Wenn Testamente missverständlich, mehrdeutig oder juristisch falsch formuliert sind, kommt es immer wieder zu Streitigkeiten, die oft langjährige und kostenträchtige Gerichtsverfahren nach sich ziehen, sei es in Erbscheinsverfahren oder auch in Verfahren, in denen es um die Verteilung des Erbes geht. Oft führt dies dazu, dass danach die Familie dauerhaft zerstritten ist und bleibt.

Einer der typischen Fehler, der in handschriftlichen Testamenten immer wieder enthalten ist, ist die fehlerhafte Formulierung bei Erbeinsetzungen durch „gegenständliche Erbeinsetzungen“.

Richtigerweise sollte jedes Testament mit der Erklärung beginnen, wer Erbe sein soll und zwar entweder als Alleinerbe oder mehrere Personen als Erbengemeinschaft zu unterschiedlichen Erbquoten, als z. B. Erbe je zu ½ oder auch zu anderen Erbquoten. Diese klare testamentarische Erbeinsetzung als Alleinerbe oder als Erbe zu bestimmten Quoten ist wichtig, weil dann durch das Testament eindeutige Erbquoten vorgegeben und entsprechend der Alleinerbenstellung oder der im Testament genannten Erbquoten ein Erbschein bei Gericht beantragt und auch unproblematisch erteilt werden kann.

Oftmals fehlt aber gerade in den handschriftlichen Testamenten eine Erklärung darüber, wer zu welchen Quoten Miterbe oder wer Alleinerbe sein soll. Stattdessen ist in den handschriftlichen Testamenten oft nur geregelt, wer welche Gegenstände „erben“ bzw. erhalten soll. Oft finden sich in diesen handschriftlichen Testamenten Sätze wie „Mein Haus erbt meine Frau. Unser Sohn A erhält die Ländereien in … und unsere Tochter B mein Sparguthaben. Ich hoffe, damit habe ich alles geregelt, streitet euch nicht“.

Aber mit solch einem Testament ist der Erbenstreit vorprogrammiert! Denn das deutsche Erbrecht kennt keine gegenständliche Erbeinsetzung, sondern geht von der universellen Erbeinsetzung aus, d. h. der jeweilige Erbe erbt dann entweder als Alleinerbe oder aber als Miterbe mit einer bestimmten Erbquote in Erbengemeinschaft alle Vermögenswerte und auch alle Verbindlichkeiten des Verstorbenen entsprechend seiner Erbquote anteilig.

Ein solches Testament mit „gegenständlicher Erbeinsetzung“ birgt viele Streitpunkte, weil ca. fünf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten denkbar sind, je nachdem, was der Verstorbene gewollt hat und die zu unterschiedlich hohen Erbquoten führen können. Z. B. könnte es sein, dass der Verstorbene gewollt hat, dass die Begünstigten alle drei Miterben zu unterschiedlichen Quoten werden sollen, abgeleitet nach dem Wert der Gegenstände, die sie erhalten. Wenn das gewollt war, müssten zunächst Wertermittlungsgutachten erstellt werden, aus denen sich ergibt, welchen Wert das Haus, welchen Wert die Ländereien und welchen Wert zum Todestag das Sparguthaben hatte, um dann zurückzurechnen, wie das 100%Erbe quotal anteilsmäßig auf die Miterben unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Werte verteilt wird. Erst danach könnte der Erbschein mit den dann ermittelten Erbquoten beantragt werden.
Denkbar ist aber auch, dass der Verstorbene z. B. wollte, dass alle drei Erben zu gleichen Teilen, also je zu 1/3 sein sollen und die zugewiesenen Gegenstände vorab unabhängig von ihrer Erbquote zusätzlich erhalten sollen oder aber, was auch möglich wäre, dass die Miterben den jeweiligen Mehrwert, den sie durch die Gegenstände erhalten, gegenüber den anderen Miterben ausgleichen müssen, so dass nachher alle gleichmäßig einen Wert von 1/3 am Nachlass haben. Hier gibt es mehrere völlig unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten, die dazu führen, dass bei der Beantragung unterschiedlicher möglicher Erbscheine je nachdem, welcher Auslegung man folgt, es zu zeitintensiven Streitigkeiten über die Frage kommen kann, wer Erbe zu welcher Erbquote geworden ist.
Dies kostet nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch Geld, weil zunächst vor dem Amtsgericht und in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht gestritten wird, schlimmstenfalls mit der Konsequenz, dass mehrere Erbscheinsverfahren hintereinander geführt werden müssen, da es ja unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten gibt, bis man dann zum Ende einen Erbschein erhält oder aber sich dann nach Jahren doch noch untereinander gütlich einigt.

Natürlich ist es in einem Testament möglich, bestimmte Gegenstände bestimmten Personen zuzuweisen. Dies geschieht als „Teilungsanordnung“ oder als „Vorausvermächtnis“ bzw. als „Vermächtnis“ je nachdem, was der Erblasser gewollt hat und sollte im Testament juristisch exakt formuliert werden.

Auch dieses Beispiel der falschen „gegenständlichen Erbeinsetzung“ zeigt, wie genau Worte in einem Testament gewählt werden müssen, damit nicht vor Gericht über die Auslegung des Testamentes gestritten werden muss, was der Verstorbene, der ja nicht mehr gefragt werden kann, mit dem Testament tatsächlich gewollt hat.

Ulrike Czubayko Rechtsanwältin und Notarin Testament
Rechtsanwältin und Notarin Ulrike Czubayko,
Fachanwältin für Erbrecht,
Fachanwältin für Familienrecht
in der Kanzlei KH&S Dr. Kruse, Hansen & Sielaff Rechtsanwälte Partnerschaft mbB,
Rechtsanwälte, Fachanwälte, Notare,
Stuhrsallee 35, 24937 Flensburg
Tel. 0461 – 5 20 77 0

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