Veranstalter: Das IfT, Institut für Talententwicklung GmbH
Start der Fachmessen für Ausbildung und Studium vocatium (früher: nordjob)
Es waren damals zwei sonnige Tage im Sommer 2000. Im Kieler Schloss fand eine Ausbildungsmesse statt: Der Flensburger Signet-Verlag hatte seine ersten drei berufsorientierenden Taschenbücher veröffentlicht: jeweils auf Teilregionen von Schleswig-Holstein zugeschnitten. Auf der Messe wurde die Kiel-Ausgabe an Schülerinnen und Schüler verteilt. Zum Ende der Veranstaltung schaute der Signet-Geschäftsführer Roderich Stintzing noch mal beim benachbarten Stand von Siemens vorbei und fragte einen Ausbildungsreferenten der Firma, wie ihm die Messe gefallen habe. Dieser wurde deutlich: „Die Gespräche waren leider oberflächlich und unverbindlich. Die Jugendlichen hatten sich nicht vorbereitet.“
Die Signet-Taschenbücher unter dem Haupttitel „Chancen in der Region …“ bekamen viel positive Resonanz. Das Geschäft lief gut an. Eines Tages zudem selbst Ausbildungsmessen zu veranstalten, das hatte beim Signet-Verlag niemand im Sinn gehabt.

„Go“ auf der Rader Hochbrücke
Das kurze Gespräch mit dem Siemensianer beschäftigte den Flensburger jedoch gleich sehr. Kaum hatte er sich mit dem Auto auf die Rückfahrt gemacht, sann er darüber nach, wie man Ausbildungsmessen besser organisieren könnte. Ein Grundkonzept hatte sich der Signet-Chef bereits bis zum Rendsburger Kreuz zurechtgelegt. Bei der Auffahrt zur Rader Hochbrücke, erinnert sich Stintzing, stellte er sich die Frage: „Sollen wir eine solche Ausbildungsmesse realisieren?“ – Und schon wenige hundert Meter später, direkt auf der Brücke, fasste er den Entschluss: „Wir versuchen es! Und wir sollen es so gut machen, dass eine Weltfirma wie Siemens bald zu unseren Kunden zählt.“
Zurück in Flensburg, wurde die Idee intern mit den Mitarbeitenden und einem Mitgesellschafter besprochen. Als externen Mitstreiter fand der Signet-Verlag Dieter Kühl, einen langjährig erfahrenen Flensburger Kaufmann. Die Idee wurde dem damals für das Thema „Ausbildung“ zuständigen Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Flensburg vorgestellt.
Schnell hatte das Kind einen Namen: „nordjob“. Dem Signet-Verlag gelang es mit der Unterstützung von Dieter Kühl, binnen weniger Monate annähernd 50 Ausbildungsbetriebe als Aussteller zu gewinnen, darunter auch ein Unternehmen aus Dänemark. Das „Schiff“ nahm zunehmend Fahrt auf. Die IHK wurde Veranstaltungspartner, die örtlichen Rotary-Clubs begleiteten den Auftritt wohlwollend.
Wo sollte die Messe eigentlich stattfinden? Die Kreditinstitute der Flensburger Innenstadt stellten ihre Foyers, teilweise auch Beratungsräume, zur Verfügung. So pilgerten die Jugendlichen also von Messegespräch zu Messegespräch, mitunter einige hundert Meter weit über den Holm, die Große Straße, die Rathausstraße, die Rote Straße bis zum Neumarkt.
Die tragende Idee der früheren nordjob- und heutigen vocatium-Messen war und ist: Die Schülerinnen und Schüler werden auf ihren Messebesuch vorbereitet. Sie können sich einige Wochen vor der Veranstaltung überlegen, mit welchen Ausstellern sie terminierte Gespräche führen möchten. So werden die Jugendlichen an den Ständen zu bestimmten Zeiten erwartet und können sich gezielt auf die Gespräche mit den Ausstellern einstellen.

Wie aber sollte das „Matching“ zwischen den Schülern und Ausstellern erfolgen? Für die Premiere standen dem Signet-Verlag nichts weiter als die üblichen Bürosoftware-Programme Excel und Word zur Verfügung. Drei Informationen mussten eingeholt werden: die Beratungsangebote der Aussteller, die Terminwünsche der beteiligten Schülerinnen und Schüler und die Messebesuchs-Zeitfreigaben für die Jugendlichen durch die Schulen. Als diese „auf dem Tisch lagen“, schloss sich eine Mitarbeiterin sinnbildlich für ein Wochenende im Büro ein – und heraus kamen rund 900 terminierte Messegespräche. Diese wurden den Schülern und den Ausstellern 14 Tage vor der Veranstaltung mitgeteilt.
Die Messepremiere am 30./31. Mai 2001 wurde ein Achtungserfolg. Sogar die schleswig-holsteinische Bildungsministerin, Ute Erdsiek-Rave, beteiligte sich an einer Podiumsdiskussion zum Thema Berufsorientierung.
Siemens nahm an der zweiten Messe teil
Schon die erste Flensburger nordjob-Messe schlug höhere Wellen. Auf einer Nachbesprechung stimmten die Erstaussteller dafür, dass die Messe weiterhin stattfinden sollte. Als Messehalle wurde die Bürgerhalle des Rathauses für den 24./25. April 2002 angemietet. Zu den Ausstellern gehörte 2002 auch die Firma Siemens mit ihrem Kieler Ausbildungsbetrieb.
Noch beteiligten sich an der Messe fast ausschließlich Real- und Hauptschulen. Zu Besuch auf der nordjob in der Bürgerhalle meinte der damalige Koordinator für Berufsorientierung an Gymnasien, Dr. Rolf Glawischnig: „Wenn Hochschulen vertreten sind, ist die nordjob auch für Gymnasien interessant.“ Gesagt, getan: Hinweis angekommen, Idee umgesetzt: Zu den Ausstellern der dritten Messe – die seit jenem Jahr 2003 in der Campushalle (heute: GP Joule Arena) stattfindet – gehörten Hochschulen. Der außerschulische Lernort wird seither auch von Gymnasiasten besucht.

Das Gesamtkonzept geht auf. Die vocatium Flensburg 2025 wird von Schülerinnen und Schülern im Berufswahlalter von 37 Schulen angesteuert. Die Jugendlichen sprechen mit 90 Ausbildungsbetrieben, 17 Hochschulen, 11 Fachschulen und 11 Beratungsinstitutionen über Ausbildung, Studium oder beides, Praktika und mehr.
Ausdehnung nach Kiel und Lübeck …
… und bald darauf bis München, Wien, Stettin und Madrid
Unter den Gästen der zweiten „nordjob“: die Bildungsgeschäftsführer der IHK Kiel und der IHK Lübeck. Diese erklärten dem Veranstalter, dass beide Kammern die Realisierung des Messekonzepts in der Landeshauptstadt und in der Hansestadt wohlwollend begleiten würden. In Lübeck erklärte sich der frühere Ministerpräsident Björn Engholm zur Schirmherrschaft bereit.
Nach der ersten „nordjob Kiel“ rief ein Lehrer aus Itzehoe den Flensburger Veranstalter, seit Sommer 2002 als „IfT Institut für Talententwicklung“ firmierend, in die Unterelbe-Region. Eine namhafte Firma aus Neumünster ermunterte zu einer „nordjob Neumünster“. Die Bundeswehr, Siemens und ein Kreditinstitut forderten die Umsetzung des Messekonzepts in Hamburg. Die Bundeswehr wünschte gleich noch eine „nordjob“ in Schwerin.
Zu deren Premiere im Staatstheater Schwerin im Jahr 2004 kam ein Ausbildungsreferent der Deutschen Bank auf das IfT zu und bat: „Kommen Sie auch nach Berlin!“ Die Flensburger folgten diesem Impuls. Die Deutsche Bank stellte für die erste vocatium-Messe 2005 in Berlin kostenfrei eine erstklassige Veranstaltungsfläche im historischen Zentrum der Hauptstadt zur Verfügung. Bald darauf motivierte die Bank das IfT auch zu Messen in Hannover, Frankfurt, Dresden und München; ein Jahr darauf überdies zu Messen in Stuttgart, Nürnberg, Leipzig und Düsseldorf.

Seit einiger Zeit veranstaltet das IfT jährlich 80 „vocatium“-Messen – in allen Bundesländern. Zudem werden mehrere Berufswahltage für Eltern und Jugendliche unter dem Namen „parentum“ in Deutschland realisiert. Zwischendurch unternahm die Firma auch „Ausflüge“ nach Stettin, Madrid und Wien. Seit der Corona-Krise, durch die für eineinhalb Jahre nahezu alle größeren Veranstaltungen in Hallen verboten waren, konzentriert sich das Unternehmen auf Ausbildungsmessen in Deutschland. Mit einer Ausnahme: An einer Videochat-Messe nehmen auch Schülerinnen und Schüler aus Übersee teil. Mitte Juni 2024 ging die 1.500. IfT-Messe über die Bühne.
Längst ist das IfT ein mittelgroßes Unternehmen – mit 220 festangestellten Mitarbeitenden. Die Geschäftsführungen übernehmen jüngere Menschen. Der Gründer, Jahrgang 1954, hat nur noch eine Teilzeitstelle.
25. Fachmesse für Ausbildung + Studium Flensburg
vocatium am 26./27. März 2025 in der GP Joule-Arena mit Sonderprogramm
Zusammen mit den Veranstaltungspartnern Agentur für Arbeit, Arbeitgeberverband Flensburg-Schleswig-Eckernförde e. V. und Industrie- und Handelskammer Flensburg findet Ende März 2025 die 25. vocatium Flensburg in der GP Joule Arena statt.
Die IfT-Projektleiterin Christina Kaczmirek erwartet rund 4.000 Schülerinnen und Schüler zu der Veranstaltung, etwa 100 auch von Schulen aus Dänemark. Die Messe profilierte sich von Anbeginn als deutsch-dänische Messe. Ein Zehntel der 128 Aussteller kommt aus Dänemark; es sind Fachschulen und Hochschulen.
Insgesamt nehmen 37 Schulen aus der Großregion Flensburg/Flensborg teil. Das Einzugsgebiet der Ausbildungsmesse reicht im Süden bis Schleswig, im Osten bis Kappeln, im Norden bis Apenrade und im Westen bis in den westlichen Teil von Nordfriesland. Der größere Teil der nordfriesischen Schulen beteiligt sich seit 2022 an der in Husum etablierten vocatium Westküste.

Die Flensburger Jubiläumsmesse wartet mit einem Sonderprogramm auf: Im Foyer der Messehalle werden fünf seltene Ausbildungsberufe präsentiert: zur/zum Geigenbauer/in, Kaffeeröster/in, Orthopädischen Schumacher/in, Schornsteinfeger/in und Silberschmied/in.
Im Mittelpunkt der vocatium stehen die terminierten, vorbereiteten Messegespräche: 9.630 davon wurden für die vorjährige Messe für die Schülerbesucherinnen und -besucher – nach ihren Wünschen – mit den Ausstellern arrangiert. Darüber hinaus führen die Jugendlichen spontane Gespräche mit den Ausstellern. Ergänzend gehört zur vocatium ein Vortragsprogramm. Einen erheblichen Teil – an beiden Messetagen jeweils sechs Kurzreferate – steuern die Flensburger Rotary-Clubs bei.
Im Vorfeld des 25. vocatium-Jubiläums veranstaltete das IfT die Sonderausstellung im Robbe & Berking Museum „Punkten. Pioniere, Popstars und Protagonisten“ vom 15. Januar bis 23. Februar 2025.
vocatium-Mehrwert: Schul- und Ausbildungspreis
Gemeinsam mit dem Arbeitgeberverband Flensburg-Schleswig-Eckernförde e. V. schreibt das IfT zum zweiten Mal einen vocatium-Schulpreis sowie einen vocatium-Ausbildungspreis aus. Die Preisgelder betragen jeweils 3.000 Euro. Um den Schulpreis können sich Schülerinnen und -schüler mit Videoclips bewerben, in denen sie ihre Gedanken zur Berufswahl widerspiegeln. Der Ausbildungspreis motiviert Azubis, ihre Berufswahl in Textform zu reflektieren. Diese Texte helfen nachfolgenden Schülergenerationen bei ihrer Berufswahl.
Jugendliche für MINT-Berufe begeistern
Tagungen unterstützen den Erfahrungsaustausch zur Berufsorientierung
Die sogenannten MINT-Berufe gelten als Schlüsselberufe der Zukunft. Beginnend im Jahr 2023 integriert das IfT zunehmend Sonderforen in die vocatium-Messen. Durch diese werden die Besucherinnen und Besucher für Berufe mit Bezug zur Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik interessiert. Das neue Angebot wird von drei Mitarbeiterinnen des IfT entwickelt: einer promovierten Naturwissenschaftlerin, einer früheren Fachlehrerin für Naturwissenschaft und Technik sowie einer Betriebspädagogin.
Unterstützt wird die Werbung für MINT-Berufe durch vocatium-Tagungen. Allein 2024 wurden auf diesen, an 15 Orten bundesweit, rund 80 Projekte unterschiedlicher Akteure vorgestellt und mit den Gästen diskutiert. Gleichsam MINT-Themen für die „Kids“ vermittelt das IfT schon seit etwa 15 Jahren als Partner der Berliner „Stiftung Kinder forschen“ für das nördliche Schleswig-Holstein.
Text: IfT Institut für Talententwicklung GmbH
Fotos: IfT-Archiv
