Es gibt Tage, die ganz normal beginnen und keine großen Höhepunkte versprechen, sich dann aber durch eine überraschende Wendung so drehen, dass man sie nie vergisst. Einen solchen erlebte Patrick Volz im Herbst 2023. Tags zuvor hatte der Handballer mit seinem Klub HBW Balingen-Weilstetten ein Gastspiel in Flensburg. In der Nacht ging es zurück auf die Schwäbische Alb. „Als ich eigentlich in die Sauna zum Entspannen wollte, rief plötzlich mein Berater an und wollte unbedingt sofort mit mir sprechen“, erinnert er sich.

Die SG Flensburg-Handewitt bekundete ihr Interesse. Es wurde nichts mit der Sauna. Es stand ein Telefonat mit Ljubomir Vranjes, dem Sportlichen Leiter der SG, an. Auch mit der Freundin und der Familie wurde viel gesprochen. „Ich musste nicht lange überlegen, zu so einem großen Klub zu wechseln“, erzählt Patrick Volz. „Mit meiner Freundin bin ich sehr bald hochgeflogen.“ Medizin-Check und Vertragsunterschrift standen auf dem Programm. Das junge Paar spazierte auf dem Flensburger Weihnachtsmarkt. Es war alles etwas winterlich. Im Süden herrschte sogar das Schnee-Chaos. „Wir konnten deshalb nicht nach München zurückfliegen und mussten ab Frankfurt den Zug nehmen“, schmunzelt der 26-Jährige heute über die damaligen Reise-Kapriolen.
Frühzeitiger Umzug nach Flensburg
Inzwischen ist er im Norden angekommen, seit bald anderthalb Jahren lebt er mit seiner Freundin und dem Hund in Flensburg. Da ist das „Moin“ eine Selbstverständlichkeit. Die Spaziergänge am Wasser und die eigenen vier Wände schätzt Patrick Volz ganz besonders. „Ich spiele Golf und koche gerne – und seit ich denken kann, spiele ich Gitarre“, verrät er. „Hauptsächlich etwas, was zur Stimmung passt oder mitgesungen werden kann.“ Privat liebt er die ruhigen Momente, beim Handball bevorzugt er die „Hölle Nord“ und ihre heiße Atmosphäre. „Es ist einzigartig, in diese Halle einzulaufen und zu spüren, wie die Nordtribüne und alle anderen Fans hinter uns stehen“, sagt der Profi.

Bis zu seiner Premiere im SG-Trikot musste er sich etwas gedulden. Er konnte nicht zur Serie 2024/25 einsteigen, da August Pedersen, ein anderer Linksaußen, noch ein Jahr einen Vertrag hatte. Zur Überbrückung wurde Patrick Volz für eine Saison an den Kooperationspartner Sönderjyske HH ausgeliehen. „Für mich war es interessant, diese Auslandserfahrung mitzunehmen“, erklärt er. Fast täglich pendelte er die 40 Kilometer in Richtung Alsen. In diesem Sommer musste er nicht umziehen. „Ich war bei der SG dennoch ein Neuzugang, der 15 Spieler und den Staff kennlernen musste“, meint der Handballer.
Bodensee, Berge, Ballsport
Er stammt vom Bodensee und lebt nun ziemlich genau 1000 Kilometer von seiner Heimat entfernt. „Außerhalb der Sommerpause war ich zwei Mal unten – und das seit Sommer 2024“, erzählt Patrick Volz. „Man braucht mindestens drei freie Tage am Stück, damit es sich überhaupt lohnt.“ In diesem Jahr wird es definitiv nichts mehr, denn für Weihnachten hat sich die Familie seiner Freundin angekündigt. Auch seine Familie und Freunde kommen mal in den hohen Norden. „Ich vermisse schon ein wenig die Berge“, verrät das Südlicht. „Während des letzten Urlaubs machte ich mit Freunden einen Tagesausflug in die Alpen – so etwas ist hier überhaupt nicht denkbar.“

Patrick Volz war immer sportaffin, spielte Fußball und ging irgendwann im Grundschulalter mit Freunden zum Handball. Sein Stammverein ist die SG Allensbach-Dettingen. In der B-Jugend wechselte er zur bekannteren HSG Konstanz. Lange war er auch in der Rückraummitte anzutreffen, dann landete er auf der linken Außenbahn. „Ich bin mit 1,90 eigentlich groß genug, aber ich bin wohl zu schmächtig“, meint er. „Wir Außen denken zwar, dass wir auch sehr gute Rückraumspieler wären, die Realität ist aber wohl eine andere.“
Erst mit 23 Jahren Handball-Profi
Patrick Volz ist ein Spätstarter. Vor fünf Jahren war er in Konstanz noch in der zweiten Mannschaft und durfte mit der ersten mittrainieren. Ein halbes Jahr half er in 2. Bundesliga aus, dann schloss er sich Balingen an – allerdings vorerst wieder nur in der zweiten Mannschaft. Er fuhr zweigleisig, studierte an der Universität Konstanz Wirtschaftswissenschaften und absolvierte seine Praktika bei einem Startup im E-Commerce. Es drehte sich alles um Marketing, Vertrieb und Business Development. „Ich konnte mir gut vorstellen, mehr in diese Richtung zu gehen und den Handball nur als Hobby zu betreiben“, verrät Patrick Volz.

Erst im Frühling 2023 – da war er schon fast 24 Jahre alt – entschied er sich für den Handball. Und dann ging alles ziemlich schnell. Kurz darauf stieg Balingen in die Bundesliga auf. Das Gastspiel in Flensburg verstärkte das Interesse der SG. Kurz darauf war der Wechsel vom tiefen Süden in den hohen Norden beschlossen. Nun steht der Handball eindeutig im Vordergrund. „In erster Linie will ich den Traum genießen, für diesen Verein und vor diesem Publikum spielen zu dürfen“, erklärt Patrick Volz. „Die gesamte Zeit meiner Karriere stand die Weiterentwicklung im Vordergrund. Ich will besser werden – und dann werden wir sehen, wohin es führt.“ Bei der SG heißt sein Positionskollege Emil Jakobsen, einer der besten Linksaußen der Welt.
Text und Fotos: Jan Kirschner















