Hierzulande herrscht in vielen Bereichen Handlungsbedarf. Auch die hohe Zahl fehlender Wohnungen bereitet nicht nur den verantwortlichen Politikern zunehmend Sorge. Hierbei kommt dem vorhandenen Gebäudebestand besondere Bedeutung zu. Denn im großen Leerstand von Altbauten liegt unausgeschöpftes Potential. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist das Wiederverwenden von bestehenden Wohnungen und Häusern ressourcensparend und identitätsstiftend. Vor einem möglichen Wohnungsbau steht jedoch stets die Planung der zu bauenden Wohnungen an – seien es nun Neubauten, die Sanierung bereits älterer Gebäude oder Wohneinheiten, oder aber gar die Sanierung ganz alter historischer Bausubstanz.
Der Beruf eines Architekten
Architekten und Architektinnen sind zuständig für die beratende, gestaltende, technische und wirtschaftliche Planung von Gebäuden und Bauwerken. Ebenso können sie Aufgaben im Rahmen der Stadtplanung übernehmen und ihre fachliche Expertise zur Gestaltung ganzer Straßenzüge und Wohnviertel inklusive Außenanlagen geben.
Das Flensburg Journal traf sich zu einem Gespräch mit den beiden Partnerinnen eines noch jungen Flensburger Architekturbüros, der „Gloyer Architekten PartGmbB“. PartGmbB steht für eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung. Die beiden Partnerinnen sind die Dipl.-Ing. Architektinnen Christina Dieckhoff und Hannah Gloyer.
Gloyer Architekten
Die beiden Architektinnen verbindet sehr viel – wie sie selbst beide während ihrer gemeinsamen Tätigkeit in einem hiesigen Architekturbüro schnell feststellen konnten. Sie sind beide gebürtige Nordlichter: Christina stammt aus Stexwig an der Schlei, Hannah ist Flensburgerin. Christina schloss im Jahr 2002 erfolgreich ein siebenjähriges Architekturstudium an der TU Braunschweig mit Diplom ab, Hannah studierte ebenfalls erfolgreich Architektur, mit dem Diplom als Abschluss 2010 an der Leibniz-Universität in Hannover. Nach beendetem Studium haben die beiden noch jungen Architektinnen erst einmal Berufserfahrung gesammelt, waren u. a. in Braunschweig und Kappeln (Christina), und in Kopenhagen, Hannover und Hamburg (Hannah) in verschiedenen Architekturbüros tätig.
Vor rund zehn Jahren lernten sie sich dann während ihrer gemeinsamen Tätigkeit in Flensburg bei Asmussen & Partner kennen und schätzen. „Diese gut zehn gemeinsamen Berufsjahre haben unsere Heimatliebe insbesondere zu unserem wunderschönen Flensburg noch einmal mehr entfacht“, betonen beide mit Herzblut. „Ich habe bereits meine Kindheit und Jugend hier verbracht, aber sehe seit meiner Berufswahl die Stadt und ihr Umfeld noch einmal differenzierter, eben mit den Augen einer Architektin“, sagt Hannah Gloyer mit leuchtenden Augen. Christina ergänzt: „Mir geht es ähnlich: Als Kind dieser Region war mir Flensburg ja auch vorher schon bekannt, doch mir geht es längst genauso wie Hannah!“
Und so kam es zu ihrer heutigen Partnerschaft: „Durch unsere vielen Gemeinsamkeiten inspiriert, gründeten wir im Jahr 2022 das Architekturbüro Gloyer Architekten.“ Dank Hannahs familiärer Verbindungen war das passende Ambiente für das gemeinsame Architekturbüro in der Angelburger Straße, direkt über dem Geschäft „Optik Gloyer“ schnell gefunden. „Wir haben die ursprüngliche Altbauwohnung in dem historischen Gebäude für unsere Zwecke und Bedürfnisse hergerichtet und sind mittlerweile mit insgesamt fünf weiteren Mitarbeitern hier erfolgreich tätig.“
Die Philosophie von Gloyer Architekten
Wegen des Klimawandels und dessen teils drastischer Folgen sind die Themen „Nachhaltigkeit“ und „Bauen im Bestand“ längst in aller Munde, beide sind aktuell von großem und allgemeinem Interesse, nicht zuletzt wegen des eingangs erwähnten eklatanten Mangels an bezahlbarem Wohnraum landesweit. „In unserem vor 2 Jahren neu gegründeten Architekturbüro beschäftigen wir uns schwerpunktmäßig mit dieser Thematik“, geben die beiden ihren Ansatz preis.
Und sie ergänzen: „Mehrere unserer Projekte beschäftigen sich mit der Erhaltung der Flensburger Altstadt und ihren so typischen und einmaligen Kaufmannshöfen. Wir denken, dass es bei unserer Arbeit in Flensburg neben der Nachhaltigkeit auch um die Identifikation der Menschen mit ihrer Stadt und dem uns Einheimischen hinterlassenen, kulturellen Erbe geht. Wir treten daher als Architekten für den Erhalt und die Wiedererweckung der alten Bausubstanz ein und versuchen den Wert zu vermitteln, den unsere Stadt bietet.“
Doch sie können auch Neubau! Und das nicht nur in Flensburg …
Die Projekte
Beispielhaft für ihre Neubauprojekte sei die Vollendung der beiden Häuser im Stadtteil Mürwik in Küstennähe genannt, zwei hochmoderne Neubauten in einer bemerkenswert schönen Lage mit phantastischem Blick auf die Flensburger Förde.
Seit dem Jahr 2023 sind sie mit dem Projekt „Fährhaus Holnis“ in Glücksburg befasst, dem Umbau und der Sanierung eines denkmalgeschützten Vierseithofes zu Ferienappartements und einer Gaststätte. „Die Sanierung dieses jahrelang leerstehenden Gebäudeensembles aus im Grunde vier eigenständigen Häusern ist für uns Architektinnen eine echte Herausforderung, die wir begeistert angenommen haben.“
Besonders aktiv sind sie jedoch in der Flensburger Altstadt, insbesondere in der Großen Straße. „Diese wunderschöne Umgebung ist mir seit Kinderzeiten vertraut“, verrät uns Hannah Gloyer. „Deshalb war es uns, ist es mir, ein echtes Herzensbedürfnis, in dieser tollen und geschichtsträchtigen Ecke unserer Altstadt tätig werden zu dürfen. Wir haben bereits in der Großen Straße 73 das Hinterhaus eines historischen und denkmalgeschützten Kaufmannshofs restauriert, das nach einem verheerenden Brand fast verloren war. In einem weiteren historischen Kaufmannshof, dem Catharina-Nacke-Hof, sind wir aktuell in der Planungs- und beginnenden Ausführungsphase. Der weithin bekannte Brasseriehof, Große Straße 42/44, wird derzeit saniert und zu einem Wohnhaus und Ladengeschäft als Teil des denkmalgeschützten Brasseriehofs umgenutzt.“
Architektur heißt Verantwortung
„Jeder Ort hat seine eigene Identität“, so Christina Dieckhoff. „Er ist geprägt von den Menschen, die ihn beleben – die Architektur sollte auf das Wesentliche des Ortes eingehen. Ziel jeder Bauaufgabe ist es eine wertige, nachhaltige Architektur mit Verantwortung für Natur, Umwelt und Gesellschaft zu schaffen. Der frühzeitige und dauernde Dialog mit den Projektbeteiligten ist Teil einer ganzheitlichen Herangehensweise. Das ist mein Anspruch im Großen wie im Kleinen.“
Und Hannah ergänzt temperamentvoll: „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Architektur als positives Element in das Leben einzubringen. Architektur ist ein Stück Identität. Wir wollen für jeden Ort die richtige Sprache finden. Architektur ist nie losgelöst zu sehen, sondern immer eine Komposition aus Ort und Grundstück, Volumen und Freiraum, Nutzer und Besucher, Nutzung und Raumprogramm, Materialität und Detail. Die Elemente in ihrer Gesamtheit machen sie zu etwas Authentischem, etwas Einzigartigem und bei jedem Projekt verweben sie sich zu einer individuellen Lösung.“
Wie wir arbeiten
„Wir sind mit großer Leidenschaft bei jeder Bauaufgabe. Unser Anspruch lautet: Wir versuchen im Team durch zielorientiertes Arbeiten, eine konstruktive Zusammenarbeit und Ehrgeiz hochwertige, nachhaltige und soziale Architektur zu erschaffen. Und diese dann im Sinne der Auftraggeber möglichst termingerecht und kostengetreu umzusetzen. Wir möchten immer verlässlich und kompetent an der Seite unserer Bauherren stehen“, sind sich die beiden engagierten Architektinnen einig.
Ausblick
Sichtlich beeindruckt und mit vielen neugewonnenen Eindrücken über ein spannendes Berufsbild bedankt sich das FLJ bei Christina Dieckhoff und Hannah Gloyer für ein höchst informatives und interessantes Gespräch. Wir sind gespannt auf die Vollendung der laufenden Projekte und die künftigen Aufgaben dieses engagierten und kompetenten Architekturbüros!
Kontakt:
Gloyer Architekten PartGmbB
Angelburger Straße 6, 24937 Flensburg
T: 0461-57 49 49-12
info@gloyer-architekten.de
www.gloyer-architekten.de
Mit den beiden Architektinnen sprach Peter Feuerschütz.
Fotos: Benjamin Nolte, Gloyer Architekten