Rotbunte Milchkühe, Angus-Rinder, Landschweine und 800 glückliche Hühner. Was auf den ersten Blick nach einem normalen, gut sortierten landwirtschaftlichen Betrieb klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als doch recht außergewöhnliches Konzept. Die Rede ist von James Farm in der Gemeinde Hörup. Nahe der B199 wurde hier 2021 eine nagelneue Farm eröffnet: fünf Hektar Hofanlage und 176 Hektar Weide- und Futterflächen. Eine hofeigene Molkerei und Schlachterei sowie ein eigener Hofladen ergänzen das landwirtschaftliche Konzept. Erzeugnisse der Landwirtschaft direkt auf dem eigenen Hof verarbeitet, so das Motto der Betreiber.
Eine Idee reift
Ein Grundgedanke war der Aufbau eines landwirtschaftlichen Betriebes, der im Sinne der früher üblichen Selbstversorgung eine möglichst umfassende Palette an Lebensmitteln produziert. Aus diesem Gedanken ist auch die Idee entstanden. „Ideengeber und Initiator war Stephan Johannsen“, berichtet Owe Brodersen, Geschäftsführer von James Farm. „Johannsen stammt aus Hörup und war seinerzeit bereits der Betreiber des Hotels „Altes Stahlwerk“ in Neumünster.“ Die ersten Ideen sind ungefähr acht Jahre alt, damals begannen die Planungen für ein neues Hotel in Flensburg. „Das James“ eröffnete dann 2020. „Sich hotelseitig vom eigenen Bauernhof zu versorgen, regional mit selbst hergestellten Produkten, das war der Wunsch“, so Brodersen. „Diese Idee festigte sich schnell, man machte sich auf die Suche nach einer geeigneten Fläche und fand diese hier in Hörup.“ Mit den Liegenschaften von Familie Carstensen hatte man das passende Objekt gefunden. „Torben Carstensen hat mit uns zusammen das Konzept entwickelt und seinen Betrieb in die James Farm eingebracht“, berichtet Brodersen. „Hier ist nichts stehengeblieben, wir konnten quasi auf dem Reißbrett eine komplett neue Hofanlage entwerfen, exakt nach unseren Vorstellungen und Wünschen.“ Alles konnte so gebaut werden, wie es für einen idealen Betriebs- und Produktionsablauf von Vorteil ist. Torben Carstensen ist heute neben Stephan Johannsen und Owe Brodersen Geschäftsführer der Farm.
Ein Bauernhof zum Anfassen
Größer als zunächst gedacht. Von den ersten Ideen bis zur 2021 eröffneten und in Betrieb genommenen Farm hatte sich in den Planungen einiges getan. „Wir wollten von Anfang an nicht einfach nur einen schlichten, pragmatischen Hof aufbauen, sondern haben einen großen Fokus auf unsere Kunden und Gäste gelegt“, erklärt Brodersen, „entsprechend wurde die Hofanlage auch gestaltet, ein Bauernhof zum Anfassen, gläsern und transparent.“ Kunden und Gäste sollten sich alles genau angucken können. Angefangen von den Stallungen und den Tieren bis hin zur Schlachterei und Molkerei. Große Glasfronten erlauben Blicke in die Produktion. Offene Stallungen, freilaufende Hühner und auch ein großer Kinderspielplatz im Herzen der Anlage gehören ebenso zu James Farm wie der hauseigene Hofladen. Mittlerweile werden auch regelmäßig Führungen angeboten. Ein hochmoderner Bauernhof zum Anfassen.
Das Konzept
In der Hotelgastronomie werden täglich unterschiedlichste Lebensmittel gebraucht, mitunter in nicht gerade unerheblichen Mengen. Beschafft durch regionale Händler aber vor allem auch durch Großhändler. Das Konzept von James Farm basiert darauf, den eigenen Hotels einen Grundbedarf an Lebensmitteln aus eigener Produktion zu liefern. Und zwar eine ganze Palette. Das, was möglich ist, was regional erzeugt werden kann, das wollte und will man liefern. Sieben Hotels aus Schleswig-Holstein werden mittlerweile aus Hörup beliefert, hinzu kommen gastronomische Betriebe in der Region. „Um den Hof mitsamt Fleischerei und Käserei wirtschaftlich zu betreiben, ist eine gewisse Auslastung nötig“, erklärt Brodersen, „mehr als nur den Namens-Partner, das Hotel James, zu beliefern war also von Beginn Teil des Konzeptes.“
Tierwohl und ein ausgewogenes Angebot
Das Tierwohl steht auf James-Farm an oberster Stelle. Gestaltung und Konzipierung der Stallanlagen, der Frei- und Weideflächen sind bewusst gewählt. Angus-Rinder und Milchkühe sind große Teile des Jahres draußen auf den großzügigen Weideflächen. Derzeit 800 Hühner bewegen sich frei auf mehreren Grünflächen, legen ihre Eier in modernen, überwiegend autarken Hühnermobilen, die regelmäßig zu frischen Wiesen gezogen werden. Zwischen den Hühnern leben einige wenige Schafe und Ziegen. Sie dienen unter anderem dem Schutz der Hühner, sollen Raubvögel fernhalten. Die Schweine leben durch die offene, helle Stallbauweise immer an der frischen Luft, können sich in Stroh und Matsch suhlen.
Aktuell besteht die Produktion aus dem, was aus der Tierhaltung kommt. Milch für die Molkerei, Fleisch für die Fleischerei und Eiern. „Wir hoffen unser Angebot dieses Jahr auch im Gemüsesegment ausweiten zu können“, so Brodersen, „wir setzen da auf eine Kooperation mit Fachpersonal, welches uns tatkräftig beim Anbau von Gemüse auf unseren Flächen unterstützt.“ Eier, Milch, Trinkjoghurt, Joghurt, Schnittkäse, Edelschimmelkäse, Salzlakenkäse, Butter, Dry Aged Fleisch, Rindfleisch- und Schweinefleischprodukte, Räucherwaren oder Leberwurst, das Angebot im hauseigenen Hofladen ist kontinuierlich gewachsen. Zusätzlich zu den eigenen, auf der Farm selbst hergestellten Produkten ergänzen Produkte weiterer regionaler Erzeuger die Angebotspalette im Hofladen. Bis zu den Schlachthöfen müssen die hier aufgezogenen Tiere keine unnötig weiten Wege zurücklegen, erleiden keinen unnötigen Stress. Geschlachtet wird auf dem eigenen Hof, genau so viel, wie auch verkauft wird.
Bio, Natur und Nachhaltigkeit
Mittlerweile sind 24 Mitarbeiter auf der Farm tätig. Sie kümmern sich um die Tiere, arbeiten in der Fleischerei, der Molkerei, im Hofladen und in der Verwaltung. „Produziert wird so, dass wir einmal die Woche die Hotels mit Ware beliefern“, so Brodersen, „die Hotels bestellen bei uns die benötigten Produkte und wir passen die Produktion dementsprechend an.“ Der farmeigene Hofladen hat an fünf Tagen die Woche geöffnet. „Natürlich können wir nicht den Anspruch haben alles für die Versorgung und den täglichen Bedarf eines Hotels zu liefern“, erklärt Brodersen, „aber das, was wir können, das liefern wir, zuverlässig und in hoher Qualität.“ Bei den Gästen kommt es gut an, berichten die Betreiber. Das Bewusstsein für Lebensmittel hat sich in den vergangenen Jahren verändert. „Gerade die Herkunft von Fleisch interessiert mehr und mehr Menschen, da kommt eine eigene, regionale Produktion gut an“, so Brodersen.
Auf James Farm wird komplett auf chemischen Pflanzenschutz und Düngemittel bei der Bewirtschaftung der Flächen und dem Futtermittelanbau verzichtet. Ein Biosiegel gibt es nicht, trotzdem sind Pestizide ebenso tabu wie Kunstdünger oder vorsorglich verabreichte Antibiotika bei den Tieren. Wichtigstes Düngemittel ist der von den Tieren stammende organische Mist. Das Futter für die Tiere kommt zu 90 Prozent von den eigenen Feldern – ein nahezu perfekter Kreislauf. Von der Aufzucht der Tiere bis zu den fertigen Produkten für Hotel, Gastronomie und Privatkunden. Das Thema Nachhaltigkeit wurde auch auf James Farm vom ersten Tag an groß geschrieben. Neben dem Einsparen von Ressourcen ist es vor allem das erwähnte Kreislaufdenken, welches in Hörup einen hohen Stellenwert hat. So landet die Molke, die bei der Käseproduktion entsteht als Futter bei den Schweinen. Deren Mist landet dann wieder auf den Feldern und sorgt dafür, dass das Tierfutter gut wächst.
Auch an Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit gedacht
„Die Ställe haben wir ausreichend groß konzipiert, davon kann sich auch jeder Kunde selbst ein Bild machen.“ Man wollte sich von Anfang an offen und transparent zeigen. Über den Produktions- und Verkaufsräumen sind Räumlichkeiten für Veranstaltungen, Tagungen und Konferenzen untergebracht. 40-50 Personen finden hier bei Bedarf Platz, können sich drinnen und draußen aufhalten. Nicht nur Hotelgäste können sich hier einmieten. „Ein Bereich, den wir noch stärker ausbauen und unser Angebot ausweiten wollen, ist das Thema Verbraucherbildung“, erklärt Brodersen, „unter anderem geht es da um die Ausbildung der Hotelmitarbeiter.“ Aufgeklärt werden soll über die Herkunft der Lebensmittel, Haltung und Aufzucht der Tiere, sowie die anschließende Weiterverarbeitung. „Zudem bieten wir bereits heute Führungen für Schulklassen an.“
Ausblick
Die Produktpalette soll auch zukünftig weiter ausgebaut werden. Neben dem erwähnten Gemüseanbau gibt es auch in der Fleischerei und Käserei laufend neue Ideen, Vorschläge und Möglichkeiten. „Wir haben tolles Personal gefunden, das uns da auch immer wieder aufs Neue überrascht“, so Brodersen. Auch Verkaufsstände sind für die Farmbetreiber zukünftig noch eine Option, der Gang in den regionalen Einzelhandel hingegen eher weniger. „Die benötigten Margen können wir mit unserem Konzept auch schwer bieten.“ Die Futtermittelherstellung, Tierhaltung und die Veredelung der Produkte in Fleischerei und Käserei haben einfach ihren Preis. „Aufgrund der seit Monaten stark steigenden Lebensmittelkosten haben natürlich auch wir mit unserem Hofladen einen Kundenrückgang zu verzeichnen“, so Brodersen, „wir sind uns aber sicher, dass sich nicht nur Qualität, sondern auch die bewusste Ernährung und der nachhaltige Umgang mit Lebensmittelressourcen verstärkt durchsetzen wird.“
Text und Fotos: Benjamin Nolte