„Piet Henningsen“ wird zu „Piet im Fischmarkt“
Ein Flensburger Restaurant, das wie nur ganz wenige Etablissements für Flensburgs Geschichte, Flensburger Tradition und das „typische Flensburg“ steht, zieht in diesen Tagen in sein neues Zuhause um. Das Flensburger Fisch- und Spezialitäten-Restaurant „Piet Henningsen“ wechselt nicht nur seine Postanschrift von Schiffbrücke 20 in Ballastkai 4, sondern zieht mit allem „Drum und Dran“ um auf das gegenüberliegende Ostufer des Flensburger Innenhafens. Das äußere Ambiente sowie die Gasträume des beliebten und geschichtsträchtigen Restaurants ändern sich künftig zum eher Zeitgemäßen und Modernen, doch der Geist des altehrwürdigen Hauses, die Betreiber sowie die Mannschaft des Restaurants bleiben die Alten, natürlich werden auch die traditionellen Merkmale und Souvenirs den Umzug mitmachen und im neuen „Piet“ ihr gewohntes Flair verbreiten.
„Piet“ wechselt die Koordinaten
„Der Standortwechsel und der damit einhergehende Umzug sind uns weiß Gott nicht leichtgefallen“, beschreibt Angelina Cano Dominguez (geborene Harder) ihre Gemütslage während dieser wegweisenden Entscheidungsfindung. Frau Cano Dominguez als gemeinsame Betreiberin des traditionsreichen Lokals am Hafen, zusammen mit ihrem Ehemann Ruyman Cano Dominguez, ergänzt: „Dass wir weitermachen, war für uns nie eine Frage des „Ob“, sondern eher des „Wie soll und kann es weitergehen?“

Warum der Standortwechsel? Nun, Generationen von Wirten, Bediensteten und natürlich auch unzähligen Gästen erlebten im „Piet“ an der Schiffbrücke ein tolles Ambiente mit zahllosen schönen Erinnerungen, doch es war nicht alles immer so leicht für die Wirtsleute und Verantwortlichen: Die sich beinahe jährlich wiederholenden Hochwasser an der nahegelegenen Hafenkante, das viele Gastwirte regelmäßig verzweifeln und hadern ließ, auch in ihrer Familie: erst noch ihre Eltern und später das junge Ehepaar, die das damit einhergehende Chaos zu bewältigen hatten. „Den Rest gab uns dann schließlich das extreme Jahrhundert-Hochwasser vom Oktober 2023, an das nicht nur wir täglich beim Befahren der Schiffbrücke erinnert wurden und immer noch werden, mit der abgebrochenen Kaikante. Wir entschieden uns letztlich: So kann es nicht mehr weitergehen, wir müssen hier raus und eine andere Lösung finden.“
Das regelmäßige Hochwasser war jedoch nicht die einzige Erschwernis im alten Lokal. Im historischen Gebäude an der Schiffbrücke gab es auch noch diese zusätzlichen Probleme: keine zeitgemäße Heizung, keine ausreichende und vernünftige Lüftungsanlage, die Damentoilette im ersten Stock, keine Barrierefreiheit. „Bei Hochwasser dringt zudem auch noch das Wasser durch die Wände in den Gastraum“, musste schon Angelinas Vater Wolfgang Harder schmerzlich feststellen, der das Restaurant gemeinsam mit seiner Ehefrau Monika einst ab 1991 übernommen hat („Am 6.12.1991 feierten wir unsere Eröffnung“) und im Jahr 2015 die Federführung an Tochter und Schwiegersohn übergeben hatte. Und ab Oktober 2023 fielen dann auch noch die wenigen Parkplätze gegenüber dem Restaurant weg.
„Piet Henningsen“ schrieb in Flensburg Geschichte
Anno 1886 hatte ein Flensburger Schiffszimmermann – Reinhold Henningsen – die christliche Seefahrt aufgegeben, hatte stattdessen für sich im Hause des Bäckers M. C. Andresen an der Flensburger Schiffbrücke (Hausnr. 20) den richtigen Ankerplatz gefunden. Henningsen wurde hier Gastwirt. Schnell fühlten sich bei ihm sowohl viele fremde „Fahrensleute“ und Seemänner als auch ganz besonders die Flensburger Seemaschinisten wohl und zuhause. Von den Letztgenannten wurde in Reinhold Henningsens Gaststube sogar der Flensburger Seemaschinisten-Verein gegründet, denn dieser damals neue Berufszweig hatte sich mit dem Aufblühen der Flensburger Dampfer-Flotte außerordentlich gut entwickelt.

Auch Reinhold Henningsens Sohn Peter, den alle Welt nur „Piet“ nannte, war Seemaschinist. Doch ab 1908 mussten die Dampfer der Krupp-Reederei ohne den „Piet“ die angrenzenden Meere befahren. Er hatte abgemustert und die Gastwirtschaft seines Vaters übernommen. Unter anderem seine Mitbringsel und Souvenirs aus aller Welt schmückten noch bis zuletzt das vielbesuchte Lokal. Im Laufe der vielen Jahre brachten zudem etliche ehemalige Kollegen aus der Seefahrt diverse interessante und kostbare Stücke mit. Dieser „Piet“ war seinerzeit ein stadtbekanntes Unikum, dass schließlich wie selbstverständlich das Lokal nach ihm benannt wurde. Das Erscheinungsbild seiner einstigen Gaststätte hat sich in den nachfolgenden Jahrzehnten auch unter den späteren Betreibern nur wenig verändert, aber der Charakter des Lokals ist nach und nach ein anderer geworden: Aus der einstigen Seemannskneipe ist längst ein anerkanntes Fisch- und Spezialitätenrestaurant geworden, das weit über Flensburg hinaus einen guten Ruf besitzt, sogar über die Landesgrenzen hinaus international bekannt ist.
Auf zu neuen Ufern (oder zum neuen Ufer …)
Seit Montag, dem 27. Januar 2025, ist der Restaurantbetrieb an der Schiffbrücke 20 Geschichte. Am Vorabend gingen die letzten bestellten Biere und Speisen über den Tresen im „Piet Henningsen“. Doch für Wehmut und Schwelgen in Erinnerungen bleibt keine Zeit. Familie Cano Dominguez hatte sich schon länger in das monatelang leerstehende Speiselokal – einst unter anderem als „Fischperle“ bekannt – auf dem gegenüberliegenden Ufer verliebt. Beide, Angelina und ihr Mann Ruyman, sind gut ausgebildete und erfahrene Branchenkenner. „Wir haben uns auf Gran Canaria kennen- und lieben gelernt“, erzählt Ruyman, „ich habe mein Leben lang meistens am Wasser gelebt, bin auf Gran Canaria geboren, habe in Mailand Koch gelernt, mich in Barcelona zum Restaurant-Fachmann ausbilden lassen. Mein Berufsziel war anfangs eigentlich Hoteldirektor. Flensburg kannte ich auch schon, war hier schon einmal beruflich kurz unterwegs. Als Angelina und ich uns kennenlernten, war schnell klar, dass wir beide uns etwas Gemeinsames aufbauen würden.“ Auch Angelina ist „vom Fach“: „Ich habe den Beruf der Hotelfachfrau ändern sich künftig zum eher Zeitgemäßen und Modernen, doch der Geist des altehrwürdigen Hauses, die Betreiber sowie die Mannschaft des Restaurants bleiben die Alten, natürlich werden auch die traditionellen Merkmale und Souvenirs den Umzug mitmachen und im neuen „Piet“ ihr gewohntes Flair verbreiten.
Ein modernes und zeitgemäßes Restaurant entsteht
Der Wechsel an den Ballastkai ist auch ein Aufbruch in eine wohl sehr verheißungsvolle Zukunft. Angelina und Ruyman Cano Dominguez machen weiter, und sie werden in Kürze – geplant ist der 15. März 2025, auf der anderen, auf der Ostseite des Flensburger Hafens ihr Restaurant eröffnen, das künftig „Piet im Fischmarkt“ heißen wird. In den Räumlichkeiten der einstigen „Fischperle“ entsteht jetzt ein zeitgemäßes und modernes Restaurant, ausgestattet mit einer zum neugeschaffenen, kleineren Gastraum hin offenen Hightech-Küche. Die beiden Gasträume bieten den künftigen Gästen alle erdenklichen Annehmlichkeiten. Der große Gastraum hat Platz für rund 60 Gäste, ist groß, hoch, hell und freundlich, und bietet einen phantastischen Rundumblick sowie Ausblick über die Flensburger Innenförde. Im weitaus kleineren und ursprünglich ausgestatteten Gastraum wird auch künftig der „Geist“ von „Piet Henningsen“ zu spüren sein. Dieser Bereich des neuen Restaurants wird im gleichen Stil wie zuvor das legendäre „Piet“ an der Flensburger Schiffbrücke eingerichtet, mitsamt einiger ausgewählter Souvenirs aus der einstigen Seefahrtepoche.
„Piet im Fischmarkt“
Im neuen „Piet“ wird zwar nicht alles anders, aber doch sehr vieles wesentlich besser werden. Das neue Restaurant am Ballastkai liegt deutlich wesentlich höher über dem Meeresspiegel und ist nach heutigen Erkenntnissen somit praktisch hochwassersicher. Sowohl innen als auch außen auf der Terrasse stehen dem Betreiberpaar und den Gästen hier deutlich mehr Plätze zur Verfügung.
Das gastronomische Konzept und die Speisekarte bleiben so, wie es die Gäste seit jeher gewohnt sind. Fisch- sowie internationale Gerichte werden im Vordergrund stehen, „zudem bringt mein Mann nicht zuletzt wegen seiner Herkunft einen mediterranen Einschlag mit“, lächelt Angelina. „Man kann nicht alles „1 zu 1“ bei einem Umzug mitnehmen – deshalb auch der etwas abgewandelte künftige Name des Restaurants.“ Doch insgesamt überwiegen die Vorteile des Neuen bei weitem: Nicht nur der Raum für die Gäste ist mit viel Können, Sachverstand und Sinn für Kleinigkeiten eingerichtet, auch die dahinterstehende Infrastruktur ist vom Baulichen und von der Ausstattung und der technischen Seite auf dem allerneuesten Stand. Von der Küche über die Kühl- und Lagerräume bis hin zu den Sozialräumen, den Nasszellen und den Toiletten für das Personal ist alles beeindruckend klar und funktionell ausgestattet – man merkt bei der Führung durch die Räumlichkeiten, dass hier mit viel Liebe und Sachverstand geplant und gebaut worden ist.

„Wir haben viel vor“
„Neben dem Restaurantbetrieb, den wir anfangs noch zu den gewohnten Öffnungszeiten (täglich 17 bis 21 Uhr) planen, werden wir nach und nach zusätzlich einen Kiosk betreiben und einen „Außerhausverkauf“ anbieten, zur Wasserseite hin werden über eine „Durchreiche“ vorbestellte Mahlzeiten und Getränke an die zahlreiche Laufkundschaft ausgegeben“, verrät Ruyman Cano. „Wir planen zudem, zeitnah die Öffnungszeiten zu erweitern, täglich von 13 Uhr bis 21 Uhr die Küche offenzuhalten, zudem wollen wir später einen sogenannten „Mittagstisch“ anbieten.“
Für den bevorstehenden Sommer 2025 stehen schon diverse Buchungen und Reservierungen im Buch für die Vorbestellungen. „Im neuen „Piet“ können wir sogar Gruppen bis zu 60 Personen aufnehmen, das ging ja vorher leider nicht“, betont Ruyman Cano Dominguez, der sich schon heute auf die hochmoderne Küche mit direktem Sichtkontakt in den Gastraum freut. „Kochen und Speisen zubereiten mit Blick auf den Hafen, das hat doch was!“, sagt er lächelnd.
Ausblick
Sicher werden einige alteingesessene Gäste und Liebhaber des alten „Piet Henningsen“ den Umzug in die neuen Räumlichkeiten auf dem Ostufer schade finden, doch wir sind uns sicher: Der Wechsel vom „Piet Henningsen“ zum „Piet im Fischmarkt“ war eine weise Entscheidung, der aktuelle Aufwand mit dem Umbau und der Einrichtung des neuen Hauses wird sich garantiert für alle auszahlen: Sowohl die Betreiber, die Bediensteten, und natürlich auch die zahlreichen Gäste werden begeistert sein vom Traditionsrestaurant im neuen Gewand. In den neuen und hellen sowie freundlichen Gasträumen – mit sehenswertem Hafenblick – werden Fisch und andere leckere Speisen mindestens genauso gut schmecken wie einst an der Schiffbrücke!
Das Flensburg Journal gratuliert dem Betreiberehepaar Angelina und Ruyman Cano Dominguez zur Eröffnung des „Piet im Fischmarkt“ und wünscht ihnen und ihrem Team für die Zukunft alles Gute! Wir werden garantiert zeitnah dieses bemerkenswert schöne Restaurant besuchen und uns das Essen und die Getränke schmecken lassen!
Mit Familie Cano Dominguez sprach Peter Feuerschütz
Fotos: Benjamin Nolte