„Die einfachste Fahrkarte der Welt“, so nennt das Schweizer Unternehmen FAIRTIQ seine App. Weder Startpunkt noch Endstation müssen angegeben werden, das Ticket für die gefahrene Strecke wird automatisch erstellt. Seit dem 15. Juli 2020 kommt Fairtiq im Flensburger Stadtverkehr zum Einsatz. Seniorenbeiratsmitglied Heidemarie Hesse hat die App getestet.
„Na klar bin ich viel unterwegs! Das gehört zum Leben dazu!“ Die über 70-jährige Heidemarie Hesse ist bereits zum zweiten Mal Mitglied des Seniorenbeirats der Stadt Flensburg, der 2018 wieder für fünf Jahre gewählt wurde. Einer ihrer Schwerpunkte dort ist die Mitwirkung im Arbeitskreis Mobilität. Denn: „Mobilität ist Lebensqualität! Die Möglichkeit, eigenständig einzukaufen, zur Arbeit oder zum Arzt zu gehen, Freunde und Bekannte, Theater, Kino oder Ausstellungen zu besuchen, das ist für alle Menschen – jung oder alt – wichtig.“
Selbst ist sie meist mit Rad oder Bus unterwegs. Über ihre Erfahrungen mit der App Fairtiq berichtet sie in einem kleinen Interview.
Wie funktioniert das mit Fairtiq, Frau Hesse?
- War es schwierig, Fairtiq herunterzuladen und sich zu registrieren?
Das war ganz leicht. Man braucht natürlich ein Smartphone. Dann lädt man die kostenlose App herunter, gibt die persönlichen Daten ein, also Namen, Adresse, Geburtsdatum und den gewünschten Zahlungsweg. Für unterwegs müssen mobile Daten und die Standort aktiviert sein. Mit einem Gerät kann man jeweils einen Fahrschein kaufen.
- Wie handhabt man die App?
Es ist wirklich einfach. Wenn ich an der Haltestelle bin, ziehe ich den grünen „Start“-Button nach rechts. Dann erscheint die Anzeige „Ticket anzeigen“. Beim Einsteigen klicke ich darauf und zeige dem Fahrpersonal den Barcode. Bei der App gibt es übrigens auch ein Video mit der entsprechenden Anleitung.
- Und wenn man beim Aussteigen vergisst, die App zu stoppen?
Kein Problem, ist mir auch schon passiert. Dann wird die Fahrt automatisch gestoppt. Es erscheint eine Anzeige mit der Ausstiegshaltestelle und den Fahrtkosten.
- Was ist aus Ihrer Sicht besser: Die App – oder ist eine Buskarte doch praktischer?
Für mich ist die App definitiv besser. Sie hat gleich mehrere Vorteile:
- Man ist unabhängig: Man braucht keine Streifenkarte (2,00 Euro pro Fahrt) im Vorverkauf zu besorgen und braucht auch nicht das teurere Einzeltticket für 2,30 Euro im Bus zu kaufen.
- Die App ist günstiger und spart einem Rechnerei: Die App berechnet immer den günstigsten Preis, wie beim Streifenticket. Und – das finde ich besonders gut – wenn man innerhalb einer Stunde hin und zurück fährt, wird nur der Preis für eine Fahrt berechnet. Ist man mehrmals am Tag unterwegs, zum Beispiel vormittags und nachmittags, wird automatisch höchstens der Preis für ein Tagesticket, nämlich 5,80 Euro, angezeigt.
- Die App informiert nach jeder Fahrt über die Fahrtkosten, liefert am Tagesende eine Zusammenfassung und informiert auch per Mail.
- Und natürlich ist es auch eine enorme Zeitersparnis, wenn Fahrgäste weniger Karten im Bus kaufen.
Einen Verbesserungsvorschlag hätte ich allerdings: Als Großmutter nehme ich ab und zu einmal ein Kind mit im Bus. Da wäre es schön, wenn ich per App die Kinderkarte mitbezahlen könnte. Das ist zwar vorgemerkt für die App-Entwicklung, geht aber noch nicht: Bisher kann man nur für eine Person einen Fahrschein lösen.
Engagement in der AG Mobilität: Barriere-Check, Bus- und Radverkehr
- Sie arbeiten mit in der AG Mobilität des Seniorenbeirat. Worum geht es da zum Beispiel?
Mobilität ist ein wichtiges Thema, gerade für Ältere, die nicht mehr so gut zu Fuß unterwegs sind, einen Rollator benutzen oder sehbehindert sind, und natürlich trotzdem am Leben teilhaben wollen.
Zwei Beispiele für unser Engagement in diesem Bereich: Der Seniorenbeirat beteiligt sich am regelmäßig stattfindenden Barriere-Check, gemeinsam mit dem Arbeitskreis des Behindertenbeauftragten, dem VdK und dem VCD. Dort begehen wir eine oft genutzte Fußstrecke und geben Hürden und Hindernisse an Stadtverwaltung und TBZ weiter.
Mit AktivBus führen wir regelmäßig ein Jahresgespräch, bei dem wir Anliegen einbringen. Jetzt gibt es ja die Linie 4, die über die Schulze-Delitzsch-Straße führt. Für die Anwohner:innen dort und besonders für die, die im Servicehaus Sandberg wohnen, ist das eine enorme Verbesserung. Dass diese Linie geschaffen wurde, ist auch mit auf unsere Initiative zurückzuführen.
- Letzte Frage: Was ist aus Ihrer Sicht denn besonders wichtig in Bezug auf die Verkehrsgestaltung in Flensburg?
Da ich viel mit dem Fahrrad unterwegs bin, wünsche ich mir eine Verbesserung der Verkehrssituation für Radfahrende. Es gibt inzwischen Fortschritte, aber auch noch viel zu tun, damit Flensburg wirklich fahrradfreundlich wird.
Aktiv Bus: Erfreut über den guten Start der App
Bei Aktiv Bus ist man mit dem guten Start der App sehr zufrieden. „Wir freuen uns über den gelungenen Einstieg. Natürlich gab es die ‚Corona-Delle‘ in der zweiten Jahreshälfte“, so Linus Petersen, der bei Aktiv Bus für Fairtiq zuständig ist. „Tatsächlich war der Rückgang bei der App-Nutzung aber geringer als beim Fahrkarten-Verkauf.“
Das kontaktlose Bezahlen ist für viele wahrscheinlich gerade unter Pandemiebedingungen angenehmer.
Durch Fairtiq entfällt der manchmal zeitaufwändige Barverkauf im Bus. Die Fahrgäste steigen schneller zu, der Busverkehr wird pünktlicher. Das kommt allen zugute. „Falls man beim Aussteigen das Stoppen vergisst und es mit dem automatischen Ausloggen wider Erwarten nicht klappt“, so Herr Petersen, „bitte einfach mit dem Kundendienst Kontakt aufnehmen.“
Und er lädt dazu ein, die App einfach einmal auszuprobieren: „Die App ist kostenlos, und wenn Sie sie nutzen, sparen Sie von Beginn an im Vergleich zum Einzelfahrschein.“
Weitere Informationen: Aktiv-Bus Flensburg: Auf die Plätze FAIRTIQ Los! – mehr
Pressemitteilung VCD Flensburg
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