Wie immer im Januar ruht der Vereinshandball. Fast alle Spieler der SG Flensburg-Handewitt sind ausgeflogen und haben sich ihren Nationalmannschaften angeschlossen. In den nächsten Wochen konzentrieren sie sich auf die Ziele mit den Teams von Deutschland, Dänemark, Bosnien-Herzegowina, Slowenien oder den Niederlanden. Bevor die Europameisterschaft am 10. Januar mit einer Weltrekordkulisse von mehr als 50.000 Zuschauern in Düsseldorf beginnen wird, bekommen die hiesigen Handball-Fans einen Handball-Leckerbissen vorgesetzt: Am 4. Januar testet die DHB-Auswahl in der Campushalle gegen Portugal.

Nach einem Kurzlehrgang zwischen den Feiertagen in Frankfurt wird Bundestrainer Alfred Gislason seine Auswahl bereits am Neujahrstag in Brunsbüttel zusammenziehen. Am 4. Januar spielen die deutschen Handballer ab 16 Uhr in der Campushalle gegen Portugal. Zwei Tage später folgt ab 18 Uhr in der Landeshauptstadt das zweite Duell mit den Südeuropäern. „Portugal stellt eine der spannendsten europäischen Mannschaften“, findet Alfred Gislason. „Das werden in Flensburg und Kiel harte Herausforderungen – kurz vor der Europameisterschaft genau richtig.“

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Schon vier DHB-Auftritte in der Campushalle

Die DHB-Auswahl kommt damit zum ersten Mal seit November 2015 nach Flensburg. Damals hatte sich der DHB eine bessere Resonanz an der Förde erhofft: Nur 3071 Zuschauer sahen, wie die deutschen Ballwerfer dem Außenseiter Brasilien mit 29:20 keine Chance ließen und damit den Grundstein für den Gesamterfolg im Supercup legten. In einer zweiten Partie unterlagen die Serben den Slowenen mit 21:23. Dabei gab es auch eine „Beteiligung“ der Hausherren. Der Serbe Petar Djordjic war damals SG-Profi.

Drei weitere Male war die Campushalle Schauplatz für Handball-Länderspiele. Im Januar 2002 war die neue „Hölle Nord“ gerade frisch eröffnet und die DHB-Auswahl schlug Dänemark in einem letzten Test vor der EM mit 24:20. Zwei weitere Male gab es dieselbe Paarung. Ende März 2005 verlor Deutschland gegen Dänemark mit 24:25. Am Rande gab es ein kleines Politikum. Heide Simonis kam als scheidende Ministerpräsidentin – wenige Tage zuvor war sie in vier Landtagsabstimmungen überraschend gescheitert – nach Flensburg. Eigentlich hatte auch Bundeskanzler Gerhard Schröder zugesagt, verzichtete dann aber auf eine Stippvisite, um sich nicht mit der „Verliererin“ fotografieren zu lassen.

Im April 2012 erlebte die Campushalle ein gewöhnliches Freundschaftsspiel, in dem sich die DHB-Auswahl klar mit 33:26 gegen die Dänen behauptete. Interessant: Das deutsche Trikot trug damals auch der heutige SG-Geschäftsführer Holger Glandorf, während der aktuelle SG-Spieler Mads Mensah damals eines seiner ersten Länderspiele für Dänemark bestritt.

Länderspiele in Fördehalle, Idraetshalle und Handewitt

Auch im letzten Jahrtausend gastierte der „Länderspiel-Zirkus“ mehrmals im Flensburger Raum. Die Premiere stieg im Februar 1977. Die deutschen Handballer hatten sich gegen Dänemark auf ein Heimspiel gefreut. Aber Pustekuchen – in der Flensburger Idraetshalle wurde der nördliche Nachbar mit mindestens ebenso vielen Sympathien begrüßt. Beim DHB-Team saß der „Schock“ tief. Es hagelte eine deftige 12:24-Klatsche.

Der Ostseepokal gastierte im Januar 1980 in mehreren deutschen Städten – und in einem Dorf. Handewitt lieferte eine „Organisation mit Herz“ (O-Ton Flensburger Tageblatt) und empfing im Sportzentrum die „Stars des Sozialismus“ mit der sowjetrussischen und polnischen Nationalhymne – gespielt vom Handewitter Bläserchor. Einen Tag später war auch die Flensburger Idraets­halle ausverkauft. Die Polen kassierten die zweite Niederlage – diesmal gegen Dänemark.

Die nächste offizielle internationale Begegnung ergab sich erst 1991. Es war der 21. Dezember, ein historisches Datum im Zeichen von „Glasnost“ und „Perestroika“. Vor 1800 Zuschauern in der Fördehalle trat zum allerletzten Mal eine Nationalmannschaft der UdSSR an. Genau genommen war es aber schon ein Team ohne Nationalität. Wenige Tage später zierte der Schriftzug „GUS“ (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) die Trikots. Eine besondere Situation, wie Coach Spartak Mironowitsch beschrieb: „Wir haben die Nationalhymne der Sowjetunion gehört, wir haben die Fahne gesehen, aber beides gibt es nicht mehr.“ Die DHB-Auswahl bezwang das „Auslaufmodell“ mit 21:19.

Im Mai 1994 wurde im Vorfeld der ersten Europameisterschaft ein Vier-Länderturnier mit Weißrussland, Frankreich und Dänemark in Hamburg und Flensburg ausgetragen. Das „heimliche Finale“ gegen Frankreich gestaltete die DHB-Auswahl in der Fördehalle siegreich. Tags zuvor hatten die deutschen Handballer bereits gegen Dänemark gewonnen. Für Lokalkolorit sorgten damals Torwart Jan Holpert und der dänische Linkshänder Jan Eiberg Jörgensen. Knapp 30 Jahre später stellt die SG den Kapitän der deutschen Nationalmannschaft: Johannes Golla.

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Text und Fotos: Jan Kirschner     

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