Von der verschmähten zur geehrten Persönlichkeit

Beate Rotermund war tüchtig, brachte ihr Unternehmen zum Florieren, stieß aber in der prüden Gesellschaft der 50er und 60er Jahre häufig auf Ablehnung. Sie musste etliche Prozesse durchstehen, etliche Hausdurchsuchungen der Polizei erdulden und auch einige persönliche Rückschläge in Flensburg verdauen. Mal soll die örtliche Zeitung eine Stellenanzeige von „Beate Uhse“ zurückgewiesen haben, ein anderes Mal votierte der Vorstand des Flensburger Tennisclubs gegen die Aufnahme der umstrittenen Kauffrau. Vielfach übte sie sich von sich aus in Distanz. „Ich suchte auch sonst keine gesellschaftlichen Kontakte, weil ich niemanden in peinliche Situationen bringen wollte – auch mich nicht“, erzählte sie Jahre später.
Ihr Ansehen in der Öffentlichkeit wandelte sich in den 70er Jahren deutlich. Obwohl sich die Firma von der sexuellen Aufklärung entfernte und sich verstärkt auf die Pornografie ausrichtete, sahen viele in Beate Rotermund weniger „die mit dem Schweinkram“ als vielmehr „eine der tüchtigsten Unternehmerinnen der Bundesrepublik“ (O-Ton Hamburger Abendblatt). Zu jener Zeit kannten 98 Prozent der Deutschen den Firmennamen „Beate Uhse“. Die Chefin selbst sagte gern: „Uhse steht für Sex wie Weck fürs Einmachen.“

Eine Straße in Flensburg

Ihre wirtschaftliche Kraft öffnete politische Türen und riss gesellschaftliche Hürden ein. In einem Spiegel-Interview stellte sie 1993 fest: „Heute rollt man mir in Flensburg meist den roten Teppich aus – schließlich habe ich mit meinen Steuergeldern das Rathaus mehrfach bezahlt.“ Da war sie längst Mitglied im Glücksburger Tennisclub und war zum Image-Träger der Grenzregion aufgestiegen. Als das ZDF 1984 einen Beitrag zum 700-jährigen Stadtjubiläum Flensburgs brachte, nahm ein Interview mit Beate Rotermund einen großen Rahmen ein. Als Expertin erhielt sie viele Einladungen. Im Mai 1988 war sie Studiogast der ZDF-Sendung „Liebe ist Zärtlichkeit“, vier Monate später beteiligte sie sich an einer SPD-Anhörung in Bonn und referierte über das Thema „Pornografie – hinsehen oder wegsehen?“
Fast zur selben Zeit besuchte Wolfgang Börnsen, frisch gewählter CDU-Bundestagsabgeordneter, den Firmensitz von „Beate Uhse“ in Flensburg. Er nahm ein „Vorzeige-Unternehmen“ wahr. Er besichtigte das Großraum-Büro, registrierte einen rücksichtsvollen Umgang mit den Mitarbeitern und sprach natürlich auch mit Beate Rotermund. „Sie hat Format, ist ihrer Zeit voraus“, stellte Wolfgang Börnsen fest. „Sie hat das Thema Sex aus der Grauzone geholt.“ Im Austausch mit Hans-Dieter Thomsen, Vorstandsmitglied von „Beate Uhse“, entstand die Idee, die Flensburger Unternehmerin für das Bundesverdienstkreuz vorzuschlagen.
Am 18. November 1988 ließ der CDU-Politiker ein erstes Schreiben aufsetzen, mit dem er die SPD-Landesregierung in Kiel dazu bewegen wollte, das Vorschlagsrecht für die hohe Auszeichnung beim Bundespräsidenten zu nutzen. „Den gesamten Themenbereich Mensch und Sexualität öffentlich aufgegriffen, be- und verarbeitet zu haben, ist der große Verdienst von Beate Rotermund-Uhse“, formulierte Wolfgang Börnsen. Am 30. Januar 1989 antwortete das Sozialministerium, bat um weitere Informationen. Hans-Dieter Thomsen beantragte daraufhin sogar eine „gutachterliche Stellungnahme“ bei einem Sexualwissenschaftler über das Wirken von Beate Rotermund. Wie gerufen kam auch, dass der NDR im Februar 1989 seine Sendereihe „Norddeutsche Profile“ der Flensburgerin widmete und damit viel Lob für die Protagonistin auslöste.
Überraschend allerdings die Antwort von Claus Möller, damals Staatssekretär im Kieler Sozialministerium. Am 5. Juni 1989 schrieb er: „Die privaten und vor allem die unternehmerischen Verdienste von Frau Rotermund-Uhse sind unbestritten anerkennenswert… Die Verleihung eines Verdienstordens der BRD ist jedoch an sehr enge Voraussetzungen gebunden.“ Im Klartext: Die SPD-Regierung wollte Beate Rotermund nicht für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen. Die Argumentation wirkte aber dürftig, weshalb Wolfgang Börnsen einen neuen Anlauf wagte. Ministerpräsident Björn Engholm ließ jedoch durchblicken: „Die Zeit ist noch nicht reif.“

Die Gedenktafel im Marienkirchhof Foto: Jan Kirschner

Die Ehrungsaktion war damit in der Sackgasse und schien ein Fall für die Akten zu werden. Doch im August 1989 überschlugen sich die Zeitungen mit der ungewöhnlichen Schlagzeile „Kein Bundesverdienstkreuz für Beate Uhse“. Schuld war eine Indiskretion. Die SPD wollte für den „Bruch der Vertraulichkeit“ Wolfgang Börnsen verantwortlich machen, der „Maulwurf“ saß aber höchstwahrscheinlich in den eigenen Reihen.
Staatssekretär Claus Möller musste sich diversen Presseanfragen stellen und meinte, dass der Beitrag von Beate Rotermund zur Liberalisierung der Sexualität nur der „Ausfluss der wirtschaftlichen Kreativität“ sei. Eine Formulierung, die Wolfgang Börnsen nochmals herausforderte. „Damit wird eine Pionierin für liberale Sexualität diskriminiert“, sagte der CDU-Abgeordnete. „Frau Uhse ist der SPD-Bundestagsfraktion gut genug, als Repräsentantin für eine Anhörung zum Thema Sexualität eingeladen zu werden. Aber wenn es darum geht, Farbe zu bekennen, dann zeigt die SPD-Landesregierung einer engagierten und renommierten Unternehmerin die kalte Schulter.“ Für seine Offensive musste Wolfgang Börnsen allerdings auch Schelte von konservativen Parteikollegen einstecken. In einer Fraktionssitzung sprach sogar Bundeskanzler Helmut Kohl eine Rüge aus und wunderte sich, wie ein geschätzter CDU-Abgeordneter eine solche Frau für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen könne.
Am 25. Oktober 1989 betrat Beate Rotermund im blauen Seidenkostüm das Glücksburger Hotel „Intermar“. Ihren 70. Geburtstag feierte sie mit 200 Geschäftsfreunden und verband ihn mit der Präsentation ihrer neuen Biografie. Sie bekam Präsente, Blumen und stehende Ovationen. Nur das Bundesverdienstkreuz fehlte. „Für uns haben Sie im Geiste immer so ein Ding um den Hals baumeln“, sagte Hans-Dieter Thomsen. Beate Rotermund meinte etwas verlegen: „Allein, dass ein Bundestagsabgeordneter der CDU diesen Antrag gestellt hat, ist für mich Ehre genug.“ Einige Jahre später witzelte sie: „Ob ich das Verdienstkreuz habe, oder ob in Hannover ein Sack Reis platzt, das kommt ungefähr aufs Gleiche raus.“
Für den Geburtstagsempfang der wichtigsten Gewerbesteuer-Zahlerin Flensburgs hatten Oberbürgermeister und Stadtpräsident sich wegen Urlaubs entschuldigt und ihre Stellvertreter nach Glücksburg geschickt. Ein Akt, der viel Kritik einbrachte. Fünf Jahre später wollten es die Repräsentanten der Stadt Flensburg besser machen. Am 31. Oktober 1994 empfing Stadtpräsident Peter
Rautenberg die Jubilarin, die zu ihrem 75. Geburtstag mit der Familie in der Karibik weilte, in seinem Amtszimmer.
Beate Rotermund erschien im blauen Hosenanzug, setzte sich an einen Tisch, trug sich ins Gästebuch der Stadt Flensburg ein und nahm eine Gedenkmünze entgegen. Bei Schnittchen, Sekt und kalter Ente entwickelte sich ein netter Plausch. „Danke, dass Flensburg den bunten Vogel Beate so wohlwollend aufgenommen hat“, sagte die Geehrte. Oberbürgermeister Olaf Cord Dielewicz setzte noch einen drauf: „Sie gehören zu den liebsten Kindern der Stadt.“

Eine halbe Dekade weiter, anlässlich des 80. Geburtstags, steigerten sich die öffentlichen Huldigungen in Flensburg nochmals. Am 24. November 1999 kam Beate Rotermund auf den Marienkirchhof geschritten. Ein Foto-Reporter besorgte eine Getränkekiste, auf die sich der prominente Gast stellte, um vom Pastorat in zwei Meter Höhe ein graues Tuch zu entfernen. Ein kleiner Ruck – und es erschien eine Gedenktafel mit der Aufschrift: „In diesem Haus wohnte von 1948 bis 1961 Beate Uhse“. Die Tafel hatte der Stadtpräsident Peter Rautenberg, der sich damit neben dem Ehrungscharakter auch touristische Effekte erhoffte, gestiftet. Beate Rotermund staunte, dass „die Kirche so liberal ist“. Allerdings wurde da etwas nachgeholfen, wie der Pastor zugab. „Dem Kirchenvorstand“, sagte er, „war es leichter gefallen, die Plakette zu genehmigen, als das Unternehmen Uhse eine großzügige Spende für die Gemeindearbeit zugesagt hatte.“
Tags darauf besuchte Beate Rotermund das Rathaus. Im feierlichen Rahmen trug sie sich in das Goldene Buch der Stadt Flensburg ein. „Sie haben sich um Flensburg verdient gemacht, die Stadt verneigt sich vor Ihnen“, sagte der Stadtpräsident. Die Geehrte zeigte sich gerührt: „Die Stadt war vom ersten Tag an gut zu mir, hat immer geholfen.“ Kurioserweise entstand aus diesem Akt die Legende einer Ehrenbürgerwürde. In Wahrheit wurde die berühmte Unternehmerin nie zur Ehrenbürgerin Flensburgs ernannt.
Im Zuge der Ehrungswelle ernannte der TC Glücksburg die 1977 eingetretene Beate Rotermund am 26. Oktober 1999 zum Ehrenmitglied. Sie war persönlich erschienen, um die Ehrenurkunde entgegenzunehmen. Die Anwesenden applaudierten und blickten dabei auf die neugestaltete Terrasse, die den Abschluss einer umfangreichen Erweiterung des Tennisheims bildete. Acht Jahre zuvor hatte ihre potente Clubfreundin für die Baumaßnahmen 9000 D-Mark gespendet. Außerdem inserierte „Beate Uhse“ regelmäßig in den Club-Nachrichten.

Einige Monate später, am 31. März 2000, hatte auch der Luftsportverein Flensburg ein neues Ehrenmitglied: Beate Rotermund. Sie war 1970 eingetreten, überzeugte mit besonderen fliegerischen Leistungen und plauderte mehrfach am Schäferhaus über die Luftfahrt in den 30er und 40er Jahren. Dabei präsentierte sie gerne ihr altes Flugbuch und ein paar Fotos. Sie schmunzelte: „Das Fliegen war im Prinzip wie heute, aber das Drumherum war verdammt anders.“
Die erfahrene Pilotin hatte sich vehement für den Erhalt des Flugplatzes Schäferhaus eingesetzt, als die Betriebsgesellschaft jährlich ein sechsstelliges Minus einfuhr und die Kommunalpolitik von einem „Auslaufmodell“ schwadronierte. Beate Rotermund referierte als Sprecherin der „Interessengemeinschaft Flugplatz“ in der Industrie- und Handelskammer. „Wir haben 50 Läden in der Bundesrepublik – mit dem Flugzeug können wir unsere Standortnachteile ausgleichen“, betonte sie und forderte eine stärkere finanzielle Beteiligung der Stadt. „Was wird in Flensburg nicht alles subventioniert? Vom Theater über Altstadt-Sanierung, Sportvereine und Hafen.“
Es fand sich eine Lösung: Am 15. Dezember 1994 garantiert die Flensburger Ratsversammlung per Beschluss den Bestand des Flugplatzes für die nächsten 20 Jahre. Die Firma „Beate Uhse“ beteiligte sich mit fünf Prozent an der Betriebsgesellschaft. Die Chefin selbst beschäftigte sich mit der Bepflanzung vor der neuen Flugzeughalle. Auf der Liste hatte sie unter anderem Ginster, Feuer-Ahorn, Rotbuchen und Sylt-Rosen. Am 23. April 1997 stand sie auf der letzten Stufe der Gangway zum Firmen-Flugzeug und hielt eine Rede zur Einweihung. „Diese Halle ist unser Beitrag für einen leistungsfähigen Regionalflugplatz“, erklärte Beate Rotermund und ergänzte mit einem Zwinkern: „1944 bin ich hier das erste Mal gelandet und kenne fast jede Ecke.“
Nach ihrem Tod im Jahr 2001 wurde im neuen Ortsteil Hochfeld ein Verkehrsweg Beate-Rotermund-Straße genannt. Es war allerdings eine Zeitungsente, dass auf dem Flensburger Campus eine Bildungsstätte den Namen der bekannten Unternehmerin erhalten sollte. Die Bezeichnung „Beate-Uhse-Fachhochschule“ fiel nämlich nur im Schriftverkehr mit dem zuständigen Ministerium, das darauf hinwies, dass die etablierte Fachhochschule einen Namenszusatz erhalten, aber nicht einfach in Hochschule umbenannt werden könne. Dann wurde das Hochschulgesetz geändert – und der Weg war frei für „Hochschule Flensburg“. Berührungspunkte zu Beate Rotermund wären vorhanden gewesen. Am 22. November 1994 referierte sie im Raum C 213 der Fachhochschule über „Vorstellung und Entwicklung des Unternehmenskonzeptes der Beate Uhse AG“. Im betagten Alter heimste Beate Rotermund nicht nur im hohen Norden der Republik etliche Ehrungen ein, sondern auch in ihrer Branche. Am 6. Dezember 1997 fand im Rahmen einer Erotik-Messe in Berlin eine große Gala mit 1800 Gästen statt. Viele nationale und internationale Erotik-Filme wurden mit dem „Venus awards´97“ gekürt. Eine der Hauptpersonen an diesem Abend war Beate Rotermund, die mit dem „Ehrenvenus für das Lebenswerk“ ausgezeichnet wurde.
Die honorierende Institution war der Bundesverband des Erotikhandels. Sein Geschäftsführer Sven Hurum sagte über die Erotik- Ikone: „Sie ist – wenn Sie so wollen – die Mutter unserer Branche. Diese Frau holte die Erotik in Deutschland aus der Schmuddelecke und machte den Sex auch in der Öffentlichkeit zu dem, was er ist: die schönste Sache der Welt.“ Beate Rotermund setzte zu einer Dankesrede an. „Zum Erfolg gibt es keinen Lift, man muss schon die Treppe nehmen“, sagte sie. „Die 51 Jahre waren mit viel Arbeit und oft auch mit großen Problemen und Sorgen verbunden.“ Die Venus-Trophäe kam auf ihren Schreibtisch. Im Mai 2000 wurde die Flensburgerin während des Filmfestes in Cannes auch von der europäischen Erotik-Branche für ihr Lebenswerk geehrt („Hot d’Or d’Honneur“), und zwar auf dem Gebiet „Freizügigkeit und Liberalisierung der Sexualität“.
„Immer ein Traum“ war für Beate Rotermund ein eigenes Museum, das die Sexualität als Teil der Kulturgeschichte präsentieren, aber auch Raum für die eigene Vita bieten sollte. Startschuss war eine kleine Sammlung geschenkter Exponate, die zunächst neben der Kantine ausgestellt werden sollte. Die Eröffnung eines kleinen Erotik-Museums in München und das Amsterdamer Sex-Museum wirkten inspirierend. Vorstandsmitglied Hans-Dieter Thomsen wurde frühzeitig zum Geschäftsführer des geplanten Museums erkoren und vergrößerte den Fundus internationaler Erotika mit einer Millionen-Summe.

Beate Rotermund: Im Mai 2000 in Cannes

Aber wohin mit all den Exponaten? Berlin war das Wunschziel. Aber zunächst gelang es nicht, eine geeignete Immobilie zu entdecken – obwohl unzählige Makler eingeschaltet waren. Als Alternative zerplatzte München, das sich – so Beate Rotermund – als „zu lustfeindlich“ entpuppte. Dann hoffte Flensburg. Schließlich machte doch Berlin das Rennen. Die Wahl fiel auf das Leineweber- Haus, das sich zwischen Kurfürstendamm und Bahnhof Zoo befand. „Beate Uhse“ hatte dafür 136.000 D-Mark an Miete aufzubringen – monatlich und ohne Nebenkosten. „Das ist das größte und teuerste Objekt, das wir je hatten“, bemerkte Beate Rotermund. Für den „neuen Meilenstein der Unternehmensgeschichte“ (Eigenwerbung) diktierte sie zunächst eine zurückhaltende Medien-Strategie. „Wir haben noch nichts fest“, lautete die Losung bei Journalisten-Anfragen – um erst mit der Eröffnung des Erotik-Museums eine große Medien-Präsenz zu erreichen.
Am 19. Januar 1996 war der große Tag gekommen: Beate Rotermund war direkt aus ihrem Winterdomizil in Florida zu „Europas größten Erotik-Museum“ angereist. Um Punkt 12 Uhr stürmten die ersten 100 Besucher das Gebäude. Die „Chefin“ stieß mit einen Glas Wein an und stellte sich den vielen Interviews. Auch wenn ein Fahrstuhl eine Stunde lang feststeckte, kamen an den ersten beiden Tagen 12.500 Neugierige. „Ich muss zugeben, dass wir mit einem so überwältigenden Erfolg nicht gerechnet hatten“, sagte Beate Rotermund. „Berlin ist die beste Stadt für mein Museum. Und wenn es mir die Behörden erlaubt hätten, wäre der Eintritt schon ab 16 Jahren. Schließlich betreibe ich Aufklärung.“ Am Eingang stand: „Zutritt nur für Erwachsene“.

Auf drei Etagen, verteilt auf 1800 Quadratmetern, gab es für zehn Euro die Fülle von 5000 Erotik-Zeugnissen diverser Zeiten und Völker zu bestaunen. Erotische Darstellungen der Malerei, Skulpturen aus Holz und Elfenbein prägten das Museum, ebenso die Würdigung der wissenschaftlichen Leistungen des Berliner Sexualforschers Magnus Hirschfeld. Daneben bot das Museum auch viele biografische Einblicke in die Vita von Beate Rotermund – was den einen oder anderen auch irritierte. Die „Neue Zürcher Zeitung“ schrieb etwa: „Hier die balinesischen Kultphalli und dort das Reichssportabzeichen, hier die Bücker Jungmann und dort Magnus Hirschfeld.“ Auch die direkte, kaufmännisch sinnvolle Verknüpfung mit einem Beate-Uhse-Shop war nicht jedermanns Geschmack.
Der „neue Meilenstein“ war zunächst ein Publikumsknüller. Bei Touristen aus Fernost erzielte das Erotik-Museum sogar eine größere Bekanntheit als das Brandenburger Tor. Insgesamt lag es 1996 mit 2,2 Millionen Besuchern unter allen Berliner Museen auf einem stolzen fünften Platz. Da dachte Beate Rotermund sogar an eine zweite erotische Sammlung, und zwar in der Hamburger Mönckebergstraße. Doch schon 1997 brachen die Besucherzahlen in Berlin um 40 Prozent ein – und der Trend setzte sich fort. Im August 2014 schloss das Erotik-Museum, kurz darauf auch der Shop. Inzwischen ist auch das Gebäude abgerissen.

Text: Jan Kirschner
Fotos: Privat

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