Der Gebäudehülle auf den Zahn fühlen
Viele Bauende sind im Anschluss an einen Blower-Door-Test ratlos: Warum fehlen im Prüfbericht ausführliche Hinweise zu den gefundenen Luft-Leckagen und Tipps, wie man mit ihnen umgehen soll? Nur wenige wissen, dass es verschiedene Arten von Blower-Door-Untersuchungen gibt und nicht jeder Test alle denkbaren Antworten liefert.
Die meisten Blower-Door-Tests finden statt, wenn das Haus so gut wie fertig ist. Dieser späte, auch Schluss- oder Abnahmemessung genannte Test soll vor allem Zahlenwerte für die Luftdichtheit der Gebäudehülle liefern. Messteams müssen dabei zwar große Leckagen dokumentieren, doch damit ist das Thema auch schon beendet. Wer sich genauere Auskunft zum Zustand der geplanten Dichtheitsebene wünscht, muss die ausführliche Suche nach Luft-Lecks extra in Auftrag geben.
Früher Test für die Leckage-Suche
Am besten setzen Bauende für die Leckage-Suche eine baubegleitende Untersuchung an, sobald die Luftdichtheitsebene weitgehend fertig ist. Der Tag der Schlussmessung liegt dafür meist zu spät, weil viele Fehlstellen dann schon wieder hinter Gipskartonplatten oder Ähnlichem verschwunden sind. Damit Messteams eine echte Chance haben, Undichtigkeiten und ihren Ursachen auf den Grund zu gehen und vielleicht sogar grobe Verarbeitungsfehler aufzuspüren, sollte die Dichtheitsebene aber frei zugänglich sein. Das ist auch wichtig, damit die betroffenen Handwerksfirmen die festgestellten Dichtheitsfehler problemlos ausbessern können.
Dichtheitsfehler möglichst beseitigen lassen
Fachleute raten dazu, bekannte Fehler in der luftdichten Hülle grundsätzlich beseitigen zu lassen. „Niemand kann absolut sicher vorhersagen, was aus einer Leckage werden wird. Dafür gibt es viel zu viele Einflussfaktoren, die sich im Lauf des Gebäudelebens auch noch verändern können“, weiß Oliver Solcher vom Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen. Manchmal blieben selbst große Einzelleckagen völlig unauffällig, während unscheinbare Kleinigkeiten sich zu echten Bauschäden auswachsen. Deshalb sollten Bauende lieber kein Risiko eingehen. Wer vor dem Nachbessern trotzdem noch eine Risikobewertung der Fehlstellen haben will, sollte auch diese ausdrücklich beauftragen. Sie zählt nicht zum Standardumfang baubegleitender Blower-Door-Tests und gehört in die Hände besonders erfahrener Fachleute.
Ein Test oder doch besser zwei?
Ob noch eine zusätzliche Schlussmessung nötig ist, hängt vom Einzelfall ab. Wenn ein Förderprogramm den Test ausdrücklich vorschreibt, der Kennwert für den GEG-Nachweis gebraucht wird oder mit der Baufirma ein bestimmter Dichtheitswert vereinbart wurde, ist die Sache klar. Doch auch sonst bietet der abschließende Luftdichtheitstest ein Plus an Sicherheit. Zum Beispiel können unerwartet schlechte Werte darauf hindeuten, dass eine zunächst dichte Hülle bei nachfolgenden Arbeiten wieder beschädigt wurde.
Ob Neubau oder Sanierung: Infos zu Sinn und Zweck verschiedener Formen von Blower-Door-Tests sowie Adressen qualifizierter Messprofis finden Interessierte auf dem Webportal www.luftdicht.info. Im Publikationsbereich von www.flib.de gibt es zudem passende Ausschreibungsbeispiele, eine Checkliste, um Prüfberichte von GEG-Schlussmessungen zu kontrollieren, sowie eine Checkliste für Mauerwerksbau. Mit ihrer Hilfe können auch Laien eine erste Qualitätskontrolle der luftdichtenden Hülle in Angriff nehmen.
flj
txn-Foto: FLiB e. V