Die Rede ist vom sogenannten Mindestunterhalt für minderjährige Kinder. Er wird zum Thema, wenn sich die Eltern minderjähriger Kinder trennen und diese zumindest schwerpunktmäßig bei einem Elternteil verbleiben und von ihm betreut werden. Derjenige erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung den Kindern gegenüber mit seinen Betreuungsleistungen. Der andere Elternteil muss dann die finanziellen Mittel für die Kinder aufbringen. Die Grundlage hierfür bildet die sogenannte Düsseldorfer-Tabelle. Beim Mindestunterhalt geht es um die erste Einkommensstufe dieser Tabelle, die bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil ein Nettoeinkommen von bis 1.900,00 € monatlich aktuell zugrunde legt. Je nach Alter des Kindes oder mehrerer Kinder legt die Tabelle bestimmte Unterhaltsbeträge zugrunde, ansteigend mit zunehmendem Alter der Kinder. Was letztendlich zu zahlen ist, hängt davon ab, welcher Elternteil das staatliche Kindergeld erhält. Rechtlich steht es dem betreuenden Elternteil zu. Zugute kommt es beiden Elternteilen. Bezieht das Kindergeld der betreuende Elternteil, vermindert sich dann für den Barunterhaltspflichtigen seine Zahlungspflicht um die Hälfte des Kindergeldes, aktuell also um 125,00 € pro Kind. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltspflichtige unter Umständen noch Aufwendungen geltend machen kann, die sein Nettoeinkommen verringern, etwa Kosten für die Fahrt zur Arbeit. Der Abzug anerkennenswerter Beträge führt dann im Ergebnis zu dem unterhaltsrelevanten Einkommen des Pflichtigen.
Für den Betreffenden kann es allerdings eng werden. Angenommen, er verfügt über ein Arbeitseinkommen von 1.900,00 € netto monatlich, Kosten für die Fahrt zur Arbeit fallen monatlich mit 100,00 € an. Weitere abzugsfähige Positionen sollen in diesem Falle nicht bestehen, sodass für den Unterhalt ein monatliches Einkommen von 1.800,00 € zur Verfügung steht. Der Betreffende hat 2 Kindern im Alter von 7 und 4 Jahren Unterhalt zu zahlen. Bezieht der betreuende Elternteil, rechtlich korrekt, das staatliche Kindergeld, beläuft sich der Unterhaltsanspruch des älteren Kindes auf derzeit 377,00 € und der des jüngeren Kindes auf aktuell 312,00 € monatlich. Nach Abzug dieser Beträge verbleiben dem Pflichtigen dann noch 1.111,00 €. Nun muss auch er natürlich von etwas leben. Deshalb wird ihm als Erwerbstätigen ein Selbstbehalt von derzeit 1.370,00 € monatlich zugestanden. Mit dieser Maßgabe reicht das verfügbare Einkommen also nicht aus, auch nur die Mindestunterhaltsansprüche der Kinder vollständig zu bedienen. Es liegt somit ein Mangelfall vor. Eine quotale Kürzung der Unterhaltsbeträge wäre eine mögliche Lösung, um dem Schuldner seinen Selbstbehalt zu belassen. Tatsächlich aber stellt die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestunterhaltes erhöhte Anforderungen an den zahlungspflichtigen Elternteil, denn dieser Unterhalt ist unbedingt sicherzustellen. Wer dazu auch im Rahmen einer Vollerwerbstätigkeit nicht in der Lage ist, der wird im Falle der Auseinandersetzung über den Unterhalt im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens sehr häufig zu hören bekommen, dass er sich noch um einen Nebenjob zu bemühen hat, etwa Kellnern am Wochenende, Taxi fahren etc., solange die zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten wird. Zwar kann natürlich niemand zu einer Arbeit gezwungen werden, er muss dann aber damit rechnen, dass ihm, im Wege einer Schätzung, fiktive Einkünfte aus einer Nebentätigkeit angerechnet werden und damit Leistungsfähigkeit zur Sicherstellung der Mindestunterhaltsansprüche der Kinder. Unterlässt es der Betreffende, zusätzliche Einkünfte zu generieren, kann dies im Ergebnis dazu führen, dass ihm empfindlich weniger als der monatliche Selbstbehalt von 1.370,00 € verbleibt.
Gebeutelte Unterhaltsschuldner verfallen gelegentlich auf den Gedanken, ihre Arbeit ganz aufzugeben und sich arbeitslos zu melden. Eine schlechte Idee. Wer unterhaltspflichtig ist und arbeiten kann, der muss es auch. Wenn nicht, werden ihm erzielbare Einkünfte unterstellt, mit denen er unterhaltsmäßig bewertet wird. Zudem droht ihm ein Strafverfahren, da die Verletzung der Unterhaltspflicht strafbar ist.
Eine Härte kann sich aus dem Umstand ergeben, wenn das Einkommen des Pflichtigen durch Verbindlichkeiten belastet ist, etwa durch Konsumkredite. Wendet er dies vor dem Hintergrund der Verpflichtung zur Zahlung von Mindestunterhalt ein, mit dem Ziel, sein verfügbares Einkommen herunterzurechnen und weniger Unterhalt zahlen zu müssen, wird der Betreffende zu hören bekommen, dass er in die Insolvenz gehen muss. Im Insolvenzverfahren ist der laufende Unterhalt vorrangig zu berücksichtigen, andere Gläubiger treten demgegenüber zurück.
Fazit ist also, dass die Verpflichtung zum Mindestunterhalt für den pflichtigen Elternteil eine schwere Bürde sein kann. Gleichwohl ist stets eine Einzelfallbetrachtung angezeigt und eine fachliche Beratung zu empfehlen, nicht zuletzt auch, um nach Möglichkeit ein gerichtliches Unterhaltsverfahren zu vermeiden. Denn ein verlorener Rechtsstreit bedeutet stets auch eine Kostenbelastung, zusätzlich zum geschuldeten Unterhalt.
Michael Schulze
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Familienrecht in der Kanzlei Dr. Kruse, Hansen & Sielaff
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