„Gut Ding will Weile haben“, „Aller Anfang ist schwer“, „Ende gut – alles gut“. Es kommen einem einige dieser Floskeln in den Sinn, wenn man auf die Anzahl der Jahre blickt, die das Projekt letztlich brauchte: von der Idee zur Teilnahme an einem Städtebauwettbewerb bis schließlich zur Umsetzung der Planungen und der finalen Bauausführung.

Die Idee entsteht

Markus Pahl, seinerzeit noch Sachbearbeiter bei IHR Sanierungsträger, der 2003 gegründeten Flensburger Gesellschaft für Stadterneuerung mbH – mit Sitz Am Pferdewasser 14 in Flensburg, entwickelte die Idee, an einem vom Bundesamt für Bauwesen in Berlin ausgelobten Wettbewerb teilzunehmen. Bei besagtem städtebaulichem Wettbewerb ging es um das Thema „Zukunft planen – kostengünstiges, klimagerechtes Bauen und Wohnen im Bestand“.
Anfangs waren noch nicht alle Mitarbeiter bei 
IHRsan von dem Projekt überzeugt, doch der Initiator blieb standhaft, entwickelte und formulierte entsprechende Planungsunterlagen. Er war sich sicher, dass gerade eine Stadt wie Flensburg erproben sollte, wie am besten mit der Umnutzung von denkmalgeschützten Gebäuden und einer passenden „Wiederbelebung“ des dazugehörigen Umfelds umgegangen werden sollte. Gerade ehemals öffentliche Gebäude wie Schulen oder Ämter haben oftmals Flächenreserven in innerstädtischen Lagen. Die Sanierung der historischen Bausubstanz und behutsame Integration von Neubauten stellt die Stadt zwar vor große Herausforderungen, doch durch solch einen geglückten Balanceakt wird die Standortqualität nachhaltig gesteigert werden.

Der Wettbewerb

Die Ausschreibung zum genannten Wettbewerb fand im Herbst 2008 statt. Im Rahmen des bundesweiten zwei­stufigen Ideenwettbewerbs hatte das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Berlin damals vorbildliche Planungskonzepte zum energieeffizienten Bauen im Bestand unter besonderer Berücksichtigung des demografischen Wandels ausgelobt und ausgezeichnet. In der ersten Stufe wurden bundesweit geeignete Grundstücke gesucht, für die in der zweiten Stufe zukunftsfähige Planungskonzepte erarbeitet werden sollten. Flensburg konnte sich erfolgreich mit den Gebäuden Duburger Straße 8, 10-12 und 14 für den Bereich Umbau ehemaliger Schulgebäude bewerben. Insgesamt wurden für Flensburg 8 Arbeiten abgegeben, von denen eine Arbeit prämiert wurde. Am 15. Juni 2009 wurden anlässlich der Ausstellungseröffnung in Berlin die Preise vergeben.

Das Projekt „Duburger Straße 8, 10-12 und 14“

Das Wettbewerbsareal lag und liegt in einem Sanierungsgebiet des Flensburger Stadtteils Neustadt, in unmittelbarer Nähe zum historischen Wahrzeichen der Stadt, dem Nordertor.
Von den genannten Gebäuden waren seinerzeit zwei im Eigentum der Stadt Flensburg.
Das Haus Nummer 8 musste zunächst vom Deutschen Grenzverein erworben werden und wurde abgerissen, es entstand dort an gleicher Stelle ein neues Mehrfamilienhaus mit über 90 Wohnungen.
Das Haus Duburger Straße 10-12 wurde im Jahre 1797 erbaut, war ursprünglich das Wohnhaus des königlichen Zollkontrolleurs Georg Vasmer. Die Stadt Flensburg nutzte das Gebäude später unter anderem als Sprachheilgrundschule (bis 2000), bei einer anschließenden weiteren Untersuchung wurde Schwamm im Hause festgestellt und eine weitere Nutzung untersagt. Das Haus Duburger Straße 14 wurde im Jahr 1878 von Maurermeister H. V. Flügel errichtet, wurde jahrzehntelang als städtische Schule genutzt, so auch als ehemalige St.-Marien-Knabenschule II, später als ehemalige Handelslehranstalt bis in die Jahre 2004/2005. Ab 2005 kam es zu einem kurzfristigen Nutzungsversuch durch die Armutsinitiative „Tuwas“, ab 2006 wurde es an Künstlergruppen wie der KKI als Interimsnutzung vermietet. Diese Idee der zeitweisen Überlassung an Künstler wurde seinerzeit übrigens im Quartier entwickelt, wird mittlerweile auch in anderen Stadtteilen immer mal wieder bei passenden Objekten genutzt.

Die GEWOBA steigt in das Projekt ein

Die Grundstücke der Duburger Straße 8, 10-12 und 14 wurden im Juli 2014 an die GEWOBA Nord Baugenossenschaft verkauft. Markus Pahl, mittlerweile Geschäftsführer der IHRsan, ist heute noch froh und dankbar, dass sich der Aufsichtsrat und die Geschäftsführung der in Schleswig beheimateten Wohnungsbaugenossenschaft von der Möglichkeit überzeugen ließ, in einem Flensburger „Problem-Stadtteil“ in die genannten Projekte mit einzusteigen. Die Fachleute der GEWOBA erkannten ganz offensichtlich das in Flensburg schlummernde Potenzial in Sachen „Renovierung, Umbau und Neubau von Projekten“, gaben am Tage nach der Inaugenscheinnahme des Areals zwischen Duburger Straße und Gartenstraße der Stadt die entsprechende Zusage.
Das Gebäude mit der Nummer 8 war nicht denkmalgeschützt, zudem nicht mehr sanierungsfähig und wurde folgerichtig im Jahr 2015 abgebrochen. An gleicher Stelle wurde ein 6-geschossiges Mehrfamilienhaus mit insgesamt 93 Wohnungen errichtet. Im Herbst 2017 wurde die Neubebauung fertiggestellt und mit dem Bezug der Wohnungen begonnen. Für das „Skolehaven“ genannte Projekt hat die GEWOBA Nord die Funktion des Investors übernommen.
Die beiden ehemaligen Schulgebäude 10-12 und 14 waren und sind dagegen denkmalgeschützt. Ergänzend zur Neubebauung sollten die denkmalgeschützten Gebäude Duburger Straße 10-12 und 14 modernisiert und zu Wohnungen umgenutzt werden. Beide Baudenkmäler waren stark renovierungsbedürftig. Insbesondere das ehemalige alte Wohnhaus, das stark von Schimmel (Hausschwamm) befallen war, stellte eine besondere planerische und wirtschaftliche Herausforderung dar.
Davon konnte sich der Schreiber dieser Zeilen bei einem Ortstermin Ende April 2023 persönlich überzeugen. Sowohl die Bauleitung der GEWOBA Nord, Herr Wellen, der ausführende Architekt der PMP Projekt GmbH, Herr Grote, als auch die beiden Teilnehmer des IHRsan, Herr Pahl und Frau Jensen, wiesen während der Begehung immer wieder auf die speziellen Probleme in den Gebäuden und mit der Bausubstanz hin. Die Topografie der Grundstücke ist sehr anspruchsvoll: Zwischen der Gartenstraße und der steil ansteigenden Duburger Straße gibt es erhebliche Höhenunterschiede von einem bis sogar zu zwei Geschossen; die Hanglage, teils unterschiedliche Bausubstanzen, hohe Räumlichkeiten – es gibt viele Erschwernisse und Besonderheiten bei der Bauausführung zu berücksichtigen.
Dabei sind sowohl das einstige Schulgebäude Nr. 14 als auch das benachbarte Wohngebäude 10-12 reizvolle architektonische Zeitzeugen, die es wirklich verdienen, wiederbelebt, umgenutzt und im Sinne einer denkmalgerechten Restaurierung reaktiviert zu werden.

Die Bauphase

Nach Bewilligung der Anträge der Beschlussvorlage vom Ausschuss für Umwelt, Planung und Stadt­entwicklung vom 29.10.2019 konnte mit der Bauphase gestartet werden. Für die Bauzeit wurden 2,5 Jahre veranschlagt. Es werden wohl gut 12 Monate mehr werden, man hofft, Ende des Jahres 2023 alles geschafft zu haben.
Um die beiden genannten Denkmäler mit privaten Mitteln erhalten zu können, ist ein wirtschaftlich erträgliches Maß der baulichen Nutzung unbedingt erforderlich. Die bauaufsichtlichen Belange für die Modernisierung und Umbauten wurden mit dem Bauamt, Denkmalamt und der hiesigen Feuerwehr abgestimmt und in der Planung berücksichtigt. Bei diesem Projekt werden Fördermittel beantragt, so werden bei der Nummer 10-12 auf Basis der sozialen Wohnraumförderung 2 von 8 Wohnungen gefördert, bei der Nummer 14 sind es sogar 7 von 10 Wohnungen. In Nummer 14 sollen überdies zusätzlich Besprechungs- und Gemeinschaftsräume für die künftigen Mieter entstehen.
Es handelt sich hierbei vor allem deswegen um ein Pilotprojekt in Schleswig-Holstein, weil es erstmals gelungen ist, Mittel der sozialen Wohnraumförderung mit Mitteln der Städtebauförderung zu kombinieren. Dadurch sind die Mieten sowohl im sozial geförderten Teil festgeschrieben und im frei finanzierten Teil weit unterhalb der heutigen Durchschnittsmiete in dem Bereich. Und das bei Baukosten von 
z. T. über 6 T€ pro Quadratmeter.

Das Ergebnis

„In gut einem Jahr werden wir in der unteren Duburger Straße ein Paradebeispiel für vorbildliche Umnutzung alter Gebäude zu nutzbarem und zeitgemäßem Wohnraum vorfinden“, ist sich Markus Pahl ganz sicher und vom Gelingen der Baumaßnahmen überzeugt. „Unser Dank geht an alle Beteiligten, dazu zähle ich ausdrücklich das Städtebauförderreferat im Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport (MIKWS), die Investitionsbank Schleswig-Holstein, die Stadt Flensburg, die hiesige Kommunalpolitik, die allesamt ihren maßgeblichen Anteil am Gelingen des Projekts geleistet haben und immer noch leisten.“
Wer jetzt meint, dass der Spruch „Ende gut – alles gut“ zutreffend sei, dem sei Folgendes gesagt: „Die Stadt Flensburg und mit ihr die Flensburger Gesellschaft für Stadterneuerung ist sich sicher, noch lange nicht das „Ende“ erreicht zu haben – im Gegenteil: In unserer schönen und teilweise altehrwürdigen Stadt gibt es zahlreiche weitere Projekte, die nur darauf warten, eine Umnutzung alter Gebäude zu nutzbarem und zeitgemäßem Wohnraum zu erfahren. Es gibt solche Projekte in größerer Zahl etwa in der Großen Straße, aber auch in der Neustadt.“
Dem ist nichts hinzuzufügen, wir sind gespannt auf weitere Projekte dieser Art, die dazu beitragen unser Flensburg noch schöner und wohnlicher zu gestalten, Stadtteile wie etwa die Neustadt wieder attraktiv und lebenswert zu gestalten.
Das Flensburg Journal bedankt sich bei Markus Pahl für ein hoch interessantes Gespräch!

Das Gespräch führte Peter Feuerschütz.
Fotos: Benjamin Nolte

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