Die Bergmühle ist eine der zwei letzten Windmühlen in Flensburg und die letzte die noch in Betrieb ist. Was wenige wissen: Flensburg war einst eine Stadt der Mühlen. 24 Wasser- und 30 Windmühlen gab es im Laufe der Zeit auf dem Stadtgebiet – also insgesamt mehr als 50(!) funktionierende Mühlen!

Die Geschichte der Bergmühle

Auf dem Höhepunkt des Mühlenwesens, so um das Jahr 1850 herum, drehten sich auf den Höhen über der Stadt zu beiden Seiten des Flensburger Hafens immerhin 19 Windmühlen gleichzeitig. Was muss das für ein herrlicher Anblick gewesen sein! Ein paar alte Stiche und einige Aufnahmen aus den Anfängen der Fotografie vermitteln davon heute leider nur noch einen recht unvollständigen Eindruck. Von all dieser Pracht ist nicht viel geblieben. Nur eine jetzt endlich wieder intakte Windmühle zeugt noch von der einstigen Bedeutung des Mühlenwesens für unsere Stadt: die „Bergmühle“!
Im Jahre 1792 wurde die Bergmühle als einstöckiger „Galerieholländer“ mit 4 Segelflügeln und Steert errichtet. Die Eindeckung bestand aus Schindeln. Diese musste bereits 1810 erneuert werden. Die Bergmühle diente ursprünglich ausschließlich zur Herstellung von Graupen. Doch schon recht bald erhielt die Bergmühle die Konzession zur Mehlherstellung. Als sie im Jahre 1835 an die Landesherrschaft fiel, also königlich wurde, hatte sie laut Inventarverzeichnis bereits die vollständige Einrichtung dafür.
Nach langer und wechselvoller Geschichte erzwangen 1956 schwere Stürme die Einstellung des Mühlenbetriebes. Die Mühle und der Getreide­speicher wurden an einen Getränkeverlag vermietet. Im Jahre 1792 erbaut und 1875 umgebaut und erweitert, wurde die Bergmühle schließlich im Jahre 1956 endgültig außer Betrieb genommen. Sie verfiel zusehends und erst durch einen Zeitungsbericht 1981 wurden die Flensburger auf den beklagenswerten Zustand der leerstehenden und ungenutzten Mühle aufmerksam.

Verein zur Erhaltung der Bergmühle

31 engagierte Bürger gründeten daraufhin den „Verein zur Erhaltung der Bergmühle e. V.“, zum 1. Vorsitzenden wurde Willy Bartelsen gewählt. Seitdem kümmern sich die Vereinsmitglieder um den Erhalt und die Restaurie­rung des Baudenkmals. Schon lange wurde akribisch die Erneuerung der Flügel und der Kappe geplant. Der Verein ist sehr rührig in seinem Bemühen, die Mühle zu erhalten und der Gesellschaft als Wahrzeichen der nördlichen Stadt zur Verfügung zu stehen, sei es als Räumlichkeit für gesellschaftliche Anlässe, Musik-Events, Familienfeiern, als Ort für die Durchführung von Tagungen oder Fortbildungen. Längst hat der Verein sich erfolgreich um eine neue und modere Außengestaltung der Mühle gekümmert: Der Mühlengarten wurde komplett neu gestaltet, ist jetzt unmittelbar unterhalb des Bauwerks ein echter Hingucker und ein toller Platz, um sich insbesondere in der wärmeren Jahreszeit hier aufzuhalten, zu grillen, Kaffee zu trinken, oder zu beobachten, wie die neu angesiedelten und aufgestellten Bienenvölker fleißig ihrem Daseinsgrund nachgehen.
Daneben hat es der rührige Vorstand des Vereins um den 1. Vorsitzenden Jürgen Beuse und seinen „Schatzmeister“ Norbert Schug in den letzten Jahren vermocht, seine Netzwerkarbeit mit den Gremien der Ratsversammlung erfolgreich voranzutreiben, darum zu werben, für die im Eigentum der Stadt Flensburg befindliche historische Mühle finanzielle Mittel bereitzustellen, die Politik davon zu überzeugen, dass jenes historisch wertvolle und beeindruckende Bauwerk – neben der Walzenmühle und der Kirche St. Petri eines der Wahrzeichen des Nordens unserer Stadt, erhaltenswert sei. Das ist ganz offensichtlich gut gelungen.
Die Corona-Zeit, die ja auch für den Verein eine schwere Zeit bedeutete, weil monatelang keine Veranstaltungen stattfinden konnten, wurde dennoch gut genutzt: Durch einen enormen Einsatz vieler ehrenamtlicher Helfer:innen wurden umfangreiche Pläne verwirklicht: So wurde die Küche neu eingebaut, das Straßenpflaster entfernt, ein barrierefreies WC gebaut, der Dachboden mit Dämmung ausgelegt, eine Außentür und -treppe installiert, Wände wurden gestrichen, der Mühlenladen gestaltet und der Mühlengarten endlich auf Vordermann gebracht – eine Herausforderung für alle Beteiligten, lag das Grundstück doch lange brach und war zusehends verwildert. Nicht zuletzt dank der wohlwollenden Unterstützung und unter großer Mithilfe der Firma Wohlert wurde der Garten zu einem Schmuckstück ausgebaut. Die hiesige Flensburger Brauerei unterstützt den Verein zudem bei der Aufstellung von Tischen und Stühlen, die leihweise zur Verfügung gestellt werden.

… und sie bewegt sich wieder

Vor gut zwei Wochen, Mitte Mai 2022 war es endlich soweit: Die Bergmühle erhielt wieder eine Kappe sowie dazugehörige Flügel, darf sich – nach langer Leidenszeit, wieder wie eine vollwertige und komplette Mühle fühlen!
Seit gut drei Jahren wird die historische Mühle im Norden der Stadt saniert, nun wurden als I-Tüpfelchen oder „Sahnehäubchen“ – im wahrsten Sinne des Wortes ihre Kopfbedeckung und ihre markanten und weithin sichtbaren Arme, die Flügel, von einem Kran mit Hilfe der Spezialisten der Firma Pätzmann (Metallarbeiten) aus Winsen/Luhe, sowie Fachleuten der Firma Lommatzsch (Holzarbeiten) aus Eggstedt (Dithmarschen) aufgesetzt und angebracht, nachdem rechtzeitig im Vorwege alle formellen und bürokratischen Hürden und Fallstricke genommen und die erforderlichen finanziellen Mittel bereitgestellt wurden. Der letzte Schritt entwickelte sich zu einer aufwändigen Aktion, die schon früh morgens vor den Augen zahlreicher Schaulustiger und Vereinsmitglieder begann: Der mächtige 120-Tonnen-Kran sowie ein Hubsteiger gingen in Position; doch bevor die neue Kappe mitsamt der bereits montierten Windrose installiert werden konnte, musste die provisorische Abdeckung erst noch entfernt werden. Gaaaanz vorsichtig wurde die neue rund 12 Tonnen schwere Kappe aufgesetzt, beide jeweils eine Tonne wiegenden Flügel platziert und montiert, nicht zu vergessen die Windrose, die im Betrieb für die Drehung von Kappe und Flügeln verantwortlich sein wird. Die zuvor erforderliche manuelle Bedienung mit dem Steert hat somit ausgedient.
Das war ein lange herbeigesehnter Augenblick nicht nur für Jürgen Beuse, den Vorsitzenden des Vereins zur Erhaltung der Bergmühle. Zahlreiche Fotoapparate wurden bemüht, Fernsehkameras in Stellung gebracht, als Zug um Zug die etwa zehn Meter langen Flügel hochgehievt und montiert wurden. „Ein wirklich historischer Moment für Flensburgs Mühlengeschichte“, weiß Jürgen Beuse, und schaut erleichtert nach oben.
Ursprünglich war diese Aktion bereits zum 40. Geburtstag des Vereins in 2021 vorgesehen. Die Jalousieflügel sind jetzt übrigens aus Metall; die hölzernen Vorgänger von 1992 waren durch mehrere Stürme arg in Mitleidenschaft gezogen worden.
Nun also steht die 1792 errichtete Windmühle wieder in ihrer ganzen Pracht. Und die Flügel werden sich nach Jahrzehnten des Stillstands wieder drehen. Immerhin 350.000 Euro hat die Stadt in ihren Etats dafür locker gemacht. „Die Verwaltungsspitze der Stadt war sehr kooperativ“, lobt Jürgen Beuse. Doch etwas teurer dürfte es wohl geworden sein. Stichworte wie steigende Holzpreise, Corona-Erkrankungen, und Lieferschwierigkeiten lassen dies vermuten. „Doch die letzte von ehemals 54 Wind- und Wassermühlen in Flensburg wird künftig wieder laufen“, ist Jürgen Beuse sehr zuversichtlich. Der mittlerweile 250 Mitglieder starke Verein wird in Zukunft weiterhin dafür Sorge tragen, dass das Innere zugänglich bleibt. Roggen, Dinkel und Weizen soll geschrotet und in Demeter-Qualität angeboten werden. Nur ein versierter Müller für den regelmäßigen Betrieb wird noch gesucht, am besten wäre ein Fachmann, der in der näheren Umgebung zuhause ist. Freiwillige vor!

Bergmühlenfest

Zur Wiederherstellung der Mühlenflügel wird rund um die Bergmühle Pfingstmontag ein Fest gefeiert werden. Das Stadtteilfest wird am 06.06. um 10 Uhr beginnen. Um 10.30 Uhr laden Vertretungspastorin Regina Waack und der Neustadtchor zur halbstündigen Andacht „Neu beflügelt“ im Mühlengarten ein.
Ab 12 Uhr wird die offizielle Einweihung mit Vertretern der Stadt stattfinden. Danach wird es ein buntes, geselliges Treiben geben, zu dem der „Verein zur Erhaltung der Bergmühle e. V.“ ebenfalls herzlich einlädt: Spiele, Bratwurst, Suppe, Kaffee, Kuchen, Tombola, Getränke, Bergmühlenbrot der Bäckerei Meggers, dazu Livemusik mit Groovy Pike und Pabameto.
Alle Interessierten, Nachbarn, Mühlenfreunde, Flensburger und Zugereiste, sind herzlich eingeladen!

Mit dem Vorstand des Vereins sprach Peter Feuerschütz
Fotos: Benjamin Nolte

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