1784 sagt Ihnen diese Zahl etwas??? Falls nicht, lösen wir auf: Seit dem Jahr 1784, genauer sogar seit dem 12.02.1784, ist dieses Gasthaus, der „Westerkrug“ in Wanderup, ununterbrochen in Familienbesitz, und das mittlerweile in bereits achter (8.!) Generation.
Das Flensburg Journal nahm diesen ganz besonderen und bemerkenswerten „Geburtstag“ zum Anlass, sich mit dem heutigen Eigentümer Michael Ringhoff – wie gesagt die 8. Generation – zu unterhalten.
Das Jahr 1784: Das Deutschland der Neuzeit gab es seinerzeit noch nicht, von den meisten technischen Errungenschaften der heutigen Zeit haben die Menschen jener Zeit noch nicht einmal geträumt, überhaupt kann man kaum Vergleiche zur Gegenwart ziehen.
Friedrich Schillers „Kabale und Liebe – Ein bürgerliches Trauerspiel“ wurde 1784 in Frankfurt am Main erstmals aufgeführt. Der Winter 1783/1784 war ein besonders strenger, eines der größten Hochwasser in historischer Zeit suchte in jenem Winter große Teile Mitteleuropas heim. Zeugnisse über starke Zerstörungen sind unter anderem aus Regensburg, Bamberg, Heidelberg, vor allem aber aus Köln, überliefert. Sowohl Donau, Rhein und Elbe sowie diverse Nebenflüsse waren betroffen.
In der Hinsicht hat sich also nicht sehr viel verändert, doch kommen wir zu den Anfängen des Westerkrugs, längst ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der Gemeinde Wanderup – eine Institution, wie Einheimische es treffend formulieren!
Die Anfänge
„Die heutige Region Wanderup war damals ländlich geprägt, der heutige Westerkrug war einst Teil eines großen Anwesens, ein Bauernhof in der Größe einer viertel Bohl*. Dazu gehörte eine Kate, in der ein gewisser Peter Boysen eine „Krügerei“ betrieben hatte. Nach seinem Tode ersteigerte ein Hinrich Petersen die Lizenz. Die Bohlstelle wurde 1781 verkauft an Andreas Lorentzen. Schließlich erwarb am 12.2.1784 Friedrich Bergholz die Bohl und die Kate mitsamt der Lizenz. Seitdem gehören diese zusammen, und es entstand der Hof Nr. 14 mit der Gastwirtschaft „Westerkrug.“
So heißt es – kurz zusammengefasst – in der Ahnentafel des „Westerkrugs“, die die Gemeinde Wanderup ihrer jahrhundertealten Institution „Westerkrug“ im Jahre 1984 zum 200. Geburtstag geschenkt hat. Interessierte können die entsprechenden Einzelheiten und Infos im Krug an der Ahnentafel gern nachlesen.
*Eine Bohl: die niederdeutsche Bezeichnung für eine Grundbesitzeinheit, Hausstätte mit Garten, Hauskoppel und einem Anteil an den Gemeindeländereien, Landstelle mit etwa 20–50 Hektar Land
Die neuere Vergangenheit
Unser Gesprächspartner Michael Ringhoff, der achte in seiner Ahnenreihe, kann aus eigenem Wissen nicht so sehr viel über die Anfangsjahrzehnte des Westerkrugs zum besten geben, doch hat er noch sehr gut seine Kindheits- und Jugendjahre im Gedächtnis, weiß noch so manches aus den Erzählungen der Eltern und der Großeltern, der sechsten und siebenten Generation. Seinem Großvater gehörte hier der seinerzeit größte Hof in Wanderup, der Opa war gleichzeitig von Beruf Landwirt und Viehhändler, seine Oma Anni Autzen betrieb in sechster Generation verantwortlich die Gastwirtschaft, den „Westerkrug“. Dieser war im Jahre 1938 wiederaufgebaut worden, nachdem ein Jahr zuvor in 1937 ein Großfeuer die gesamte Gastwirtschaft restlos zerstörte. Das riesige Gebäude fiel damals einer Brandstiftung zum Opfer. Auslöser für die Brandlegung war eine Beziehungstragödie innerhalb des damaligen Personals der Eigentümer des Anwesens.
Die siebente Generation
Die siebente Generation übernahm im Jahre 1970 das Zepter im „Westerkrug“. Michael Ringhoffs Vater stammte ursprünglich aus dem Ruhrgebiet, hat in seiner Heimat in jungen Jahren als Bergmann unter Tage seinen Lebensunterhalt verdient. Durch die Bundeswehr kam der junge Mann in den hohen Norden, hat beim „Bund“ mehrere Dienststellen durchlaufen, so unter anderem die Marineversorgungsschule in List auf Sylt. Dort kam er erstmals mit Tätigkeiten aus dem Servicebereich der Gastronomie in Berührung – Erfahrungen, die ihm später noch zugutekommen sollten. Nach der Hochzeit mit der Autzen-Tochter aus dem „Westerkrug“ und der Übernahme des Gasthauses kamen bei den Ringhoffs alsbald Kinder auf die Welt, neben zwei Töchtern schließlich im Jahre 1973 der Sohn Michael. „Wir hatten eine herrliche Kindheit hier auf dem Lande“, erinnert sich unser Gesprächspartner gern an seine jungen Jahre zurück. „Unser Spielplatz war für uns wie ein Paradies, das gesamte Gelände mitsamt Gaststätte und riesigem Gartengrundstück. Meine Eltern haben sich stets um uns gekümmert, obwohl sie beruflich „genug an der Backe“ hatten! Wir wurden an der langen Leine geführt, und ob ich all die Dummheiten und Streiche, die wir Kinder im Sinn hatten, bei meinen eigenen Kindern so durchgehen lassen würde wie meine Eltern – da bin ich mir nicht so sicher“, schmunzelt der Gastronom. „So haben wir Kinder die Gastronomie mit allem Drum und Dran quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Mir war deshalb schon ziemlich früh klar, welchen Berufsweg ich einschlagen würde.“
Der berufliche Werdegang des heutigen Eigentümers
So schildert Michael Ringhoff seinen Werdegang: „Nach meinem Abschluss an der Realschule in Tarp habe ich 1990 die Ausbildung zum Koch im Hotel und Restaurant „Flensborghus“ in Flensburg begonnen. Nach bereits zweieinhalb Jahren habe ich meine Lehre vorzeitig beendet und abgeschlossen. Meine erste Anstellung als Jungkoch erhielt ich auf der schönen Nordseeinsel Föhr. Hier habe ich eine anstrengende Sommersaison bis hin zum ruhigen Winter 1993 in den „Utersumer Stuben“ gekocht. Beide Unternehmen gibt es heute leider nicht mehr. Das Jahr 1994 habe ich komplett beim „Bund“ verbracht: Damals wurde man noch für 12 Monate zum Wehrdienst eingezogen, ich war nach der Grundausbildung in der Briesen-Kaserne in Flensburg-Weiche stationiert.
Da es für mich keinen besseren Beruf als den eines Kochs gab und gibt, wollte ich meinen Wissensstand gerne weiter ausbauen. Anfang 1995 bis zum Frühjahr 1996 habe ich im Hotel „Monopol“ als „Commis de Cuisine“ im schönen Urlaubsort Luzern in der Schweiz gearbeitet. Nach meinen bisherigen Anstellungen in eher kleineren Betrieben war dieses große 4-Sterne-Hotel eine tolle Erfahrung für mich. Vieles dort Erlernte begleitet mich noch heute durch mein Berufsleben. Nach meiner Rückkehr habe ich bis zum Frühjahr 1997 in der Kantine der Firma „Danfoss Compressors GmbH“ in Flensburg gearbeitet. Hier wurden täglich seinerzeit bis zu 700 Mitarbeiter bekocht.
Meine Liebe für Schottland hat mich dann in eine sehr entlegene Ortschaft Namens Kilfinan verschlagen. Das „Kilfinan Hotel“ liegt in Argyll in Schottland. Das Kochen in der exquisiten schottischen Landküche fand auf höchstem Niveau statt. Rebhühner und Fasane gab es dort in freier Natur mehr zu sehen als alles andere im Ort. In jenem Hotel wurde wirklich alles frisch zubereitet, ich war tief beeindruckt. Die Anstellung dauerte bis zum Herbst 1997 (genau eine Sommersaison). Dann ging es in die Heimat zurück. Als Koch war ich bis zum Herbst 1998 im „Ringhotel Wassersleben“ in Harrislee angestellt. Bevor es jedoch endgültig in den elterlichen Betrieb gehen sollte, zog es mich noch einmal in die Schweiz. Diesmal in das Ferienparadies Engelberg. Im 4-Sterne „Ramada Hotel Regina Titlis“ bekam ich erneut Gelegenheit in der anspruchsvollen Schweizer Küche zu arbeiten. Damit waren meine Wanderjahre endgültig vorbei“, beschließt Ringhoff seine Ausführungen zu seinen sogenannten „Lehrjahren“.
Zurück zu den Wurzeln
„Im Juni 1999 wurde ich als Koch im elterlichen Betrieb hier im „Westerkrug“ angestellt. Nun hatte ich zu Hause die Gelegenheit zu zeigen, was ich seit meiner Lehre und Ausbildung dazugelernt hatte. Als abschließende Weiterbildung meines erlernten und mittlerweile ausgeübten Berufs habe ich von Januar bis April 2001 erfolgreich den Lehrgang des Küchenmeisters abgeschlossen, danach wieder bis Ende 2001 vorerst noch als Angestellter im elterlichen Betrieb gearbeitet.“
Die achte Generation übernimmt
„Zeitgleich mit der Einführung des Euro als offizielle Währung zum 1. Januar 2002 habe ich von meinen Eltern den „Westerkrug“ übernommen, zunächst als Pächter und im Jahre 2008 schließlich als Eigentümer. Seitdem bin ich – bis heute – der Chef des Hauses“, erzählt uns ein durchaus zufriedener Gastronom. „Mittlerweile bin ich seit über 22 Jahren der Kopf des „Westerkrugs“, weiß Michael Ringhoff. „Ich bin doch verwundert, wie schnell die Zeit vergeht!“
Längst ist er etabliert und angekommen in seiner Funktion, auch bei allen anderen, mit denen er in irgendeiner Weise zu tun hat. „Das sind recht viele Menschen, in unterschiedlichen Funktionen und auf unterschiedlichen Ebenen. Eine ganz wichtige Stütze ist dabei natürlich die eigene Familie: Das sind meine Eltern, meine Geschwister, die allesamt mehr oder weniger unterstützend mit daran teilhaben, dass das Geschäft, die Gaststätte, der Hotelbetrieb, Tag für Tag reibungslos funktionieren. Für mich persönlich natürlich auch meine Lebensgefährtin Elke Zander, sowie meine beiden Töchter, die achtjährigen Zwillinge Anni und Emma. Diese drei weiblichen Wesen sind für mich ganz persönlich das Wichtigste auf dieser Welt“, lässt uns Michael Ringhoff kurz Einblick in sein Gefühlsleben nehmen.
Er fährt fort: „Auch wenn ich schon mal eine große Klappe haben kann, auf „meine Leute“ lasse ich nichts kommen. Das gilt übrigens auch für unsere gut zwei Dutzend Mitarbeiter, die in unterschiedlichen Bereichen, teils als Vollzeitkräfte, einige in Teilzeit und auch als Aushilfen tätig sind – und allesamt „einen guten Job“ erledigen.“
Der „Westerkrug“ heute
Für Feierlichkeiten aller Art finden die Gäste hier stets die richtigen und passenden Räume, von 15, 20, 120 bis hin zu sogar 200 Personen sind reichliche Kapazitäten vorhanden. Für Übernachtungen stehen Dehoga-klassifizierte Zimmer in verschiedenen Ausführungen (auch behindertengerecht) zur Verfügung, insgesamt sind es 10 Gästezimmer und zwei Ferienwohnungen. „Um unseren Gästen ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten, versuchen wir stets auf ihre Wünsche einzugehen. Das gilt selbstredend sowohl für den Hotel- als auch den gastronomischen Betrieb“, ergänzt Michael Ringhoff. „Wir wissen aus zahlreichen Gesprächen mit den Gästen, dass diese die familiäre Struktur und das persönliche Miteinander ganz besonders schätzen. Wer zu uns kommt, der weiß, was ihn oder sie erwartet. Umgekehrt geht es uns aber genauso: Ganz besonders schätzen wir die jahrelange, teils jahrzehntelange vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und Stamm-Handwerkern und Gewerken, die wir immer wieder mehr oder weniger regelmäßig im Hause haben. Mit vielen ist mittlerweile eine richtige Freundschaft entstanden, die über das rein berufliche Miteinander weit hinausgeht.“
Der Gastronom ergänzt in dem Zusammenhang: „Ohne die Unterstützung der Familie und das ausgesprochen faire Miteinander mit den Handwerkern in den schweren Monaten der Corona-Pandemie hätten wir die Zeit wohl kaum überstanden! Auf diese gute Zusammenarbeit bin ich sehr stolz. Ganz besonders danke ich an dieser Stelle den Chefs der Hauke Carl & André Hansen GmbH Heizungs- und Sanitärtechnik! Ihr wisst, warum!!“, sagt ein jetzt emotional aufgewühlter Gastwirt und Koch.
„Wir fühlen uns für die Zukunft gut aufgestellt, als modernes Unternehmen wollen wir unsere Gäste gerne auch online mit allen Informationen rund um unsere Angebote versorgen. Sie erreichen uns stets per Telefon +49 (0)4606 270 und per Fax unter +49 (0)4606 965526. Seit 2015 erzeugen wir mit einem sogenannten „Dachs“ der Firma SenerTec unseren eigenen Strom, um unser Haus umweltfreundlicher zu machen. Kostenloser Internetzugang in unseren Ferienwohnungen rundet den Service zudem ab.“
„Mit welchen Gefühlen blicken Sie in die nähere Zukunft?“, wollten wir vom ausgebildeten Küchenmeister und Gastronomen wissen.
Ausblick
„Ich bin mir sicher, dass es mit dem „Westerkrug“ erfolgreich weitergehen wird. Zumal die neunte Generation in Person von Anni und Emma bereits Ansprüche angemeldet hat“, schmunzelt der stolze Papa über die Absichtserklärungen seiner beiden Töchter. „Aber ernsthaft: Die Rahmenbedingungen bereiten mir schon oftmals Kopfzerbrechen. Meine größte Sorge ist der eklatante Nachwuchsmangel in allen Berufszweigen der Gastronomie. Wie soll das später mal funktionieren ohne Köche, Servicepersonal und motivierte Beschäftigte? Nur mit Servicerobotern allein wird es nicht funktionieren. Deshalb ist es auch unbedingt wichtig, dass unsere Gäste die Arbeit, die Leistung und den Einsatzwillen unseres Personals auch weiterhin so würdigen und zu schätzen wissen, wie sie heute eigentlich immer tun.“
Mit diesen nachdenklichen Worten und den Eindrücken der zahlreichen Bilddokumente aus den vielen, vielen Jahren der Existenz des „Westerkrugs“ in Wanderup verabschiede ich mich aus der Autzen-Stube des historischen Hauses von meinem Gesprächspartner Michael Ringhoff. Ich wünsche ihm, seiner Familie und „seinem“ bemerkenswerten Gastronomiebetrieb alles Gute für die Zukunft, bedanke mich für die vielfältigen Eindrücke aus seinem Leben und dem seiner Vorfahren, den acht sehr bemerkenswerten Generationen.
Das Schlusswort hat Michael Ringhoff:
„Am Montag den 12.02.2024 werden wir den „runden Geburtstag“ gebührend feiern. Ab 13.00 Uhr laden wir ein zu frischer Suppe, anschließend gibt es Kaffee und Kuchen, der Feuerwehrchor Sillerup trägt vor und und und …
Am Abend werden wir zur Abrundung des Tages ein Essen in Form eines Buffets anbieten!
Jede und jeder, der sich mir, meinem Betrieb oder meiner Familie zugehörig fühlt, ist herzlich zu dieser Veranstaltung eingeladen, wir freuen uns über jeden – seien Sie gern unser Gast! Nur damit wir planen können, bitten wir im Vorwege um rechtzeitige Anmeldung.“
Mit Michael Ringhoff schnackte Peter Feuerschütz
Fotos: privat, Thomas Becker