Es war der 1. September 1939, als das deutsche Panzerschiff „Schleswig-Holstein“ das Feuer auf ein polnisches Militärlager eröffnete und eine mehrtägige Schlacht auslöste. Heute gilt die Westerplatte bei Danzig als erster Schauplatz des Zweiten Weltkriegs – und wird von vielen zeitgeschichtlich interessierten Menschen besucht. Ein blumengeschmücktes Denkmal erinnert an gefallene polnische Soldaten. Eine Kasernen-Ruine kann besichtigt werden, große Schautafeln geben eine historische Einordnung.

Historisches Vorhaben: Flensburger Gedenkstätte und Museum für die Zeit um 1945
23. Mai 1945: Verhaftung von Albert Speer, Karl Dönitz und Alfred Jodl

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der deutschen Kapitulation. Die Verhandlungen fanden im französischen Reims und in Berlin-Karlshorst statt. In jenen Tagen spielte aber auch Flensburg eine Rolle – als Sitz der letzten Reichsregierung und als Rückzugsort vieler Nationalsozialisten. Und am 23. Mai 1945 schloss sich in der Fördestadt das unsägliche Kapitel des NS-Regimes, als Großadmiral Karl Dönitz und seine Gefolgschaft von britischen Soldaten verhaftet wurden. Eine Gedenkstätte oder ein Museum, das diese unrühmlichen Wochen näher beleuchtet, finden sicah in Flensburg allerdings nicht.

Die Flensburger Beschlusslage

Das soll sich ändern. Bereits am 2. Mai 2024 hat die Ratsversammlung den Aufbau einer Einrichtung beschlossen, die einen etwas sperrigen Namen trägt: „Norddeutsches Vermittlungszentrum zur kritischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Flensburg – inklusive Vor- und Nachgeschichte“. Die Stadtverwaltung hat im September fünf einschlägige Büros angeschrieben, die für eine Machbarkeitsstudie in Frage kommen.  Bis Ende Januar sollen die strukturellen, finanziellen und organisatorischen Grundlagen ermittelt werden.

Darauf aufbauend soll ein konkretes Konzept entwickelt und Kooperationen mit wissenschaftlich oder politisch wichtigen Personen geschaffen werden. Für diesen Prozess wurde bereits eine Steuerungsgruppe gebildet. Ihr gehören Ellen Kittel (Projektleitung), Dr. Jessica von Seggern (Leitung Stadtarchiv), Axel Böcker (Leitung Denkmalschutz) und Noosha Aubel (Dezernentin) an. Die Ratsfraktionen sollen in den Austausch integriert werden.

Die möglichen Standorte

Ein Standort für dieses Vermittlungszentrum wurde noch nicht festgelegt. Es gibt aber zwei Favoriten. Zum einen das Deutsche Haus. Es war um 1945 herum Versammlungs- und Kulturstätte, für einige Monate aber auch ein Lazarett. Allerdings soll das Deutsche Haus 2027 für umfangreiche Sanierungsarbeiten für rund zwei Jahre geschlossen werden. Die Wiedereröffnung könnte mit der Premiere einer Gedenkstätte für 1945 kombiniert werden.

Historisches Vorhaben: Flensburger Gedenkstätte und Museum für die Zeit um 1945
Möglicher Standort: Das Deutsche Haus …

In den Fokus rückte zuletzt auch das Polizeigebäude am Norderhofenden. Die Polizeidirektion soll in das weitgehend leerstehende Postgebäude am Bahnhof einziehen. Wann das sein wird, ist aber noch nicht klar. „Im Moment gibt es noch keinen Zeitplan für den Umzug, weil wir noch in Abstimmungsgesprächen mit dem neuen Vermieter sind“, sagt eine Sprecherin vom zuständigen Gebäudemanagement Schleswig-Holstein auf Nachfrage.

Historisches Vorhaben: Flensburger Gedenkstätte und Museum für die Zeit um 1945
… oder das Polizeigebäude am Norderhofenden

Das Objekt am Norderhofenden war ursprünglich ein Hotel („Flensburger Hof“), seit der Nazi-Zeit residieren hier Ordnungskräfte. Die Gefängniszellen der Gestapo waren ein Ort der NS-Verfolgung. Im Mai 1945 traf sich die SS-Elite um Heinrich Himmler zu letzten Gesprächsrunden, und schließlich wurden die frischverhafteten NS-Größen Karl Dönitz, Alfred Jodl und Albert Speer in einem Hinterhof des „Polizeipräsidiums“ der internationalen Presse vorgeführt.

Text: Jan Kirschner   

- WERBUNG -