„Der Museumsberg Flensburg […] versteht sich als Serviceeinrichtung, die den Besucherinnen und anderen Nutzerinnen entgegenkommen will: Mit unseren vielfältigen Programmen und lebendigen Angeboten (Ausstellungen, Führungen, museumspädagogische Programme, Aktionstage, Vorträge, Konzerte, Sonntags-Atelier etc.) wollen wir ein breites Spektrum der Zielgruppen ansprechen.“ Das hat sich das Museum in seinem Leitbild als Ziel gesetzt, und das sind nicht nur leere Worte: Als am 24. Februar 2022 Russland den Krieg gegen die Ukraine begann, flüchteten Menschen aus diesem Land Richtung Westen. Bereits im März kamen die ersten davon hier in Flensburg an, zumeist Frauen und Kinder. Menschen, die ein ganz normales Leben mit Wohnung, Beruf, Schule zurücklassen mussten und sich plötzlich in einer Flüchtlingsunterkunft wiederfanden, in einem Land, dessen Sprache sie nicht beherrschen, dessen Essen sie nicht gewohnt sind, angewiesen auf Geschenke und gespendete Kleidung. Wie viele andere auch hat das Museumsteam überlegt, wie man helfen könnte. Es wurden in Benefizveranstaltungen Spenden gesammelt, die Ukraine und ihre Menschen wurden zum Thema einer großen Ausstellung gemacht, es fanden Konzerte mit ukrainischen Musikerinnen statt und ein Großteil der Karten wurde an Geflüchtete verschenkt. Es ging nicht zuletzt darum, den Geflüchteten zu zeigen, dass sie hier willkommen sind, dass ihre Identität, ihre Kultur hier wahrgenommen und wertgeschätzt wird. Die beste Idee dazu hatte Museumspädagoge Dennis Fay: Seit April 2022 bietet der Museumsberg jede Woche kostenlos Kunstkurse in ukrainischer Sprache für Kinder und Jugendliche an. Diese Kurse haben einen doppelten Effekt: Die Kinder und Jugendlichen kommen aus ihren teilweise trostlosen Unterkünften heraus, können ihre eigene Sprache mit Gleichaltrigen sprechen und sich kreativ ausdrücken. Vielleicht dabei sogar die traumatischen Erlebnisse verarbeiten, die sie hinter sich haben. Gleichzeitig haben auch die Mütter einen Abend pro Woche Zeit nur für sich, Kulturangebot inklusive. Für manche zum ersten Mal seit Monaten. Diese Abendkurse finden seit April jede Woche statt und werden auch nach dem Ende der Ukraine-Ausstellung fortgesetzt, solange Bedarf besteht. Die Kosten trägt das Museum aus seinem Budget für Museumspädagogik.

Längst haben Kultureinrichtungen begriffen, dass Kultur nicht im Elfenbeinturm gemacht wird, sondern nur dann ihr Publikum findet, wenn sie ihr Publikum ernst nimmt und zur aktiven Mitarbeit einlädt. Entscheidend dabei war und ist die Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen und Gruppen. Was in Kooperation mit der ukrainischen Exilgemeinde funktionierte, das funktioniert auf dem Museumsberg bereits seit Jahren auch mit anderen Einrichtungen, etwa mit der Alzheimer Gesellschaft Flensburg für das Format „Aufgeweckte Kunstgeschichten“, mit den Mürwiker Werkstätten für den „Führer in leichter Sprache“, mit dem Verein „Andersicht e. V.“ für neue Tastmodelle für Blinde und Sehgeschädigte – um nur einige weitere Beispiele zu nennen. Seit Jahrzehnten gibt es spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund, der Eintritt für Kinder und Jugendliche ist bereits seit Jahren generell frei.
Seit Ende 2022 steht mit dem „Kulturschlüssel“ auch für viele Erwachsene ein Weg offen, kostenlos die Städtischen Museen zu besuchen. Das Projekt „Kulturschlüssel im Norden“ möchte allen Menschen in Flensburg und dem Kreis Schleswig-Flensburg den Zugang zu Kultur ermöglichen, also auch denen mit geringem Einkommen. Alle, die unter eine bestimmte Einkommensgrenze fallen, können von der Bequa eine Kulturschlüsselkarte für günstige Veranstaltungs-Tickets erhalten.

Museumsmitarbeiter berichten, wie sie täglich von den Besucherinnen und Besuchern Neues lernen: „Ihr Feedback, ihre Kritik, ihre Anregungen bringen uns weiter. Wann immer das möglich ist, laden wir sie ein, uns nicht nur zu besuchen, sondern mit uns zusammenzuarbeiten.“ Wenn Kultur relevant für die Gesellschaft sein und bleiben will, muss sie auf die Menschen zugehen, sich für die Gesellschaft öffnen. Und für dieses Öffnen hat Flensburg jetzt einen neuen Schlüssel: Den „Kulturschlüssel“. Gesucht werden noch Kulturlotsen und -lotsinnen, die Menschen zu Kulturveranstaltungen begleiten. Wer Spaß am Umgang mit Menschen, Neugier auf und Begeisterung für neue kulturelle Erfahrungen hat und bereit ist, mit Empathie auf andere Menschen und ihre Bedürfnisse einzugehen, oder einfach Fragen zum Kulturschlüssel, darf sich gerne melden unter www.kulturschluessel-norden.de oder unter Tel: 0461 / 1503 - 210.
Auch für 2023 hat der Museumsberg wieder ein vielfältiges Programm 2023 geplant. Den Anfang macht vom 2. April bis 27. August 2023 die Ausstellung „Ernst Sauermann: Flensburger Wegbereiter der Moderne“ über Flensburgs zweiten Museumsdirektor, der ab 1904 junge Künstler förderte und die erste Museumsausstellung der expressionistischen Künstlergruppe „Die Brücke“ organisierte. Er pflegte Kontakte zu den wichtigsten Museumskollegen und Künstler*innen seiner Zeit und setzte Flensburg damit auf die internationale Landkarte der Ausstellungsorte.

„Der Schmetterling: Tier, Kunstwerk, Symbol“ wird die erste gemeinsame Ausstellung von Museumsberg und Naturwissenschaftlichem Museum: Seit Jahrhunderten sind Schmetterlinge Sinnbild für Schönheit und Eleganz, aber auch für Veränderung, für Verletzlichkeit und Vergänglichkeit. Diese Ausstellung geht vom 14. Mai bis zum 17. September sowohl den biologischen als auch den kunsthistorischen und kulturgeschichtlichen Aspekten des Themas Schmetterlinge nach. Ein Museumsbesuch lohnt sich also immer wieder.

Dr. Michael Fuhr
Titelfoto: Bodo Nitsch

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