Der Sommer 2018 – Endgültige Bestätigung für den „Klimawandel“?
Im Jahr 2018 erleben wir in Deutschland, speziell auch „bi uns to huus“ in Flensburg, einen Hitzesommer, einen „Jahrhundertsommer“, wie wir ihn – so prophezeien es immer mehr Meteorologen und Fachleute – wohl auf Grund des Klimawandels in immer kürzeren Abständen werden erleben „müssen“. Dabei ist der Sommer 2018 nicht nur ungewöhnlich warm, sondern auch extrem trocken. Für den Zeitraum April bis Ende Juli wurde seit Beginn der Aufzeichnungen 1881 in Deutschland noch nie so ein großes Niederschlagsdefizit gemessen, berichtet etwa der Deutsche Wetterdienst. Ein Ende der Hitze ist zwar absehbar, aber dennoch sind die bisherigen Hitzefolgen schon gravierend.
Der Schwerpunkt der Hitze-Berichterstattung in den deutschen Medien im Juli 2018 lag zum einen bei den Forderungen der Landwirtschaftsverbände nach Entschädigung, aber zum anderen auch bei den zahlreichen Waldbränden, den immer häufiger werdenden Feuerwehreinsätzen, aber auch über die Situation in den in dieser Saison Hochkonjunktur erlebenden Ferienorten an Nord- und Ostsee wurde vermehrt berichtet.
Der Hitzesommer 2018 erinnert in vielen Details an den Extremsommer 2003. Doch die Menschen interessiert heute und morgen, wie es sich in den folgenden Jahren wettermäßig und klimamäßig bei uns weiter entwickeln wird, ob die eigenen Kinder und Kindeskinder unter extremen Klimabedingungen leiden werden oder nicht. Fazit: Ein einzelner Hitzesommer ist Wetter, viele Hitzesommer und die kontinuierliche menschengemachte Erderwärmung ist Klimawandel. Spätestens seitdem der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) im Jahr 2007 seinen vierten Sachstandsbericht zu den Ursachen, Auswirkungen des Klimawandels veröffentlicht hat, steht nämlich außer Zweifel, dass die Menschheit ganz erheblich zur Veränderung des Weltklimas beiträgt. Der Bericht zeigt auch, dass ohne eine drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 katastrophale Folgen drohen. Aus den heute vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen wird klar, dass möglichst rasch und zielgerichtet gehandelt werden muss.
Sollten die Treibhausgasemissionen weltweit auch über das Jahr 2050 hinaus weiter zunehmen, könnte dies zur Folge haben, dass ein Anstieg des Meeresspiegels von bis zu 7 Metern eintritt. Auf Flensburg bezogen hieße das, dass man sich über Parkplätze am Hafen, die Entwicklung des Hafen-Ostufers bis zur Harniskaispitze oder eine Promenade bis zum Galwik-Park keine Gedanken mehr zu machen bräuchte, da selbst die größten Teile der Stadtwerke, Häuser und Restaurants sowie das Klärwerk unter der Wasseroberfläche verschwinden würden.
Auch wenn dieser Anstieg auf diese gewaltige Höhe mehrere hundert Jahre dauern würde, so wäre die durch unser gegenwärtiges Handeln hervorgerufene Entwicklung irgendwann einfach nicht mehr umkehrbar. Es stellt sich uns die Frage: „Sollen wir endlich etwas unternehmen, oder sollen wir, unsere jetzige in der Verantwortung stehende Erwachsenen-Generation, einfach sagen: Nach mir die Sintflut?“ Der Begriff würde in dem Zusammenhang ironischerweise ja wunderbar passen …
Klimaschutz in der Klimastadt Flensburg: Gemeinsam zur CO2 Neutralität bis 2050
Die Klimapolitik auf allen Ebenen wird derzeit mit dem Ziel vorangetrieben, die globalen Emissionen bis zum Jahr 2050 zu halbieren. Dabei wird es notwendig sein, dass die Emissionen der Industrieländer wie Deutschland um mindestens 80 % reduziert werden. Die Bundesregierung hat sich öffentlich dafür ausgesprochen und arbeitet darauf hin, dass dieses Ziel von allen großen Industrieländern der Welt unterstützt wird.
Auf Flensburg kann man in Sachen Klimaschutz nicht erst seit heute zählen, genauer gesagt seit knapp 10 Jahren. Denn 2008 haben sich Unternehmen, Institutionen und öffentliche Einrichtungen auf einmalige Art und Weise zusammengeschlossen, um nach dem Motto „Eine ganze Stadt engagiert sich für den Klimaschutz“ aktiv zu werden. So wurde der „Klimapakt Flensburg e. V.“ gegründet, eine Plattform für gemeinsames klimaschutzbezogenes Handeln in der Region Flensburg. Das Netzwerk des Klimapakts war bundesweit das erste seiner Art und hat in den letzten Jahren viele Städte und Gemeinden animiert, dem Flensburger Beispiel zu folgen.
Die Zielsetzung des Klimapakt Flensburg übersteigt die globalen Klimaschutzbestrebungen. Flensburg will bis zum Jahr 2050 CO2-neutral werden. Um dieses ambitionierte Ziel erreichen zu können, setzen die derzeit 78 Mitglieder des Vereins selbst Klimaschutzmaßnahmen in ihrem eigenen Einflussbereich um (z. B. durch die Nutzung von E-Fahrzeugen oder durch energiesparende Gebäudetechnik) und organisieren und finanzieren Kampagnen und Aktionen, um alle Flensburgerinnen und Flensburger zu motivieren, selbst für den Klimaschutz aktiv zu werden.
Stadt Flensburg bekennt sich zum Klimaschutz: Klimamanagement im Rathaus
Was viele nicht wissen: Viele dieser klimaschutzbezogenen Projekte, viele Impulse und auch Fördermittel resultieren aus dem Engagement einer kleinen, aber feinen Gruppe von Klimamanagern, zugehörig zum Fachbereich „Stadtentwicklung und Klimaschutz“; die derzeit im Untergeschoss des Flensburger Rathauses sitzt.
Geboren wurden das „Sachgebiet Klimaschutz und Klimaanpassung“ aus dem vom Bundesumweltministerium initiierten Groß-Projekt „Masterplan 100% Klimaschutz“. In diesem wurden in den Jahren 2012-2018 bundesweit 40 Kommunen gefördert, deren Aufgabe es war, bei der ganzheitlichen Entwicklung und Umsetzung von Strategien für den lokalen Klimaschutz eng zusammenzuarbeiten. Die Masterplan Kommunen hatten damit eine wichtige Vorbildfunktion übernommen. Im Projekt „Masterplan 100 % Klimaschutz“ vertreten waren unter anderem auch die Stadt Frankfurt/Main, die Region und Stadt Hannover oder die Stadt Osnabrück. Seit dem Jahr 2016 wird auch eine Gruppe von 34 Städten und Gemeinden des ersten und zweiten Siedlungsrings rund um Flensburg als Modellregion im selben Programm gefördert.
Nun steht das städtische Klimamanagement auf eigenen Füßen. Denn schon vor dem Auslaufen der Förderung durch die Bundesregierung hat die Ratsversammlung der Stadt Flensburg im Juni 2017 beschlossen, das Klimaschutzmanagement dauerhaft weiter zu beschäftigen.
Grund für diese Einrichtung als Daueraufgabe war es unter anderem, dass die Stadt Flensburg seiner Rolle als Vorreiter auch weiterhin gerecht werden möchte und das Ziel im Jahr 2050 weiterhin fest im Blick hat. Das Klimaschutzmanagement war und ist auch in finanzieller Hinsicht erfolgreich für die Stadt. So hat das Team im Zeitraum zwischen 2013 und 2017 Förderprojekte im Umfang von 1,74 Mio. Euro eingeworben, von denen die Stadt nur einen Anteil von ca. 240.000 EUR selbst aufbringen musste.
Wer sind die Flensburger Klimamanager?
Das Team des Klimaschutzmanagements gehört zum Fachbereich „Stadtentwicklung und Klimaschutz“ und wird geleitet vom Klimaschutzmanager Martin Beer. Martin Beer, aufgewachsen in der Region Erlangen, hat sein Studium „Energie- und Umweltmanagement“ hier in Flensburg bei Prof. Hohmeyer erfolgreich absolviert, und ist seit 2012 bei der Stadt Flensburg tätig. Neben der Sachgebietsleitung ist er für die Begleitung und Unterstützung der Gremien und der Mitglieder im Klimapakt Flensburg e.V. zuständig und kümmert sich um die Themengebiete Energieversorgung, Energieeffizienz in großen Unternehmen sowie Klimawandelanpassung.
Till Fuder (aufgewachsen in der Region Braunschweig) hat wie Martin Beer ein Studium für Energie- und Umweltmanagement in Flensburg absolviert. Er ist zuständig für die kürzlich in der hiesigen Tagespresse vorgestellten E-Stadtteillastenfahrräder, für das Carsharing, Elektromobilität, ist Projektleiter „Radeln zum Campus“ (Optimierung der Radwegeverbindungen zum Flensburger Campus), den Klimaschutz an Schulen und Kitas, und die fachliche Beratung zum Thema Umsetzung nachhaltiger Mobilitätsmaßnahmen in Bauvorhaben im Zuge der Flensburger Stellplatzsatzung. Er ist seit 2013 in der Stadtverwaltung Flensburg tätig.
Der dritte Mann im Bunde ist Matthias Dill (stammt aus der Region Frankfurt, Studium nachhaltiges Bauen in Frankfurt/Main). Er kümmert sich um Energieeffizienz im kommunalen Einflussbereich (Unterstützung des Eigenbetriebs „Kommunale Immobilien“), die Verankerung von nachhaltigem Bauen in der städtebaulichen Entwicklung, Energieeffizienz von kleinen und mittelgroßen Unternehmen, Energieeffizienz in großen Unternehmen, sowie Klimaschutz und Energieeffizienz in Haushalten. Er unterstützt die bereits genannten Kollegen seit 2016.
Simone Mohrhof-Arp (geboren und groß geworden in der Region Flensburg, Studium der Geographie in Kiel) ist nicht nur das belebende weibliche Element in diesem Sachgebiet, sondern ist auch am längsten in der Flensburger Stadtvertretung aktiv, bereits seit 1992. Sie ist die Projektleiterin für das Klimaschutzquartier „auf der Rude“ (einem Pilotvorhaben zur Verankerung von Klimaschutz auf Quartiersebene), wickelt die gesamte Projektadministration ab und kümmert sich um die Ansprache von Haushalten zum Thema Klimaschutz.
Hier passiert etwas im Klimaschutz
„Das ist ja alles schön und gut“, mag so mancher Flensburger denken oder seinerzeit gedacht haben, als er von der Aufnahme der Klimaschutzbemühungen in Flensburg gehört oder gelesen hat. „Doch woran erkenne ich denn wirklich, dass sich hier etwas tut?“
Das „Carsharing“ ist vielleicht das augenfälligste Objekt in der Umsetzung der Klimaschutzvorhaben.
Fahrzeuge von Carsharing-Anbietern sind auf fest angemieteten Parkplätzen oder sogenannten Stationen über eine Stadt oder einen größeren Ort verteilt. Die Standorte befinden sich häufig bei Knotenpunkten des öffentlichen Verkehrs, wo sie von den Kunden gut erreichbar sind.
Die Einführung des Angebots in einer mittelgroßen Stadt wie Flensburg wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung, die die Mitglieder des Klimapakts e. V. aufgebracht haben, indem sie u. a. anfangs einen Teil des finanziellen Risikos übernahmen und Carsharing für ihre eigene Dienstmobilität nutzten. Als Gegenleistung erhielten sie eine Carsharing-Station direkt vor der Haustür.
Organisiert und vorangetrieben wurde die Einführung des Flensburger Carsharings durch das Klimamanagement im Rathaus. Ein Erfolg auf ganzer Linie: Der Anbieter des Flensburger Carsharings verzeichnet eine hohe Fahrzeugauslastung, wie es sie sonst nur bei erfolgreichen Angeboten in Großstädten gibt.
Gestartet mit 5 Carsharing-Stationen und 10 Fahrzeugen im April 2015 zählte man im April 2018 bereits 8 Stationen (zwei weitere in Planung) mit 14 Fahrzeugen. Insgesamt haben 930 Nutzer auf dieses Angebot zurückgegriffen, pro Monat kommen rund 25 neue „Carsharer“ dazu. Geplant sind noch in 2018 zwei weitere Stationen.
Ganz neu ist das Projekt „Stadtteil-E-Lastenfahrräder“. Eine gute Alternative zum Auto. Denn in Flensburg hat der PKW nachweislich zugenommen. Die allgemeine Verkehrslage in diesem Spätsommer mit Baustellen, Sperrungen, Umleitungen – sprich allem was das Autofahrerherz nicht begehrt – nötigt einen geradezu, sich nach Alternativen zum Auto umzusehen. Dabei ist Flensburg – im Unterschied zu vielen anderen vergleichbaren Städten – eine Stadt der kurzen Wege. Gerade deshalb lohnt sich der Umstieg aufs Fahrrad. Oder noch besser aufs Elektro-Fahrrad, mit dem selbst die Flensburger „Bergfahrten“ kein Problem mehr sind. Vier mit Elektromotor unterstützte Lastenräder sollen daher zukünftig an vier Standorten Flensburgs frei zur Verfügung stehen. Um es zu etablieren, arbeitete der städtische Klimaschutzmanager Till Fuder eng mit dem ADFC Flensburg und engagierten Flensburgerinnen und Flensburgern zusammen, die im Forum Hafenquartier sowie in der IG Südliche Altstadt organisiert sind. Zwei der Räder, genauer „Onkel Hinnerk“ und „Fiete Flitz“, stehen sogar ab sofort allen zur Verfügung, die diese regelmäßig im Alltag nutzen wollen. Erhalten kann man sie nach einer Probefahrt und Registrierung im Flensburger Schifffahrtsmuseum oder im Kiosk Tante Maß am Hafermarkt. In naher Zukunft steht auch „Käte Lasten“ für Großeinkäufe auf der Rude zur Verfügung.
Ein weiteres Projekt des Klimaschutzmanagements nennt sich „Radeln zum Campus“. In diesem Vorhaben investieren die Hochschule Flensburg, die Europa-Universität Flensburg und die Stadt Flensburg in eine Verbesserung der Infrastruktur für radelnde Hochschulmitglieder. Federführend für den Fördermittelantrag für dieses Projekt im Umfang von 1,4 Mio. EUR war für die Stadt Flensburg Martin Beer zusammen mit dem Klimaschutzmanager der Flensburger Hochschulen. Projektleiter für die Umsetzung des Vorhabens auf städtischer Seite ist Till Fuder. Es wurden dezentral auf dem Campus etwa 200 Fahrradstellplätze zum Schutz vor der Witterung überdacht, Fahrradwege neu gestaltet oder instandgesetzt. Darüber hinaus soll an der Einmündung der Kanzleistraße in den Munketoft ein fahrradfreundlicher Kreisverkehr entstehen. Und falls Studierende und Azubis weitere Strecken zurücklegen möchten, bleibt ihnen ja noch das bereits genannte Carsharing. Hier zahlen sie nur die halbe Anmeldegebühr und im Campus-Tarif wird keine laufende Grundgebühr verlangt.
Klimaschutz fängt mit den Jüngsten an. Ein weiteres Vorzeigeprojekt des Klimaschutzteams ist das von Till Fuder und Simone Mohrhof-Arp initiierte Projekt „Klasse Klima“. Flensburger Schulen und Kitas werden hier dazu motiviert, die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Schul- oder Kitaalltag zu integrieren und sich mit den Kindern und Jugendlichen gezielt mit diesen zukunftsweisenden Themen zu beschäftigen.
Projektaktivitäten der Bildungseinrichtungen sind vielfältig: Über die Teilnahme vieler Schüler am Stadtwerke-Lauf unter dem Motto „Laufen für den Klimaschutz!“ mit Spendensammlung für den Klimapakt Flensburg, Aktionstage zum Thema Klimaschutz oder ein Mülltrennungssystem, das in den Klassen eingeführt bis hin zur CO2-schonenden Ernährung während der Pausen. Henning Brüggemann (Bürgermeister und Klimapakt-Vorsitzender) zeigte sich beeindruckt: „Es ist großartig, mit wieviel Engagement die Schüler und ihre Lehrer so ein breites Spektrum an Klimaschutz-Aktivitäten durchführen.“
Eine besonders spannende Aktion fand unter dem Motto „Wir kommen ohne Auto zur Schule“ statt, bei der die Kinder fünf Wochen lang auf das Elterntaxi verzichteten. Zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Tretroller oder per Bus ging es zur Schule, um insgesamt 20.000 autofrei zurückgelegte Schulwege zu sammeln. Das hatte Bürgermeister Henning Brüggemann nicht gedacht und musste seinen Wetteinsatz einlösen:
Zwei der teilgenommenen Schulklassen durften dem Bürgermeister einen Besuch im Rathaus abstatten, bei dem er den Kindern etwas über die Klimaschutzarbeit der Stadt Flensburg erzählte.
Wie soll es weitergehen?
Eines bleibt festzuhalten: Es tut sich etwas in Flensburg in Sachen „Klimaschutz“, und selbst wenn es noch die Anfänge sind, in denen man sich bewegt – wir werden alle zusammen einen langen Atem benötigen, viel Geduld, aber auch Hartnäckigkeit, um unsere noch einigermaßen intakte Umwelt für nachfolgende Generationen bewahren und erhalten zu können. Den vier hauptamtlichen Klimaschützern der Stadt Flensburg sollten wir alle nur erdenkliche Unterstützung gewähren, und ihnen gleichzeitig zurufen: Macht weiter auf eurem eingeschlagenen Weg, die bereits erzielten Erfolge sind zwar noch zarte Pflänzchen, doch euer Engagement sorgt dafür, dass wir diese hier in Flensburg auch in der Zukunft hegen und pflegen werden. Das Flensburg Journal wird eure Bemühungen weiter interessiert verfolgen und in jeder Hinsicht unterstützen!
Text: Peter Feuerschütz
Fotos: Benjamin Nolte, Stadt Flensburg und Klimapakt Flensburg e.V.

- WERBUNG -