Die Spieler der SG Flensburg-Handewitt gehen in der Duburghalle ein und aus. Sie kehren nach und nach vom Kraft-Training im Förde-Fitness zurück und ziehen sich in der Kabine um. Domen Sikosek Pelko sitzt im Eingangsbereich und verabschiedet sich von den Jungs. Nur für 24 Stunden, doch er weiß: Bald wird es für immer sein. Der Vertrag läuft mit dem Dezember aus. Der slowenische Kreisläufer war erst Mitte September zur SG gestoßen – nach den verletzungsbedingten Ausfällen von Johannes Golla und Jacob Heinl. Nun sind wieder alle Mann an Bord – und Domen Sikosek Pelko ist über. „Ich bin nicht enttäuscht, so war es vereinbart“, sagt der 23-Jährige. „Und ich freue mich, dass alle wieder spielen können. Ich wünsche niemandem etwas Schlechtes, nur um bleiben zu können.“
Im Januar wird er erst einmal eine Pause in Slowenien einlegen. Dann geht es wieder nach Logrono, wo der Kreisläufer unter Vertrag stand, als sich der Kontakt zur SG entzündete. Um eine Wohnung muss er sich nicht kümmern. In seiner bisherigen hatte der spanische Klub seinen Vertreter einquartiert, der nun wiederum seinen Platz räumen wird. „So ist es nun einmal im professionellen Sport“, meint die SG-Aushilfe lapidar. „Ich weiß noch nicht einmal den Namen des Spielers, der für mich in Logrono gespielt hat.“
Wenn man in die sportliche Vergangenheit von Domen Sikosek Pelko eintaucht, werden einige Ortsnamen berührt, die hierzulande kaum jemand kennt. Er stammt aus Brežice, einem 25.000-Einwohner-Städtchen ganz im Osten Sloweniens. Zagreb, die kroatische Hauptstadt, liegt nur 30 Autominuten entfernt und bietet sich für Ausflüge an. In Brežice spielte Domen Sikosek Pelko wie die meisten Jungen zunächst Fußball, dann entdeckte er eine Vorliebe für Tennis. Einige Jugend-Turniere absolvierte er auf Sand. Heute ist dieser Sport noch immer eine liebgewonnene Freizeitbeschäftigung. „Wenn ich im Sommer zum Heimaturlaub in Slowenien bin, treffe ich mich gerne mit drei Freunden zum Tennisspielen“, erzählt der Handballer.
Als er 13 Jahre alt war, nahm er erstmals den Ball in die Hand. Es war im Schulsport. Domen Sikosek Pelko muss eine gute Figur gemacht haben, denn der Lehrer, der zugleich auch Trainer im RK Brežice war, lotste den Jugendlichen zum Vereinshandball und stellte den hochgewachsenen Neuzugang zunächst in den linken Rückraum. „Ich mochte den Kontakt, und den Ball liebte ich sowieso“, erinnert er sich. Schon bald war Domen Sikosek Pelko am Kreis und landete ein paar Kilometer weiter beim etwas ambitionierteren RK Krsko. Seine Mutter unterschrieb eine Bescheinigung – und ihr Sohn durfte bereits mit 15 Jahren in den Männer-Betrieb hineinschnuppern.
Der Rechtshänder wechselte in die nächste Kleinstadt – nach Trebnje, wo der RK Trimo für 25 Jahre slowenische Erstklassigkeit und einige Europapokal-Teilnahmen steht. Nach zwei Jahren meldete sich ein österreichischer Trainer mit kroatischen Wurzeln. Beim Zweitligisten HC Bruck sammelte Domen Sikosek Pelko viel Spielpraxis und lernte Deutsch. Überraschend meldete sich Vardar Skopje. Dieser Verlockung konnte der junge Profi nicht widerstehen. Bald bestritt er seine ersten Spiele in der Champions League, lebte erstmals in einer Metropole, musste sich mit den finanziellen Sorgen eines Mäzen-Klubs sowie dem Corona-Lockdown beschäftigen.
Spanien, genauer gesagt Logrono, war der willkommene nächste Schritt. Er dauerte zunächst nur einen Sommer. „Am Mittwoch spielte ich das erste Mal“, erzählt Domen Sikosek Pelko. „Am Freitag sollte die Partie gegen Barcelona folgen, doch ich flog bereits am Donnerstag nach Deutschland.“ Den SG Verantwortlichen waren einige Video-Mitschnitte sehr positiv aufgefallen, die sich beim Probe-Training bestätigten.
Blitzschnell wurde ein Vier-Monats-Vertrag eingetütet – und der Transfer des ersten Slowenen in der SG-Vereinschronik war perfekt. Domen Sikosek Pelko hatte es gereizt, für ein europäisches Top-Team aufzulaufen, mit einer so guten Stimmung im Team hatte er nicht unbedingt gerechnet. „Die SG ist eine echte Mannschaft, die Spieler spielen wirklich zusammen und nicht jeder für sich“, schwärmt Domen Sikosek Pelko. Er ist zufrieden, sein letzter Arbeitgeber auch. „Er war in der Kürze der Zeit und angesichts unserer Möglichkeiten die beste Lösung“, betont SG-Coach Maik Machulla. „Domen hat sich auf der großen Bühne präsentiert und sicherlich in einige Notizbücher gespielt.“
In Deutschlands Norden fühlte sich Domen Sikosek Pelko wohl. „In Flensburg kann ich alle wichtigen Orte in nur fünf bis zehn Minuten mit dem Auto erreichen“, sagt er. „Ich mag so kleine Städte wie Flensburg und auch das Meer – wenn das Wetter nur nicht so schlecht wäre.“ Training, Spiele und Reisen halten einen Handball-Profi ohnehin auf Trab, zuletzt legten sich die Einschränkungen der Corona-Pandemie über seine Freizeit. „Ich bin niemand, der zu Hause Filme schaut“, verrät Domen Sikosek Pelko. „Ich gehe unter Menschen, liebe Cafés.“ Doch seit November sind diese Anlaufstationen geschlossen. Immerhin hatte der Slowene sich mit einem Bosnier, der schon seit 20 Jahren in Flensburg lebt, angefreundet. Zu Weihnachten konnte er auch nicht in die Heimat reisen, um mit seiner Familie zu feiern, zu essen und zu singen. „Über Weihnachten gibt es nur in der Bundesliga einen Spielbetrieb“, schüttelt Domen Sikosek Pelko etwas ungläubig mit dem Kopf. Am 27. Dezember rief Leipzig: sein Abschiedsspiel.

Text und Fotos: Jan Kirschner

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