Wohnungsbau ist kaum noch erschwinglich. Die Kosten sind zu hoch, auch wegen gestiegener Zinsen. Haushalte mit durchschnittlichem Einkommen können sich immer seltener Wohneigentum leisten. Zugleich fehlt dringend benötigter neuer Wohnraum, der weiterhin fehlen wird, wenn es nicht gelingt, Baukosten nennenswert zu senken.
Um gegenzusteuern, wird seit einiger Zeit über den sogenannten „Gebäudetyp E“ diskutiert. Anders als der Name vermuten lässt, geht es dabei nicht um einen bestimmten Haustyp, sondern um die Frage, wie man Bauen insgesamt einfacher, flexibler und günstiger gestalten kann. Ein aktueller Gesetzesentwurf – das sogenannte Gebäudetyp-E-Gesetz – soll dazu beitragen, bürokratische und rechtliche Hürden abzubauen.
In Deutschland gelten die allgemein anerkannten Regeln der Technik als verbindlicher Mindeststandard für die Bauausführung. Diese gehen oft über das hinaus, was für die reine Sicherheit eines Gebäudes oder einen akzeptablen Wohnkomfort erforderlich wäre. Viele dieser Normen betreffen Komfort- und Ausstattungsmerkmale, etwa Schallschutz oder die Anzahl von Steckdosen, die zwar wünschenswert, aber technisch nicht zwingend notwendig sind und manchmal sogar über das wirklich Notwendige hinausgehen. Weil Bauunternehmen solche technischen Vorgaben aber erfüllen müssen, um sich nicht rechtlich angreifbar zu machen, entstehen Mehrkosten, die aus rein technischer Sicht durch flexiblere oder vereinfachte Lösungen vermeidbar wären.
Der Gesetzentwurf zum Gebäudetyp E sieht vor, dass Normen, welche rein Komfort- oder Ausstattungsstandards betreffen – etwa Schallschutz, Deckenstärken oder Anzahl der Steckdosen – künftig nur dann Bestandteil des Vertrags werden, wenn sie ausdrücklich vereinbart wurden. Sicherheitsstandards wie Brandschutz oder Statik bleiben uneingeschränkt verpflichtend. Dadurch soll rechtlich klar werden, was Bauherren und Unternehmen flexibel vereinbaren können – was potenziell Kosten und Bürokratie senkt. Gleichzeitig will der Entwurf für Bauverträge zwischen Profis garantieren, dass das Abweichen von Standards nicht als Sachmangel gilt, sofern Sicherheit und Nutzbarkeit gewahrt bleiben. Kritik kommt aus verschiedenen Richtungen: Fachleute bezweifeln, dass die Einsparungen wirklich relevant sind, da Grundstückspreise, Energieauflagen und Nachfrage wichtiger sind; andere warnen vor rechtlicher Unsicherheit oder Risiken für private Bauherren, denen technische Expertise häufig fehlt.
Das Gebäudetyp-E-Gesetz verfolgt ein sinnvolles Ziel: Bauen einfacher und preiswerter zu machen. Es setzt dabei vor allem auf die Lockerung technischer Vorgaben und mehr Vertragsfreiheit zwischen Bauherren und Unternehmen. Ob diese Maßnahmen in der Praxis tatsächlich eine spürbare Kostenentlastung bringen, bleibt jedoch unsicher. Wahrscheinlich werden weitere Schritte nötig sein – etwa eine Straffung der Bürokratie, klare Abgrenzungen zwischen Sicherheits- und Komfortstandards sowie politische Entscheidungen zu Energie- und Klimavorgaben. Nur wenn diese Faktoren zusammenwirken, kann das Bauen in Deutschland wirklich einfacher und für breite Bevölkerungsschichten bezahlbar werden.
Ob das Gesetz jemals kommt, ist übrigens unklar. Der Gebäudetyp-E-Gesetzesentwurf wurde am 6. November 2024 vom Bundeskabinett beschlossen und als Regierungsentwurf eingebracht. Das Gesetz konnte aber nicht mehr vor der vorgezogenen Bundestagswahl verabschiedet werden und wurde daher noch nicht verbindlich beschlossen. Laut Koalitionsvertrag vom 9. April ist mit weiteren Anpassungen zu rechnen.
Gesetzgebungsverfahren sind manchmal wie Baustellen: Jeder weiß, wann sie anfangen – aber keiner kann sagen, wann sie fertig werden. Und während des Baus ändert sich der Plan mindestens drei Mal.

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