Typisches Szenario in einer hiesigen Sporthalle: Laufende, springende, hüpfende, fröhliche, offensichtlich glückliche Kinder, Jugendliche und Erwachsene toben und tollen übers Parkett – normal, oder?
Ja, eigentlich schon, doch heute auch ein bisschen anders als sonst: Viele dieser Sportlerinnen und Sportler sind eingeschränkt in ihrer Beweglichkeit, haben Handicaps, einige sitzen im „Rolli“. Doch das tut der Freude und Begeisterung keinen Abbruch – und noch etwas ist heute anders: Dass Angehörige dabei sind, ist okay und nicht ungewöhnlich, doch heute sind auch Fremde da: Fotografen, Offizielle verschiedener Institutionen und Leute, die etwas aufbauen für eine anstehende Ehrung.

Flensburger Inklusionspreis im Sport 2021

Es ist heute nämlich der Tag einer ganz besonderen Ehrung: Der Sportverband Flensburg e. V. hat eingeladen zur Verleihung des Flensburger Inklusionspreises im Sport 2021 – unter dem Motto „Weil ihr Flensburgs Vielfalt bewegt!“
Der Sportverband Flensburg – Teil des Landessportverbandes Schleswig-Holstein, und seine angeschlossenen Mitglieder (immerhin 62 Sportvereine) steht in Kooperation mit der Stadt Flensburg ein für eine Vielfalt im Sport. Alle sich in diesem Bereich engagierenden Bürgerinnen und Bürger sind sehr aktiv um möglichst vielen Menschen eine regelmäßige Sportausübung zu ermöglichen. Der Sportverband schätzt dieses Mitwirken und bedankt sich bei besonders ausgewählten Persönlichkeiten und Sporttreibenden für deren Einsatz und Engagement. Die Jury um den Sportverband Flensburg, Julia Döring (Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Sport der Stadt Flensburg) und Christian Eckert (Beauftragter für Menschen mit Behinderung der Stadt Flensburg) zeichnet am heutigen Tage als Einzelpersönlichkeit Frau Ruth Kurtzweg-Otte und als Team, Mannschaft, Gruppe die Mürländer aus, verleiht ihnen den Flensburger Inklusionspreis im Sport 2021. Man hat als passenden Ehrungsort die Sporthalle in Munkbrarup auserkoren, die Sportstätte, an der die Mürländer regelmäßig an jedem Freitag von 14.30 bis 16 Uhr ihrem Sport nachgehen.

Der Tag der Ehrung – die „normale“ Sportstunde

Seit kurz nach 14 Uhr tobt das Leben in der Sporthalle, die Mürländer trudeln nach und nach ein, machen sich fertig zum Sport, bauen gemeinsam die Sportgeräte auf – während fleißige Sportvertreter die Ehrung und das anschließende gemütliche Beisammensein vorbereiten. Etwa ein gutes Dutzend Sportlerinnen und Sportler in bunter und vielfältiger Sportkleidung versammelt sich auf dem Parkett der Halle, steht um ein buntes und kreisrundes Gymnastiktuch herum: Der Anfangskreis zum Aufwärmen. Das Tuch wird an den vorhandenen Schlaufen aufgenommen, auf Kommando des „Vorturners“ André David absolviert die fröhliche Runde diverse Übungen, mit Rolli, ohne Rolli, mit Unterstützung von Helfern, oder auch ohne, je nach dem jeweiligen Beweglichkeitsvermögen. Die Sportler sind mit Begeisterung bei der Sache, es wird gelacht, gefrotzelt, doch durchaus konzentriert mitgemacht. Nach dem Aufwärmen wird gekegelt – mit „menschlichen“ Kegeln, die es mit einem Medizinball zu treffen gilt – sieht leichter aus, als es tatsächlich ist. Alle geben sich größte Mühe, und viele treffen das anvisierte Ziel. Das abschließende Tauziehen ist ein echter Klassiker des Turnens: Auf blauen Turnmatten treten dabei die männlichen gegen die weiblichen Sportler/innen an. Trotz des Spaßes entbrennt beim Ziehen und Zerren ein spielerischer Wettkampf, alle geben wirklich ALLES, und nach einem hart erkämpften Unentschieden fallen alle glücklich und erschöpft auf die Matten – alle sind Gewinner!

Der Tag der Ehrung – die Ehrungen

Alle Anwesenden setzen sich auf die bereitgestellten Sportbänke, die in der anderen Hälfte der Sporthalle inzwischen aufgestellt wurden – vor einem Seitpferd, das als Stehpult für die Redner herhalten wird.
Hanno Reese, der Referent der Sportjugend im Sportverband Flensburg, begrüßt die Anwesenden, insbesondere den 1. Vorsitzenden des gastgebenden TSV Munkbrarup, Sönke Schröder, Julia Döring von der Stadt Flensburg, Annika Künzel, die heute Special Olympics Deutschland vertritt und extra aus Hamburg angereist ist, alle Preisträgerinnen und Preisträger, Angehörige, Freunde und Helfer – sprich: Alle, die da sind. Hanno klärt über den Verleihungsmodus auf und erinnert in seinen Worten daran, wie wichtig in der heutigen Gesellschaft die Förderung und Wertschätzung des Sports sei: Sport verbindet, überwindet Grenzen, auch solche in den Köpfen, und führt die unterschiedlichsten Menschen zusammen, die ungeachtet ihrer Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe und Handicap gemeinsam miteinander, manchmal im Wettkampf auch gegeneinander dem Sport nachgehen.

Die Preisträger und Preisträgerinnen Ruth Kurtzweg-Otte

Als Einzelpersönlichkeit wird Frau Ruth Kurtzweg-Otte ausgezeichnet. Frau Kurtzweg-Otte ist eine weit über Flensburgs Grenzen hinaus bekannte und anerkannte Persönlichkeit im Sport, die sich seit Jahrzehnten im Sportbereich engagiert und tätig ist und zudem selbst eine herausragende Leistungssportlerin war. Sie wird von Frau Julia Döring in der Laudatio ob ihrer Leistungen entsprechend gewürdigt – wir werden ausführlich bei anderer Gelegenheit ihre Leistungen beschreiben und einer interessierten Leserschaft kundtun.

Die Mürländer

Wer oder was sind eigentlich diese Mürländer?

Eines vorweg: Die Mürländer haben Pflegegrade. Sie sind allesamt Gruppen- und „Draußenmenschen“. Man sieht sie am Wochenende meist mit einem permanenten Grinsen im Gesicht bei ihren Aktivitäten. Ein „Häuptling“, der sie mit den „Pflegenativ-Mobilen“ fortbewegt, ist immer an ihrer Seite. Man hört und sieht sie meist in der Natur „ihr Ding machen“. Sie sind auf Erlebnispfaden unterwegs und das mittlerweile immer häufiger. Ihre Lieblingsspeise ist Currywurst Pommes. Viele arbeiten bei den Mürwiker Werkstätten und auch im Holländerhof – daher der Name „Mür-Länder“. Sie haben allesamt ein großes Herz, sind wie sie sind („gefühlsecht“), sagen JA zum Leben und sind in vielen Bereichen wahre Vorbilder!

Wer sind ihre Häuptlinge?

Es sind Mitarbeiter von Pflegenativ, einem in Handewitt ansässigen Veranstaltungs- und Betreuungsunternehmen mit der Zulassung nach § 45 SGB XI.

Was machen die?

Eigentlich wenig und doch so viel. Sie machen „Leben“! Das erklärte Ziel von Pflegenativ ist, durch fachliche Einzel- und Gruppenbetreuung den Angehörigen zu Hause eine effektive Familienunterstützung zu gewähren und dabei den Betroffenen durch gezielte Anregungen Identifikation und damit Wohlgefühl für jeden Einzelnen zu schaffen. So wird auch nebenbei die Sozialkompetenz gefördert, und der Spaß kommt auch nie zu kurz! Ob Disco im Haus Ilse, Tanzen für den Frieden, Ausreiten in Kleinsolt, Autorennen in Padborg, Handball in der FlensArena – bei den Mürländern ist immer „Action“!

Die regelmäßige Sportstunde der Mürländer

Beim Inklusionssportfest Ende Oktober 2021 kam man ins Gespräch, und gemeinsam entwickelte im Anschluss der TSV Munkbrarup mit André David, dem Häuptling der Mürländer, die Idee einer regelmäßigen Sportstunde in der Halle des TSV Munkbrarup. Nach Überwindung der üblichen – in diesem Fall allerdings kleinen – Hürden ging es alsbald los. Seit gut einem halben Jahr ist mittlerweile der Freitagstermin ab 14.30 Uhr fester Bestandteil der beidseitigen Wochenplanung.

Die Ehrung der Mürländer

Eigentlich war Christian Eckert als Laudator für die Verleihung des Preises an die Mürländer vorgesehen. Der lässt sich jedoch entschuldigen, muss zeitgleich einen anderen Termin wahrnehmen, kommt im Laufe des Nachmittags jedoch dazu. Hanno Reese übernimmt gern den Part und fasst in seiner Ansprache noch einmal zusammen, was Sport so alles möglich macht. Er lobt die Mürländer ausdrücklich für ihr bemerkenswertes Engagement, das Vorbildcharakter hat und beispielgebend ist für die Arbeit und den Umgang mit Menschen mit Handicaps. „Jede und jeder, der bei euch mal mitmachen durfte oder auch nur eure Videos auf der Homepage gesehen hat, spürt sofort, was euch ausmacht: Lebensfreude pur, ein großes Herz, Sportsgeist in seiner schönsten Form! Ihr zeigt, was Sport bedeutet: eine ganz besondere und bunte Solidargemeinschaft, bei der ALLE mitmachen können und jeder einen Platz hat, losgelöst von Alter, Herkunft, Können, Hautfarbe!“ Dem ist nichts hinzuzufügen!
Für alle genannten Aktivitäten und das besondere Engagement zeichnen wir die Mürländer mit dem „Flensburger Inklusionspreis im Sport 2021“ aus!
„Ihr bewegt Flensburgs Vielfalt im Sport auf besondere Weise – herzlichen Glückwunsch!“

Das Mürländer-Team:
Hilde Bohl, Nadine Dräger, Klaus Erichsen, Marcel Flügge, Christian Bjarne Hartwig, Maren Hänke, Sadat Kackini, Jochen Pauls, Monika Riemer, Dilay Simon Baytürk, Alexander Wakarezi, Celine Wöhr, Collin Panzer, Rune Wamser.

Das Team hinter dem Team:
André David, Birte von Essen, Hannah Reimann, Thomas Mielke Grumser, Daniel Hansen, Wiebke Flügge, Gyde Hicks, Heinke Pries, Jürgen Niemeyer.

Die Geehrten erhielten aus der Hand des Laudatoren jeweils einen Glaspokal mit entsprechender Gravierung, sowie ein kleines Präsent. Annika Künzel hatte extra für jeden ein T-Shirt mitgebracht, das sogleich von den meisten übergestreift wurde. Hanno Reese bedankte sich bei allen Anwesenden für ihre Teilnahme an der Preisverleihung, im Anschluss wurden die obligatorischen Fotos mit der soeben erhaltenen Auszeichnung geschossen.
Mit einem anschließenden Getränk und einem schmackhaften Imbiss – „Currywurst Pommes!“ – und vielen offenen Gesprächen wurde ein bemerkenswerter schöner Nachmittag abgerundet.
Die geehrten Sportlerinnen und Sportler freuen sich bereits auf den nächsten Freitagnachmittag in der Munkbraruper Sporthalle, wenn sie erneut ihrem Sport unter Mithilfe ihrer Teamer nachgehen können!

Die Ehrungsveranstaltung besuchte Peter Feuerschütz
Fotos: Sven Geißler

Plegenativ GmbH – Projekt Mürländer
Wiesharder Markt 13b · 24983 Handewitt
Tel. 04608 - 972 44 11 · info@muerlaender.de

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