Über Glücksburg scheint die Sonne kräftig. Urlaubsstimmung an der Ostsee, die großen Schulferien haben begonnen. Für die Handballer der SG Flensburg-Handewitt hingegen ist die Sommerpause bereits beendet. Die erste Einheit beginnt mit einer internen Besprechung in der Rudehalle. Dann geht es auf die Laufbahn. Die Laktatwerte sollen bestimmt werden. Rückraumass Lasse Möller führt die erste Dreier-Gruppe an und macht die ersten Schritte in die neue Saison. „Nicht so schnell“, meldet sich eine Stimme aus dem Kreis der anwesenden Sportwissenschaftler. Der Handballer drosselt ein wenig das Tempo, verliert seinen entschlossenen Blick aber nicht. Der Beobachter spürt: Die Motivation ist hoch bei Deutschlands nördlichstem Bundesligisten.

SG zwischen Vorbereitung und Olympia
August Pedersen: Stretching

Das Konzept für die neue Saison

In der letzten Serie errang die SG die Trophäe der European League, lief in der Bundesliga dem Spitzen-Duo aus Magdeburg und Berlin jedoch ein gutes Stückchen hinterher. Erfolgt nun der Griff nach der Meisterschale? „Darüber haben wir noch gar nicht gesprochen, aber in Flensburg will man immer auf Top-Niveau sein“, sagt Anders Eggert. Der frühere Linksaußen wurde 2017 als Vereinslegende verabschiedet und ist nun zurück – als Co-Trainer. Er stammt wie Nicolej Krickau aus Brabrand, einem Stadtteil von Aarhus und teilt die Leidenschaft für den Handball. Der Chefcoach stellt klar: „Ich mache ein Spielkonzept, das bespreche ich dann mit Eggi, wie wir es umsetzen und wie wir die Aufgaben verteilen.“

Natürlich hat Nicolej Krickau auch schon einen Plan, wie er seine zweite Bundesliga-Saison angehen will. „Wir werden besser sein und müssen es auch sein“, betont der Däne. „Magdeburg und die Füchse bleiben sehr stark, Kiel bekommt einen Andreas Wolff dazu, und auch Melsungen hat vier bis fünf sehr interessante Neuzugänge.“ Bei seinem eigenen Team hofft er, dass der Europapokal-Triumph die Entwicklung positiv beeinflusst. Auf der Agenda stehen eine Verbesserung des Gegenstoß-Verhaltens, mittelfristig ein zweites Abwehr-System und mehr Variabilität im Angriff. In allen Punkten könnte Niclas Kirkelökke eine wichtige Rolle einnehmen. Der Linkshänder kommt von den Rhein-Neckar Löwen, ist derzeit aber beim dänischen Nationalteam.

SG zwischen Vorbereitung und Olympia

Fünf SG-Dänen bei Olympia

Nicht weniger als acht SG-Spieler haben ein Ticket für die Olympischen Spiele in Paris. Gleich fünf stehen im dänischen Aufgebot. Emil Jakobsen, Simon Pytlick und Niclas Kirkelökke freuen sich über einen Stammplatz. Kevin Möller und Lukas Jörgensen sind als Reservisten eingeplant. Das heißt: Sie kommen mit nach Paris, werden aber nicht in das olympische Dorf einziehen, sondern in einem Hotel wohnen. Mads Mensah stand während der ersten Vorbereitungsphase im 20-köpfigen Bruttokader, fiel dann aber durch das Raster. Die Dänen starten in der Gruppe B gleich gegen Gastgeber und Olympiasieger Frankreich. Es folgen die Begegnungen gegen Ägypten (29. Juli), Argentinien (31. Juli), Ungarn (2. August) und Norwegen (4. August). „Das wird ein langes Turnier“, weiß Emil Jakobsen und lächelt: „Wir hoffen auf Gold.“

SG zwischen Vorbereitung und Olympia
Aksel Horgen: Es begann mit einem Laktat-Test

Deutsche, schwedische und slowenische Hoffnungen

In der Gruppe A des Olympia-Turniers tummeln sich drei weitere SG-Akteure. Die Besetzung der Staffel lässt DHB-Kapitän Johannes Golla in respektvollen Tönen sprechen. „Vom Traum Halbfinale bis zum Ausscheiden ist alles möglich“, glaubt er. „Wir brauchen eine gute Turnier-Form in einer ausgeglichenen Gruppe.“ Japan (29. Juli), Kroatien (31. Juli), Spanien (2. August) und Slowenien (4. August) gehören zu den Gegnern, der Begegnung gegen Schweden kommt zum Auftakt (27. Juli) gleich eine wegweisende Bedeutung zu. Zu den Größen im Drei-Kronen-Team gehört Jim Gottfridsson. Er freut sich auf seine dritten Olympischen Spiele nach 2016 und 2021. „Das erste Mal war eine Katastrophe, das zweite Mal lief es viel besser, jetzt hoffe ich auf eine Medaille“, erklärt er. Die Slowenen setzen auf Blaz Blagotinsek im Mittelblock. „Olympia ist das Größte im Handball“, betont der Abwehrhüne. „Wir haben eine richtig schwere Gruppe und müssen Schritt für Schritt gehen.“

SG zwischen Vorbereitung und Olympia
Mads Mensah: Vorbereitung statt Olympia

Das Programm in der Heimat

Nicolej Krickau muss derweil in Flensburg improvisieren. Um bis Mitte August, bis zur Rückkehr der Olympia-Starter, eine gute Trainingsbeteiligung zu erzielen, wurde der Kader um einige Nachwuchsleute aus dem Unterbau oder von DHK Flensborg ergänzt. Oskar Czertowicz ist wie gewohnt dabei, aber auch der große Rückraumspieler Thilo Knutzen, Torwart Ben Schmitt und Linkshänder Jaris Tobeler. Und da alle drei Profi-Kreisläufer die nächsten Wochen fehlen werden, mischen vorerst Jonas Mau und Valdemar Landvad mit. Außerdem sind mehrere gemeinsame Einheiten mit Kooperationspartner SönderjyskE vorgesehen, dazu ein erstes Testspiel am 2. August in Sonderborg.

SG zwischen Vorbereitung und Olympia
Benjamin Buric: Noch viele Paraden für die SG?

Nicolej Krickau schätzt sich glücklich, dass sich sein Kader kaum verändert hat und wenig Integrationsarbeit geleistet werden muss. „Wir haben nur im rechten Rückraum einen Neuzugang, aber eigentlich sind es sogar zwei“, sagt der Coach und schaut zu Kay Smits. Der niederländische Linkshänder war schon im letzten Sommer dabei, musste aber im Dezember aufgrund einer Herzmuskelentzündung komplett aus dem Trainingsbetrieb genommen werden. Erst im Mai war seine Rehabilitation mit den ersten Kurzeinsätzen abgeschlossen. „Energie habe ich genug, und im Urlaub habe ich mit meiner Familie den Akku auch mental wieder aufgeladen“, sagt Kay Smits und ergänzt demütig: „Ich kann wieder den Job machen, den ich so mag.“ Der 27-Jährige wirkt bei den ersten Trainingssequenzen besonders motiviert. „Ich habe das Gefühl, das ich mir etwas beweisen muss“, betont er. „Und als Mannschaft werden wir dieses Mal nicht so viel Zeit brauchen, da wir nicht wieder fünf neue Spieler und einen neuen Cheftrainer haben.“

Text und Fotos: Jan Kirschner

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