Bald ist es für viele junge Menschen soweit, mit der Schule ist es vorbei, der Schulabschluss ist geschafft. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt, und es stellt sich die Frage, ob nun noch ein Anspruch auf Unterhalt gegenüber den Eltern besteht. Grundsätzlich besteht ein Anspruch eines Kindes gegenüber seinen Eltern auf Zahlung von Unterhalt während der Erstausbildung, unabhängig davon, ob das Kind eine Berufsausbildung oder ein Studium beginnt. Dieses Recht korrespondiert mit der Verpflichtung, überhaupt eine Ausbildung in Angriff zu nehmen und zielstrebig zu Ende zu führen. Bei Verletzung dieser sogenannten Ausbildungsobliegenheit entfällt der Unterhaltsanspruch, zumindest vorübergehend.
Entscheidet sich ein Kind also beispielsweise nach der Schule erst einmal die Welt zu erkunden oder sich generell eine Auszeit zu nehmen, darf es nicht auf Unterhaltsleistungen seiner Eltern hoffen. In einer solchen Phase ist das Kind gehalten, seinen Lebensunterhalt selbst durch Arbeit zu verdienen oder, sofern vorhanden, auf eigenes Vermögen zurückzugreifen. Die Eltern dürfen ihre Unterhaltszahlungen einstellen und müssen auch keine gerichtlich angeordnete Unterhaltsverpflichtung befürchten. Vergehen möglicherweise sogar Jahre, bevor erstmalig eine Ausbildung oder ein Studium aufgenommen wird, kann dies sogar zu einem gänzlichen Entfall des Unterhaltsanspruches führen.
Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. So können etwa Entwicklungsverzögerungen oder Krankheit Grund für die verzögerte Aufnahme einer Ausbildung sein. Vermittelt das Kind dagegen den Eindruck, eine Ausbildung überhaupt nicht mehr zu beginnen und haben die Eltern mit Rücksicht darauf vielleicht finanzielle Dispositionen getroffen oder können sie keine steuerlichen Vorteile oder das Kindergeld mehr in Anspruch nehmen, können derartige Umstände einer unterhaltsrechtlichen Inanspruchnahme der Eltern entgegenstehen.
Die Beendigung der Schule führt nun allerdings nicht zum sofortigen Wegfall des Unterhaltsanspruches. Bis zum frühestmöglichen Termin einer Ausbildung oder eines Studiums vergehen Wochen oder auch einige Monate. Für diesen Zeitraum büßt das Kind seinen Unterhaltsanspruch nicht ein. Das gilt auch in Wartezeiten zwischen einem abgeschlossenen Bachelor- und Masterstudium und zwischen Studienabschluss und Referendariat. Befindet sich das Kind nach dem Schulabschluss erstmal in einem freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr, muss im Einzelfall betrachtet werden, ob ein Unterhaltsanspruch noch gegeben ist. Gleiches gilt für Praktika, die das Kind macht, um sich bessere Chancen in der angestrebten Ausbildung zu sichern.
Wenn sich Ausbildung oder Studium als Fehlgriff erweisen und deshalb aufgegeben werden, kann gleichwohl auch weiterhin ein Unterhaltsanspruch für die weitere Ausbildung bestehen. Ein Wechsel der Ausbildung beseitigt den Unterhaltsanspruch daher nicht, sofern dies den Eltern wirtschaftlich zumutbar ist. Je eher sich der Wechsel einer Ausbildung vollzieht, desto eher können die Eltern mit dem damit verbundenen finanziellen Mehraufwand belastet werden.
Ein Unterhaltsanspruch besteht in der Regel auch, wenn das Kind eine Ausbildung beginnt, um so Wartezeiten für ein von ihm angestrebtes Studium zu erlangen. Ebenso kann ein Anspruch auf Zweitausbildung bestehen, wenn das Kind zu einer nicht gewollten Ausbildung gedrängt wurde und sich diese für das Kind als ungeeignet erwiesen hat, wenn das gewünschte Studium finanziell verweigert wurde und deshalb eine praktische Ausbildung gewählt werden musste, bei Spätentwicklern, deren Begabung aus diesem Grunde erst verzögert zu Tage trat, im Falle der Feststellung, dass eine abgeschlossene Ausbildung die Fähigkeiten des Kindes nicht ausschöpft oder auch bei gesundheitlich erzwungenem Berufswechsel, etwa bei auftretenden Allergien während oder nach der Ausbildung.
Ein Studium ist innerhalb der Regelstudienzeit abzuschließen. Allerdings gelten auch insoweit Ausnahmen, etwa bei Krankheit, leichtem, zeitlich begrenztem Versagen, wie etwa im Falle einer nicht bestandenen Prüfung, bei Mängeln des Ausbildungssystems (z. B. überfüllte Lehrveranstaltungen oder Seminare) oder bei bestehender Notwendigkeit, einen Teil des Studiums durch Nebenjobs selbst finanzieren zu müssen.
Die Finanzierung eines Master-Studiengangs kann im Rahmen der Erstausbildung geschuldet sein. Auch hierbei kommt es bei der Bewertung auf den Einzelfall an.

Rechtsanwältin*
Fachanwältin für Familienrecht bei Dr. Kruse, Hansen & Sielaff Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
Amtsgericht Kiel PR 852 KI
Stuhrsallee 35, 24937 Flensburg
Tel.: 0461 – 52077-0
Fax: 0461 – 52077-77
E-Mail: j.jessen@khs-flensburg.de
*keine Partnerin i.S.d PartGG
Diesen Beitrag sowie alle früheren Beiträge können Sie unter www.khs-flensburg.de nachlesen.