Bowling ist deutschlandweit eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Man trifft sich mit Freunden, spielt ein paar Spiele, isst und trinkt. Bowlingarenen gibt es nahezu in jeder größeren Stadt. Das Ziel ist einfach formuliert: Mit einem Bowlingball mit einem Wurf so viele Pins wie möglich abzuräumen. „Ball“ ist dabei die richtige Formulierung, umgangssprachlich wird er aber oft als Kugel bezeichnet. Was für viele eine reine Freizeitbeschäftigung ist, geht für die Männer und Frauen des TSV Oeversee noch einen deutlichen Schritt weiter. Bowling ist in Deutschland auch eine Wettkampfsportart. 1998 hat der TSV Oeversee eine Bowlingsparte aufgenommen, spielt in Landes- und Verbandsligen um Punkte.
„Aktuell sind wir bei uns in der Sparte 24 aktive Sportlerinnen und Sportler“, berichtet Bernd Schindler, seit 40 Jahren aktiver Bowler und Vereinsmitglied in Oeversee. „Neben Betriebssport sind wir in der Seniorenliga, der Verbandsklasse und der Landesliga aktiv.“ Unterschiede zwischen den Freizeitbowlern und den Vereinsspielern liegen nicht nur in der einheitlichen Spielbekleidung. Die Unterschiede liegen im Detail. „Einen ganz großen Unterschied machen bereits die Bälle aus, die wir nutzen“, erklärt Schindler. „Wir spielen nicht mit Plastikbällen, unsere sind meist aus Urethan gefertigt.“ Bälle mit verschiedenen Oberflächen für verschiedene Bahnverhältnisse befinden sich in den Taschen der professionellen Spieler. „Die Bälle sind individuell angepasst, auf die Finger und die Hand des Spielers und passen dann auch nur ihm“, erklärt Schindler. „Die Stärke der Finger und auch der Abstand zum Daumen werden gemessen und anhand dieser Werte werden dann die Löcher in den Ball gebohrt.“ Diese individuelle Bohrung unterscheidet sich von der Bohrung (Konventionalbohrung) der Bälle, die in den Bowlingarenen für die Allgemeinheit genutzt werden. Bei der sogenannten Konventionalbohrung werden die Löcher so gesetzt, dass der Daumen komplett im Loch verschwindet und die Mittel- bzw. Ringfinger bis zum zweiten Gelenk in die Löcher passen. Hier werden auch keine Einlagen (Inserts) eingearbeitet, so dass ein sicherer Griff möglich ist. Diese Bälle sind vielfältig einsetzbar und passen der breiten Masse. Sportbowler, mit eigenen Bällen, bevorzugen die Fingertip-Bohrung. Hier sitzt der Daumen ebenfalls vollständig im Loch, die beiden anderen Finger jedoch nur bis zum ersten Fingergelenk. Hierdurch wird die Auflagefläche des Balls in der Hand vergrößert, was zu einem höheren Maß an Ballkontrolle führt. Hinzu kommen Einsätze (Inserts) für einen sicheren Griff.
„Unterscheiden tut man zusätzlich noch zwischen Strikebällen und Räum- oder Sparebällen“, erklärt Schindler. „Die Strikebälle sind durch ihren Kern und die spezielle Oberfläche in der Lage eine Art Haken zu schlagen um einen optimalen Einschlag auf die Pins zu ermöglichen. Die Räumbälle oder auch die Standard-Plastik-Bälle, die es in den Arenen gibt, laufen gerader, machen keine so starke Rotation.“ Ein Ball wiegt in der Regel zwischen 2,7 und 7,2 Kilogramm. Für einen eigenen Ball kann man leicht zwischen 180-260 Euro ausgeben. Die individuelle Bohrung kommt noch hinzu. „Ich selbst spiele mit drei verschiedenen Bällen“, so Schindler. „Wir haben bei uns im Verein aber auch Spieler, die fünf oder sechs Bälle in ihrer Tasche haben.“
Bei der persönlichen Ausrüstung spielen auch die Schuhe eine wichtige Rolle. „Manch einer zieht auch noch eine Art Puschen oder Leder über den Schuh“, so Schindler. „Auch auswechselbare Sohlen sind durchaus üblich.“ Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Beschaffenheit des Anlaufes auf den Bahnen. „Die Bereiche sind unterschiedlich gut gepflegt, da sind verschiedene Sohlen über Überzüge schon wichtig um nicht unnötig viel oder zu wenig zu rutschen.“ Auch die Handgelenke spielen bei den Sportbowlern eine wichtige Rolle. Viele spielen mit Handgelenkstützen, damit das Gelenk nicht wegknickt, sobald der Ball losgelassen wird. „Profisportler brauchen diese Unterstützung weniger“, erklärt Schindler, „die trainieren ihre Handgelenke.“
Neben der individuellen, persönlichen Ausrüstung kommt es beim Sportbowlen auch auf die Bahn an. Die sogenannten Ölbilder auf der 19,20 Meter langen und 1,04 Meter breiten Bahn sind hier von zentraler Bedeutung. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Ölung der Bahnen zu einer wichtigen Komponente dieser Sportart entwickelt. Ursprünglich diente sie lediglich dem Schutz der Holzbahnen vor Verschmutzung oder Feuchtigkeit und für die Verteilung der Kräfte, die beim Aufkommen der Bälle entstehen. Heutige Kunststoffbahnen sind da weniger empfindlich und die Ölung der Bahnen hat eine andere Bedeutung bekommen. Das aufgetragene Ölbild oder Ölmuster wirkt sich auf den Lauf der Bowlingbälle aus. „Bei internationalen Meisterschaften oder größeren Turnieren hängt das verwendete Ölmuster zur Information aus, so dass sich jeder Sportler anschauen kann, wie die Bahn geölt ist“, erklärt Schindler. „Im Trainingsbetrieb und insbesondere in den hauptsächlich für den Freizeitsport geöffneten Anlagen kennen wir die Ölbilder nicht und sie sind auch nicht konstant, da deutlich seltener geölt wird.“ Die Pflege der Bahnen übernehmen in der Regel Maschinen. Eine gute Bahnpflegemaschine kann durchaus dutzende unterschiedliche Ölbilder auftragen. „Grob kann man sagen, dass Dreiviertel der Bahn geölt sind und das letzte Viertel nicht“, so Schindler, „dadurch entsteht die von Sportbowlern gewünschte Rotation am Ende der Bahn, kurz vor dem Einschlag in die Pins.“ Auch die Bälle nehmen einen Teil des Öls auf, weshalb sie nach den Würfen in der Regel abgewischt und gesäubert werden.
Anders als beim Kegeln gilt es beim Bowling zehn statt neun Pins abzuräumen. Die Pins sind dabei in einem gleichseitigen Dreieck angeordnet, beim Kegeln in Form einer Raute. Entstanden ist das Bowling allerdings aus dem Kegelsport, der durch europäische Siedler im 17./18. Jahrhundert in die USA gebracht wurde. Das klassische Kegeln wurde in Connecticut im 19. Jahrhundert verboten. Um das Gebot zu umgehen fügte man einen zehnten Kegel hinzu, stellte diese im Dreieck statt im Viereck auf, nannte sie Pins und das neue Spiel Bowling. In den 50er Jahren kehrte der Sport dann zurück nach Europa und nach Deutschland. Gewann hier immer mehr an Beliebtheit.
Die zehn Pins sind in einem Dreieck mit einer Kantenlänge von 91,44 cm angeordnet, die Spitze zeigt zum Spieler. Ein Spiel (Game) besteht aus zehn Durchgängen (Frames). Es gilt in jedem Frame die maximale Anzahl an Pins abzuräumen. Um dies zu schaffen hat ein Spieler maximal zwei Würfe. Als Strike bezeichnet man es, wenn ein Spieler mit dem ersten Wurf alle zehn Pins abräumt. Gelingt ihm dies erst mit dem zweiten Wurf, dann ist es ein Spare. Schafft er es auch mit dem zweiten nicht, dann spricht man in der Bowling-Sprache von einem Open Frame. Für die Wertung werden nun die pro Frame umgeworfenen Links gezählt. Nach einem Spare werden zusätzlich zu den zehn Punkten die des nächsten Wurfes hinzugezählt, man kann somit maximal 20 Punkte erreichen. Bei einem Strike sind es sogar die Punkte der nächsten beiden Würfe. Somit können maximal 30 Punkte erreicht werden. Bei einem Spare im letzten Spiel erhält der Spieler einen Zusatzwurf, bei einem Strike sogar zwei. Schafft man zwölf Strikes in einem Spiel, so spricht der Bowler von einem perfekten Spiel. Das höchste zu erreichende Ergebnis sind damit 300 Punkte.
Wer beim Bowling mehr Ambitionen entwickelt, als hin und wieder mal mit Freunden eine Runde zu spielen, der kann sich einem Verein wie dem TSV Oeversee anschließen. Früher gab es in und um Flensburg fünf Vereine, in Flensburg ist der Bowling Club Förde Flensburg übrig geblieben, vor den Toren der Stadt der TSV Oeversee. „Um bei uns in Oeversee mitzumachen braucht man zunächst einmal Lust“, so Schindler. „Dann folgt Training, Training, Training um auch erste Erfolge zu erkennen.“ Ein Gefühl für den Ball bekommen. Sportbowling unterscheidet sich von Bowling als Freizeitaktivität. Das richtige Equipment und die richtige Technik sind wichtig, dann stellen sich auch Erfolge und eine deutliche Verbesserung der eigenen spielerischen Fähigkeiten ein. „Man fängt vorsichtig an und wenn es einem gefällt, dann ist auch schnell der erste eigene, individuelle Ball da.“ Die Oeverseer Sportbowler trainieren immer montags von 19-21 Uhr in der Bowling Arena in Flensburg. Einige der Vereinsmitglieder fahren für ein zweites Training nach Rendsburg.
Text und Fotos: Benjamin Nolte