Ona-Zentrum für Geburt und Familiengesundheit – Ein Leuchtturmprojekt für Flensburg
Im nächsten Sommer könnte es mit vereinten Kräften möglich werden: Sünderuphof wird zu einem Ort der Geburt und Verbundenheit! Auf der altehrwürdigen Gutshofanlage möchte der gemeinnützige Verein ona, ein innovatives Projekt, das die gesamte Region bereichern wird, starten: Es soll dort die Möglichkeit geschaffen werden, die nächste Generation in einem Geburtshaus zur Welt zu bringen. Und damit das gut und sicher gelingen kann, hat die Initiatorin Marlene Stöckel ein umfangreiches Konzept mit vielfältigen Angeboten erstellt.
Wieso, weshalb, warum?
„Die meisten Frauen tragen einen relativ schweren Rucksack aus unterschiedlichen Erfahrungen und Geschichten, die sie gehört oder medial konsumiert haben, mit sich herum. Da gilt es aufzuräumen und auszusortieren: Was dient mir und was nicht? Familien benötigen Unterstützung darin, Wege in die eigene Kraft zu finden. Besonders wenn fast das gesamte Umfeld schwer zu verkraftende Erfahrungen mit Geburt gemacht hat.
Geburt stellt eine fundamentale Veränderung für jede Frau dar und sie wird dieses Ereignis nie vergessen, daher ist es wichtig, dass das Erlebnis als stärkend und bindungsfördernd erlebt wird. Mit leichtem Gepäck lässt sich ein Berg eher erklimmen. Daher ist es gut, in der Schwangerschaft Menschen an seiner Seite zu haben, die das Gepäck mit einem neu sortieren. Das gilt nicht nur für die werdende Mutter. Wir möchten auch den Vätern Raum geben, voll in ihrer Kraft präsent zu sein.“
Hierfür sind individuelle Herangehensweisen das Gebot der Stunde und so wird es in dem Zentrum für Geburt und Familiengesundheit ein interdisziplinäres Team aus traumsensibel geschulten Therapeuten, Hebammen und Familienhelfern geben. Wir vernetzen uns deutschlandweit mit Institutionen, die bereits ähnliche Konzepte erfolgreich anwenden und führen sie in ona zusammen.
Auch die Wissenschaft haben wir mit unserem Konzept auf unserer Seite. Das vertrauensvoll aufgebaute Verhältnis zur Hebamme während der Schwangerschaft, die 1:1-Betreuung unter der Geburt, die Achtung und Würdigung der Wünsche der Frau, die Wahrung ihrer Würde und Autonomie, das alles sind nun anerkanntermaßen Grundbausteine für eine sichere Geburt. Demut vor dem großen Ereignis sollte nie abgelegt werden und selbstverständlich können wir dankbar sein für unser medizinisches Angebot für den Notfall. „Doch es macht schon stutzig, dass wir in Flensburg mit einer Kaiserschnittrate von 40% ein Geburtsereignis vollenden und ein paar Kilometer weiter nördlich in Apenrade die Frauen nur in 12% der Fälle sektioniert werden.“
Der Weg zum Ziel – Am Anfang steht Bewusstheit
„Meinen Sohn habe ich vor 20 Jahren im Geburtshaus Kreuzberg zur Welt gebracht. Dass ich die Wahl habe, wo und wie ich gebären möchte, war für mich als junge Frau selbstverständlich, allemal in der Hauptstadt. Acht Jahre später, diesmal in Flensburg schwanger, hatte ich diese Wahlmöglichkeit nicht. Es gab überhaupt nur noch eine Hausgeburtshebamme in Tolk und die stand kurz vor der Rente. Anschließend gab es die gesetzlich verankerte Wahlfreiheit in Bezug auf den Geburtsort gar nicht mehr.
Da ich selbst außergewöhnlich schöne und kraftvolle Geburtserlebnisse hatte, ist es mir ein Anliegen, dass andere Frauen ebenfalls diese Option bekommen. Die Wahl zu haben ist uns Menschen doch in vielen Lebensbereichen grundsätzlich wichtig und vertraut. Ich habe also ein Konzept entwickelt, das uns langsam aber sicher in Richtung Geburtshaus gebracht hat. Mein Blick auf Geburt kommt aus unterschiedlichen Perspektiven. Zum einen bin ich als Therapeutin auf die Begleitung nach schwierigen Geburtserlebnissen spezialisiert und bekomme dadurch entsprechende Einblicke in den Klinikalltag. Ich bereite aber auch individuell mit einem maßgeschneiderten Präventionskonzept auf Geburt vor und erlebe dadurch, welchen Unterschied es macht, wenn eine Frau sich ihrer Kraft und Ressourcen bewusst ist und Methoden verinnerlicht hat, die sie unter der Geburt stärken.“
Der Start – Gefährtinnen finden
Von 2017 bis 2019 habe ich in Flensburg regelmäßig ein Café angemietet, als Raum der Vernetzung und Aufklärung. Die Stadt hat diese Aktionen gefördert und wir waren im Nu viele, die an der neuen Geburtskultur gebastelt haben. Es wurden Geburtsfestivals auf dem Villekula-Gelände veranstaltet und nach und nach fanden Hebammen wieder den Mut, sich in der Hausgeburtshilfe selbständig zu machen. Es war eine große Aufbruchsstimmung spürbar und diese Welle (lettisch: ona) trägt uns weiter.
Inzwischen gibt es den als gemeinnützig anerkannten Verein ona, der aus einem interdisziplinären Team besteht und die verschiedenen Ausbaustufen des Projekts begleitet. Die Website wurde mit viel Liebe gestaltet und so kommen immer mehr Menschen auf den Verein zu, die sich für dieses verbindende Projekt engagieren möchten. Die Teams der Hebammen, Therapeuten, Gärtner und Kreativen finden sich zusammen und freuen sich noch über weitere tatkräftige Unterstützung von Teamplayern. „Viele sagen: So ein Projekt habe ich mir selbst immer erträumt! Da möchte ich unterstützen!“
Der Ort des Geschehens – unser möglicher Heimathafen
Als im letzten Jahr der Sünderuphof auftauchte, stand zum ersten Mal die Realisation des Projekts zum Greifen nah. Gleichzeitig ist unser Land und Europa sehr gebeutelt von Krisen und so sind wir auf die Unterstützung von vielen Bürgern angewiesen, um ona auf die Welt zu bringen.
Lage und Schnitt der Immobilie sind ein Traum. Nicht nur, dass man auf dem Gelände mit seinem parkähnlichen Grundstück das Gefühl hat, an einem Ort der Ruhe und Entschleunigung angekommen zu sein, es gibt auch genug Platz für das erweiterte Geburtshauskonzept.
„Wir möchten, dass die Themen rund um den großen Übergang ins Leben nahbarer werden und die natürlichen Zusammenhänge aufzeigen. Daher planen wir z. B. im Garten ein Angebot „Vom Samen zur Frucht“, um zu verdeutlichen: Wir sind Teil von Natur und untrennbar mit ihr verbunden.“
Aktionen rund ums Gärtnern und der Kontakt zu Tieren sollen aber auch die Möglichkeit bieten, die Generationen zusammenzuführen. Im gemeinsamen Tun fällt es viel leichter, einander zu begegnen, ins Gespräch zu kommen und vielleicht sogar Wahlverwandtschaften zu schließen.
Im Gutshof selbst möchten wir ein familienfreundliches Café betreiben. Es soll gute Literatur zu den Themen Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft verfügbar sein, es sollen regelmäßig inspirierende Filme gezeigt werden, sowie Raum für Austausch und Entspannung geboten werden. „Wir haben in Flensburg keinen Innenraum, an dem Eltern sich begegnen und austauschen können und gleichzeitig eine entspannte Zeit mit ihren Kindern haben. Wir denken mit unserem Angebot auch für die Geschwisterkinder mit. Draußen gibt es Raum zum Toben, im besten Fall auch psychomotorisch angelegte Bewegungslandschaften und am Nachmittag wünschen wir uns ein offenes Kreativangebot in dem Multifunktionskursraum.“
Der Hof ist gut mit dem Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar und im Notfall ist auch die Klinik in erreichbarer Nähe.
Die Hürden – Kräfte mobilisieren
Ein altes Gebäude mit traumhaftem Außengelände der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen bedeutet, viele bürokratische Hürden nehmen zu müssen. Da haben sowohl der Denkmalschutz und auch der Brandschutz mitzureden. Die Rettungswege müssen geprüft und installiert werden und selbstverständlich die Barrierefreiheit hergestellt werden. Das alles ohne auf öffentliche Gelder zurückgreifen zu können, denn die Kassen sind leer.
„Es ist alles andere als weise, eine Gesellschaft auf einem traumatischen, unaufgearbeiteten Lebensbeginn aufzubauen und die Familien in ihrem Schmerz allein zu lassen. Investieren wir in den Beginn, profitieren wir am Ende alle von einem guten Start ins Leben. All die Hürden zur Ertüchtigung des Gebäudes lassen sich durch Finanzspritzen leichter nehmen.“ So haben uns auch schon einige Unternehmen in kritischen Momenten die Hand gereicht und auf Honorare weitestgehend verzichtet. Ohne diese Großzügigkeit hätten wir es nicht bis hierhin geschafft! Danke!
Der Endspurt – Hand in Hand zum Ziel
Damit dieses Konzept realisiert werden kann, arbeitet ein ganzes interdisziplinäres Team auf Hochtouren. Dennoch benötigen wir für dieses Projekt, das von Flensburger Bürgern für die neuen Bürger aufgebaut wird, großzügige Herzen und Hände. Geburt geht uns alle an. Wir alle haben Freunde, Verwandte oder Kolleg:Innen, denen wir ein liebevolles Ankommen ihres Kindes wünschen. Und wir alle profitieren von einer Generation, die behutsam auf dieser Welt ankommen darf. Denn so werden Grundsteine für den Frieden gelegt: indem wir Verbundenheit fördern und einen sicheren Heimathafen bieten.
Peace on earth begins with birth
Unterstützen Sie bitte den gemeinnützigen Verein ona. Die Spenden können steuerlich abgesetzt werden und Ihre Kinder und Enkel werden es Ihnen danken.
Wir auch!
Ihr ona Team
www.ona-zentrum.de
Text: Marlene Stöckel
Fotos: privat