Scheitert eine Ehe, stellt sich häufig die Frage nach Unterhalt, insbesondere bei ungleichen Einkommensverhältnissen. Der wirtschaftlich schlechter gestellte Ehegatte verfügt häufig über kein ausreichendes Einkommen, um seinen Lebensunterhalt angemessen zu sichern. Er hat dann einen Anspruch auf Unterhalt gegenüber dem anderen Ehegatten, zumindest dann, wenn dieser über ausreichend eigenes Einkommen verfügt, um den Unterhalt zu leisten. Ob Leistungsfähigkeit besteht, bestimmt sich bei nichtselbstständiger Arbeit nach dem Bruttoeinkommen, bei selbstständiger Arbeit richtet sich das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen nach dem Gewinn, in Ausnahmefällen auch nach den getätigten Privateinnahmen. Auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung u. ä. werden berücksichtigt. Sofern der Ehegatte in einer in seinem (Mit-)Eigentum stehenden Immobilie lebt, kann dem Einkommen auch ein sog. Wohnvorteil hinzugerechnet werden, also die Hinzurechnung einer ersparten Miete, deren Höhe sich nach der Trennung anders bemisst als nach der Scheidung.

Das Einkommen wird um Steuer, Sozialabgaben und angemessene Altersvorsorge bereinigt. Es kann sich auch um weitere abzugsfähige Positionen z. B. Kosten für die Fahrt zur Arbeit oder andere berufsbedingte Aufwendungen, Kosten für eine angemessene zusätzliche Altersvorsorge, z. B. in Form einer privaten Rentenversicherung, Kosten für die Absicherung der Arbeitskraft (z. B. Berufsunfähigkeitsversicherung etc.), Verbindlichkeiten verringern. Auch weitere Unterhaltsverpflichtungen, insbesondere gegenüber minderjährigen und privilegiert volljährigen (d. h. in allgemeiner Schulausbildung vor Vollendung des 21. Lebensjahres) Kindern, sind zu berücksichtigen. Das, was nach Abzug aller Abzugspositionen noch verbleibt, muss dann noch um den angemessenen Selbstbehalt des Schuldners, der aktuell bei 1.600,00 € für Erwerbstätige und 1.475,00 € für Nichterwerbstätige liegt, bereinigt werden. Dieser Selbstbehalt muss dem Unterhaltsschuldner auf jeden Fall für seinen eigenen Unterhalt zur Verfügung stehen. Wird dieser Selbstbehalt nach Abzug aller abzugsfähigen Positionen erreicht oder sogar unterschritten, geht der an sich berechtigte Ehegatte leer aus.

In den Fällen, in denen nach Abzug des Selbstbehalts noch Einkommen vorhanden ist, ist der besser gestellte Ehegatte zur Zahlung von Unterhalt in der Regel verpflichtet. Der Bedarf bestimmt sich nach den ehelichen Verhältnissen. Die Höhe des Unterhalts beträgt in der Regel – unter Abzug eines Erwerbstätigenbonus von 1/10 – 45 % seines Einkommens oder zu 45 % des Differenzbetrags zu dem Einkommen seines Ehepartners. Im ersten Jahr nach der Trennung muss sich der andere Ehegatte nicht auf die Aufnahme oder Ausdehnung einer Arbeit verweisen lassen. Nach dem ersten Trennungsjahr kann sich dieses aber ändern und der unterhaltsberechtigte Ehegatte zur Aufnahme bzw. Ausweitung der Tätigkeit verpflichtet sein. Grundsätzlich besteht die Verpflichtung zur Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit, wobei hierbei auch Gründe wie z. B. die Betreuung von Kindern oder Krankheit entgegenstehen können und zu einer geringeren Erwerbsobliegenheit führen können. Auch die Dauer der Ehe kann bei der Bestimmung der Erwerbsobliegenheit eine Rolle spielen. Besteht eine Erwerbsobliegenheit und kommt der Berechtigte dieser nicht nach, kann ihm ein entsprechendes Einkommen zugerechnet werden, auch, wenn er es tatsächlich nicht erzielt. 

Ein Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht bis zur rechtskräftigen Scheidung. Aber auch in der Zeit nach der Scheidung kann ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt bestehen. Die Berechnung ähnelt der des Trennungsunterhalts. Allerdings gilt nach der Scheidung der Grundsatz, dass jeder Ehegatte gehalten ist, selber für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Die Zahlung von nachehelichem Unterhalt soll daher Ausnahmefall und nicht Regelfall sein. Nachehelicher Unterhalt kommt vor allem in den Fällen in Betracht, in denen die Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines minderjährigen Kindes oder wegen eigener Erkrankung nicht aufgenommen oder ausgeweitet werden kann. Ein häufiger Streitfall ist der sog. Aufstockungsunterhalt, bei dem Einkommensdifferenzen zwischen dem besserverdienenden Ehegatten und seinem geschiedenen Ehegatten ausgeglichen werden. Dabei geht es zunächst um die Frage, ob finanziell schlechter gestellten Ehegatten durch die Ehe Nachteile in seiner Erwerbsbiographie entstanden sind, die durch den anderen Ehegatten auszugleichen sind. Solche Nachteile können z. B. durch eine längere Einschränkung der beruflichen Tätigkeit oder auch den Abbruch einer Ausbildung z. B. für die Betreuung der gemeinsamen Kinder entstehen. Dieses kann zu jahrelangen, unter Umständen sogar dauerhaften Unterhaltsansprüchen führen. Aber auch ohne solche ehebedingten Nachteile kann aus dem Gebot der nachehelichen Solidarität bei ungleichen Einkommensverhältnissen noch ein jahrelanger Unterhaltsanspruch folgen. Hierbei kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an, so dass eine allgemeingültige Aussage zum Umfang und Dauer eines solchen Unterhaltsanspruches nicht getroffen werden kann.

Janine Jessen
Rechtsanwältin*
Fachanwältin für Familienrecht bei Dr. Kruse, Hansen & Sielaff Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
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