Viele von Ihnen kommen nun aus dem Urlaub zurück und so mancher überlegt sich, seinen Wohnsitz ganz oder jedenfalls in den Wintermonaten ins sonnige Ausland zu verlegen. „Immer mehr Rentner und Rentnerinnen setzen ihren Traum vom Ruhestand unter Palmen in die Tat um“, so las ich kürzlich, und dass der Umstand, ob man dauerhaft oder nur vorübergehend im Ausland lebe, Auswirkungen auf die Rente habe. In dem Artikel fehlte mir der Hinweis, dass dies auch einschneidende Rechtswirkungen auf das Erben und Vererben hat.
Nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (Eu-ErbVO), die für uns Deutsche gilt, richtet sich das gesetzlich anzuwendende Erbrecht nicht nach unserer deutschen Staatsangehörigkeit, sondern danach, wo wir zum Zeitpunkt unseres Todes unseren letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatten – und dies muss nicht Deutschland sein!
Wonach ist dieser „gewöhnliche Aufenthalt“ zu bestimmen? Dies erfolgt über eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Verstorbenen in den Jahren vor seinem Tod und dem Zeitpunkt seines Todes, in dem alle relevanten Tatsachen zu berücksichtigen sind, wie die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthaltes in dem betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe, wie persönliche Kontakte, Kontoverbindungen, Pflegemöglichkeiten/-Einrichtungen, etc., die erkennen lassen, dass er in dem Land nicht nur vorübergehend verweilt.
Sofern also Rentner und Rentnerinnen ihren Traum vom Ruhestand unter Palmen in die Tat umsetzen oder jedenfalls die Hälfte bzw. mehr als die Hälfte des Jahres außerhalb Deutschlands verbringen, ist das Erbrecht des Landes anwendbar, in dem der Verstorbene eben diesen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte! Dies kann z. B. spanisches, portugiesisches, griechisches oder italienisches Erbrecht sein.
Die gerichtliche internationale Zuständigkeit für erbrechtliche Streitigkeiten haben dann die Gerichte des Staates, in dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Auch das anwendbare Erbrecht knüpft an den gewöhnlichen Aufenthalt des Verstorbenen an. Dieses Recht gilt nicht nur für die gesetzliche Erbfolge, sondern auch für die Wirksamkeit von Testamenten und Erbverträgen.
Die Eu-ErbVO sieht aber die Möglichkeit einer Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des Erblassers vor, also bei deutscher Staatsangehörigkeit kann im Testament oder im Erbvertrag vorsorglich eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Erbrechts bestimmt werden. Dann gilt auch bei einem Versterben z. B. in Spanien, Italien, Portugal oder Frankreich etc., selbst wenn dort unser gewöhnlicher Aufenthalt gewesen sein sollte, durch die im Testament bzw. Erbvertrag getroffene Rechtswahl nach wie vor deutsches Erbrecht. Von dieser Rechtswahl-Möglichkeit machen nach meiner Erfahrung viel zu wenige Menschen Gebrauch.
Gerade im Alter verschieben sich die Bedürfnisse nach Ruhe, Wärme und „Entschleunigung“. Hinzu kommen gesundheitliche Gründe und natürlich die Tatsache, durch den Renteneintritt völlig frei über die eigene Zeit verfügen zu können. Das Haus wird verkauft, eine Wohnung bezogen, die man ja jederzeit abschließen kann, um der dunklen, nassen Jahreszeit hier zu entfliehen und um über viele Monate oder auch dauerhaft bzw. nahezu ganzjährig in einer erworbenen oder gemieteten Wohnung im warmen Ausland sein Leben zu verbringen. Auch wenn man sich dies früher nicht vorstellen konnte, kann sich plötzlich oder auch „schleichend“ ein nahezu dauerhafter Aufenthaltswechsel in ein anderes wärmeres Land ergeben. Darum sollten auch vorhandene alte Testamente auf diese veränderten Gegebenheiten regelmäßig überprüft werden. Eine solche Rechtswahl zum deutschen Erbrecht kann ggf. auch in einem zusätzlichen Ergänzungstestament festgeschrieben werden.

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