenswerten Hafenbereich, die vorbeiführende Schiffbrücke sowie die Flensburger Förde.
Ein weiterer und für die Kunden wichtiger Aspekt ist der hauseigene Service. „Wir haben eigene Teams, für die Einrichtung von Küchen, für die Anlieferung und den Aufbau von Möbeln“, ergänzt Bernt Reimann. „Unser gesamtes Team ist vom Lebensalter her aktuell relativ jung, doch sehr viele dieser Mitarbeiter sind trotz ihrer „jungen Jahre“ schon lange bei uns beschäftigt, schätzen das angenehme Betriebsklima.“ Das bestätigt ein zufällig vorbeikommender junger Mann im Blaumann durch sein Verhalten: „Oh, der Chef, Haltung annehmen!“, kommt aus seinem Munde, während er gleichzeitig deutlich vernehmbar breit grinsen muss. Er erzählt uns später: „Es geht hier „norddeutsch“ und sehr menschlich zu: gern mal schnacken, einen Kaffee trinken und auch bei passender Gelegenheit feiern, doch wenn Arbeit anliegt, dann hauen wir auch einen Schlag rein!“ Der Chef kann das nur unterstreichen: „Wir sind sehr gut aufgestellt, einen Umbruch vor einigen Jahren haben wir bestens gemeistert, die Leute fühlen sich dem Betrieb und der Familie verbunden, die Altersstruktur passt einfach. Der Übergang in die nähere Zukunft ist auf jeden Fall gut vorbereitet.“

Die dritte Generation

Apropos Übergang in die Zukunft: Das Jahr 2015 bedeutete für das Einrichtungshaus Reimann nicht nur das 50jährige Firmenbestehen zu feiern, sondern es wurden in der Leitung und Führung des Hauses die Weichen für Zukunft gestellt.
Die mittlerweile erwachsen gewordenen Kinder von Bernt und Birgit Reimann bilden die dritte Reimann-Generation. Der Sohn Carsten machte im ersten Berufsschritt eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten, absolvierte nach bestandener Prüfung im genannten Beruf die „MöFa“.
MöFa? Das Kürzel ist Insidern natürlich bekannt: Gemeint ist die Möbelfachschule in Köln. Diese gilt seit ihrer Gründung in 1938 gewissermaßen als die „Kaderschmiede der Einrichtungs-, Küchen- und Möbelbranche“. Hier studierte Carsten erfolgreich Betriebswirtschaft im Bereich Möbel. Aus Köln zurück, schnupperte der junge Mann im Jahre 2014 in den elterlichen Betrieb rein und war ab dem Jahr 2015 in Vollzeit im Hause beschäftigt. Nach dem Durchlaufen aller Abteilungen holte ihn der Vater 2016 in die Geschäftsführung und übertrug ihm schließlich ein weiteres Jahr später die Leitung des Küchenstudios.
Auch die Reimann-Tochter Carina kann heute auf ihren Weg einer sinnvollen und fundierten Ausbildung für ihre künftigen Tätigkeiten im Hause zurückblicken. Sie ist gelernte Immobilienkauffrau und studierte im Anschluss als Wirtschaftsfachwirtin, wurde an der hiesigen WAK ausgebildet. Carina stieg 2015 in das Familienunternehmen ein und entpuppte sich im Laufe der Zeit als wahre „Allrounderin“: Sie betreut das sogenannte Vollsortiment, kümmert sich um die gesamte Werbung, ist für die hausinterne Buchhaltung verantwortlich, den Bereich „Einkauf/Verkauf“ führt sie noch gemeinsam mit ihrem Vater Bernt.

Die Familienphilosophie

„Natürlich ist es toll, dass die eigenen Kinder schon heute in die kontinuierliche Fortführung des Familienunternehmens voll integriert sind, doch ist mir ein weiterer Aspekt sehr wichtig: Die Kinder sollen ein erfülltes Leben führen, in der nicht nur Arbeit und Pflicht, sondern gleichwertig eine eigene Familienplanung und ein selbstgeführtes Familienleben eine wichtige Bedeutung haben“, weiht Bernt uns in seine Gedanken ein. Beide Aspekte sind bei Carsten und Carina auf fruchtbaren Boden gefallen, sie sind verheiratet, beide haben bereits eigene – noch kleine – Kinder: Der Grundstock für die vierte Generation ist somit gelegt.
Bernt Reimann, mittlerweile auch schon im „üblichen Rentenalter“, hat vor Jahresfrist seine wöchentliche Arbeitszeit bereits auf „nur noch 40 Stunden“ reduziert. Seine persönliche Planung sieht vor, in 2027 (er ist Jahrgang 1957) in eine Altersteilzeit zu wechseln – falls seine Kinder dem Plan zustimmen und die eigene Gesundheit mitspielt. Mit seinem Wahlspruch „Der Mensch denkt und Gott lenkt“ ist er jedenfalls bis heute stets gut gefahren. Das „Gut gefahren“ kann er auch auf sein lebenslanges Hobby beziehen: das Motorradfahren. „Ich gehöre zu einer eingeschworenen Truppe namens „Die Sonntagsfahrer“, der Name ist Programm, doch neben den Sonntagen sind wir auch gern einmal im Jahr für ein paar Tage auf einem Motorrad-Trip durch die Lande unterwegs“, schwärmt er von seinem Hobby. Man sieht: Beim Lenken ist er auch ein Fachmann, beim Denken ganz im Sinne seines Vaters Fritz Reimann sowieso.

Optimistisch in die Zukunft blicken

Das können die Reimanns mit Fug und Recht. Das Einrichtungshaus ist auf einem modernen und zeitgemäßen Stand, es macht sowohl optisch als auch inhaltlich viel her, die Menschen im Betrieb sind gut geschult und blicken entspannt und optimistisch in die Zukunft.
Die Zukunft als Familienunternehmen erscheint als gesichert, die dritte Generation ist bereits in Amt und Würden und hat erfolgreich ihre berufliche Karriere auf den Weg gebracht, sogar die vierte Generation hat schon erste Schritte in ihrem Leben gewagt. „Bei uns im Hause ist alles geregelt, die Zukunft kann kommen“, weiß Bernt Reimann. „Das ist für uns selbst als Familie, aber auch für unsere geschätzten Mitarbeiter und die Kunden wichtig.“
„Wir haben aktuell ein weiteres und wichtiges Projekt für die künftige Situation des Einrichtungshauses Reimann an den Start gebracht: Im Trollseeweg 19 entsteht in diesen Monaten unser neues Firmenlager – auf einem großen und optimal zu uns passenden Grundstück. Bei Fertigstellung haben wir unsere Lagerkapazität spürbar vergrößert“, freut sich Bernt Reimann auf den nächsten wichtigen Schritt für die Zukunftssicherung des Unternehmens. Es bleibt festzuhalten: Der Stadt Flensburg und ihrer gewachsenen und historisch bedeutsamen „Altstadt“ zwischen Norderstraße und Schiffbrücke bleibt ein zukunftsweisendes und in Flensburg längst verwurzeltes Familienunternehmen auf heute noch nicht absehbare Zeit mit Sicherheit erhalten!

Das Flensburg Journal bedankt sich bei den „Reimännern“ für ein hoch interessantes Gespräch sowie eine sehr lehrreiche Führung durch ihr bemerkenswert ansehnliches und geschichtsträchtiges Einrichtungshaus, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft optimal miteinander vereint unter einem einzigen Dach!

Mit der Familie Reimann sprach Peter Feuerschütz
Fotos: Benjamin Nolte, privat

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