In deutschen Gewässern sind bis zum Ende des Sommers mindestens 289 Menschen ertrunken. Bis einschließlich August kamen damit 44 Menschen mehr im Wasser ums Leben als im gleichen Zeitraum des Vorjahres und fast so viele wie 2021 insgesamt (299). Diese Zahlen gab die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) am Mittwoch (14.9.) bekannt. „Bereits der sehr warme Mai hatte seine Schatten vorausgeworfen: Im heißen August suchten viele Menschen noch einmal Abkühlung im Wasser und kamen leider allzu oft nicht mehr zurück“, so DLRG Präsidentin Ute Vogt. In diesem Monat verzeichnet die DLRG Statistik 72 Fälle; vergangenes Jahr waren es 40.
Das zeigt erneut, dass insbesondere an warmen Tagen und während langer Hitzeperioden die Zahl der Ertrinkungsopfer ansteigt. Obgleich die Pegelstände etwa von Rhein und Neckar in diesem Jahr deutlich absanken, zog es viele Badende ins Wasser. Doch gerade bei Niedrigwasser sind die Flüsse besonders tückisch: Einerseits verleiten sie Menschen eher dazu, weiter in den Fluss zu gehen, andererseits ist die Fließgeschwindigkeit durch das wenige Wasser in der Flussmitte noch höher als sonst. Allein in Flüssen ertranken im August mindestens 16 Personen.
Gefahren oft unterschätzt
Die Zahl der Todesfälle an den deutschen Küstengewässern ist hingegen deutlich gesunken: Zwei Personen ertranken in der Nordsee (-5), elf in der Ostsee (-7). Zwischen Mai und September wachen über 5.000 ehrenamtliche Rettungsschwimmer an den fast 90 Wasserrettungsstationen entlang der Küsten über die Wassersicherheit. Bis Ende August retteten sie insgesamt 68 Menschen das Leben.
In vielen Fällen sind sich Badegäste den Gefahren des Meeres nicht bewusst. Am 21. Juli kam es beispielsweise in der schleswig-holsteinischen Ostsee zu einem dramatischen Einsatz: An einem unbewachten Naturstrand bei Hohenfelde trieb ein Kind auf einer Luftmatratze durch ablandigen Wind innerhalb kürzester Zeit fast einen Kilometer aufs offene Meer ab. Neben einem Seenotrettungskreuzer war ein Motorrettungsboot der DLRG im Einsatz. Dieses benötigte mehrere Minuten, um das Kind überhaupt zu erreichen und dann wohlbehalten zurück zum Strand zu bringen. Die DLRG appelliert immer wieder, nicht an unbewachten Badestellen zu schwimmen oder sich mit aufblasbaren Booten oder Spielzeugen aufs Meer zu begeben. Kräfte von Wind und Strömung sind vom Strand aus oftmals nicht zu erkennen.
Gründe für das Ertrinken
Weiterhin ereigneten sich die meisten Ertrinkungsfälle an zumeist unbewachten Binnengewässern. Allein in Seen und Flüssen ertranken bislang 212 Menschen. Das entspricht knapp 73 Prozent der Gesamtzahl. Hauptursachen sind neben fehlender Badeaufsicht vor allem Übermut und Leichtsinn, aber auch der Einfluss von Alkohol.
Im Vergleich der Bundesländer hat Bayern mit 54 (+5 im Vergleich zum Vorjahr) Fällen die meisten Opfer zu beklagen. Nordrhein-Westfalen mit 44 (+26), Niedersachsen mit 33 (+15) und Berlin mit 16 (+8) haben die stärksten Steigerungen zu verzeichnen. In Mecklenburg-Vorpommern gingen die Fälle von 27 auf 14 zurück. „Wir können nur immer wieder dazu aufrufen, nicht an unbewachten Badestellen oder in Flüssen schwimmen zu gehen. Die Gefahr, dort zu ertrinken, ist um ein Vielfaches höher“, sagt Vogt.
Trendsport Stand-Up Paddling
Mit großer Sorge betrachtet die DLRG eine wachsende Zahl an Unfällen in Zusammenhang mit der vergleichsweise neuen Sportart Stand-Up Paddling (SUP). Mittlerweile stehen zahlreiche Einsätze der Rettungsschwimmer, aber auch Ertrinkungsfälle in Verbindung mit SUPs, die es bereits bei nahezu jedem Discounter zu kaufen gibt. Insbesondere während der heißen Sommertage unterschätzen viele Stehpaddler die Gefahren oder werden möglicherweise nicht ausreichend darauf hingewiesen. So heizt sich der Körper etwa während der sportlichen Tour besonders auf. Fällt der Paddler dann plötzlich ins deutlich kältere Wasser, droht ein Kreislaufzusammenbruch und im schlimmsten Fall ein Ertrinken. Daher sollte immer eine Schwimmweste getragen werden. Darüber hinaus ist eine Sicherungsleine am Board (mit Panikverschluss zum schnellen Lösen) sinnvoll, um das Brett im Falle eines Sturzes nicht zu verlieren. Auch sollte man nie allein unterwegs sein, um sich gegenseitig absichern und aufeinander achten zu können. Weitere Tipps für Stehpaddler hat die DLRG unter dlrg.de/sicherheitstipps zusammengetragen.
Sorge um Wassersicherheit
Die sich abzeichnende Energiekrise treibt der DLRG ebenfalls die Sorgenfalten auf die Stirn. Schon jetzt reduzieren einige Schwimmbäder ihre Öffnungszeiten oder schließen in diesem Jahr früher als bisher. Eine erneute Situation ähnlich wie zu Zeiten der durch die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung bedingten Lockdowns dürfe sich nicht wiederholen. „Nicht erst seit Corona hat sich ein enormer Ausbildungsstau bei der Schwimmausbildung gebildet, der uns noch Jahre beschäftigen wird. Hinzu kommt, dass unsere Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer in dieser Zeit nicht ausgebildet werden oder trainieren können. Wir sehen die Wassersicherheit in Deutschland damit in ernster Gefahr“, befürchtet DLRG Präsidentin Ute Vogt. Bereits zu Beginn der diesjährigen Badesaison (Ende April/Mai) hatten die DLRG, aber auch Badbetreiber mitunter große Probleme, genügend Personal zu finden. „Wir appellieren daher an die Politik, die Schwimmbäder so lange wie möglich offen zu halten. Wir sind uns der wirtschaftlichen Aspekte bewusst, doch Bäder sind eben nicht nur Orte des Freizeitvergnügens“, so die Präsidentin weiter.
Pressemitteilung DLRG – Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft
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