Was war früher typisch in Flensburg? Bis vor rund 20 Jahren war Flensburg unter anderem bekannt für eine Vielzahl von Kiosken oder auch „Buden“, wie sie oft genannt wurden.
Das Flensburg Journal sprach mit Jens-Anthon Jürgensen, der in wenigen Tagen seit genau 10 Jahren den „Förde-Kiosk“ in der Flurstraße auf der Westlichen Höhe betreibt. „Am Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts gab es in Flensburg unglaubliche 675 Kioske – Zeitschriftenläden mitgezählt“, weiß Jürgensen zu erzählen. „Die größte Kiosk-Dichte fand sich dabei in der Norderstraße: Dort waren sage und schreibe 15 Kioske angesiedelt!“
Doch viele Inhaber mussten ihr Geschäft im Laufe der Jahre leider aufgeben, aus unterschiedlichen Gründen. Das veränderte Kaufverhalten der Kunden war sicher ein wesentlicher Faktor, doch auch die neu entstandenen Einkaufszentren in jedem Stadtteil, mit immer größer werdenden Supermärkten, sowie die Aufhebung der Ladenschlusszeiten, die einst abends um 18 Uhr bzw. sonnabends um 14 Uhr für die Schließung der Märkte sorgten.
„Wie kann ein Kiosk heute noch überleben, zudem in unmittelbarer Nähe zu einem großen Supermarkt?“ fragten wir den Kioskbetreiber.
„Du musst Dir eben etwas einfallen lassen, geschäftstüchtig sein und auf die Kunden zugehen!“, sagt lächelnd unser Gesprächsgast. „Unser großes Plus ist der persönliche Kontakt zum Kunden. Sie sind bei uns keine anonymen Einkäufer, sondern Frau Hansen aus der Flurstraße, Herr Jensen aus der oberen Waldstraße, oder Erna und Hanni aus der Eckener, Ali und Mesut, die um die Ecke wohnen. Bei uns geht es sehr familiär zu, für einen Schnack sind wir immer zu haben, und es gibt im Kiosk ein so riesiges Warensortiment, dass hier jede und jeder das findet und bekommt, was er sucht. Unser Warenbestand umfasst über 5.500 Artikel: Von Schrauben, Nägeln, Dübel, über Windeln, Baby-Flaschen, Kondomen, USB-Sticks, CD-Rohlingen, Klapphandys, Batterien aller Art, bis hin zu unzähligen Lebensmitteln, Getränken, Naschis, Zeitschriften findet der Kunde alles in unserem Ladenlokal.
Wir sind darüber hinaus offizieller DHL Paket-Shop (Nummer 657), haben natürlich auch Briefmarken vorrätig oder Streifenkarten für die hiesigen Busse.“
Und Jürgensen ergänzt: „Ohne das richtige Personal schafft man es nicht, über so lange Zeit erfolgreich ein Geschäft zu betreiben. Meine Lebensgefährtin Marion Sönksen-Papstein hat mit mir von Anfang an den Kiosk aufgebaut. Meine Aushilfen Jasmin Baehr und Saskia Albroszeit arbeiten schon seit mehreren Jahren bei uns mit – ein großes Danke an euch drei!!“
„Ein weiterer wichtiger Punkt: Unsere Lebensmittel kaufen wir bei hiesigen Großhändlern oder Produzenten ein; Eier vom Land aus Oxbüll (Jensen), Fleisch seit gut 2 Jahren vom Schlachter Hansen aus Ladelund – der Fleischsalat ist einer unserer Verkaufsschlager, und unsere Weine kommen von Weinhändler Eggers aus Handewitt. Wir beziehen ausschließlich Qualitätsweine, das wissen unsere Kunden sehr zu schätzen. Sollten wir einen Artikel mal nicht vorrätig haben – einfach bestellen, er wird umgehend geliefert!“
Unser Besucher Jens-Anthon Jürgensen ist eine imposante Erscheinung: Alles an ihm ist groß! Für seine Körpergröße kann er nichts, dennoch verhalfen ihm die 2,06 m einst zur Schlagzeile in der Bild-Zeitung: Er wurde als „Größter Bild-Verkäufer Deutschlands“ den Lesern präsentiert! Groß ist allerdings auch sein Herz für die Mitmenschen:
„Natürlich betreibe ich den Kiosk auch für meinen Lebensunterhalt, doch die größte Motivation ist es, Menschen zu helfen, sie zu unterstützen, soziale Kontakte zu pflegen und für eine gute Nachbarschaft in unserem Stadtteil zu sorgen!“
Er muss es wissen, hat er doch in seinem bisherigen bewegten Leben mehrere Geschäfte betrieben: Von 1989 bis 1993 einen Kiosk in der Friedrich-Ebert-Straße 1, später einen weiteren Kiosk in Mürwik in der Fördestraße 39, in der gleichen Straße für einige Jahre eine Dart-Kneipe, das „Vegas“. Nicht überall hatte er nur positive Erlebnisse mit Vermietern und Geschäftspartnern, deshalb hat er vor Eröffnung des „Förde-Kiosk“ in der Flurstraße 28 mit dem dortigen Vermieter einen sehr langfristigen Mietvertrag abgeschlossen, sehr zur Freude für beide Vertragspartner.
„Ich habe noch acht Jahre Vertrag“, berichtet uns Jürgensen von seinen Zukunftsplänen. „Die werde ich sehr gern erfüllen, wenn der Herrgott mitspielt. Schließlich, am Ende des Jahrzehnts, steht bereits die „7“ vor meiner Jahreszahl, und ich werde wohl dann in den Ruhestand treten. Bis dahin habe ich aber noch viele Pläne, werde erst einmal mit allen Mitarbeitern, Kunden, Freunden und Bekannten den 10jährigen Geburtstag des „Förde-Kiosk“ in aller Demut feiern.“
Das Flensburg Journal wünscht Jens-Anthon Jürgensen für die kommenden Geschäftsjahre alles Gute!
Text: Peter Feuerschütz
Fotos: privat