Manchmal steckt in Zahlen eine Magie – zumindest scheinbar. So schlägt bei Fans der SG Flensburg-Handewitt der Puls immer dann besonders hoch, wenn sie an eine Saison zurückdenken, die mit der Ziffer „4“ endet. Auch 2024 gab es schon viele spannende Handball-Momente, wenngleich noch offen ist, ob sie in der Rückschau irgendwann magisch sein werden. Mit der Meisterschale wurde es nichts, mit dem DHB-Pokal auch nicht. Bei Redaktionsschluss war unklar, wie die Endrunde um die European League für die SG laufen würde. Auf die früheren „Vierer-Ereignisse“ wirft das „Flensburg-Journal“ einen Blick zurück mit einem Protagonisten der Handball-Geschichte – mit SG-Präsident Dierk Schmäschke.

SG Flensburg-Handewitt: Die magischen Jahre mit der Vier
Holger Glandorf: Triumph in der Champions League 2014

2014

Am 1. Juni 2014 erreichte die SG den Gipfel des europäischen Vereinshandballs, sie gewann zum ersten und bislang einzigen Mal die Champions League. Ein kleiner Augenblick wurde zur größten Sternstunde, während das Spiel keine 60 Minuten dauerte. Die Auswechselspieler stürmten bereits nach 59:58 Minuten das Parkett, um mit den anderen den vielleicht größten Moment der Karriere zu feiern. „Da bin ich vor Freude durch die ganze Halle gerannt“, erinnert sich Dierk Schmäschke, der damals als Geschäftsführer fungierte. „Champions League-Sieger wird man nicht alle Tage, das ist der größte Titel der Vereinsgeschichte.“ Das Endspiel gegen den THW Kiel endete mit 30:28. Besonders spektakulär war das Halbfinale am Tag zuvor. Holger Glandorf, heute SG-Geschäftsführer, rettete mit einem Tor in letzter Sekunde gegen den FC Barcelona die Verlängerung. Danach folgte ein episches Siebenmeterwerfen. Der letzte Schütze ins große Glück hieß Hampus Wanne. Der Schwede spielt heute für Barcelona.

SG Flensburg-Handewitt: Die magischen Jahre mit der Vier
Lars Christiansen und Trainer Kent-Harry Andersson: mit der Meisterschale in der Kabine

2004

Nach zuvor fünf Vize-Plätzen zwischen 1996 und 2003 landete endlich die Meisterschale im hohen Norden. Ein Erfolg mit bahnbrechender Wirkung. Lars Christiansen, Jan Holpert, Lars Krogh Jeppesen, Sören Stryger, Johnny Jensen, Marcin Lijewski oder Christian Berge hießen damals die Handball-Helden. Am 16. Mai 2004 verwandelte die SG gegen die HSG Nordhorn ihren „Matchball“. Das Ergebnis: 41:32. Dierk Schmäschke, der damals für den HSV Hamburg tätig war und im Sommer zuvor bei der SG vorerst ausgeschieden war, war in der Halle. „Und auch in der Kabine“, schmunzelt der 66-Jährige. „Ich kannte ja alle, ich hatte die Mannschaft mit aufgebaut.“ Er war auch dabei gewesen, als sich die Führungsriege der SG im Herbst 2002 zwischen zwei Trainern entscheiden musste. Kent-Harry Andersson erhielt den Vorzug vor Martin Schwalb. Der Schwede wurde zum Meistermacher.

SG Flensburg-Handewitt: Die magischen Jahre mit der Vier
Die Mannschaft der SG Flensburg-Handewitt in der Saison 1993/94

1994

Noch 1993 hatte die SG den Bundesliga-Abstieg nur mit Glück vermieden. Sportlich fehlte ein Zähler, erst der Rückzug des TSV Milbertshofen hielt die Nordlichter in der Erstklassigkeit. Zugleich kehrte der gebürtige Flensburger Jan Holpert aus München zurück. Der Torwart wurde zur wichtigen Stütze, sein neues Team kletterte binnen zwölf Monaten um zwölf Plätze nach oben. Hamburg feierte seine Premiere als Endrunden-Spielort, 
und die SG schaffte es bis ins Finale, wo sich die längst vergessene SG Wallau-Massenheim behauptete. Dierk Schmäschke hatte seine Spieler-Laufbahn gerade beendet, war damals junger Funktionär und erinnert an seinen erfahrenen Manager-Kollegen Manfred Werner. „Manni hatte als Mitglied im HBL-Vorstand großen Anteil daran, dass dieses Turnier nach Hamburg kam“, erzählt Dierk Schmäschke. Er selbst gab den Fans ein Versprechen: „Wir holen den Europapokal.“ 1997 war es wirklich so weit.

SG Flensburg-Handewitt: Die magischen Jahre mit der Vier
1984: Mit dem Auto-Corso nach Handewitt

1984

Der 19. Mai 1984 ist bei Handball-Chronisten ein legendäres Datum. Es war der Tag, als die SG Weiche-Handewitt erstmals in die Bundesliga aufstieg. Dierk Schmäschke war damals einer der schnellsten Linksaußen im deutschen Handball und liebte es, die Zuschauer im Handewitter Sportzentrum mit Hebern zu begeistern. Vor 40 Jahren buchte der Dorfverein einen Flieger. Die „Mannschaft der Namenlosen“ traf an Bord auf Rock-Barde Udo Lindenberg und lief am Abend im hessischen Griesheim zur Höchstform auf. Das 30:26 war damals ein ungewöhnlicher Torrausch. Danach wurden zwei Nächte zum Tag gemacht. „Vom Sportheim in Weiche fuhren wir im offenen Cabrio nach Handewitt“, erzählt Dierk Schmäschke. „Lange Zeit sahen wir nur weidende Kühe, aber dann in Handewitt grüßten uns die Menschen.“ Und Günter Ahlers, der Vorsitzende des Handewitter SV, verstand es, ein Schützenfest blitzschnell in eine rauschende Handball-Feier zu verwandeln.

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Geballte Freude des Geschäftsführers Dierk Schmäschke

1974

Der DHB hatte sich damals etwas Neues einfallen lassen. Die Handball-Abteilungen zweier Vereine durften Spielgemeinschaften bilden, um mit gemeinsamen Teams am Spielbetrieb teilzunehmen. Zu den ersten, die diese Möglichkeit nutzten, gehörten der Oberligist ETSV Weiche und der Bezirksligist Handewitter SV. Zum 1. Juli 1974 schlüpfte die SG Weiche-Handewitt aus dem Ei. „Die Gründer haben mit Weitsicht erkannt, dass nur gemeinsam hier oben ein großer Handball entstehen kann“, sagt Dierk Schmäschke. Er war damals ein junger Nordfriese mit einem Handball-Talent.

Text und Fotos: Jan Kirschner

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