Fast ein Viertel (23,1 %) der 43- bis 65-Jährigen in Deutschland hat im Jahr 2023 regelmäßig eine oder mehrere Personen aufgrund von Gesundheitsproblemen unterstützt oder gepflegt – das sind fast 5,5 Millionen Menschen. Diese Übernahme von Unterstützung und Pflege ist nicht nur für viele emotional belastend, sondern hat langfristig negative Auswirkungen auf die Erwerbtätigkeit und somit auch auf die Alterssicherung Angehöriger.

Umso wichtiger wäre es, wenn die verschiedenen politischen Maßnahmen zur Vereinbarkeit, wie beispielweise die Pflegezeit oder Familienpflegezeit, von den Betroffenen in Anspruch genommen würden. Die Analysen auf Basis des Deutschen Alterssurveys zeigen jedoch, dass dies nur auf knapp vier Prozent der Befragten zutrifft. Untersucht wurde daher weiter, was die Gründe für die Nichtinanspruchnahme sind: Mehr als jeder/jedem Fünften sind die Angebote nicht bekannt (21,8 Prozent), und 16,4 Prozent der Befragten geben an, keinen Anspruch zu haben, knapp jede/r Zehnte befürchtet den bürokratischen Aufwand (9,7 Prozent). Doch überraschend ist vor allem der sehr große Anteil der Befragten, die angeben, dass sie diese Angebote nicht benötigen (61,6 Prozent).

Aus diesen Ergebnissen lassen sich mögliche Maßnahmen ableiten, um mehr Menschen zu erreichen: Die existierenden Angebote müssen bekannter gemacht werden, der Kreis Anspruchsberechtigter sollte erweitert werden, und im Hinblick auf die finanziellen Nachteile sollte eine Abkehr vom zinslosen Darlehen im Rahmen der Pflegezeit, der Familienpflegezeit und der Begleitung in der letzten Lebensphase erfolgen und eine Entgeltersatzleistung eingeführt werden. Zudem könnten berufliche Nachteile reduziert werden, indem die Anspruchsdauern den Pflegerealitäten angepasst werden.

Zum meist genannten Grund für die Nichtinanspruchnahme erläutert Dr. Ulrike Ehrlich: „Bei den knapp 62 Prozent, die angeben, die Angebote nicht zu benötigen, stellt sich die Frage, ob tatsächlich keine Unterstützung gewünscht ist oder ob die Maßnahmen die tatsächlichen Bedürfnisse der Pflegenden zu wenig berücksichtigen. Zu vermuten ist, dass die zeitlichen Freiräume, die die Gesetze bieten, durchaus erforderlich sind, um Pflege mit Erwerbstätigkeit vereinbaren zu können. Doch möglicherweise nehmen pflegende Angehörige Arbeitszeitanpassungen nicht im Rahmen des Pflegezeitgesetzes oder des Familienpflegezeitgesetzes vor, sondern z. B. durch innerbetriebliche Aushandlungen. Als nicht nötig werden die Maßnahmen dann vielleicht deshalb eingeschätzt, weil die finanziellen Vorteile gegenüber anderen Regelungen gering sind, denn das Darlehen im Rahmen dieser Gesetze gleicht den Verdienstausfall nur zur Hälfte aus und muss nach der Freistellung zurückgezahlt werden.“

Die detaillierten Ergebnisse sind nachzulesen in: Ehrlich, U., Bünning, M., & Kelle, N. (2024). Doppelbelastung ohne Entlastung? Herausforderungen und gesetzliche Maßnahmen für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf in einer alternden Gesellschaft [DZA Aktuell 03/2024]. Berlin: Deutsches Zentrum für Altersfragen. https://doi.org/10.60922/a3f4-7758.

Pressemitteilung Deutsches Zentrum für Altersfragen
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