Am 12. Januar wurde ich auf Einladung des Stadtpräsidenten Hannes Fuhrig und des Bürgermeisters Henning Brüggemann im Rathaus feierlich verabschiedet und erhielt meine Urkunde mit der Versetzung in den Ruhestand. Nach 6 Jahren Oberbürgermeisterin und zuvor 5 Jahren Landtag habe ich nach 11 Jahren hauptamtlicher Tätigkeit für die Stadt Flensburg vor rund 200 Weggefährten noch einmal zurückschauen können. 
Insgesamt bin ich nun schon 18 Jahre der Stadt Flensburg und der Kommunalpolitik verbunden. 2004 begann mein Engagement in der Kommunalpolitik, damals als bürgerschaftliches Mitglied. Ich wollte mitmischen, wobei die Freude am Gestalten der Stadt und die Freude an gemeinsamen Leistungen bis heute nicht nachgelassen haben. 

Dabei wird in der Regel nichts ausgelassen. Politischer Alltag bringt mit sich, dass man gemeinsam streitet, aber auch gemeinsam lacht, dass man gemeinsame aber auch unterschiedliche Meinungen vertritt, dass man um die besten Lösungen ringt und manchmal regelrecht darum kämpft. Mein Antrieb war dabei immer die Nähe zum Menschen und die Aufgabe, den Alltag der Menschen gerechter und sozialer zu gestalten. 
In 18 Jahren erlebt man natürlich unfassbar Vieles. Was ich aus dieser Zeit erzählen könnte, passte in mehrere Bücher. Im Rückblick auf meine Amtszeit als Oberbürgermeisterin gibt es aber ein Erlebnis, das meiner Ansicht nach erzählt werden will.

Diese Eine ist die von der Entscheidung für ein neues Zentralkrankenhaus in Flensburg. Hinter dieser Entscheidung steht eine lange Geschichte, die weit vor meiner Zeit als Oberbürgermeisterin begann. 
Seit vielen Jahren bestand schon der große Wunsch der Flensburgerinnen und Flensburg und die stets wiederkehrende Frage, wann sich die beiden Krankenhausträger in Flensburg endlich zusammenschließen und ein modernes Klinikum entstehen kann, bei dem Patientinnen und Patienten nicht mehr zwischen zwei Krankenhäusern innerhalb Flensburgs hin und her „geshuttlet“ werden müssen. 

Ich erinnere mich noch gut an die Gespräche mit dem damaligen Geschäftsführer der Diako, Herrn Vorwig und Pastor Boten vom Franziskus-Hospital, die beide für moderne Rahmenbedingungen kämpften. Herr Vorwig wagte den Gedanken eines modernen Klinikums an der deutsch-dänischen Grenze, doch leider gelang es nicht und so beschränkte man sich auf eine Modernisierung an Ort und Stelle. 
Stück für Stück sollte der Altbau abgetragen und gleichzeitig ein Neubau im Stadtteil Duburg entstehen. Als Landtagsabgeordnete kämpfte ich damals an der Seite von Vorwig und allen anderen für die erforderlichen finanziellen Mittel, die dann tatsächlich von der Landesregierung in Aussicht gestellt wurden. Als dann aber der Förderbescheid vom damaligen Ministerpräsidenten Torsten Albig nach Flensburg getragen wurde – ich war zu dem Zeitpunkt bereits Oberbürgermeisterin – ergab sich eine neue historische Chance, die ich sehr gern ergriffen habe.
Nur wenige Tage nach der Landtagswahl hatten wir zu einer großen Bürgerversammlung eingeladen, zu der über 400 Flensburgerinnen und Flensburger kamen. Im Vorwege der Versammlung hatte ich die Krankenhausträger und das zuständige Ministerium zu mir ins Rathaus eingeladen. Wir verließen den Raum mit der Vereinbarung, es zu versuchen und gemeinsam für einen Neubau an anderer Stelle zu kämpfen.

Am Anfang jeder großen Sache steht immer eine Idee. Wenn Idee, Mut und Wille zusammentreffen, ist oft vieles möglich, was viele für unmöglich halten. Heute, 6 Jahre nach der Bürgerversammlung, haben wir ein Grundstück und die Fusion zweier konfessionsgebundener Krankenhäuser zu einer neuen Gesellschaft. 
Die Größe dieser Entscheidungen werden wir vermutlich erst in einigen Jahren spüren. Ich gratuliere jedenfalls zu diesem Schritt, der gelungen und sehr besonders ist. 
Angesichts der noch enorm großen Herausforderungen, die auf dem Weg zum neuen Klinikum vor uns liegen, wünsche ich allen Beteiligten auch in Zukunft viel von dem Mut, dem Willen und der Kreativität, die notwendig sind, um es erfolgreich ins Ziel zu tragen. Das Fundament ist gebaut. Möge das Haus ebenfalls bald errichtet werden. 

Die Welt ist und war in den letzten 6 Jahren mächtig in Bewegung. Das geht auch an unserem beschaulichen Flecken Erde nicht vorbei. Bereits 2015 haben wir uns in Flensburg von unserer menschlichen Seite gezeigt und ich bin sehr stolz darauf, dass wir uns diese Seite stets bewahrt haben. 
Als Oberbürgermeisterin habe ich mitwirken dürfen, die Strukturen in unserer Stadt so zu organisieren, dass sie die Menschen erreichen. Ob in der Flüchtlingshilfe, im Sportverein, in der Musik, den Schulen oder den KiTas, wir haben vieles in Bewegung gebracht und trotzdem haben wir als Konsolidierungskommune es geschafft, große Investitionen umzusetzen. In den letzten 6 Jahren haben wir als Stadt über 120 Mio. Euro in unsere Institutionen investiert, so viel wie nie zuvor. Gelungen ist dies gemeinsam mit der Kommunalpolitik. 
Bedanken möchte ich mich auch bei allen ehrenamtlich Engagierten, die sich auf so wunderbare Weise den Menschen zuwenden, die Unterstützung benötigen. Der tägliche Einsatz für andere Menschen ist nicht nur unbezahlbar, er verkörpert die Art, wie wir leben wollen, er zeigt das menschliche Gesicht in einer manchmal unmenschlichen Welt. Menschen, die sich für andere einsetzen, haben nicht nur Würde, sie geben auch Würde und machen ein würdevolles Leben überhaupt erst möglich. Ich selbst werde mich nach meinem Ausscheiden als Oberbürgermeisterin auch weiterhin ehrenamtlich engagieren. 

Was würde ich aber wohl erreicht haben, ohne meine Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung und der städtischen Töchter? In der Zusammenarbeit mit den Menschen war mir von Anbeginn an wichtig, das Pflichtbewusstsein und die Anstrengungen unseres Wirkens einzubetten in eine Kultur des Miteinanders, der Offenheit und einer Fehlerkultur, die es erlaubt, Fehler zu machen, zu korrigieren und gemeinsam stets zu lernen. Dazu gehört, Strukturen zu organisieren – Organisieren mochte ich schon immer gern. Das hat die Verwaltung bereits 50 Tage nach meinem Amtsantritt gespürt, als ich mit der Einführung der Dezernatsstruktur neue Wege ging. Dadurch war es möglich, einen Verwaltungsvorstand zu bilden, der bis heute paritätisch besetzt ist. 

Der große Schnee 2018, der für ein paar Tage Flensburg zwar in eine schöne, aber auch schwierige Lage versetzte. Der Sturm 2019, die Pandemie 2020, der Fund der Weltkriegsbombe, die Auswirkungen des Ukrainekrieges mit der Energie- und Wirtschaftskrise. Es heißt, Übergänge seien das Schwierigste im Leben und benötigen immer etwas Zeit. Übergänge hatten wir viele, Zeit wurde uns zwischen all diesen Ereignissen aber nicht gegeben. Es war ein ziemlich schneller Mannschaftssport, den wir in den letzten 6 Jahren betrieben haben. Dennoch haben wir es geschafft, all diese Herausforderungen zu meistern.

In einer Kommune sind es manchmal aber auch kleine Dinge, die große Schwingungen erzeugen können. Gerade in solchen Situationen steht man als Oberbürgermeisterin plötzlich mitten im Auge eines Stimmungsorkans. Das kann sicher jeder Bürgermeister, jede Bürgermeisterin bestätigen. In solchen Momenten spürte ich meinen Gerechtigkeitssinn oft ganz besonders. Ich habe die Auseinandersetzung auch mit schwierigen Themen nicht gescheut. Ich habe eben auch nicht locker gelassen, denn das Fähnchen nach dem Wind hängen ist meine Sache nicht. 
Man ist im Amt der Oberbürgermeisterin in erster Linie der Sache verpflichtet und nicht dem eigenen Machterhalt. Macht haben und Gesagtes zu machen sind unterschiedliche Schuhe. Ich wollte Worten immer auch Taten folgen lassen und war bereit, dafür auch ungewohnte und ungewöhnliche Wege zu gehen.

Für die gute Zusammenarbeit mit der Kommunalpolitik bin ich ebenfalls sehr dankbar. Alles Erreichte basiert auf den dafür demokratisch getroffenen Beschlüssen. Demokratie ist eine Bewegung und lebt von der Debatte. Wenn sich nichts mehr bewegt, keine Debatten mehr stattfinden, dann hört das Herz der Demokratie auf zu schlagen. Lassen Sie es niemals soweit kommen!
Mein Herz schlägt für die Demokratie, ich hatte stets wenig Scheu, mich auch in schwierigen Zeiten für eine lebendige Demokratie stark zu machen. Weil Demokratie die bislang einzige Staatsform ist, die ich kenne, in der die Freiheit und Gleichheit der Menschen möglich ist, sofern wir uns alle als Demokratinnen und Demokraten begreifen. Deshalb wünsche ich mir, dass alle Flensburgerinnen und Flensburger ihre Stimme zur Kommunalwahl im Mai dieses Jahres nutzen. Lassen Sie uns die Zeiten, in denen Wahlbeteiligungen unter 50 % liegen, doch endlich hinter uns lassen. Bitte nehmen Sie teil und seien Sie Teil der Kommunalwahl, die eine demokratische Bewegung im besten Sinne ist.
Und wenn Sie der Auffassung sind, mitmischen zu müssen, empfehle ich die Kontaktaufnahme zu unseren Ratsfraktionen, die sich über jede Unterstützung freuen.
Man muss ja nicht gleich Oberbürgermeisterin werden, um die Welt im Kleinen und im Großen mit zu verändern.
Eine Veränderung wünsche ich mir am meisten: Und zwar die, dass Frieden eingekehrt in Europa und in der Welt. Frieden ist eben doch alles und ohne Frieden ist alles nichts. 

Mit dem Eintrag ins Goldene Buch durfte ich mich vom Amt der Oberbürgermeisterin verabschieden. In Flensburg werden wir uns aber wiedersehen, denn ich lebe hier und mein Engagement für die eine oder andere Sache hängt nicht vom Amt der Oberbürgermeisterin ab. 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute für die Zukunft! Wir sehen uns in Flensburg.

Ihre Simone Lange 

- WERBUNG -