Das Finanzamt Flensburg ist eines von insgesamt siebzehn Finanzämtern, die allesamt dem Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein mit Sitz in Kiel unterstehen. Es hat seinen Sitz in einem in den Jahren 1923 und 1924 errichteten Flensburger Gebäude, das zu den Kulturdenkmalen des Stadtteils Westliche Höhe gehört. Am 15. November 2024 ist es auf den Tag genau 100 Jahre her, dass der damalige Neubau des Finanzamtes Flensburg offiziell an die Reichsfinanzverwaltung übergeben wurde und seit eben jenem Tag in diesem Gebäudekomplex seine Funktion als Finanzamt Flensburg erfüllt. Anlässlich des 100. Geburtstags der Behörde sprach das Flensburg Journal mit Frau Marion Bargmann, die seit 2016 als Vorsteherin des Amtes wirkt, sowie dem Ausbildungs-Sachgebietsleiter des Amtes, Herrn Sönke Rucks, der schon seit Jahrzehnten als Finanzbeamter in dieser Behörde tätig ist und als ausgesprochener Kenner des Hauses gilt.
Geschichte der Institution Finanzamt
Vor der Errichtung der einheitlichen Reichsfinanzverwaltung im Jahre 1919 war die Verwaltung der direkten Steuern stets Sache der einzelnen Staaten des Deutschen Reichs. Die frühere Steuerverwaltung bot somit ein buntes Bild, denn jedes Land erließ seine eigenen Steuergesetze und regelte Behördenaufbau sowie Verfahrensabläufe nach eigenem Ermessen. Auch die Rechtsverhältnisse der Steuerbeamten waren von Land zu Land unterschiedlich.
Noch im 19. Jahrhundert gab es in Norddeutschland keine selbständigen Steuerbehörden oder auch nur Ansätze dafür. In Preußen war die Verwaltung der direkten Steuern seinerzeit Aufgabe der inneren Verwaltung. Die Festsetzung dieser Steuern oblag sogenannten Veranlagungskommissionen, in denen gewählte oder ernannte Bürger saßen. Für die Erhebung waren die Gemeindekassen zuständig. Eine gut geschulte Steuerbeamtenschaft gab es hier nicht. Entsprechend lag die Regelung der hiesigen Finanzen bis zum oben erwähnten Jahr 1919 in den Händen der Stadtverwaltung Flensburg.
So entstand das Finanzamt Flensburg
Nach der Neuregelung der Finanzverwaltung hierzulande wurde für den Norden Schleswig-Holsteins beschlossen, in Flensburg ein entsprechendes Amt zu bauen. Die Wahl fiel dabei auf einen zentralen Standort im Stadtbezirk Duburg.
Schon zu dänischen Herrschaftszeiten diente der Stadtbezirk Duburg als ein administratives Zentrum, entwickelte sich folgerichtig zum Sitz von mehreren Behörden. Das Finanzamt Flensburg wurde hier nach dem Ersten Weltkrieg vom Reichsbauamt Flensburg nach Plänen des seinerzeit bekannten Architekten Wilhelm Penner erbaut, der im Laufe seines Berufslebens im gesamten Reichsgebiet – u. a. in Aachen, Kiel, Königsberg und Hannover, wirkte. Penner errichtete das Bauwerk als ein mehrflügeliges Backsteingebäude, in den sogenannten „barockisierenden“ Formen des Heimatschutzstils. Das Finanzamt fand seinen Platz übrigens auf dem Gelände eines ehemaligen Garnisonslazarettes, in direkter Nachbarschaft zur damals noch existierenden Duburg-Kaserne. Besagte Kaserne wurde übrigens erst 1990 abgebrochen und durch das neue Flensburger Arbeitsamtsgebäude ersetzt. Das Finanzamt erhielt damit eine besondere städtebauliche Position zugewiesen.
Das Amt in seinen ersten 60 Lebensjahren
Das Finanzamt führt im Briefkopf als offizielle Adresse „Duburger Straße 58-64“, es liegt aber zugleich am oberen Ende des Burgplatzes, den es nach Nordwesten abschließt. In der Sichtachse des Burgplatzes befindet sich der Vorhof des Finanzamtsgebäudes. Schon in den Anfangsjahren hieß es deshalb in Flensburg: „Alle Wege führen … zum Finanzamt!“
Diese Aussage war damals hauptsächlich seiner zentralen Lage geschuldet. Das imposante Gebäude war architektonisch schon damals durchaus sehenswert. Eine Freitreppe führt zum Haupteingang, über dem die Steinrelieftafel mit der Inschrift „Finanzamt“ hängt. Im Mittelbau befand sich ursprünglich das eigentliche Finanzamt, im Nordflügel waren dagegen einige Zolldienststellen und das Reichsbauamt untergebracht. Insgesamt zehn Dienstwohnungen befanden sich im Südflügel und im Straßentrakt, was baulich anhand der dortigen Balkone auch heute noch gut erkennbar ist. Das Gebäude wird nach oben durch niedrige Walmdächer abgeschlossen.
„Nicht zuletzt wegen der Multifunktionalität des Gebäudekomplexes gibt die Postadresse „58“ bis „64“ insgesamt vier separate Eingänge her, für die erwähnten Ämter, aber auch für den Wohnungskomplex“, weiß Frau Bargmann zu berichten. Die Wohnungen wurden noch weit bis in die 1960er Jahre von der Behörde als Dienstwohnungen genutzt, unter anderem wohnte dort stets der jeweilige Vorsteher (Dienststellenleiter) des Finanzamtes. „In den Jahren 1969 und 1970 wurden die Wohnungen schließlich zurückgebaut, in Büroräume umgewandelt – Bedarf war dafür stets im Hause vorhanden. Übrigens wohnte noch bis etwa 2015 in einem anderen Teil des Komplexes der jeweilige Hausmeister des Amtes. Jene Räumlichkeiten werden heute allerdings als Archive und Sozialräume genutzt.“ Im Laufe der Jahre stellte sich immer mehr heraus, dass der Bedarf an Arbeitsplätzen in der Behörde stetig größer wurde, das Gebäude irgendwann offensichtlich nicht mehr ausreichen würde, um allen anfallenden Aufgaben gerecht werden zu können.
Die 1980er Jahre – das Amt wird erweitert
Ab 1981 wurde das Finanzamt auf der rückwärtigen Westseite des Gebäudes durch Anbauten erweitert. Drei Jahre später, im Jahr 1984, wurde die Bauphase abgeschlossen und das Finanzamt entsprechend auf die gesamte Nutzungsfläche verteilt. Die Anbauten sind übrigens vom Burgplatz aus nicht einzusehen. Im Norden des Finanzamtes liegt der seinerzeit großzügig geplante Parkplatz der Behörde, der heute kaum noch den Ansprüchen genügt. Von der dortigen Zufahrtsstraße Waldstraße ist der besagte Anbau des Amtes, für den die Architekten Sönke Blaue und Christian Polacsek verantwortlich zeichnen, allerdings gut erkennbar. Für diesen zweigeschossigen, kreuzförmigen Anbau wurden primär rote Ziegelsteine verwendet, ergänzt durch eine Holzkonstruktion im Äußeren und im Inneren. Die Architekten erhielten für die Verwaltungsbauerweiterung sogar eine Auszeichnung: den BDA-Preis 1984.
Die Gegenwart
Trotz der spürbaren Erweiterung und des Ausbaus des Gebäudekomplexes reicht der vorhandene Platz nicht dafür aus, alle Mitarbeiter der Finanzbehörde adäquat unterzubringen. „Schon seit langem haben wir für rund 75 Außendienstmitarbeiter in der gegenüberliegenden „Bundesagentur für Arbeit“ Büroräume angemietet. Als wir seinerzeit erfuhren, dass man ebendort die Räumlichkeiten nicht benötigte, haben wir sofort zugegriffen“, erinnert sich Sönke Rucks. Die Anmietung jener Räumlichkeiten über 3 Etagen im Gebäude der Bundesagentur für Arbeit ist allerdings befristet, läuft mit dem 30. Juni 2025 aus. Über eine Nachfolgeregelung ist noch nichts entschieden. „Doch haben wir mit den Gegebenheiten in unserem Hause auch noch andere Probleme, die nicht oder kaum lösbar sind“, beschreibt Rucks die Realität. „Der ursprüngliche Teil des Gebäudes ist sowohl innen als auch außen denkmalgeschützt. Das bedeutet konkret für die Mitarbeiter: Fit bleiben, da es im gesamten Hause keine Fahrstühle gibt und Wege innerhalb der Behörde fußläufig treppauf/treppab zu erledigen sind. Eine heute in neueren Gebäuden gängige und übliche Barrierefreiheit lässt sich auch mit bestem Willen nicht in diesem Hause herstellen. Kommen dann Bürger auf uns zu, die körperliche Beeinträchtigungen haben, können wir diese Menschen in vielen unserer Büroräume leider nicht empfangen. Wir haben für diese Fälle ebenerdig geeignete Ausweichräumlichkeiten, in denen wir dann das jeweilige Steuerproblem mit dem Besucher besprechen und klären können.“
Aufgaben und Zuständigkeitsbereiche des Finanzamts Flensburg
Zuständig ist das Amt für das gesamte Stadtgebiet sowie das Gebiet des einstigen, bereits 1974 aufgelösten ehemaligen Kreises Flensburg-Land. Federführend ist das Amt für die Körperschaftssteuer sowie Lohnsteuer-Arbeitgeberstellenangelegenheiten und Lohnsteueraußenprüfung in den Finanzamtsbezirken Flensburg, Eckernförde-Schleswig und Nordfriesland. Zu seinen Aufgaben zählt weiterhin die Veranlagung beschränkt steuerpflichtiger natürlicher Personen hierzulande (nach §19 AO – Die Abgabenordnung (AO) ist das elementare Gesetz des deutschen Steuerrechts). Das Finanzamt Flensburg ist das Zentralfinanzamt für die Umsatzbesteuerung aller dänischen Unternehmer in Deutschland.
Organisationsstruktur im Amt
Das Amt ist in Sachgebiete für Arbeitnehmer, Gewerbetreibende, Körperschaften, gemeinnützige Vereine, Umsatzsteuer- und Lohnsteuervoranmeldungen, Rechtsbehelfe, Bewertung, Erhebung, Betriebsprüfung, Umsatzsteuersonder- und Lohnsteueraußenprüfung unterteilt, deren Aufzählung bereits den Laien ahnen lässt, wie umfangreich und vielfältig die Aufgaben eines solchen Amtes gelagert sind.
Zahlen und Fakten
Die jährlichen Fallzahlen belaufen sich auf 39.000 Arbeitnehmer, 30.000 Selbständige bzw. Unternehmen, 2.000 Personengesellschaften, 1.200 Grundstücksgemeinschaften, 11.000 Körperschaften, 3.000 gemeinnützige Vereine, 19.500 Umsatzsteuerfälle, 72.000 Einheitswertakten. Das Steueraufkommen belief sich vor 4 Jahren (2020) auf etwa 1,56 Milliarden Euro, stieg kontinuierlich an bis auf etwa 2,1 Milliarden Euro im Jahre 2023.
Das Finanzamt Flensburg – ein geschätzter Arbeitgeber
Diese Behörde gehört zu den größeren Arbeitgebern der Stadt Flensburg: Aktuell sind es 319 Beschäftigte, die hier tätig sind. 5 Beschäftigte sind im höheren Dienst, 118 im gehobenen Dienst und 115 im mittleren Dienst tätig. Dazu kommen 45 Tarifbeschäftigte, sowie 36 Anwärter, Personen in der fachspezifischen Ausbildung zum Finanzbeamten.
„Die Ausbildung ist ein wichtiger Bereich der Tätigkeit hier im Amt“, weiß Sönke Rucks, der als Ausbildungs-Sachgebietsleiter für den hauseigenen Nachwuchs verantwortlich zeichnet. „Jahr für Jahr werden jeweils etwa 10 Personen für den gehobenen und 7 für den mittleren Dienst ausgebildet. Doch auch wir spüren den demografischen Wandel, die Bewerberzahlen gehen leicht zurück; wir kommen aktuell nicht umhin, deshalb zusätzlich Tarifbeschäftigte einzustellen.“
Frau Bargmann ergänzt: „Das Arbeitsklima hier bei uns im Hause ist sehr gut, alle Kollegen und Kolleginnen pflegen ein umgängliches Miteinander. Das mag auch mit an der Altersstruktur liegen – das Durchschnittsalter aller Beschäftigten liegt bei 40 Jahren.
Die Ausstattungen unserer Büroräume und der Arbeitsplätze sind technisch und baulich auf aktuellem technischen Stand. Eine EDV-Vollausstattung (mit Laptop) ist selbstverständlich, im Bedarfsfall gibt es die Möglichkeit der Wohnraumarbeit, mobiles Arbeiten ist stets möglich. Zudem achten wir darauf, dass unsere Mitarbeiter neben der Arbeit auch gewisse Freizeitmöglichkeiten gemeinsam durchführen können. Wir haben schon seit Jahren verschiedene Betriebssportgruppen, z. B. im Fußball, Badminton, Volleyball. Seit Jahren schon nehmen wir als „Finanzamt Flensburg“ am „Lauf ins Leben“ teil, einem großen Familienfest rund um einen 23-stündigen Spendenmarathon für die Krebshilfe, der ganz in Nähe auf der Sportanlage des TSB Flensburg stattfindet.“
Ausblick
„Unseren 100jährigen Geburtstag werden wir gebührend feiern“, versichert uns die Amtsvorsteherin. „Wir werden es ordentlich krachen lassen“, ergänzt sie augenzwinkernd, und erzählt mit einem gewissen Stolz in der Stimme: „Schon weit über 200 Anmeldungen zur Teilnahme an den Feierlichkeiten haben wir aus unserem Kollegenkreis entgegennehmen können. So werden wohl die meisten Kollegen gemeinsam dieses denkwürdige Ereignis hier im Hause feiern können. Wir freuen uns auf eine tolle Feier mit vielen gutgelaunten Teilnehmern. Anschließend werden wir dann zur Tagesordnung zurückkehren und frohen Mutes und gut gelaunt mit der nötigen Ernsthaftigkeit und unserem sprichwörtlichen Optimismus in die nächsten 100 Jahre als Finanzamt Flensburg für die Bürgerinnen und Bürger Flensburg tätig werden!“
Das Flensburg Journal bedankt sich bei Frau Bargmann und Herrn Rucks für ein angenehmes und zielführendes Gespräch. Wir wünschen dem Amt und seinen Mitarbeitern eine gelungene Geburtstagsfeier und für die Zukunft alles Gute!
Das Gespräch führte Peter Feuerschütz
Fotos: Benjamin Nolte