„Wilma Nissen – Eine Ratsfrau im freien Fall“. So titelte eine hiesige Tageszeitung vor fast genau zehn Jahren. Die damalige Kommunalpolitikerin des Südschleswigschen Wählerverbands war im August 2010 sanft auf dem Flugplatz Schäferhaus in Flensburg gelandet, nach einem Tandem-Sprung mit dem Fallschirm. Es war übrigens nicht ihr erster Sprung, den hatte sie sich schon Jahre zuvor zum 60. Geburtstag gewünscht und sich den Wunsch schon längst erfüllt.
Ansonsten trifft der Begriff „im freien Fall“ überhaupt nicht auf Wilma Nissen zu – eher das Gegenteil ist der Fall: Die zierliche und schlanke blonde Frau ist total geerdet, steht mit beiden Beinen mitten im Leben, hat dabei ein großes Herz für die Mitmenschen, ist sehr kommunikativ (sagt man so heute), und nimmt jedem sofort die Scheu oder Schüchternheit im Gespräch. Dabei ist sie temperamentvoll, offen und zudem humorvoll, kann mit einem „plattdüütschen Schnack“ sofort jedes Gespräch in nette Bahnen lenken.
Dass sie einmal ein so ausgefülltes und vielfältiges wie interessantes und spannendes Leben erleben würde, war ihr nicht unbedingt gleich in die Wiege gelegt worden, stammt sie doch aus sogenannten „einfachen Verhältnissen“.

Ein Kriegskind

Wilma wurde im November 1942 geboren, ihre Mutter brachte insgesamt zehn Kinder zur Welt, die ersten neun jeweils zu Hause. Das zehnte Kind, die kleine Wilma, wurde dagegen in einem Flensburger Krankenhaus geboren. Mittlerweile war der Krieg mit gelegentlichen Luftangriffen selbst in Flensburg angekommen, da war eine Niederkunft im Krankenhaus angebracht. Für ihren Vater war Wilma erst das zweite Kind, ihre Mutter war mit Wilmas Vater in zweiter Ehe verheiratet, der erste Ehemann war früh verstorben. Wilmas Eltern waren bei ihrer Geburt bereits 40 bzw. 44 Jahre alt, die älteren Geschwister großenteils schon erwachsen, lebten auch nicht mehr zuhause.
Ihre Heimat war die Schlossstraße im Norden der Stadt. Die Schlossstraße ist eine der älteren Straßen Flensburgs. Sie wird bereits im „Erdbuch“ von 1436 genannt, diente seinerzeit als Verbindungsstraße von der Norderstraße rauf zur ehemaligen Duburg. Sie gehört zum Flensburger Stadtteil Duburg.
Die Familie Stempel, Wilma ist eine geborene Stempel, lebte nacheinander in mehreren Wohnungen in der Schlossstraße. In Wilmas Geburtsjahr 1942 wohnten sie in der Hausnummer 5, dann zog die Familie quasi ein Haus weiter, in die Nummer 3,
gleich am unteren Ende der Straße, nahe der Kreuzung zur Norderstraße. Die Familie ihres Vaters hatte schlesische Wurzeln, dagegen die ihrer Mutter dänische Vorfahren, so stammte etwa die Urgroßmutter von der Insel Lolland. Die Mutter ist allerdings in Angeln geboren, und so wurde in der Familie natürlich auch meistens Plattdeutsch „geschnackt“ – wenn man so will, ist Wilma dreisprachig, Hochdeutsch, Plattdeutsch und Dänisch, aufgewachsen. An die Kriegsjahre bis 1945 hat Wilma keine Erinnerungen, allerdings an die Auswirkungen der verheerenden Explosion im Juni 1945 am Ostufer der Flensburger Förde in Kielseng, als dort gesammelte Munition in die Luft flog, es mehr als 50 Tote gab, neben vielen Verletzten, und eine gewaltige Luftdruckwelle sämtliche Glasscheiben aller Fenster rund um den Flensburger Innenhafen zum Bersten brachte. Auch die Stempels waren betroffen, und es dauerte damals ewig, bis die Fensterscheiben durch Glas ersetzt werden konnten. Wilma erinnert sich noch gut an notdürftig mit Brettern verkleidete Behelfsfenster.

Keine einfachen Jahre

Überhaupt waren die Nachkriegsjahre durch zahlreiche Entbehrungen geprägt, der tägliche Kampf ums Essen beschäftigte die Mutter beinahe rund um die Uhr, nebenbei arbeitete sie gelegentlich als Putzfrau, wusch manchmal auch für andere Leute deren große Wäsche. Oft genug wurde stundenweise der Strom abgestellt, manchmal war es daher nachts stockdunkel, weil ebenfalls die Straßenbeleuchtung davon betroffen war. An solchen Tagen und Abenden brannte im Wohnzimmer der Stempels die Karbidlampe, die drei noch zuhause lebenden Kinder durften sich um ein Talglicht versammeln. Ging es den Menschen sowieso schon nicht besonders gut, kam in den Wintern noch erschwerend dazu, dass diese insbesondere in den Jahren 1946 und 1947 wochenlang eisige Kälte und viel Schnee mit sich brachten.
Wilma wurde mit 6 Jahren eingeschult, sie besuchte die dänische Schule Skole ved Nørreport, wie der Name schon sagt: Die Schule am Nordertor. Es sollte für das Schulkind die einzige Schule bleiben, an der es ausgebildet wurde.
Mit 15 Jahren verließ Wilma mit einem guten Abschluss die (damalige) Volksschule.
In der Schlossstraße gab es damals „Schwärme von Kindern“, erinnert sich Wilma an die Zeit, als sie mit vielen anderen Gleichaltrigen draußen spielen konnte. Besonders die Winterzeit mochte sie gern, auch wenn es manchmal bitterkalt war. Die Winter waren ja seinerzeit länger, kälter und schneereicher als heutzutage. So manche Schneehöhlen wurden auf den zahlreichen Hinterhöfen gebaut, und hielten oft wochenlang. Die abschüssige Schlossstraße eignete sich bestens zum Schlittenfahren, es fuhren ja kaum Autos, und Schnee lag reichlich. Gefährlich wurde es nur, wenn man nicht aufpasste, und bis auf die belebte Norderstraße runterraste!
Dort fuhr damals noch die Straßenbahn, zudem gab es Autoverkehr in beide Richtungen – da konnte schon mal eine Schlittenfahrt schiefgehen! Wilmas Mutter hatte stets Beklemmungen, wenn die Straßenbahn laut quietschend zum Stehen kam. In den 30er Jahren ist sogar mal ein Kind eben dort von einer Bahn angefahren und getötet worden. Auch Wilma hatte einmal ein Erlebnis dieser Art, mit Glück im Unglück: Sie wollte die „Norder“ überqueren, übersah ein Auto, und – schwupp – saß sie auf der Kühlerhaube. Zum Glück ist ihr praktisch nichts passiert, nur einige blaue Flecken, aber der Ärger hinterher zu Hause war natürlich riesig!
Auch die vielen verwinkelten Häuser in der Schlossstraße boten beste Spielmöglichkeiten.
Die zahlreichen Hinterhöfe luden förmlich ein zu Versteckspielen. Wilma hatte damals Angst im Dunkeln: Nach Einbruch der Dunkelheit war der Gang über den Hof zur Toilette – die Toiletten waren im Hinterhaus – für sie gruselig und unheimlich, überall sah sie Gespenster und fürchtete sich vor denen!
Doch es gab auch die hellere Jahreszeit: Den Sommer! Wilma kann sich noch gut an zahlreiche Sommerferien zurückerinnern, die sie meistens bei Pflegeeltern in Dänemark verbrachte. So hat sie Dänisch nicht nur von zu Hause oder aus der Schule gekannt, sondern auch wochenlang unter dänisch sprechenden Menschen gelebt – kein Wunder, dass sie diese Sprache heute noch so gut beherrscht!

Schöne Jugendjahre – es ging bergauf

Wilma fühlte sich stets gut behütet zu Hause. Der Vater war zwar meistens unterwegs, doch die Mutter hat sich intensiv um die drei Kinder, die noch daheim lebten, gekümmert. Viele Dinge hat die Mutter geregelt, mit ihrem besonderen Mutterwitz und ihren unzähligen plattdeutschen Lebensweisheiten kam sie mit jeder Situation des täglichen Lebens zurecht. „Spart wat, hett wat; spart nix, hett nix!“ ist nur einer dieser typischen norddeutschen Sprüche.
Die Eltern sorgten auch dafür, dass sie eine gute Ausbildung bekommen sollte. Wilma begann 1958 eine Lehre als Bäckereifachverkäuferin, auch in der Schlossstraße, dort gab es damals noch die Bäckerei Lobsien im Hause Nummer 37.
Die Familie Stempel zog im gleichen Jahr – ausgerechnet in der Weihnachtszeit – innerhalb der Schlossstraße um, bezog eine Wohnung im vierten Stock des Hauses Nummer 37, also über der Bäckerei, in der Wilma lernte! Die Lehre bei den Lobsiens hat ihr sehr viel Spaß und Freude bereitet, sie kann sich sehr gut an diese schöne Zeit erinnern: „Es ging dort immer sehr familiär zu, ich wurde sofort freundlich aufgenommen, man hat sich sehr viel Mühe gegeben, mich gut und umfassend auf alle Belange des Berufs und auch des Bäckerhandwerks vorzubereiten, und mir ein gutes Rüstzeug mit auf meinen künftigen Lebensweg zu geben!“
Das schlug sich auch in ihrem Abschluss nieder: Sie bestand die Prüfung mit besten Noten, und erhielt sogar eine extra Auszeichnung!
Wilma hat übrigens bis 1963 immer in der elterlichen Wohnung gelebt, es gab dort keine Kinderzimmer, geschlafen wurde gemeinsam mit den Eltern im elterlichen Schlafzimmer! Erst 1963 bekam sie im gleichen Haus eine eigene kleine Kammer, die ursprünglich von der Vermieterin der elterlichen Wohnung genutzt wurde. Als die Vermieterin verstarb, stand die Kammer zur Verfügung: So hatte sie – mit 21 Jahren – ihr erstes eigenes Zimmer ganz allein für sich!
Gegen Ende der 50er Jahre – also etwa mit dem Beginn von Wilmas Lehre – ging es wirtschaftlich in Deutschland spürbar bergauf, auch Wilma verdiente nun ihr erstes eigenes Geld.
Selbst wenn es nicht besonders viel war – sie musste sich das Geld gut einteilen – konnte sie trotzdem Geld zurücklegen, um mal am Wochenende zum Tanzen oder ins Kino gehen zu können. Sie sparte für jedes Wochenende 5 Mark, damit kam sie gut über die Runden. Zu Hause brauchte sie kein Kostgeld abzugeben, nur für ihre persönlichen Dinge musste sie selbst sorgen.
Das Feiern kannte sie bis dahin kaum, selbst Kindergeburtstage wurden in den frühen 50ern nicht wie heute groß gefeiert, nur die Weihnachtszeit brachte besondere Momente mit sich. So freute Wilma sich als Kind und junges Mädchen besonders auf die Monate November (mit ihrem Geburtstag am 8.11.) und Dezember; mit der gemütlichen Adventszeit und dem absoluten Höhepunkt des Weihnachtsfestes.
Weihnachten war etwas ganz Besonderes. Es gab für jedes Kind ein Geschenk, die Eltern hatten extra für Weihnachten gespart, der Tannenbaum war festlich geschmückt, drum herum war für jedes Familienmitglied jeweils ein Weihnachtsgeschenk festlich verpackt – vor der Bescherung allerdings noch unter einer Decke verborgen.
Die Spannung und Vorfreude der Kinder war förmlich greifbar! Nach dem gemeinsamen Singen einiger Weihnachtslieder, und einem Weihnachtsgedicht kam dann endlich der große Augenblick: die Bescherung. Mit einem Festtagsessen an den Weihnachtsfeiertagen klang das schöne Weihnachtsfest aus.

Wilma wird erwachsen

Beruflich war Wilma inzwischen eine ausgebildete Bäckereifachverkäuferin, und machte sich auf die Suche nach einer entsprechenden Arbeitsstelle. Die fand sie bald in der Friesischen Straße bei einer Bäckerei namens Hansen. Dort blieb sie etwa ein Jahr lang, und nach einer weiteren Zwischenstation sollte sie ihr berufliches Glück schließlich im Jahr 1962 in der Angelburger Straße Nummer 4 finden. Wilma trat im Café Maaß eine Stelle als Bäckereifachverkäuferin an. Das Café Maaß war in jener Ecke Flensburgs – direkt am Südermarkt gelegen – damals ein echter Anziehungspunkt für Jung und Alt. Neben dem Geschäft im Erdgeschoss für die Laufkundschaft war insbesondere der Gastraum im Obergeschoss ein beliebter Treffpunkt für Stadtbummler, verliebte Pärchen, Kuchenliebhaber, überhaupt für all jene Menschen, die gern bei Kaffee und Kuchen beiein-
ander saßen.
Schnell fand Wilma bei Maaß ihren Platz im Kollegenkreis, war bald sehr beliebt sowohl bei den Kollegen als auch bei den Gästen, sie half sogar gern mal beim Servieren aus, und ihre stets freundliche und fröhliche Art kam ihr dabei sehr entgegen. Wilma pflegt bis heute noch Freundschaften mit Arbeitskollegen aus jener Zeit – leider sind einige davon inzwischen schon verstorben.
Ihr natürliches Temperament und ihre Freude am Bewegen konnte sie besonders gut beim Tanzen ausleben. Wilma liebte den Rock ‚n‘ Roll, und natürlich die dazugehörige Musik, und drehte förmlich auf, wenn sie das Tanzbein schwingen durfte. So waren für sie die Sonnabend-Abende mit Tanzveranstaltungen die schönsten Freizeitvergnügungen.

Aus Wilma Stempel wird Wilma Nissen

Wilma genoss die 60er Jahre als junge Erwachsene, liebte ihre Arbeit, aber auch die damals noch knappe Freizeit, wenn das Tanzen angesagt war. Es blieb dabei nicht aus, dass ihr der eine oder andere junge Mann gefiel, doch im Jahr 1968 ergab es sich, dass ihr einer ganz besonders „ins Auge stach“: Das war Günter Nissen, vier Jahre älter als sie und ein gelernter Tischler, der im Gegensatz zu ihr eher ein „ruhiger Vertreter“ war, ihr aber gleich sehr gut gefiel. Sie kannte ihn schon aus Schulzeiten, ging er doch auf die gleiche Schule wie sie. Vier Jahre Altersunterschied waren zu Schulzeiten noch sehr viel, so dass Günter sie wohl nicht mehr aus jenen Tagen in Erinnerung hatte. Dennoch: Auch Günter mochte Wilma sehr gern, die beiden verliebten sich, und wurden schnell ein Paar. Schon im Januar 1969 haben sie sich das Ja-Wort gegeben, fortan war Wilma also eine Frau Nissen, und „den lütten Stempel“ gab es jetzt nur noch in der Vergangenheit.
Die Nissens blieben nicht lang allein, bald kamen zwei Töchter auf die Welt, und die kleine, aber feine Familie Nissen war komplett. Mittlerweile sind die Töchter längst erwachsen, leben mit ihren Partnern ganz in der Nähe – eine in Flensburg, eine in Glücksburg – und die Nissens können sich schon länger sogar an den beiden Enkelkindern erfreuen.
Als Mutter und Hausfrau ist Wilma natürlich nicht mehr voll berufstätig gewesen – Arbeit gab es daheim genug. Nebenbei hat sie bei anderen Leuten saubergemacht, später für gute 18 Jahre bei den Besitzern von Blumen-Böhmke einmal pro Woche im Haushalt gearbeitet, wurde dort fast wie eine Familienangehörige angesehen.

Zweite Heimat Travestraße

Nach 26 Jahren war für Wilma das Kapitel „Schlossstraße“ beendet: Das frisch vermählte Paar zog im Jahre 1969 in die erste eigene Wohnung auf der anderen Seite der Stadt, in die Engelsbyer Straße Nr. 38. Diese Episode dauerte knapp vier Jahre, dann sind die Nissens in den 70er Jahren im Stadtteil Fruerlundholz heimisch geworden, wohnen seit 1973 in ihrer heutigen Wohnung in der Travestraße, und fühlen sich hier ausgesprochen wohl und bestens aufgehoben.
Der Wohnblock gehört dem Selbsthilfe Bauverein, kurz SBV. Zum SBV haben beide Nissens eine ganz besondere Verbindung: Günter Nissen gehört schon seit über 50 Jahren dem SBV an, wurde entsprechend für diese langjährige Mitgliedschaft mit einer Medaille geehrt. Wilma ist seit vielen Jahren beim SBV Mitglied in der Vertreterversammlung, und kann daher aus eigener Anschauung gut beurteilen, dass der SBV seinen guten Namen zu Recht trägt.
„Es sollte nicht alles privatisiert werden, daher sind Wohnungsbaugenossenschaften wie der SBV, die erschwinglichen Wohnraum schaffen, wichtig für Flensburg. Gerade für Menschen, die nicht viel Geld haben. Das sollte ihnen keine Nachteile bringen!“ Wilma ist zudem sehr davon angetan, dass man das Soziale nie aus den Augen verloren hat: „Die Grundeinstellung stimmt, die SBV-Stiftung Helmut Schumann engagiert sich stark vor allem für Kinder aus finanziell benachteiligten Familien, und jeder, der in Not gerät, kann sich an die Sozialmanager des SBV wenden. Alles das macht für mich eine richtig gute und funktionierende Genossenschaft aus!“
In ihrem Wohnblock sind die Wohnungen tipptopp. Natürlich hat es immer auch mal Störungen zum Beispiel durch Umbauten gegeben, aber das ist dann auch schnell wieder vergessen. „Wir haben eine ganz tolle Hausgemeinschaft und feiern oft zusammen. Im Januar 2019 durften mein Mann und ich unsere Goldene Hochzeit feiern, da waren natürlich alle aus dem Haus eingeladen.“
Auch das Quartier, der Stadtteil Fruerlundholz, gefällt den Nissens gut. Die baulichen Veränderungen, die die Zeit so mit sich bringt, haben dem Stadtteil gut getan. „Früher konnte ich noch von der Straße aus das Hochhaus am Schottweg sehen, wo jetzt der Mürwiker Garten steht. Das geht jetzt nicht mehr. Es ist zwar insgesamt lebendiger um uns herum geworden, aber abends können wir immer noch schön auf dem Balkon sitzen, und nachts ist es angenehm ruhig auf den umliegenden Straßen.“
Ehrenamtliches Engagement
Als die Kinder größer und selbständiger wurden, konnte Wilma sich wieder vermehrt um andere Dinge kümmern. Sie war bald ehrenamtlich tätig, so war sie für den dänischen Kulturverein sowie im Ortsverband des SSW aktiv (wie früher auch schon ihre Eltern). Irgendwann Anfang der 90er Jahre besuchte sie eine Versammlung des SSW, wurde auch dort ziemlich bald mit ersten Aufgaben betraut, machte sich schnell einen guten Namen, wurde 1996 sogar bürgerschaftliches Mitglied, saß unter anderem im Frauenausschuss. Die Politik war ihr stets wichtig, hat sie schon in jungen Jahren interessiert. Sie hat bereits als heranwachsende junge Frau dank Vaters Erziehung die tagespolitischen Nachrichten verschlungen und jene Ereignisse interessiert verfolgt. 1998 wurde sie von ihrer Partei, dem SSW, für die Wahl zur Ratsversammlung nominiert, und prompt gelang ihr der Einzug in eben jenes Gremium. Insgesamt war sie von 1998 bis 2013 – immerhin 15 Jahre lang – als Ratsfrau in Flensburg politisch aktiv, nahm an zahllosen Sitzungen teil, so war stets am Montagabend Fraktionssitzung, und engagierte sich für zahlreiche Belange der Flensburger Bürger und Bürgerinnen. „Ich war immer gern Ratsfrau, fand allerdings nach den 15 Jahren, dass jetzt gern einmal Jüngere dieses Ehrenamt übernehmen sollten!“ Wilma ist seit vielen Jahren bis heute für den „Förderverein Hilfe für Frauen in Not“ aktiv.
Über einen ebenso langen Zeitraum war Wilma ehrenamtlich in der Rechtsprechung, an mehreren Gerichten, ehrenamtlich tätig, sie war Schöffin am Jugendgericht in Flensburg, ehrenamtliche Richterin am Sozialgericht in Schleswig, und ebenfalls am Kreiswehrersatzamt in Schleswig bei Entscheidungen mit eingebunden, bei denen es um Anträge junger Soldaten oder wehrpflichtiger junger Männer in Sachen Kriegsdienstverweigerung ging.

Es bleibt sogar genügend Zeit für weitere Hobbies

Für Freunde des plattdeutschen Theaters gibt es im benachbarten Harrislee im „Studio Ole Möhl“, Alter Holmberg, die dort beheimatete „Lütte Kummedie“. Wilma engagiert sich seit fast 30 Jahren beim niederdeutschen Theater als Mitglied der „Lütten Kummedie“, steht von Beginn an mit großer Begeisterung als Schauspielerin auf der Bühne, ist sich aber auch nicht zu schade, den Akteuren – für das Publikum unsichtbar – zu soufflieren. Das hat sie insbesondere während ihrer Zeit als Ratsfrau sehr häufig und gern für die schauspielenden „Kollegen“ übernommen. Besonders liebte sie die Komödien wie „Swieneree up Hinners Hoff“, diese wurde 2016 in der „Lütten Kummedie“ aufgeführt. Neben Wilma zeigten die Schauspieler Rainer Nielsen, Kay Jensen, Petra Köhne, Hanna Petersen, Stefanie Widderich und Marion Hoeck ihr ganzes Können in jenem Stück, und hatten die Lacher ein ums andere Mal auf ihrer Seite.
So ganz kann Wilma es mit der Politik auch heute noch nicht lassen, so vertritt sie demnächst wieder einmal ihre Partei, den SSW, beim „Altenparlament“ in Kiel.
Ihre positive Neugier, ihren Wissensdurst konnte sich schon immer auf den zahlreichen Reisen ausleben. Viele Fotoalben daheim zeugen von den dutzenden Fahrten und Urlaubsreisen. Besonders gern erzählt sie von ihrem allerersten Urlaub, der sie gleich nach Hinterzarten führte, oder von Urlaub Nummer 2: Den verbrachte sie mit einer guten Freundin in Zell am See, prompt lernte diese Freundin in jenem Urlaub ihren zukünftigen Mann kennen, und ist letztlich dort unten im Süden „hängengeblieben“, wie Wilma augenzwinkernd erzählt. Viele Jahre lang fuhren die Nissens regelmäßig nach Tirol, die Berge, und insbesondere das Wandern, hatten es ihnen besonders angetan.
In den jetzigen Corona-Zeiten vermisst sie besonders das Reisen und die vielen Treffen mit liebgewonnenen Menschen, doch hat diese Zeit auch eine positive Seite, wie sie findet: „Mein Mann und ich sind noch nie so viel spazieren gegangen und zu Fuß gelaufen, wir haben uns in den letzten Wochen und Monaten sehr „entschleunigt“ – und dabei die Natur und die Ruhe schätzen gelernt!“
Das Flensburg Journal bedankt sich bei Wilma Nissen für das kurzweilige und interessante Gespräch, und wünscht dem Ehepaar Nissen für die Zukunft alles Gute: Bleiben Sie so positiv gestimmt und stets „gut drauf“, und bleiben Sie natürlich auch – Corona hin, Corona her – noch recht lange so gesund und munter wie heute!

Das Gespräch führte Peter Feuerschütz
Fotos Benjamin Nolte, privat

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