Ein Final Four mit zwei Spielen an einem Wochenende ist hart, aber ein Feier-Marathon ist es auch. Das erlebten die Handballer der SG Flensburg-Handewitt nach ihrem Europapokal-Triumph. In der Nacht schliefen sie nur kurz, und am kommenden Abend ging es munter weiter. Der Mannschaftsbus fuhr in Flensburgs Innenstadt und spuckte die Helden am Südermarkt aus, der schon von Fans geflutet war. Geschäftsführer Holger Glandorf dankte allen für die Unterstützung und rief eine halbe Stunde Freibier aus. Es gab viele Gesangseinlagen. Torwart Kevin Möller und Linksaußen Emil Jakobsen waren für eine dänische Einlage zuständig, ehe Lukas Jörgensen die Party mit seinem Tor-Lied so richtig einheizte: „Humba Täterä“. Nach und nach zeigten sich alle mit dem Pokal – auch Nicolej Krickau. „Es sind so viele Emotionen, das ist alles andere als Alltag, wenn man eine so große Fan-Basis hat“, sagte der SG-Coach und kündigte an. „Das ist ein kleiner Pokal, wir wollen größere.“

So feierte die SG Flensburg-Handewitt den Europapokal

Tausende bejubeln die SG

Gut 2000 Menschen kamen auf dem Südermarkt zusammen, etwa 800 waren es, die am Tag zuvor zu später Stunde an der Campushalle ausgeharrt hatten. Wenige Minuten vor Mitternacht empfingen sie ihre Handball-Helden mit Gesängen, einem Spruchband („Nur gemeinsam“) und vielen Foto-Wünschen. Vor allem Kevin Möller stellte sich immer wieder mit Fans vor die Handy-Kameras. Der Torwart, der 2018 als deutscher Meister für drei Spielzeiten nach Barcelona gegangen und 2021 zurückgekehrt war, wirkte unglaublich erleichtert. „Diese Saison hatte Höhen und Tiefen“, sagte er. „Aber jetzt haben wir endlich einen Titel, und wir wollen den Abend nur noch genießen.“
Dieser Abend, der inzwischen zur Nacht geworden war, erlebte eine Party im eigentlich zu engen Foyer der Campushalle. Die Spieler posierten mit dem Mitbringsel aus Hamburg auf dem Treppenbalkon des Logen-Bereichs. In diesem fröhlichen Gewusel war keine Zeit für Bilanzen und Analysen. Die hatte man am Schauplatz des Erfolges in aller Kürze gezogen.

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Der Erfolg von Hamburg

Beeindruckend war es, wie die SG in den beiden Tagen von Hamburg dem Event ihren Stempel aufdrückte. 38 Treffer gegen Dinamo Bukarest, 36 Tore gegen Titelverteidiger Füchse Berlin – die Offensive war stets im Fluss und erreichte eine hohe Effizienz. Zumindest im Finale war die Defensive aber noch wichtiger und immer wieder Ausgangspunkt für empfindliche Gegenstöße. „Die Abwehr mit Johannes Golla und Lukas Jörgensen arbeitete fast perfekt“, lobte Emil Jakobsen, selbst der MVP des Turniers.
Er und seine Mitstreiter retteten mit dem Europapokal eine Saison, die sonst als eine titellose in die Annalen eingegangen wäre. Eine kleine Panne bei der Siegerehrung ließ tief blicken. Bereits bevor die Trophäe den Besitzer gewechselt hatte, köpften die Spieler eilig die Sektflaschen. Sie waren offenbar sehr durstig. Und hungrig nach sportlichem Erfolg. „Der erste Titel ist für eine neu zusammengestellte Mannschaft immer der wichtigste“, meinte Nicolej Krickau. „Ich bin mir sicher, weitere Titel werden folgen.“

So feierte die SG Flensburg-Handewitt den Europapokal

Abschied und Olympia

Vier Tage später erhielten die großen Ansprüche erste Kratzer, als das letzte Heimspiel der Saison verloren ging. Die 28:34-Niederlage gegen Gummersbach war aber bald nur noch eine Randnotiz. Spätestens dann, als das Licht ausging und ein Quartett letztmals in die „Hölle Nord“ schritt. Co-Trainer Mark Bult wird Chef-Trainer beim Zweitligisten HSG Nordhorn-Lingen, Teitur Einarsson wechselt nach Gummersbach, Boris Zivkovic erhielt ein Angebot aus Kuwait, und Physiotherapeutin Jana Ewert hörte nach 17 Jahren auf. Der scheidende Torwart-Trainer Michael Bruun wurde im Rahmen einer Übungseinheit verabschiedet. Sein Nachfolger wird ab Sommer Mats Olsson. Die schwedische Koryphäe coachte bei einem früheren Engagement bereits Kevin Möller.

So feierte die SG Flensburg-Handewitt den Europapokal

Das Saison-Finale bestritt die SG erfolgreich. Sie siegte mit 40:30 beim Bergischen HC und wurde Bundesliga-Dritter. Zwei Tage später kam die Mannschaft noch einmal zusammen. Der Grund: Es war Medien-Tag. Team-Foto, Einzelpor­träts und Video-Clips wurden aufgenommen – um rechtzeitig zur neuen Saison alles im Kasten zu haben. Denn der nächste Termin wäre wegen der Olympischen Spiele erst in der zweiten August-Hälfte möglich gewesen. Nicolej Krickau geht davon aus, dass zum ersten Training am 21. Juli in Glücksburg eine halbe Mannschaft fehlen wird: Neben DHB-Kapitän Johannes Golla, dem schwedischen Rückraumass Jim Gottfridsson und dem slowenischen Abwehr-Strategen Blaz Blagotinsek fünf bis sechs Dänen.

Text und Fotos: Jan Kirschner

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