Eine Kundin möchte einen Hustenstiller und Vitamin-Tabletten, der hinter ihr stehende Mann braucht ein Medikament und hat ein E-Rezept auf seinem Handy – es ist ein gewöhnlicher Vormittag in der Friedheim-Apotheke. Diese gehört seit rund sechs Dekaden zu den Eckpfeilern am Twedter Plack. Und am 1. März 2006, vor nunmehr 19 Jahren, öffnete sie erstmals unter der Regie der heutigen Besitzerin. Für Friederike Friedrich-Harder war es damals der Schritt in die Selbstständigkeit. Und es war der Beginn ihres Flensburg-Kapitels, das inzwischen länger währt als jedes andere in ihrer Biografie.

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter

Geboren wurde sie 1977 als Friederike Friedrich im südholsteinischen Kreis Stormarn. In Reinbek, vor den Toren Hamburgs, wurde sie eingeschult, aber schon während der ersten Klasse erfolgte ein Umzug. Wegen des Berufs des Vaters, der als Marketing-Experte diverse Messe-Präsentationen entwickelte. „Worte sind seine Leidenschaft, und jedes Jahr schreibt er für unsere Apotheke ein Geburtstagsgedicht“, verrät die Tochter. Als Erstklässlerin hatte sie allerdings eine dramatisch klingende Veränderung zu verdauen: von Reinbek nach West-Berlin. Die Metropole war für ein Kind äußerst kon-
trastreich. „Der Stadtteil Hermsdorf war wie ein Dorf, wir spielten viel im Wald“, erzählt Friederike Friedrich-Harder. „Und es war nicht ungewöhnlich, dass eine Achtjährige allein mit der U-Bahn zum KDW oder zur Gedächtniskirche fuhr, um sich dort mit anderen Kindern zu treffen.“

Von West-Berlin nach Osterwald

In jener Zeit war Berlin eine geteilte Stadt, und die westlichen Bezirke waren von der DDR umzingelt und konnten mit dem Auto nur über die Transitstrecke verlassen werden. „Es war nicht so einfach, mal eben Oma und Opa zu besuchen“, erinnert sich Friederike Friedrich-Harder. „Manchmal mussten wir am Grenzübergang stundenlang warten. Und in der Schlange haben dann viele ihr Auto immer ein Stückchen nach vorne geschoben – man hatte ja Zeit.“ Wenn Besuch aus der Bundesrepublik vorbeischaute, ging es oft ins Zentrum. Der Blick auf das Brandenburger Tor war damals durch die Berliner Mauer beeinträchtigt. Es war ein ergreifender Moment, als diese Grenzbefestigung 1989 dem politischen Wandel zum Opfer fiel.

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
Abschlussball Studium

Da war Friederike Friedrich bereits mit dem nächsten „Kulturschock“ konfrontiert gewesen. Die Familie lebte inzwischen im Weserbergland, im nur 1600 Seelen zählenden Örtchen Osterwald. „Da fuhr nicht alle fünf Minuten ein Bus“, berichtet die heutige Flensburgerin über ihren Schulweg. „Ich musste vom Bahnhof ins 25 Kilometer entfernte Hameln und dann noch einmal 15 Minuten zu Fuß bis zum Gymnasium.“ Osterwald kannte viel Ehrenamt und war durch eine reiche Vereinsarbeit geprägt. An der Spitze ein Bergwerkmuseum und eine Freilichtbühne. Friederike Friedrich schloss sich einer Jugend-Gruppe an, die jährlich Theater-Aufführungen inszenierte. In einer Gewerbehalle wurden selbst die Kulissen gebastelt und bemalt. Dann wurden Stücke einstudiert. Der Teenager schlüpfte in Rollen wie die Wendy von „Peter Pan“ oder Dorothy aus „Der Zauberer von Oz“.

Biochemie oder Pharmazie?

Das Schauspiel war aber nie eine berufliche Option, vielmehr weckte ein Lehrer das Interesse an der Chemie. „Es war mein schlechtestes Fach im Abitur, aber es hat mich gepackt“, verrät Friederike Friedrich-Harder. Ein einwöchiges Praktikum in einem Labor, das die Urin- und Blutproben der Krankenhäuser analysierte, vergrößerte die Faszination für die Biochemie.

„Eine Mitarbeiterin“, erzählt die heutige Apothekerin, „konnte anhand von grünen, braunen oder roten Tupfern erkennen, welche Keime sich gebildet hatten und welche Therapie anzuwenden wäre.“ Die Entscheidung für das Studienfach Biochemie war spätestens dann gefallen, als der elf Jahre älterer Bruder, in ihrem Leben oft eine beratende Stimme, meinte: „Mache das, was dir am meisten Freude bringt!“

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
Hochzeit

Das Wintersemester 1996/97 brachte allerdings eine große Enttäuschung. Die Bewerbung an der Universität in Berlin wurde abgelehnt. Der Numerus Clausus von 1,1 erwies sich als zu hohe Hürde. Friederike Friedrich konnte vorerst nicht studieren. Stattdessen jobbte sie als Vollzeit-Kellnerin und auch am Band von Volkswagen in Wolfsburg.

Vom Verdienst konnte sie sich sogar ein erstes Auto leisten. Für das Sommersemester nahm die Abiturientin erneut eine Bewerbung für die Biochemie in Angriff. Jetzt hatte sie aber auch einen „Plan B“. Bei einem Besuch im Berufsinformationszentrum des Arbeitsamtes hatte sie den Computer gefüttert, und der spuckte schließlich einen Vorschlag aus: Pharmazie.

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
2006 mit Ehemann Kim

Die Studienplätze für dieses Fach wurden zentral vergeben, und recht bald gab es ein positives Ergebnis: Kiel. Friederike Friedrich wartete noch auf eine Antwort auf ihre Biochemie-Bewerbung, musste aber in Kiel innerhalb von nur einer Woche zusagen. Sie fuhr in die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt und schrieb sich ein, während die Mutter schnell ein Zimmer in einem Studentenwohnheim organisierte. Als Friederike Friedrich dort praktisch startklar für das erste Semester war, traf Post aus Berlin ein: Nun öffnete sich auch das Tor zum Biochemie-Studium. Aber es war zu spät. „Das sollte wohl so sein“, sagt sich Friederike Friedrich-Harder heute.

Ein verschultes Studium und eine folgenreiche Promotion

Damals stürzte sie sich in Kiel ins Pensum der Pharmazie. Es war ein sehr verschultes Studium, das sich oftmals von 8 bis 19 Uhr dehnte und abends eine Vorbereitung auf den nächsten Tag erforderte.

Die junge Studentin entdeckte gleich den roten Faden. „Immer wieder stellte ich fest, dass ich vieles vom Chemie-Unterricht meiner Schule kannte“, berichtet Friederike Friedrich-Harder.

„Um mich herum stöhnte vieles auf, arbeitete die Nächte durch oder begann angesichts des Stoffes zu heulen.“ Sie war auch fleißig, fand aber auch die Muße, sich von der Kieler Förde zu einem Segel-Kurs inspirieren zu lassen.

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
Segeln ist ein großes Hobby

2001 hatte sie das Staatsexamen in der Tasche. Es folgte das praktische Jahr, das sie je zur Hälfte in einer Kieler Apotheke und einem Londoner Universitäts-Labor absolvierte. In England gefiel es der angehenden Pharmazeutin besonders gut. Aber der Doktorvater rief: Eine Promotion über eine Migräne-Therapie war ausgemacht. „Im Zellmodell hat alles sehr gut funktioniert“, bilanziert Friederike Friedrich-Harder. „Erst später bei den Tierversuchen zeigten sie zu viele Nebenwirkungen – so ist es nun einmal in der Wissenschaft.“

Die Promotion brachte einige Tagungen mit sich, bei denen man auf Pharmazeuten aus dem gesamten Bundesgebiet traf. In Düsseldorf war auch Kim Harder, ein gebürtiger Schleswiger. Es funkte, und bald war alles anders. Er wechselte von der Pharmazie in die Medizin und zog zurück nach Schleswig-Holstein in die Nähe seiner Freundin – zunächst nach Lübeck, dann sogar nach Kiel. Für sie indes war klar, dass mit dem Doktor-Titel die Uni-Karriere enden würde. Es reizte die Selbstständigkeit mit einer eigenen Apotheke.

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
Weihnachtskonzert Weiche

Eine Apotheke in Flensburg

Im Sommer 2005 – sie schrieb noch die Promotion – wurde Friederike Friedrich bei einem Steuerbüro vorstellig, das viele Mandanten aus der Apotheken-Branche betreute. Vielleicht sucht ja jemand eine Nachfolge. Ihre Idealvorstellung lautete: in Schleswig-Holstein, in der Nähe zum Meer und keine zu kleine Stadt. Flensburg befand sich in der Verlosung – und das sogar mit zwei Optionen: Eine lag in der Innenstadt, die andere war die Friedheim-Apotheke. Die Interessentin schaute sich beide an, war nach der zweiten Besichtigung überzeugt: „Das ist meine Apotheke.“ An einem Abend nach Ladenschluss wurde sich Friederike Friedrich mit dem Vorbesitzer einig – stillschweigend. Aber die Gerüchte beunruhigten den Mitarbeiter-Stamm. Bald folgten ein Teamgespräch und eine Einladung zum Essen. Nach dem Motto: „Wir sind die Neuen!“

Am 1. März 2006 hatte die Friedheim-Apotheke offiziell eine neue Besitzerin. Die hieß noch Friederike Friedrich. „Ich hatte innerhalb eines Jahres drei Visitenkarten“, schmunzelt sie heute. „Zunächst kam der Doktor hinzu, dann haben wir geheiratet.“

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
Gekocht wird gerne

Ehemann Kim unterstützte in der Anfangsphase viel. Zum einen hatte er das Fachwissen der Pharmazie, zum anderen ließ das Studium der Medizin zunächst einen tageweisen Einsatz für die Apotheke zu. Das junge Paar lebte in der Brixstraße in Jürgensby – ganz in der Nähe der idyllischen Sankt-Jürgen-Treppe. Es drehte sich fast alles um den Beruf. „Wir haben viel gearbeitet und zu Hause weiter über die Arbeit gesprochen“, verrät Friederike Friedrich-Harder. Die Friedheim-Apotheke war und ist ihr „erstes Baby“.

Drei Kinder, ein Umbau und ein Umzug

Es folgten drei Kinder, zunächst Max (2010) und Moritz (2011) und schließlich Tochter Jette (2015). Zwischen den beiden Söhnen lagen 18 Monate, in denen die junge Mutter den Umbau ihrer Friedheim-Apotheke durchziehen wollte. Es entstanden die durchgängige Fenster-Fassade und – als Clou – ein Kommissionier-Automat. Dabei handelt es sich um einen fahrbaren Roboter, der mit einem Greifarm die benötigten Medikamente aus den Regalen zieht.

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
Weihnachtsparty mit Jette am Piano

Das Ganze ist dann doch nicht bis zur zweiten Geburt fertig geworden, sodass Friederike Friedrich-Harder mit einem „Maxi Cosi“ auf der Baustelle unterwegs war. Und als Selbstständige ließ sich natürlich auch keine Elternzeit einstreuen. Stattdessen wurde im ersten Stockwerk ein Kinderzimmer eingerichtet. Außerdem halfen die nahe Krippe und die Schwiegereltern. Auch jetzt noch kommt die Jüngste immer mittags von der Grundschule Friedheim zur Friedheim-Apotheke.

Die Familie wohnt inzwischen nur zwei Minuten entfernt – auf Glücksburger Territorium. „Seit der Corona-Pandemie essen wir mittags alle zusammen“, erzählt Friederike Friedrich-Harder.

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
Erkundungstour im Urlaub

„Mein Mann hat eine Hausarztpraxis in Sonwik und fährt immer mit dem Fahrrad, die Kinder kommen aus der Schule. Um 13.30 Uhr steht das Essen auf dem Tisch.“ Das Kochen hat sich zum Hobby entwickelt, das an den Wochenenden so richtig ausgelebt wird. „Ich probiere gerne etwas Neues aus“, lächelt die Mutter. „Meine Söhne wären auch mit Pommes und Schnitzel zufrieden.“

Kommunalpolitik und Segeln

Die 47-Jährige sitzt als bürgerliches Mitglied im Glücksburger Bildungs- und Sportausschuss. In der letzten Wahlperiode war sie sogar FDP-Stadträtin. Vor einigen Jahren war Friederike Friedrich-Harder als aktives Mitglied im Lions-Club Flensburg-Alexandra in das Entenrennen involviert, schraubte dann aber das Ehrenamt auf ein Minimum. „Angesichts des Fachkräftemangels bin ich beruflich zu sehr gefordert, da möchte ich die Zeit, die noch bleibt, voll für die Familie haben“, erklärt sie.

Sie haben ein Hobby gefunden, bei dem alle Fünf involviert sind: das Segeln. Friederike Friedrich-Harder hat seit ihren Kieler Zeiten einen Jollen-Schein.

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
xletix 2024

Bei einem Spaziergang am Flensburger Hafen sagte sie zu ihrem Mann: „Wir müssen uns irgendwie aufs Wasser kriegen.“ Kurz darauf lag ein Boot in Fahrensodde. In den Sommerferien geht es über die dänische Südsee hinaus bis Rügen oder Schweden, andere Wunschziele reifen besonders in einem schlechten Sommer. „Einmal saßen wir eine Woche lang bei zu starkem Wind und Regen in Warnemünde – und unter Deck lief die Heizung“, erzählt Friederike Friedrich-Harder. Sankt Petersburg wäre ein Traum, im Moment aber unrealistisch. Aber es gibt ja noch viele andere Ziele im Ostseegebiet.

Ein Logo mit drei Farben

Der Urlaub ist im Jahresverlauf die kostbare Ausnahme der Apothekerin, die zweimal expandierte. Vor rund einer Dekade machte ein Makler-Angebot mit bloßer Umsatzbeschreibung und großräumiger Ortsangabe „Flensburg“ neugierig. Dahinter steckte „Doc Morris“, eine Kette, die mit Franchise-System und Kampfpreisen die Branche in Aufruhr versetzt hatte. Friederike Friedrich-Harder zögerte zunächst, die Apotheke am Südermarkt zu übernehmen, rang sich dann aber doch dazu durch.

Später schluckte ein Online-Anbieter „Doc Morris“ und ließ den Franchise-Vertrag auslaufen. Seitdem hat Flensburg eine Nikolai-Apotheke. Erst im Januar 2024 gesellte sich die nur 150 Meter entfernte Sonnen-Apotheke dazu. Die Vorbesitzerin hatte angesichts der eher schwierigen Marktbedingungen aufgegeben.

Apothekerin Friederike Friedrich-Harder – Unternehmerin, Politikerin und Mutter
Die Familie vor der Friedheim-Apotheke

Wie am Südermarkt setzte die Inhaberin eine Filialleiterin ein, da sie selbst hauptsächlich in der Friedheim-Apotheke anzutreffen ist. Es gibt ein gemeinsames Logo mit drei Farben: blau, grün und gelb. Friederike Friedrich-Harder schmunzelt: „Nun haben wir nicht nur drei Kinder, drei Hühner und drei Meerschweinchen, ich habe auch drei Apotheken.“

Text Jan Kirschner
Fotos: Benjamin Nolte, Privat  

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