Bei der SG Flensburg-Handewitt gibt es so einige Spieler, die einer echten Handball-Familie entstammen. Kay Smits und Simon Pytlick haben das passende Sportutensil in jedem Fall schon in die Wiege gelegt bekommen. Bei Lasse Møller sieht es nicht viel anders aus. Und dann gibt es noch Aksel Horgen. Der Rechtsaußen wechselte im Sommer aus der dänischen Erstklassigkeit in die Bundesliga. Ursprünglich kommt der 27-Jährige aus Norwegen – aus dem Großraum Oslo. In der Metropole ging er zur Schule, im Vorort Langhus wohnte er.
Am südlichen Stadtrand von Oslo ist für Ballwerfer der Follo HK die allererste Adresse. Eine gewisse Laila Horgen fungiert als Geschäftsführerin. Und ihr Mann Erik ist als Trainer und vor allem Torwart so etwas wie eine Vereinslegende. Überliefert ist eine Geschichte, dass dieser vor über zwei Dekaden seine beiden Kinder zum Training mitgenommen hatte. Aber da er voll in die Übungen involviert war, hatte er die Kleinen nicht immer im Blick und bekam nicht mit, wie Sohn Aksel den Harztopf entdeckte und sich sowie seine jüngere Schwester Synnøve mit dem Klebstoff einschmierte. Der Abend wurde lang, da die klebrige Masse aus Kleidung und Haaren entfernt werden musste.
Sehr bald hatte der kleine Aksel mehr Interesse am Ballsport. „Anfangs wollte ich auch Torwart werden – wie mein Vater“, erzählt der heutige Profi. „Dann erkannte man allerdings, dass ich ein Linkshänder bin und draußen spielen sollte.“
Mit 16 Jahren erhielt er seinen ersten Profi-Vertag bei Follo HK und spielte sogar mit seinem Vater zusammen. „Es kam vor, dass er mich beim Gegenstoß mit einem weiten Pass anspielte“, erzählt der Junior. Sein Trainer war dort übrigens Frode Scheie, und Magnus Jøndal spielte auf Linksaußen. Beide waren einst auch für die SG tätig.
Die Karriere-Planung
Bei Follo HK sammelte Aksel Horgen seine ersten Erfahrungen im Männerhandball. Bei Haslum HK absolvierte er seine ersten Erstliga-Spiele. Bei Drammen HK machte der Rechtsaußen einen richtigen Sprung und absolvierte im Oktober 2019 seine ersten beiden Länderspiele für Norwegen. „Damals plante ich bereits den nächsten Schritt“, skizziert er seine Karriere-Strategie. „Ich wollte nun in die dänische Liga, da sie stärker ist als die norwegische.“ Es meldete sich der BSV Bjerringbro-Silkeborg, der einen neuen Linkshänder für den rechten Flügel suchte, da damals Johan Hansen in die Bundesliga nach Hannover wechseln sollte. Aksel Horgen trat damals die Nachfolge an und ist nun der Gespannpartner bei der SG. „Johan Hansen ist die erste Wahl“, sagt er. „Unser Trainer Nicolej Krickau hat mir gesagt, dass ich während der Saison eine wichtige Rolle einnehmen werde. Es geht um mehr Stabilität auf dem rechten Flügel.“ Die Bundesliga ist erreicht – und damit nochmals neue Dimensionen.
„Vor solch stimmungsvollen und lauten Fans habe ich noch nie gespielt“, stellt Aksel Horgen fest. „Ein solcher Support ist für uns Spieler einfach nur wichtig.“ Mit seinem SG-Engagement hofft er, auch in der norwegischen Auswahl ein besseres Standing zu bekommen. Hinter Kristian Bjørnsen und Kevin Gulliksen ist der SG-Akteur die Nummer drei auf dem rechten Flügel, aber nur zwei kommen mit zu den internationalen Großturnieren.
Nationalcoach Jonas Wille war erst kürzlich zu Besuch in der Campushalle, wollte dem Kandidaten aber keine großen Versprechungen machen. „Neben Erfolgen mit der SG ist mein Hauptziel ein Platz in der Nationalmannschaft“, erklärt Aksel Horgen. „Ich weiß, dass ich dafür erst einmal überhaupt und dann auch gut spielen muss.“
Das Flensburger Ambiente
In Flensburg hat er sich gut eingelebt. Mit dem Hafen und den Schiffen fühlt er sich an kleine skandinavische Städte erinnert. „Es gibt hier ähnlich viel Regen wie in Norwegen“, schmunzelt der Handballer. „Aber ich habe festgestellt, dass der Sommer in Flensburg etwas länger ist – und das ist gerade für ein paar Runden Golf von Vorteil.“ Die dreht er gerne mit August Pedersen, Emil Jakobsen, Johannes Golla oder auch Lasse Møller. Wenn zwischen den Spielen etwas mehr Zeit ist, fährt Aksel Horgen nach Esbjerg – zu seiner Freundin. Sonst kommt sie häufiger nach Flensburg – und das junge Paar besucht Cafés und Restaurants.
Einmal die Woche geht der SG-Neuzugang zur Sprachschule. Er lebt nicht nur in einem neuen Land, sondern muss sich auch mit einer neuen Sprache beschäftigen. „Ich bin gespannt, wie schnell ich Deutsch lerne“, sagt Aksel Horgen, der gewöhnlich auf Englisch kommuniziert. „Dänisch hatte ich anfangs sehr gut verstanden, mit dem Sprechen dauerte es aber etwas länger.“ Dänen gibt es genug bei der SG, sodass es nun mit der Konversation nicht hapert. Außerdem steht noch Landsmann August Pedersen im Aufgebot, der im letzten Jahr als neuer Spieler integriert wurde. Mehr Norweger sind allerdings nicht mehr bei der SG. Zum Leidwesen von Aksel Horgen wechselte Kumpel Magnus Rød im Sommer nach Kolstad. Die beiden kennen sich schon lange. Einst hatten die beiden Handball-Talente in Oslo dieselbe Sportschule besucht. Gemeinsame Zeiten in Norwegen.
Text und Fotos: Jan Kirschner