Andreas Ingwersen. Schon der Name klingt norddeutsch. Der große und schlanke sowie sportlich wirkende Herr, der mir an einem schönen Spätsommertag die Tür zu seinem Zuhause öffnet, wirkt übrigens genauso authentisch und nordisch. Das Flensburg Journal ist an diesem Tag zu Gast bei dem kürzlich in den Ruhestand gewechselten und stadtbekannten Friseurmeister Andreas Ingwersen, für den das „Friseur sein“ stets mehr war und ist als „nur“ ein Beruf – eher schon eine Berufung.

Ein Lieblingsort

Im Norden geboren und aufgewachsen

Er ist ein Kind der Großstadt, zumindest was seinen Geburtsort angeht. „Ich bin in Hamburg geboren“, verrät uns unser Gesprächspartner, „an einem frühlingshaften Tag im Mai 1963.“

Doch schon bald zogen seine Eltern um: Vom großstädtischen Hamburg in eine nordfriesische Kleinstadt, ins beschauliche Leck. „Dort in einem ländlichen Umfeld habe ich eine schöne Kindheit und Jugendzeit erlebt, bin zur Schule gegangen und habe meinen Hauptschulabschluss gemacht“, blickt er gern auf seinen ersten Lebensabschnitt zurück. Nach der Schulzeit kam die Berufsausbildung: Der junge Andreas wechselte in eine Lehrstelle am Ort, erlernte in einem ortsansässigen Geschäft den Beruf des Einzelhandelskaufmanns. Er arrangierte sich zwar mit diesem Ausbildungszweig, den seine Eltern für ihn ausgewählt hatten, doch hatte er, soweit er zurückdenken kann, eigentlich schon immer einen anderen und ganz konkreten Berufswunsch: Andreas wollte schon immer Friseur sein und werden! 

Der Wechsel nach Flensburg

Mit einer bereits abgeschlossenen Berufsausbildung auf der Habenseite wagte Andreas den Wechsel in die nahegelegene Großstadt nach Flensburg: Er begann eine Ausbildung zum Friseur bei einem bekannten hiesigen Friseursalon: Beim Salon Lager­pusch direkt am Südermarkt lernte er das Friseurhandwerk von der Pike auf, in einer zweijährigen Umschulung ab dem Jahr 1981. Sein schon immer gehegter Berufswunsch ging somit in Erfüllung, und „das Haareschneiden war für ihn die ersehnte Erfüllung“, wie er uns mit leuchtenden Augen verrät. „Damit einhergehend und verbunden war der Umzug aus dem Elternhaus in Leck ins große Flensburg. Meine erste eigene Wohnung bezog ich in der Nähe der Ausbildungsstätte, ich wohnte nun in der unteren Bismarckstraße, unweit vom Hafermarkt gelegen, in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung mit Sitzbadewanne – eine überschaubare und passende neue Heimat, die ich mir von meinem damaligen Friseurgesellengehalt gerade so leisten konnte“, denkt er an seine Anfänge in Flensburg zurück.

Nach der Ausbildung zum Friseur wechselte Andreas innerhalb von Flensburg zu einem anderen Arbeitgeber: Er war fortan für den Salon „Die Locke“ im Einsatz, wechselte vom Südermarkt in die Große Straße – die Hausnummer 8 blieb allerdings die gleiche. „Damals war noch Peter Woye das „Gesicht“ der Locke“, erinnert sich unser Protagonist.

Vom Lehrling zum Friseurmeister

Ziemlich früh entschied sich Andreas, den nächsten beruflichen Schritt zu machen und die Ausbildung zum Friseurmeister in Angriff zu nehmen. Er meldete sich dafür bei der Friseurmeisterschule in Oldenburg/Niedersachsen an. Diese Institution heißt offiziell „Fachlehranstalt Oldenburg – für Friseure und Kosmetiker e. V.“, ist bundesweit bekannt. Seit der Gründung 1946 haben dort einige tausend Schüler die Meisterprüfung im Friseurhandwerk abgelegt. „Ein halbes Jahr Vollzeit habe ich in Oldenburg alles Erforderliche gelernt, bin dann als 23jähriger junger Mann als frisch-gebackener Friseurmeister nach Flensburg zurückgekehrt – mit dem erklärten Ziel, mich hier eines Tages als Friseur selbständig zu machen und einen eigenen Salon zu betreiben.“ 

„Vater Staat“ ruft

Den Ambitionen des jungen und frischgebackenen Friseurmeisters setzte allerdings die Bundeswehr ein Stoppzeichen vor: Andreas Ingwersen wurde als Wehrpflichtiger von der Bundeswehr einberufen.

„Ich wurde als „Flieger“ zur Teilstreitkraft Luftwaffe eingezogen, absolvierte die Grundausbildung in Rahlstedt nahe meiner Geburtsstadt Hamburg. Zu meinem großen Glück wurde ich im Anschluss als Gefreiter nach Stadum nahe Leck versetzt, zum damaligen AG (Aufklärungsgeschwader) 52. Auf Antrag wurde ich dort bald ein sogenannter „Heimschläfer“, konnte fortan bei meinen Eltern in Leck in meinem einstigen Kinderzimmer wohnen. So ging die Zeit der Wehrpflicht recht entspannt für mich vorbei, ich wurde sogar auf Antrag vorzeitig entlassen, hatte damit meine Staatsbürgerpflichten erledigt.“

Der Schritt in die Selbstständigkeit

Nach Flensburg zurückgekehrt, arbeitete Andreas wieder im erlernten Beruf, war bereits auf der Suche nach einem geeigneten Friseursalon, den er eines Tages in Eigenregie übernehmen und führen könnte. Mittlerweile war er privat innerhalb Flensburgs umgezogen.

Er wohnte jetzt im Johannisviertel, in der Karlstraße Nummer 6, direkt über dem damaligen Eichamt Flensburg gelegen. Weiterhin als Geselle bei der „Locke“ in der Großen Straße tätig, bekam der angehende Selbstständige natürlich geplante Veränderungen im nahe gelegenen Umfeld des Geschäfts mit. So blieb es ihm nicht verborgen, dass einige Häuser weiter auf der gleichen Straßenseite in Richtung Nordermarkt etwas in Planung war.

Schönes Flensburg

Der eigene Friseursalon

Andreas Ingwersen erinnert sich: „Das ehemalige Café Preußer – jahrzehntelang eine Flensburger Institution – wurde damals in ein Friseurgeschäft umgebaut.“ Auf dem Hinterhof ist übrigens Kay Preußer, Sohn des einstigen Café-Betreibers und mittlerweile Eigentümer und Vermieter des Hauses, noch mit einer kleinen Backstube aktiv, in den Wintermonaten bis zum Osterfest hin! Die Anfänge sind unserem Gesprächspartner nach wie vor präsent – als ob es erst gestern gewesen wäre: „Am 09.09.1990 starteten wir zu dritt in den oberen Räumen des ehemaligen Café Preußer in der Großen Straße 18. Nach und nach wuchs der Salon und wurde größer, die Ausstattung wurde verfeinert, es kamen immer mehr Kunden, und die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich stetig“, erzählt Andreas Ingwersen von den Anfängen. Er war rückblickend ein über mehr als 30 Jahre hinweg gefragter Hairstylist – Kompetenz, Professionalität und schöpferische Ideenentwicklung waren und sind sein Erfolgsgeheimnis, die Erfüllung individueller Frisurenwünsche sowie die Exklusivität waren und sind das Markenzeichen des Salons „Friseur Fasson“ in Flensburg – so hieß nämlich der Ingwersen-Friseursalon über die langen Jahre durchgehend. „Wir boten unseren Kunden nicht nur ein harmonisches Ambiente, einen guten Service und höchst professionelle Friseurdienstleistungen, sondern auch ein exzellentes Preis-Leistungsverhältnis. Dabei legten wir größten Wert auf eine gute, individuelle, typgerechte Beratung.“ Wie war seinerzeit die Situation in der Großen Straße?

Andreas Ingwersen erinnert sich gern an jene Jahre: „Der Zusammenhalt aller Gewerbetreibenden und Kaufleute in der Großen Straße war vorbildlich. Wir kamen bestens miteinander aus, pflegten eine gute Nachbarschaft, überhaupt half man sich gegenseitig in Notsituationen.“

Die Liebe zu Flensburg entwickelt sich

Eigentlich schon mit dem Zuzug in die Fördestadt hatte diese es ihm angetan. „Anfangs war es erst nur die Gegend, in der ich mich beruflich und privat aufhielt – also hauptsächlich die Innenstadt zwischen Hafermarkt, Südermarkt, sowie die Hafenspitze, an der ich meine ersten freien Abende und Wochenenden verbrachte, überhaupt die auch heute noch atemberaubende Schönheit unserer Stadt.“ Mit der Zeit erweiterte er seinen Horizont, ging auf Entdeckungstour in die weitere Umgebung, zog größere Kreise bei seinen Erkundigungen.

Einige Jahre später zog Andreas Ingwersen erneut innerhalb der Stadt um, diesmal führte es ihn in die Wrangelstraße. „Auch dort oben auf der Westlichen Höhe habe ich mich auf Anhieb wohlgefühlt, bin stets zu Fuß zur Arbeit in die Große Straße runterspaziert, genoss unterwegs die frische Luft und die zahlreichen interessanten Sehenswürdigkeiten auf diesen Routen.“ Besonders faszinierte ihn der Alte Friedhof. „Das war für mich vom ersten Tag an ein guter Ort zum Innehalten, ich entdeckte zu meiner eigenen Verwunderung immer wieder neue Kleinode, die ich vorher gar nicht wahrgenommen hatte. Ich habe oft und gern auf einer der vielen Bänke gesessen, die Ruhe und die Stimmung ebendort auf mich einwirken lassen.“ 

Andreas findet sein endgültiges Zuhause

Längst war er ein anerkannter und viel beschäftigter selbstständiger Friseurmeister, war in der sogenannten „Mitte des Lebens“ angekommen. Er suchte in jener Zeit nach einer Bleibe, in der gern den Rest seines privaten Lebens verbringen würde. Diese Gelegenheit bot sich ihm im Jahr 2008, und er griff beherzt zu: Andreas bezog ein neu erbautes und modernes Reihenhaus in Mürwik nahe des Flensburger Stadions, ist seitdem in der Arndtstraße zu Hause, und „rundum glücklich und zufrieden mit meiner häuslichen Situation“, wie er gern bekennt. „Das Haus ist längst zu meinem Lebensmittelpunkt geworden, die Lage ist genauso, wie ich es mir immer gewünscht habe: Nette Nachbarn, ein ruhiges Umfeld, dennoch stadtnah gelegen, fußläufig in der Nähe eines Einkaufszentrums, der Volkspark in wenigen Schritten erreichbar, in die Innenstadt ist es auch nicht weit – schon gar nicht mit dem Fahrrad, meinem mittlerweile bevorzugten Fortbewegungsmittel.“ 

Vorm Zuhause

Der Schritt in den Ruhestand

Als gerade einmal 60jähriger Mensch ist man in der heutigen Zeit nicht automatisch schon pensionsreif. Das bestätigt uns auch gern unser Gesprächspartner, doch er ergänzt zu dem Thema: „Die Arbeit als Friseurmeister hat mich stets ausgefüllt, gefordert und mir Erfüllung bereitet, bei der Kundschaft habe ich Jung und Alt gleichermaßen geschätzt, doch mit zunehmendem Alter habe ich für mich selbst gespürt, dass Arbeit allein nicht alles gewesen sein sollte, wenn man sich mal die Muße nimmt, für sich selbst eine Lebensbilanz zu ziehen. Vor einigen Jahren hat mir zudem mein Körper schon mal signalisiert, dass ich doch mit meinen Kräften haushalten sollte. Nun, was soll ich sagen: Ich habe auf diese Signale gehört, für mich persönlich entschieden, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen“, so Andreas Ingwersen. Und er fährt zu dem Thema fort: „Es ergab sich die Gelegenheit, meinen Friseursalon zu verkaufen und in kompetente fachmännische Hände zu übergeben. Die Rahmenbedingungen passten für mich, das mir liebgewonnene und von mir stets geschätzte Personal konnte seinen Arbeitsplatz behalten und auf Wunsch übernommen werden. Jetzt betreibt seit dem 1. Januar 2023 offiziell Ryf Friseure den Salon „Fasson Flensburg“, hat natürlich das eine oder andere im Laden geändert und umgestaltet – wie es halt nach einer Geschäftsübergabe durchaus üblich ist. Im Vorjahr 2022 haben wir alles Formelle eingetütet, nun ist die Übergabe vollzogen, alles ist zu meiner Zufriedenheit geregelt.“

Mittlerweile ist Andreas Ingwersen auch im sogenannten „Ruhestand“ angekommen.

Vor dem Flensburger Wahrzeichen

Der Ruhestand

„Heute weiß ich diesen Ruhestand sehr zu schätzen. Er eröffnet einem nämlich Möglichkeiten, von denen man früher nicht zu träumen wagte. Als selbstständiger Friseurmeister war ja für mich nicht automatisch mit dem Ladenschluss gleichzeitig Feierabend – nein, dann wartete noch jede Menge „Papierkram“ und Bürokratie auf mich. Im Laufe der Jahre wurde diese zusätzliche Arbeit im Übrigen nicht weniger oder gar zur Routine, eher das Gegenteil war der Fall.“ Er hat für sich beim Eintritt in den Ruhestand beschlossen, das komplette Kalenderjahr 2023 als seine persönliche Auszeit zu betrachten. Nach diesem Jahr will er für sich entscheiden, ob und wo er möglicherweise in seinem neuen Lebensabschnitt nachbessern könnte und möchte. „Ich will die für mich ungeheure Menge an gewonnener freier Zeit jetzt nutzen, um zahlreiche früher aufgeschobene Dinge nachzuholen. Angefangen mit der aktuellen Möglichkeit, jederzeit meine mittlerweile 88jährige Mutter zu treffen und mit ihr gemeinsame Unternehmungen zu starten. Daneben habe ich mich schon mit vielen Freunden getroffen, mit ihnen gemeinsame freie Tage und Stunden verbracht und diese bewusst genossen.“

Hobby Fotografie

Bereits vor Jahren hat Andreas das Fotografieren für sich entdeckt, diese Form der Freizeitgestaltung längst zu einem ausfüllenden Hobby entwickelt. „Inzwischen bin ich aus meiner Sicht technisch gut gerüstet fürs Fotografieren. Motive gibt es in Hülle und Fülle, insbesondere meine vielen Lieblingsorte haben es mir angetan. Es gibt unzählige tolle Flecken und Ecken hier oben im Norden – ob nun in Flensburg, Glücksburg, oder auch an der Nordsee, hier insbesondere auf der Insel Sylt, die ich schon als Junge liebgewonnen hatte auf zahlreichen Ausflügen mit meinen Eltern. Auch eigentlich die gesamte Ostseeküste bis weit über die deutsche/polnische Grenzregion bei Usedom und Wollin habe ich bereist und auf vielen Bildern und Fotos festgehalten.“

Überhaupt sein Hobby Fotografie – auf dem Gebiet hat er sich inzwischen zu einem Künstler gemausert, der einen geschulten Blick für lohnenswerte Motive entwickelt hat und tolle Fotos geschossen hat – seine zahlreichen Alben zuhause zeugen davon. Neben der Fotografie ist er ein Mensch, der gern in der freien Natur und draußen auf Achse ist. Er ist gern draußen unterwegs, betätigt sich ebenso gern sportlich, vorzugsweise auf dem Fahrrad.

„Ich bin inzwischen stolzer Besitzer eines E-Bikes geworden, weiß diese bequeme Art der Fortbewegung sehr zu schätzen, insbesondere auf längeren Radtouren in der Region. Dabei fahre ich auch gern mal ins Landesinnere Schleswig-Holsteins, denn auch dort gibt es schöne Flecken Erde zu entdecken, etwa den Winderatter See, der in ein phantastisches Naturschutzgebiet eingebettet ist.“

Flensburgs schönste Ecken und Plätze

Beim Thema „Flensburg“ gerät Andreas Ingwersen ins Schwärmen. „Wenn mich meine Freunde und Bekannten besuchen, kommen wir um bestimmte Orte und Plätze nicht herum: die unlängst fertiggestellten neuen „Wasserspiele“ am Museumsberg, natürlich die Hafenspitze sowohl auf dem Ost- als auch dem Westufer, der Museumshafen und die alten Schiffe, die Einkaufsmeile mit dem Holm und der Großen Straße, einschließlich der Roten Straße, mit den vielen attraktiven Hinterhöfen. Ausgangs- und Startpunkt jeder Exkursion ist eigentlich immer der für mich jetzt in der Nachbarschaft gelegene Wasserturm mit seiner tollen Aussichtsplattform, daneben unbedingt auch die „Norder“. Die Norderstraße, die sich ja inzwischen zu einer regelrechten „Szenestraße“ gemausert hat.“

Die Zukunft

Ganz bewusst lässt unser Protagonist offen, wie sich zukünftig sein Leben gestalten wird. „Ich werde erst nach Ablauf des Jahres am Ende meiner Auszeit entscheiden, wie ich die kommenden Jahre verbringen und gestalten werde. Vielleicht werde ich sogar noch einmal stundenweise in meinem alten Beruf tätig – schauen wir mal“, lächelt ein entspannter Andreas Ingwersen. Eines können wir aber dennoch mit ziemlicher Sicherheit vermuten: Er wird auch künftig regelmäßig mit dem E-Bike in der Region und der Stadt unterwegs sein, dabei schöne und sehenswerte Motive fotografisch festhalten.

Das Flensburg Journal wünscht ihm einen ausgefüllten und glücklichen Ruhestand, natürlich die dafür nötige Gesundheit, sowie weiterhin viel Freude am Leben und selbstredend auch eine gute Zeit in seinem heimatlichen Umfeld in Deutschlands landschaftlich schönster Region, dem hohen Norden in und um Flensburg herum!

Niehuuser See
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