„Min Oma weer vör veele Johrn, de Wirtin vum Johannisgaarn. De Kroog, dat weer ehr ganzer Stolt, un leeg im scheunen Twedterholt.“ So beginnt ein Gedicht, das ein gewisser Jens Rode 1984 für seine Großmutter Lisbeth geschrieben hat. Es hängt nun in Mürwik in einer Wohnung, die Susanne Rode-Kuhlig mit ihrem Ehemann bewohnt. Der Dichter war ihr Vater, die beschriebene Lisbeth die Ururgroßmutter, die zusammen mit ihrem Gatten Johannes das Wirtshaus „Johannisgarten“ betrieb. An diesem Standort wich erst kürzlich das einstige Restaurant „Delfter Stuben“ einem Ärztehaus. Dieser Abstecher in die Familien-Chronik zeigt, dass Susanne Rode-Kuhlig ihr Faible für die Gastronomie und die Hotellerie in den Genen hat. „Es handelt sich um einen der interessantesten und besten Berufe, die es gibt“, sagt sie. „Kein Tag ist wie der andere, und man hat viel mit Menschen zu tun.“

In ihrer Kindheit hatte sie aber noch keine Berührungspunkte mit ihrer zukünftigen Profession und Leidenschaft. Zwar wuchs sie in Mürwik ganz in der Nähe vom Johannisgarten auf, aber die Urgroßeltern waren inzwischen verstorben, der Gasthof war verschwunden, und im Stammbaum findet sich kein weiterer Wirt.
Mürwik war damals eine riesige Spielwiese. „Der Twedter Plack war noch Heide, und es gab nur wenige Häuser“, erzählt Susanne Rode-Kuhlig. „Wir aber hatten 100 Obstbäume im Garten – man war noch Selbstversorger. Im Sommer waren wir Kinder jeden Tag in Solitüde am Strand.“ Fisch holte man aus Fahrensodde. Mit Fahrrad oder zu Fuß ging es den Fördehang runter und wieder hoch.
Eine Narbe am Knie erinnert an einen Sturz mit dem Drahtesel im Solitüder Wald.

Susanne Rode-Kuhlig –Von der Gastgeberin in die Kommunalpolitik
Schöne Erinnerungen – die Gedichte…

Der Weg zum Hotel „Intermar“

Als junge Frau lernte Susanne Rode-Kuhlig zunächst Bürokauffrau, war dann im Einzelhandel tätig und besuchte nebenbei die Sekretärinnen-Schule der Industrie- und Handelskammer. Die Mittwochabende und Samstagsvormittage waren dafür reserviert – zwei Jahre lang, dann war sie zertifizierte Sekretärin.

Mitte der 70er Jahre rückte das „Intermar“ in Glücksburg in ihr Blickfeld. Es war das Flaggschiff einer Kette und hatte direkt an der Flensburger Förde eine glänzende Lage. Es war eine bewusste Entscheidung für das Gastgewerbe. Im Hotel gab es vielfältige Aufgaben, die Neu-Einsteigerin durchlief sämtliche Abteilungen und kümmerte sich dann als Hotelkauffrau hauptsächlich um den Empfang und das Sekretariat. Zu ihrer Domäne entwickelten sich die Events. „Da musste immer viel organisiert werden“, erinnert sich Susanne Rode-Kuhlig. Sie war mit „Leib und Seele“ dabei. Inzwischen war sie verheiratet, Mutter ihrer Tochter Katharina und hieß Susanne Rode-Kölling. Sie wurde 1984 Mitgesellschafterin vom „Intermar“, was sie bis 1993 blieb.

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Prominenz und Kreativität

Das „Who is Who“ stieg in Glücksburg ab. Dirigent Leonard Bernstein, Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Bundeskanzler Willy Brandt oder US-Präsident Richard Nixon. Und für den freundlich bittenden Wirtschaftsminister Martin Bangemann bügelte Susanne Rode-Kölling sogar – was sie sonst immer ablehnte – ein Hemd. Einmal war sogar ein König zu Gast: Juan Carlos von Spanien. „Das Personal war entsprechend geschult, dass eine Hoheit im Haus beim Essen als Erstes bedacht werden musste“, erzählt Susanne Rode-Kuhlig und schmunzelt: „Juan Carlos sah es dann aber selbst alles etwas lockerer.“ Dafür war es umso kniffliger, eine direkte Telefonverbindung mit dem spanischen Palast herzustellen. Ende der 70 Jahre waren die Telefongesellschaften staatlich und vorsichtig waltende Behörden.

Das „Intermar“ war auch Ort für Nato-Tagungen, bei denen aufwendige Sicherheitsbestimmungen zu beachten waren. Auch viele Schauspieler kamen nach Glücksburg. Eine interessante Beobachtung verfestigte sich: „Je bekannter sie waren, desto angenehmer waren sie.“ Medaillen und andere Aufmerksamkeiten als Dankeschön blieben im „Intermar“. Auch bei Unternehmen war das Vertrauen groß. Bei Firmenveranstaltungen hieß es oft: „Sie haben diese Summe zur Verfügung, da machen Sie schon etwas Schönes draus.“ Susanne Rode-Kölling baute gerne überraschende Komponenten ein: Manchmal ließ sie eine Barkasse am Steg vorfahren. Die Festgesellschaft landete dann auf der kleinen Ochseninsel und genoss den großen Kontrast zum Leben in der Großstadt.

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Die Gründung eines Lions Clubs

Die Hotellerie verlangt einen Rund-um-die-Uhr-Einsatz. Dennoch fand Susanne Rode-Kölling noch Zeit, im Innenleben der Lions Clubs etwas Historisches mit anzupacken. Bei dieser Service-Vereinigung waren seinerzeit keine weiblichen Mitglieder zugelassen, nun begehrten mehrere Frauen aus Schleswig-Holstein und Hamburg auf: Sie wollten den ersten weiblichen Lions Club in Deutschland. Sie prozessierten zwei Jahre lang mit der Mutterorganisation im US-amerikanischen Oak Brook und konnten 1990 den Lions Club Alveslohe aus der Taufe heben. Susanne Rode-Kölling gehörte zu den Gründungsmitgliedern. Sie war dabei, als Krankenhäuser in den neuen Bundesländern unterstützt oder Benefizveranstaltungen in Glücksburg organisiert wurden. Bald schaffte sie es aber nicht mehr, die alle zwei Wochen auf Gut Kaden stattfindenden Treffen zu besuchen. Zum 25-jährigen Jubiläum war sie aber eingeladen.

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Hochzeit 2009 mit ihrer Tochter und seinem Sohn

Übernahme des „Flensburger Hof“

1997 sorgte Susanne Rode-Kölling für die nächste Überraschung. Eine dänische Gesellschaft bot den traditionsreichen „Flensburger Hof“ zur Pacht an. Die erfahrene Hotelfachfrau griff zu. „Ich hatte immer den Traum von einem kleinen Stadthotel“, erzählt sie. Sie brachte in das Ambiente schnell ihre persönliche Note ein. Einen Spruch auf dem Frühstücksteller oder nachts die Schuhe putzen – das erwartet man nicht von einem kleinen Stadthotel. Schnell hatte der „Flensburger Hof“ viele Stammgäste.

Ende 2004 begannen die Bauarbeiten für die „Flensburg Galerie“. Es war eine schwierige Phase für die unmittelbare Nachbarschaft der Einkaufspassage. „Viele meinten, dass ich die zwei Jahre nicht schaffen würde“, verrät Susanne Rode-Kuhlig und betont mit einem Augenzwinkern: „Aber ich habe es geschafft.“ Sie berichtet von nächtlichem Lieferverkehr, von einem Baubeginn um sechs Uhr morgens, Risse in den Wänden und Wasser im Gastraum. Alles nicht zuträglich für einen Hotel-Betrieb. „Zunächst hatte man nicht wirklich wahrgenommen, dass es noch Anlieger gibt“, erzählt sie. „Die dänische Gesellschaft hat mir zum Glück einen Anwalt zur Verfügung gestellt. Der Bauleiter hat dann unsere Sorgen voll verstanden.“

Maßnahmen zur Belebung der Neben-Saison

Die Krise ließ sich meistern, auch sonst sprühte die Hotel-Betreiberin vor Kreativität. Gerade wenn es darum ging die Neben-Saison zu stärken. Da tat sie sich mit vier anderen Stadthotels zusammen und organisierte eine Rallye oder einen Stadtkrimi, bei dem ein Schauspieler in einem Hotel ein kleines Stück aufführte und sich die Gäste dann auf die Suche nach dem Mörder quer durch Stadt wagten. Als großer Wurf erwies sich das Osterfeuer an der Hafenspitze. „Ich hatte die Feuerwehr angerufen, die sofort jede mögliche Unterstützung zusagte“, erinnert sich Susanne Rode-Kuhlig. „Wir hatten einen fantastischen Zulauf.“ Die Veranstaltung wurde grenzüberschreitend ausgerichtet, um auch die Dänen anzusprechen. So waren nicht nur die Bürgermeister aus Flensburg, Glücksburg und Harrislee eingebunden, sondern auch ihr Amtskollege aus Sonderburg. Bei der zweiten Auflage wurde das Osterfeuer um eine RSH-Bühne erweitert. Dann ließen die Hotel-Betreiber andere ans Ruder.

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Gemeinsamer Urlaub

Susanne Rode-Kuhlig denkt auch gerne zurück an Lesereisen, die sie mit einer Hamburger Zeitung initiierte. Sie fuhr selbst im Bus mit als Reiseleiterin. Von Flensburg aus ging es nach Schleswig, nach Kappeln, zum Nolde-Museum oder ins nahe Dänemark. Zusammen mit dem damaligen Tourismus-Leiter Finn Jensen feilte sie an der Idee, dass die Paare der damaligen TV-Flirt-Show „Herzblatt“ auch mal ein Wochenende in Flensburg verbringen sollten. „Wir waren im Studio, sahen uns eine Sendung an und sprachen danach mit Jörg Pilawa, der von dieser Idee ganz angetan war“, berichtet Susanne Rode-Kuhlig. „Dann stellte sich aber heraus, dass der eingesetzte Hubschrauber nur in Bayern starten und landen durfte.“

Die Entscheidung für das Privatleben

Sie hatte damals eine Sieben-Tage-Woche. Nur über Weihnachten und Silvester war der „Flensburger Hof“ geschlossen. Ende 2008 war dann Schluss. Wenige Monate später heiratete sie ihren heutigen Mann. Susanne Rode-Kuhlig wollte einfach mehr Zeit haben abseits des Hotels. Ihre Event-Ideen nahm sie aber mit ins Privatleben. Selbst die eigene Hochzeit auf dem Schloss Glücksburg war exakt durchorganisiert. Auf den Dessert-Tellern waren die Namen der 70 Gäste aus Schokolade gegossen. „Perfektion spornt mich an“, schmunzelt Susanne Rode-Kuhlig.

Unvergessen auch die Überraschungsfeier für ihren Mann. Das Album „Harros Geburtstagsfeier“ liegt vor ihr. Er wollte eigentlich gar nicht groß feiern, als er von einer beruflichen Reise aus Düsseldorf zurückkehrte. Ein Chor überfiel den Heimkehrer: „Wärst du nur in Düsseldorf geblieben.“ Plötzlich erschienen einige Jugendfreunde, verkleidet als Araber, da Harro Kuhlig jahrelang in der arabischen Welt tätig gewesen war. Eine zweiköpfige Combo, die das Paar bei einer anderen Festlichkeit entdeckt hatte, spielte plötzlich den ganzen Abend. Susanne Rode-Kuhlig hatte vorher kräftig die Strippen gezogen.

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In Erinnerungen schwelgen

Susanne Rode-Kuhlig entwarf schon mal einen Zeitplan, wann Reden und Aufführungen geplant wären, um Küche und Service exakt zu informieren. Bei der gemeinsamen Bus-Ankunft im Restaurant wunderte sie sich, dass der Weißwein bereits eingeschenkt war. Ob die Temperatur stimmen wird? Der Oberkellner antwortete: „Das wird passen, Ihr Plan ist so exakt, dass es gar nicht anders sein kann.“ Ein anderes Mal wirkten die geladenen Gäste irritiert, dass zu Hause gar nichts vorbereitet war. Wenige Minuten später ging es zu Fuß zum „Italiener“. Nach einem ersten Aperitif folgte eine ausgiebige Schiffstour, danach ging es zum Feiern in das „Mäder´s“.

Das Ehrenamt „Kommunalpolitik“

Heute investiert Susanne Rode-Kuhlig viel Zeit für die ehrenamtliche Kommunalpolitik. Über den „Bund der Selbstständigen“ hatte sie schon Ulrich Scholl als Kandidaten bei der Oberbürgermeister-Wahl unterstützt oder zusammen mit Christian Cieplik ein Weihnachtsmarkt-Konzept ausgetüftelt. So richtig los ging es aber erst 2013, als sie für die „WiF“ in den Rat der Stadt einzog. Gegen Ende der Wahlperiode bildeten sich andere politische Schwerpunkte heraus, sodass Susanne Rode-Kuhlig als fraktionslose Ratsfrau weitermachte und ihr vor allem ein neues Flensburger Krankenhaus am Herzen lag und die anderen Parteien zu einem Austausch einlud. Nun freut sie sich auf den Neubau.
Dann trat sie der FDP bei, machte 2018 in Mürwik Wahlkampf und erreichte innerhalb ihrer Partei mit das beste Ergebnis. Mürwik liegt ihr sehr am Herzen. „Am Twedter Plack hörte ich von den Menschen immer wieder den Wunsch nach einer Sitzbank“, erzählt sie und zeigt auf ein Foto mit der Umsetzung. „Das ging nur mit der Hilfe des TBZ“, betont sie. „Leider habe ich es nicht geschafft, wieder einen Wochenmarkt am Plack anzusiedeln. Ich habe auch nach vielen Bemühungen keine Betreiber gefunden.“

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Politische Themen der Gegenwart

Wenn sie zwischen Mürwik und Innenstadt unterwegs ist, denkt die Kommunalpolitikerin häufiger, dass „es in Flensburg kein Miteinander von Autos, Fußgängern und Fahrrädern gibt“. Morgens ist in der Mürwiker Straße immer Stau, seit sie nur noch einspurig ist.
„Das könnte ich nachvollziehen, wenn man viele Radfahrer sehen würde“, meint Susanne Rode-Kuhlig. Sorgen macht sie sich aufgrund des Wegfalls weiterer freier Parkplätze um die Erreichbarkeit der Innenstadt. „Viele Menschen, gerade Frauen, fahren nicht gerne in Parkhäuser“, erklärt sie. „Und auch die Skandinavier wollen in der Nähe der Innenstadt parken.“ Susanne Rode-Kuhlig denkt an die Geschäfte sowie an die Gastronomie und kann immerhin registrieren, dass Taxis inzwischen bis 10 Uhr in die Fußgängerzone einfahren dürfen. Diese Beschlussvorlage wurde von ihr eingebracht. Gerne geht sie auch ihrem Amt als ehrenamtliche Richterin beim Verwaltungsgericht Schleswig nach.

Die Kommunalpolitik – obwohl ein Ehrenamt – erfordert viel Aufwand. Die restliche Zeit gehört dem Privatleben. An erster Stelle stehen Ehemann und Tochter Katharina, die in Holnis einen Reiterhof betreibt. Susanne Rode-Kuhlig liebt es, Freunde zu treffen, schöne Gespräche zu führen und gut zu essen. Kochen nennt sie als Hobby und erinnert sich in diesem Zuge, wie sie mit Per Bach Nissen, einem Opernsänger und Koch, in diversen Küchen ein Koch-Event veranstaltete. Da zeigt sich wieder, dass Susanne Rode-Kuhlig weiterhin eine personifizierte „Ideenschmiede“ ist. Gerade sei sie dabei, mit zwei anderen kreativen Köpfen ein neues Projekt auszubrüten. „Was es ist, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt verraten“, sagt sie mit einem vielversprechenden Lächeln.

Text: Jan Kirschner
Fotos: privat, Jan Kirschner

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