Unsere Chronistin ist noch gar nicht so besonders lang eine Flensburgerin, hat sich jedoch für ein Zuhause entschieden, das in einem der schönsten und stimmigsten, optimal
runderneuerten Stadtteile Flensburgs liegt: Im „neuen“ Fruerlund, einem idealen Wohnort
nicht nur für die Generation der Best Ager, wie man die große Gruppe der Rentner gern auf
Neudeutsch bezeichnet, sondern durchaus für Jedermann.
Brigitte Wolff ist noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geboren, am 30. August im
Jahre 1939 – nur 2 Tage später nahm das Verhängnis und spätere Elend „Krieg“ seinen
verhängnisvollen Lauf. Sie kam als weiblicher Heiland (so lautete ihr Mädchenname) und
fünftes Kind ihrer Eltern zur Welt, im ländlichen und wohlhabenden Hamburger Stadtteil
Wellingsbüttel, und wurde auf den Namen Brigitte getauft.
Noch heute lebt ein älterer Bruder in Hamburg, ihr 15 Jahre jüngerer anderer Bruder dagegen ist in Dänemark zu Hause, er lebt in Kopenhagen.

Kindheit und Jugendzeit

An ihre ersten Lebensjahre, die Kriegsjahre von 1939 bis 1945, hat sie überhaupt keine
Erinnerungen mehr – vielleicht die Gnade der ersten Kindheitsjahre, denn Hamburg hat ja
sehr unter dem Weltkrieg und den vielen Bombardements der Stadt gelitten. Im Gedächtnis ist ihr allerdings geblieben, dass sie im Jahr 1947 das Schwimmen erlernte, für die Eltern insofern von großer Bedeutung, da man ja in einer Stadt am nahegelegenen Wasser lebte. Ihre Schulzeit dagegen ist bereits ziemlich verblasst: Sie besuchte anfangs die Klosterschule am Berliner Tor in Hamburg, wechselte später über auf die Handelsschule und legte dort ihren Schulabschluss ab. Ihre Eltern hatten früh darauf gedrungen, dass sie eine gute Ausbildung machen und einen ordentlichen Beruf erlernen sollte. Brigitte hatte schon immer ein Faible fürs Schreiben, und so lag es nahe, dass sie etwas in dieser Richtung probieren würde. Gesagt, getan: Sie ließ sich ausbilden zur Lehrerin für Maschinenschreiben und Stenografie, die Ausbildung war eine sogenannte seminaristische Ausbildung – übrigens ein Berufsbild, das es heutzutage in der damaligen Bedeutung längst nicht mehr gibt, in Zeiten einer digitalisierten Gesellschaft schreibt beinahe jeder alles selbst, und die heutigen Endgeräte lassen Schreibfehler zu, diese können einfach und ganz leicht korrigiert werden – im Gegensatz zu der Zeit, als sie als Lehrerin aktiv war.

Die mittleren Lebensjahre auf Sylt

Nach erfolgreich absolvierter Ausbildung bewarb sich Brigitte bei der Bundeswehr als Lehrerin für Maschinenschreiben und Stenografie, und fand alsbald eine Anstellung bei eben dieser Bundeswehr, genauer gesagt bei der Marine, auf der schönen Insel Sylt, in der
Marineversorgungsschule in List. Die Marineversorgungsschule (MVS) war jahrzehntelang die zentrale Ausbildungseinrichtung für die Logistik, Köche und Sanitäter/innen der deutschen Marine.
Von 1964 bis zur Pensionierung im Jahre 1999 war Brigitte praktisch durchgehend an dieser Ausbildungsstätte der Marine als Lehrkraft tätig, ausgenommen die Zeiten, als das Kinderkriegen anstand; die noch junge Familie Wolff war längst gegründet: Brigitte hatte die Liebe ihres Lebens, Peter Wolff, bereits im Jahre 1960 geheiratet, eine Beziehung, die ihre Eltern zuerst überhaupt nicht für gut befunden hatten, der junge Peter fand keine Gnade in den Augen des strengen Vaters, er sollte erst mal was „Ordentliches“ werden. Das wurde er dann auch, denn er ging zur Bundeswehr, wurde dort in Süddeutschland, weit weg von zuhause, zum Fallschirmjäger ausgebildet, und trotz der großen räumlichen Trennung der beiden jungen Leute hielt die Beziehung umso besser. Bald kam das erste Kind zur Welt, dem noch vier weitere im Laufe der Jahre folgen sollten. Die Familie Wolff bezog eine von der Bundeswehr gestellte große Dienstwohnung am Standort in List, und verbrachte viele herrliche Jahre auf der beliebten Nordseeinsel, die mit ihrer einmalig schönen Natur für die heranwachsenden Wolff-Kinder ein wahres Paradies darstellte. Wie es damals üblich war, betrieben viele der auf Sylt stationierten Soldaten und ihre Familienangehörigen den einen oder anderen Nebenjob, so auch die Wolffs. Während er hauptamtlich Versicherungen verkaufte, leitete sie selbständig eine eigene Appartementvermittlung – die Vermittlung und das Makeln von Ferienwohnungen erledigte sie noch neben dem Haushalt, der Kindererziehung, und dem Job bei der Marine – die allerdings von ihr keine permanente Präsenzpflicht einforderte, sie hatte „nur“ ihre Unterrichtsstunden abzuhalten. Zur Appartementvermittlung gehörten auch Dienstleistungen wie ein Brötchenservicedienst, der umfasste auch, dass man die Gäste mit Brötchen, Milch und Zeitungen belieferte, die ganze Familie wurde oft genug bei diesen Tätigkeiten eingebunden.
Die Versorgungsschule in List gibt es schon lange nicht mehr. „Sie wurde einige Jahre nach meiner Verrentung geschlossen. Aber nicht, weil ich nicht mehr da war, es gab dafür wohl verschiedene andere Gründe“, schmunzelt Brigitte Wolff im Gespräch. Die Dienststelle wurde endgültig am 31. Dezember 2006 geschlossen, die Liegenschaft einer anderen Bestimmung übergeben.
So etwa ab der Jahrtausendwende, die Wolffs waren mittlerweile beide im Ruhestand, die Kinder längst von zu Hause ausgeflogen, schwand die Lust an der Appartementvermittlung zusehends, aus Sicht der Wolffs war das Leben auf Sylt auch mit der Zeit irgendwie anders geworden, sie wollten sich räumlich noch einmal verändern, beide gern auch künftig am Wasser, an der Küste, leben, und so orientierten sie sich Richtung Ostseeküste.

Der Wohnortswechsel an die Ostseeküste

Im Jahre 2004 – nach fast auf den Tag genau 40 Jahren auf Sylt, zogen die Wolffs in Richtung Flensburg und Ostseeküste. In Flensburg lebte bereits eine ihrer Töchter, und die Grenzregion sagte dem Ehepaar schon früher bei den regelmäßigen Besuchen bei der Tochter zu.
Sie fanden in Wees ihr erstes Zuhause in der Region Flensburg. „Wees erinnerte mich total an meine ersten Lebensjahre in Wellingsbüttel, sehr beschaulich, ländlich, und lebenswert“, erinnert sich Brigitte an die erste Wohnung hier in der Region. Doch nach 5 Jahren in Wees zogen die Wolffs dann erstmals in die Stadt Flensburg: Der eine Sohn hatte als Geldanlage eine Eigentumswohnung in der Marienallee erworben, die dann Brigitte Wolff und ihr Mann bezogen. Dort erlebten und feierten sie auch – im Jahre 2010 – ihre Goldene Hochzeit, leider war Brigittes Mann da bereits schwer erkrankt, so schwer, dass er schließlich Ende des gleichen Jahres verstarb.
Die in Flensburg lebende Tochter Kathrin kümmerte sich in der Folgezeit um die Mutter, um ihr die schwere Zeit nach dem Tod des Ehemannes etwas zu erleichtern. „Kathrin schleppte mich im Jahr 2011 eines Tages zur Stadt Flensburg, direkt ins Rathaus, sie gab mich gewissermaßen in die Obhut von Frau Meyer, die damals in der Fachstelle für Senioren tätig war. Ich fand sofort einen guten Draht zu Frau Meyer, wurde alsbald Teil und sozusagen Hilfsmitglied des Seniorenbeirats, leistete, wie das Wort schon sagte, Hilfsarbeiten (Botengänge, Kopierarbeiten, in Arbeitsgruppen aktiv mitgewirkt und dergl.).“ Brigitte kann sich noch gut an ihre erste Zeit dort erinnern.

In Flensburg richtig angekommen

Seit 2011 ist sie ständiges Mitglied in der Redaktion des „Mittendrin-Generation 50+“-Teams, betreibt Seniorenkulturarbeit der Fachstelle für Senioren für das Flensburg Journal bei „Mittendrin 50+“. Diese Beiträge erscheinen vierteljährlich jeweils zu Quartalsbeginn, und sind ins monatlich erscheinende Flensburg Journal integriert. „Das Schreiben und insbesondere die Recherche zu den Artikeln macht mir unglaublich viel Spaß, ich bin überhaupt der Typ Mensch, der gern immer etwas um die Hand haben muss“, erklärt Brigitte ihre Freude am Aktivsein. Tatsächlich hat sie als Rentnerin und Single so gut wie nie Langeweile: „Die Ausgewogenheit macht es. Gern bin ich auch mal allein, habe ja auch meine Nele noch stets bei mir.“ Nele, so heißt ihr mittlerweile 13 Jahre alter Hund, eine Havaneser-Dame, die dem Alter entsprechend eine ruhige und liebenswerte Lebensbegleiterin ist.
Bereits seit 1975 ist Brigitte in vielen Funktionen ehrenamtlich tätig gewesen, sie hat diese Tätigkeit jedoch besonders nach dem Tod ihres Mannes wieder intensiv aufgenommen und forciert, so hat sie in Flensburg ehrenamtliche Zertifikate erworben wie beispielsweise einen Gruppenleiterlehrgang und die Ausbildung zum Gesundheitsmittler „Neustadt gesund“, hat sich lange Zeit um eine ältere Dame gekümmert und diese im Alltag unterstützt. Seit Jahren ist sie auch bei der gemeinnützigen Organisation „Die Brücke“ aktiv, insbesondere als Schriftführerin ist sie auch dort immer wieder gefragt.
Beim Selbsthilfe-Bauverein (SBV) ist Brigitte ebenfalls aktiv, der SBV unterhält seit Herbst 2015 den Nachbarschaftstreff „KommRein“, mit dem die Genossenschaft ihr Bekenntnis zum Flensburger Norden unterstreicht: Lebendig, bunt, nachbarschaftlich und aktiv geht es dort zu, in besagtem offenen Treffpunkt mit Zusatzangeboten – zum Beispiel einem Laden für Gebraucht-Möbel und -Haushaltsgeräte. Zielgruppe sind zwar in erster Linie die Menschen, die im Flensburger Norden wohnen, doch grundsätzlich ist der Treff offen für alle Nutzer.
Weder eine SBV-Mitgliedschaft noch eine Bedürftigkeit, was die Angebote aus dem Gebrauchtladen angeht, sind Voraussetzung für das Mitmachen im SBV-Nachbarschaftstreff „KommRein“.

In Fruerlund heimisch geworden

Seit 2014 hat Brigitte, wie sie sagt, ihr endgültiges Zuhause gefunden, im wunderschönen, runderneuerten, hellen und freundlichen Stadtteil Fruerlund, direkt an der Ecke von Fruerlundlücke und Ostlandstraße. Hierher ist sie gezogen, weil ihr die vorherige Wohnung in der Marienallee einfach zu groß war für Frau und Hund, und die gemütliche SBV-Neubauwohnung, ebenerdig, in derverkehrsberuhigten Fruerlundlücke gelegen, zudem ein Erstbezug, genau das Richtige für sie war. „Wie für mich auf den Leib geschneidert“, formuliert sie es treffend und auf den Punkt gebracht. „Nette Nachbarn, man trinkt schon mal einen Kaffee zusammen, ein ruhiges, gepflegtes und gediegenes Haus, sehr ruhig – manchmal schon fast zu ruhig. Zum Glück gibt es nach vorne raus den großen Spielplatz, so findet man auch richtiges Leben vor hier im Quartier“, schmunzelt Brigitte, als wir gemeinsam mit dem Hund einen Rundgang und Gassi-Gang durch die nähere Umgebung bis zum Ententeich in Alt-Fruerlund machen.
Überhaupt Fruerlund: Wer hier länger nicht vor Ort gewesen ist – sagen wir mal gut 5 Jahre – erkennt manche Ecken kaum wieder: Zum einen das schicke neue Quartier am nahegelegenen Wasserturm, aber auch das teils komplett sanierte Gebiet, mit zahlreichen Neubauten optimal ergänzt, zwischen Gerhart-Hauptmann-Straße, Ostlandstraße, Mühlenholz: Fruerlund überrascht immer wieder mit seiner Vielfältigkeit und seinen Abwechslungen: Im Osten Wiesen und Täler, im Westen Hafen und Wälder, dazu mehrere große Gartenkolonien, ein Fitnessparcours, ein modernes Einkaufszentrum nahe des Stadions, und mittendrin etwa 6.000 zum Teil recht aktive Einwohner.

Ausblick

„Haben wir noch irgendetwas vergessen? Was macht Brigitte Wolff noch aus?“
„Die Familie!“, kommt es spontan von Brigitte rüber. „Ich stamme schließlich aus einer kinderreichen Familie, habe selbst fünf Kinder in die Welt gesetzt, die wiederum auch in dieser Hinsicht nicht gegeizt haben; mittlerweile habe ich elf Enkelkinder und zwei Urenkel – wobei da bald wohl noch mehr nachkommt. Und meine Geschwister waren auch fleißig und haben sich vermehrt, es existieren somit auch noch diverse Nichten und Neffen, zwei Neffen leben sogar hier in Flensburg, einer studiert an der Uni, der andere ist als Mediengestalter bei einer hiesigen Zeitung tätig.“ Die jungen Leute, auch ein hier lebender Enkel, besuchen gern mal die Oma und Tante, und haben sie in diesen ungewöhnlichen Corona-Zeiten gern beim Einkaufen tatkräftig unterstützt.
„Nur bei den ganzen Namen der so zahlreichen Familienmitglieder komme ich gelegentlich ins Schleudern, zumal ich zwar einige Verwandte regelmäßig treffe, viele jedoch übers gesamte Land verteilt sind, man sich mit den Auswärtigen leider immer nur auf größeren Familienfeiern begegnet.“
Wie wir alle hofft auch sie auf ein baldiges Ende der Corona-Pandemie, fehlen ihr doch die gesellschaftlichen Kontakte sehr. „Ich bin zwar immer noch sehr mobil, mit meinem geliebten Fiat bin ich total gern unterwegs, allerdings mache ich die ganz weiten Fahrten über Hamburg hinaus nicht mehr gern allein.“
Mit 80 Jahren hat sie übrigens erst im vergangenen Jahr in einer hiesigen Fahrschule eine Unterrichtsstunde gebucht, um sich von einem Verkehrs-Fachmann bestätigen zu lassen, „dass ich es noch drauf habe!“ Und sie hat es noch drauf – das hat ihr der Fahrlehrer gern bestätigt!

Das Gespräch mit Brigitte Wolff führte Peter Feuerschütz
Fotos: Benjamin Nolte, privat

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