Baumaterial – knapp und teuer

Die bereits einige Jahre anhaltende Entwicklung stetig steigender Baukosten hat sich seit dem Ende des letzten Jahres erheblich verschärft. Mit bisher unbekannter Geschwindigkeit haben sich die Kosten für Baumaterialien teilweise verdoppelt und verdreifacht. Betroffen sind insbesondere Bauholz, Stahl, Dämmstoffe, Farben und viele weitere für die Umsetzung von Bauvorhaben essentiell wichtige Baustoffe. Ein Ende dieser Entwicklung ist aufgrund der anhaltenden Bauhochkonjunktur derzeit nicht absehbar.
Diese rasante Preisentwicklung beruht auf einer weltweiten Materialknappheit. Die Gründe hierfür sind vermutlich vielschichtig. Internationale Lieferketten, die globale Corona-Pandemie und eine weiterhin hohe Nachfrage nach Bauprodukten u. a. in den USA und China dürften zu dieser Entwicklung beitragen. Für den hiesigen Bauherrn führt dies zum einen dazu, dass sein Bauvorhaben teilweise deutlich teurer wird. Zum anderen kommt es zu einer mitunter gravierenden Verlängerung der Bauzeit. Auch dies ist in der Regel mit unvorhergesehenen Kosten verbunden, weil beispielsweise Ersatzwohnraum bezogen werden muss.
Aber auch die betroffenen Bauunternehmen, für die diese Entwicklung ebenfalls kaum absehbar gewesen ist, stehen vor erheblichen Problemen. Die gestiegenen Materialkosten belasten deren Kapitalausstattung. Terminpläne werden hinfällig, weil es am Baumaterial fehlt. Dies führt zu Problemen bei Folgeaufträgen. Das größte Problem besteht wohl aber darin, dass die vom Bauunternehmen bei Angebotserstellung kalkulierten Preise nicht mehr auskömmlich sind. Zwischen Beauftragung und Baubeginn liegen oft Monate. Verdreifacht sich während dieser Zeit – wie etwa beim Bauholz seit Dezember 2020 – der Beschaffungspreis für das Baumaterial, wird ein Auftrag schnell zum Verlustgeschäft, wenn die gestiegenen Kosten nicht an den Bauherrn weitergereicht werden können. Gerade dies ist jedoch nicht ohne weiteres möglich. Denn einer der wichtigsten Rechtsgrundsätze besagt „pacta sunt servanda“ (lat.; dt. Verträge sind einzuhalten). Nur in besonderen Ausnahmefällen kann eine nachträgliche Preisanpassung vom Bauunternehmer verlangt werden.
Ein weiteres Problem stellen Vertragsstrafeversprechen für eine nicht fristgerechte Fertigstellung des Bauvorhabens dar. Durch die Lieferengpässe können Fertigstellungstermine schnell gefährdet werden. Ob der Bauunternehmer hierfür haftbar gemacht werden kann, ist jedoch nicht ohne weiteres zu beantworten und bedarf stets einer Betrachtung des Einzelfalls.
Für künftige Bauverträge stellt sich die Frage, wie dem Risiko der steigenden Baustoffkosten begegnet werden kann. Denkbar wäre, vorsorglich erhebliche Risikoaufschläge auf die Angebotspreise vorzunehmen. Dies führt jedoch unmittelbar zur Erhöhung der Baukosten und birgt für den Bauunternehmer das Risiko, den Auftrag nicht zu erhalten, weil ein Mitbewerber günstiger anbietet.
Eine für beide Vertragsparteien gerechte Lösungsmöglichkeit besteht im Abschluss sogenannter Preisanpassungsvereinbarungen. Diese sehen eine Anpassung des Werklohns bei veränderten Beschaffungskosten für das Baumaterial vor. Bei der Gestaltung solcher Vereinbarungen ist jedoch Vorsicht geboten. Denn insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zu denen auch vorformulierte Bauverträge gehören, sind Preisanpassungsklauseln oft unwirksam. Für den Bauunternehmer besteht hier also das Risiko, dass eine Weitergabe der Preiserhöhung wegen juristischer Formfehler ausscheidet.
Die anwaltliche Praxis zeigt jedoch auch hier, dass sich (Rechts-) Streitigkeiten häufig durch rechtzeitige Kommunikation vermeiden lassen. Bauherren sollten bereits vor Abschluss des Bauvertrages auf die aktuelle Preisentwicklung und Lieferengpässe hingewiesen werden. Sofern sich diese Probleme dann tatsächlich verwirklichen, kommen sie jedenfalls nicht vollkommen unerwartet und sind für den Bauherrn nachvollziehbar.

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