Der Erwerb von Immobilien als Anlageobjekte wird in Zeiten sinkender Zinsen interessanter. Gerne werden Bestandsimmobilien erworben. Nicht wenige Käufer erleben allerdings später ein böses Erwachen, wenn sie merken, dass unerkannte Schwierigkeiten auftreten und sie aufgrund des üblichen Sachmangelgewährleistungsausschlusses keinen Regress beim Verkäufer nehmen können. Daher gilt: Niemals Immobilien als Anlageobjekte erwerben ohne gründliche Prüfung (sogenannte due diligence). Die due diligence (in etwa übersetzt: „gebotene Sorgfalt“) bezeichnet den Prozess der sorgfältigen Untersuchung eines Kaufgegenstandes im Vorfeld einer Transaktion. Sie ist geboten aufgrund des typischerweise bei Bestandsimmobilien erfolgenden weitgehenden Ausschlusses von Gewährleistungsansprüchen des Käufers. Der Käufer ist mithin gehalten, bevor er ein Anlageobjekt erwirbt, dieses sehr sorgfältig zu prüfen, damit er nicht im Nachhinein erst Schwierigkeiten entdeckt, die sich auf den Wert des Anlageobjekts auswirken können. Der Schwerpunkt einer due diligence beim Immobilienerwerb liegt unter anderem auf folgenden Aspekten:
- Durchführung einer Bestandsaufnahme im Hinblick auf Bauplanungsrecht, Sanierungsrecht, Denkmalschutzrecht und Bauordnungsrecht;
- Erfassung technischer Anlagen, z. B. Prüfung des Vorhandenseins eines Energiepasses, der Begleitpapiere für technische Anlagen, TÜV-Abnahmebescheinigungen, etc.;
- Erfassung und Beurteilung von Dauerschuldverhältnissen, wie z. B. Wartungsverträge, Hausmeisterverträge, Verträge über Schnee- und Eisbeseitigung, etc.;
- Prüfung der vorhandenen Sachversicherungen hinsichtlich versicherter Risiken, zugrundeliegender Bedingungen, Absicherung des gleitenden Neuwerts/Zeitwerts/gemeinen Werts;
- Erfassung des Kostenmanagements hinsichtlich der Nebenkosten;
- Mietrechtliche „due diligence“ im eigentlichen Sinn, z. B. Erfassung von Miethöhen, Wertsicherung, Laufzeit, Optionsrechte, Regelung über Instandhaltung/Instandhaltungspflichten, Schönheitsreparaturklauseln, etc.;
- Analyse der den Grundbucheintragungen zugrundeliegenden Bewilligungen, z. B. Dienstbarkeitsbestellungen, Reallasten, etc., sowie Überprüfung sonstiger Grundlagendokumente, z. B. von Erbbaurechtsverträgen, Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen, Verträge zur Begründung von Dauernutzungsrechten, etc.
Entscheidet sich ein Kaufinteressent nach eingehender Prüfung eines Objekts, Kaufverhandlungen abzubrechen, begründet das keinen Schadensersatzanspruch. Denn jede Vertragspartei ist grundsätzlich dazu berechtigt, laufende Vertragsverhandlungen jederzeit abzubrechen (vgl. OLG München, Urteil v. 19.09.2012, Az. 7 U 736/12; so bereits zuvor BGH, Urteil v. 07.12.2000, VII ZR 360/98).
Aufgrund sich verschärfender rechtlicher Rahmenbedingungen in Hinblick auf die Energieeffizienz von Gebäuden wird für Kaufinteressenten immer wichtiger, mit finanzierenden Banken abzuklären, welche Anforderungen heute und zukünftig an den Energiestandard eines Gebäudes gestellt werden, damit keine Nachteile bei der Finanzierung auftreten. Entspricht ein älteres Bestandsgebäude, z. B. ein Mehrfamilienhaus aus dem Jahr 1970, nicht mehr dem heutigen energetischen Standard und verpflichtet der Gesetzgeber zur Ergreifung von Maßnahmen, die die Energieeffizienz steigern, kann sich das auf die Finanzierung auswirken. Finanzierungsbanken können geneigt sein, den Beleihungswert von Immobilien herabzustufen, wenn ihr energetischer Standard nicht zeitgemäß ist und hieraus können für Kreditnehmer auch bei laufenden Krediten erhebliche Nachteile entstehen. Es macht also Sinn, sich auch mit der Energieeffizienz eines Kaufobjekts zu befassen und diese möglicherweise sachverständig bewerten zu lassen.
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