Eigentlich hätte Inge Harck vom 17.bis zum 24. Mai 2020 am internationalen Puppenfestival in Neustadt/Bayern und Sonneberg/Thüringen teilnehmen sollen, denn sie war wieder für den sogenannten Puppen-Oscar nominiert. Wegen der Corona- Krise fiel die Veranstaltung in diesem Jahr jedoch aus, und alle Buchungen mussten storniert werden. Schon seit 1998 nimmt die Flensburgerin an dem Max-Oscar-Arnold-Wettbewerb teil und gewann bereits 2003 und 2016 den weltweit begehrten internationalen Preis für Puppenkunst. Aufgrund ihrer individuellen, kreativen Arbeit wurde Inge Harck als Mitglied in den Verband europäischer Puppenkünstler aufgenommen und hat inzwischen an vielen anderen Puppen-Wettbewerben mit Erfolg teilgenommen.
Obwohl ich schon früher von Inge Harck und ihren Puppen gehört hatte, konnte ich die Vielfalt ihrer Puppenkunst zum ersten Mal im Herbst
2018 in einer Sonderausstellung im Museum „Oldemorstoft“ in Pattburg bewundern.
Dort waren die handgefertigten Künstlerpuppen in kleinen Szenen in Glasvitrinen zusammengestellt: Schulkinder in der Klasse,musizierende Kinder mit ihren Instrumenten, tanzende Mädchen, Großeltern mit Enkeln, der Pfarrer mit einem Brautpaar, Frauen und Kinder beim Einkauf und viele weitere. Ich war vor allem angetan von der liebevollen Detailgenauigkeit und von den vielen Zubehörteilen, die alle in Handarbeit hergestellt wurden.
Später nahm ich Kontakt zur Künstlerinauf, um sie persönlich kennenzulernen und mehr über die Hintergründe ihrer Puppenkunst zu erfahren.
Alles begann in den 1990-er Jahren. Zwar hatte Inge Harck schon lange zuvor Stoffpuppen für ihre Kinder hergestellt, und sie sammelte
seit Jahren antike Porzellanpuppen. 1990 lernte sie in einem Kurs, Porzellanpuppen herzustellen, und sie begann mit der Reproduktion
antiker Puppen. Das war ihr jedoch nicht kreativ genug, und sie fing an, selbst Puppen zu entwerfen.
Sie probierte verschiedene Materialien aus, die sich gut modellieren ließen, z. B. Plastilin, Modelene und Cernit. Daraus wurden Kopf und Glieder geformt. Der Körper wurde aus Stoff uber einem Drahtgestell gefertigt. Danach entstanden Kleider und Zubehör ebenfalls in Handarbeit. Jede Puppe ist somit ein Unikat.
Obwohl die Herstellung einer Puppe mindestens zwei Wochen dauert, bei Porzellanpuppen sogar etwa drei Monate, hatte Inge Harck im Jahr
1995 schon genügend Puppen für eine Ausstellung in der dänischen Bibliothek in Flensburg. Es folgten Ausstelllungen in der Stadtbücherei, im Harrisleer Bürgerhaus und im Sportland, aber auch außerhalb Flensburgs.
Für Inge Harck ist die Herstellung von Puppen und Skulpturen vor allem ein Hobby, das sie jedoch sehr professionell betreibt. Im Keller ihres
Hauses befindet sich eine richtige Werkstatt mit Brennofen. Für die feineren Arbeiten gibt es einen weiteren Raum.
Ein privater Besuch bei der Künstlerin ist ein Ereignis. Ihr Haus ist von oben bis unten mit Puppen bevölkert. Sie sitzen in Sofas und auf
Stühlen oder stehen in Grüppchenzusammen, Babys liegen im Kinderwagen oder im Arm einer größeren Puppe. Insgesamt sind es weit über
zweihundert Puppen, darunter auch eine Sammlung antiker Porzellanpuppen, die mir allerdings nicht so gut gefallen wie Inge Harcks Charakterpuppen.
Außer den Puppen entdeckt man etliche Figurengruppen und kleine Skulpturen, die Inge Harck geschaffen hat, dazu Wandbilder und Reliefs
verschiedener Art. In einer Ecke stehen die vielen Pokale, die sie bei Wettbewerben gewonnen hat. Es ist wie ein Gang durch ein außergewöhnliches Museum, aber mit einer ganz besonderen Atmosphäre.
Seit 2015 hat die Flensburger Puppenkünstlerin ein Atelier am Holm 35 im Haus für Kunst & Kunsthandwerk, das jeden Freitag von 15 – 17 Uhr geöffnet ist. Dort ist sie selbst anzutreffen, und man kann neben ihren ausdrucksvollen Puppen auch ihre Skulpturen, Reliefs und andere Werke anschauen und eventuell kaufen. Tel. 0461 41774, www.inges-puppenkunst.de

Text: Eike Johanna Ketelsen

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